1918/J XXII. GP
Eingelangt am 17.06.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag.a Wurm und GenossInnen
an
den Bundesminister für Justiz
betreffend Hotline - "0800112 112 -
Notruf für Opfer"
Wie der österreichischen Tagespresse (Vgl. APA 28.4.04)
entnommen werden konnte, wurde
im Auftrag des
Bundesministers für Justiz eine kostenlose Notrufnummer für alle
Kriminalitätsopfer in Österreich, eingerichtet.
Grundsätzlich begrüßen wir selbstverständlich Maßnahmen
zur Stärkung des Opfer Schutzes.
Im
Zusammenhang mit den bereits bestehenden professionell agierenden Strukturen
wirft
diese Einrichtung
jedoch eine Reihe von Fragen auf.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den
zuständigen Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage
1)
Ist es richtig, dass - wie von österreichischen
Tageszeitungen berichtet - das Jahresbudget
2004 für den „Notruf
für Opfer" (im ersten Jahr) € 500.000 beträgt?
2) In welcher Höhe werden sich die
Kosten für dieses Projekt in den Folgejahren belaufen?
3)
Folgt die Finanzierung dieses Notrufs aus den im Rahmen
der Diversion eingehobenen
Geldern?
a)
Wenn "ja" und
unter der Annahme, dass offensichtlich größere Summen aus
Diversionsmaßnahmen
für neue Projekte zur Verfügung stehen - wie stehen Sie zu dem
Vorschlag, diese Mittel den im Opferschutz
(= in beträchtlichem Ausmaß Kinder- und
Frauenschutz vor männlichen Tätern) tätigen bewährten Einrichtungen
zuzuführen?
b)
Wenn
nicht, woher werden diese Mittel bezogen?
4)
Welches
Konzept verbirgt sich hinter dem entstehenden Eindruck, dass das BMJ im
Rahmen der Opferhilfe den inhaltlichen Schwerpunkt mit der damit einhergehenden
finanziellen Unterstützung dieses Notrufs
sowie bspw. des Vereins „Neustart" in
unverhältnismäßig großem Ausmaß auf die zumeist männlichen Täter und
nicht auf die
zumeist weiblichen Opfer legt?
5)
Auf welche Summe beläuft sich der bundesministerielle
Ertrag aus Diversionsmaßnahmen
von 2000 bis 2003 und bis zum Stichtag 01.06.04?
6)
Haben Sie im Vorfeld des Projektes „Notruf für
Opfer" eine dafür notwendige
Bedarfserhebung
in Auftrag gegeben?
a)
Wenn "ja",
wie lautete das Ergebnis dieser Bedarfserhebung (bitte diese im Anhang
anfügen)?
aa)
Welches Unternehmen hat diese Bedarfserhebung durchgeführt?
ab)
Mittels welcher Methode und wie wurde der österreichweite Bedarf für diese
Hotline erhoben?
b) Wenn Frage 6 mit „nein" beantwortet wurde, weshalb erfolgte keine
Bedarfserhebung?
7)
Von
wem (von welcher Firma, von welchem Unternehmen) wurde das Konzept für die
Hotline Notruf für Opfer erarbeitet?
8)
Wurde
die Projektvergabe öffentlich ausgeschrieben?
a)
Wenn ,ja", in welcher Form und wo?
b)
Wenn „nein", weshalb nicht?
9) Was
sind die Arbeitsgrundlagen dieses Projektes?
10)
Welche Leistungen werden der Anruferin/dem Anrufer im
Rahmen dieses Notrufes
angeboten?
11)
Gibt
es eine Koordinationsstelle für dieses österreichweite Projekt "Notruf für
Opfer?"
a)
Wenn
"ja", wo ist diese Koordinationsstelle räumlich angesiedelt und wie
viele
Arbeitsplätze zur Koordination dieses Projektes sind eingerichtet worden?
b)
Wenn „nein", weshalb nicht?
12)
Für
welchen Zeitraum ist das Projekt angesetzt?
13)
Ab
wann ist eine Evaluierung des Projektes vorgesehen?
14)
Erfolgen die Anrufbeantwortungen aus einem Callcenter
oder sind die 14
RechtsanwältInnen
mobil ausgerüstet?
15)
Ist eine Weitervermittlung der Anruferinnen und Anrufer
entsprechend den
Problemfeldern an
bestehende Beratungseinrichtungen vorgesehen?
a)
Wenn "ja", gibt es diesbezügliche
Gespräche und Kontakte mit Beratungseinrichtungen,
mit welchen und in allen Bundesländern?
b)
Wenn
Frage 15 mit „nein" beantwortet wird, weshalb erfolgt die Weiterleitung
nicht
entsprechend den Problemlagen und -Feldern
an andere Beratungseinrichtungen?
16)
Wie
und durch wen (Rechtsanwaltskammer?) erfolgte die Vergabe an die derzeit im
Rahmen dieser Notrufnummer tätigen 14 Rechtsanwälte?
17)
Wie
viele, der bei der Hotline Notruf für Opfer tätigen RechtsanwältInnen sind
Frauen
und wieviele Männer?
18)
Auf
Basis welches Beschäftigungsverhältnisses sind die 14 AnwältInnen tätig, als
echte
Dienstnehmer, freie Dienstnehmer, Werkvertragsnehmer?
19)
Die 14 AnwältInnen sind für die Hotline "Notruf für
Opfer" innerhalb eines Jahres rund
um die Uhr, d.h.
8.760 Stunden, erreichbar. Jede Anwältin, jeder Anwalt wäre demzufolge
625,71 Stunden innerhalb eines Jahres im Rahmen dieser Serviceleistung des BMJ
erreichbar
und erhält dafür ein (von den Medien kolportiertes) Honorar in der Höhe von €
30,00 inkl.
Mwst., somit einen jährlichen Betrag von €
18.771,43 für ihre/seine Dienstleistungen.
a)
Sind die angeführten Berechnungen richtig?
b) Wenn nicht, können Sie die vorgesehenen
Honorare/Entschädigungen pro Stunde dieser
"Bereitschaft"
im Rahmen der Hotline für Opfer nennen?
20) Welche
"psychosoziale Schulung" wurde den 14 RechtsanwältInnen angeboten?
21) Verfugen die
tätigen AnwältInnen über einschlägige Zusatzausbildungen?
a) Wenn ja, in welchen Bereichen?
b)
Wenn nein, sind Sie der Ansicht, dass JuristInnen ohne
einschlägige „psychosoziale"
Ausbildung
zur Vornahme einer Entscheidung imstande sind, wann ein Anrufer bzw. eine
Anruferin
psychologische Hilfe benötigt und welche Opferschutzeinrichtung die fachlich
geeignetste ist?
22)
Sind laufende Fortbildungsmaßnahmen für die 14
RechtsanwältInnen vorgesehen und
wenn ja, bitte nennen
Sie diese Kursmaßnahmen konkret?
23)
Werden anrufende Personen primär nach a) fachlichen oder
b) regionalen
Gesichtspunkten an
andere Opferschutzeinrichtungen weitervermittelt?
Wenn a) der Fall ist, gibt es einen Kriterienkatalog,
der die Weitervermittlung an bestehende
Beratungseinrichtungen
vorsieht und welches sind die Kriterien?
24) Wenn nicht nach fachlichen
Kriterien weitervermittelt wird, weshalb nicht?
25)
Wie hoch sind die laufenden Kosten (ohne Honorare oder
Zahlungen an die 14
Rechtsanwälte) für 1
Betriebsjahr veranschlagt?
26)
Fanden
im Sinne der Nutzung von Synergien entsprechende Gespräche mit dem
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen
vor Installierung des Notrufs für Opfer statt?
a) Wenn
,ja", wie und mit welchem konkreten Ergebnis verliefen die Gespräche?
b)
Wenn „nein", weshalb fanden keinerlei Gespräche
statt und weshalb erachten Sie eine
koordinierte und
inhaltlich akkordierte Vorgangsweise mit dem BMGF im Bereich des
Opferschutzes für nicht notwendig?
27) Bezugnehmend auf den irreführenden
Informationstext auf der Homepage des BMJ, dem
gemäß „die Anrufer (wohlgemerkt werden ausschließlich männliche
Adressaten
vorausgesetzt, Anm. G. W.) an einen der 200 Opfervereine in Österreich
weiter verwiesen
[werden], wenn psychologische Hilfe nötig ist", stellt sich die Frage, ob
Ihnen bewusst ist,
dass diese Opfervereine nicht ausschließlich psychologische sondern auch
rechtliche Hilfe
leisten?