1919/J XXII. GP

Eingelangt am 17.06.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag.a Wurm und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Auflösung der Zollwache mit 01. Mai 2004 und Aufteilung des Personals

Die mit 01.04.2004 erfolgte Überstellung eines Teils der Zoll wache in das allgemeine
Verwaltungsschema im BMF führt bei ehemaligen „Wachebeamten" aufgrund ihres
nunmehrigen Status als Beamte der zivilen Verwaltung zu einer großen Verunsicherung, die
durch diverse Veränderungen hervorgerufen wird:

Finanzielle Nachteile

Bei Anwendung des §113 g GG werden die Bezüge und Nebengebühren, die der
Wachebeamte unmittelbar vor seiner Überstellung in die Allgemeine Verwaltung erhalten hat
„eingefroren". Er hat dadurch ab 01. Mai 2004 zwar kurzfristig keinen finanziellen Verlust
(eine höhere Besteuerung von Zulagen die er davor als Wachebeamter bekommen hat
bedeuten aber schon ab 01. Mai einen Verlust). Der „eingefrorene" bisherige Wachebeamte
hat jetzt so lange keine Vorrückungen (Biennalsprünge) bis sich seine Einkommenskurve in
der Allgemeinen Verwaltung mit der „Gefriergrenze" schneidet. Erst dann rückt er in den
Gehaltsstufen weiter vor. Das kann abhängig vom jetzigen zivilen Arbeitsplatz bedeuten dass
es Jahre dauern kann bis erstmals eine Vorrückung im allgemeinen Gehaltsschema erfolgt.
Das bedeutet für diese 40 bis 55jährigen Kollegen einen massiven Einkommensverlust in der
Lebensverdienstsumme, der in die 100.000 € geht, je jünger der Kollege ist, desto höher die
finanzielle Einbuße. Zudem kommt, dass er durch einen immer längeren werdenden
Durchrechungszeitraum für die Pensionsberechnung, dann auch eine entsprechend
verringerten Pensionsanspruch zu erwarten hat.

Ausbildung

Ein Zollwachebeamter ist ein Vollausgebildeter Wachebeamter, über 70% sind ausgebildete
Führungskräfte und waren auf Grund dieser Ausbildung bis zum 30. April 2004 als
dienstführende Wachebeamten eingesetzt. Diese Ausbildung und das Wissen und die
Erfahrung ist für die Tätigkeit als ziviler Bediensteter kaum noch verwendbar. Der Staat, bzw.
die Öffentliche Hand hat hohe finanzielle Aufwendungen in Aus- und Fortbildung investiert,
die jetzt im zivilen Bereich nicht mehr umgesetzt bzw. eingesetzt werden kann.
Im Bereich der Bundesgendarmerie kann die umfangreiche und kostenintensive Ausbildung
als (Zoll)Wachebeamter im allgemeinen und die Ausbildung als dienstführender
Wachebeamter im besonderen sehr wohl weiterhin eingesetzt bzw. umgesetzt werden, was die
Umschulungszeit eines Zollwachebeamten zum Gendarmeriebeamten von insgesamt nur 8
Wochen deutlich macht.

Künftige Karriere

Für einen ausgebildeten ehemaligen Zollwachebeamten sind im Bereich des BMF in der
zivilen Verwaltung kaum noch Karrieremöglichkeiten vorhanden. Der ehemalige
Wachebeamte wird bis zu seiner Ruhestandversetzung „das dritte Rad am Wagen in der
zivilen Verwaltung" sein. Auf Grund seiner Vortätigkeit werden, verständlicherweise, zuerst
immer die „gelernten" und auf ihrem Aufgabengebiet erfahrenen Finanz- und
Zollbediensteten auf entsprechende Führungsfunktionen ernannt werden.

 


Gesellschaftliche Stellung

Ein Wachebeamter hat in der öffentlichen Wahrnehmung immer eine besondere Stellung und
ein besonderes Ansehen, nicht zuletzt durch sein Auftreten und durch das Tragen einer
Uniform. Eine plötzliche Aberkennung des Tragens einer Uniform oder das künftige Tragen
eines Dienstkleides ohne die Merkmale einer Exekutivuniform, wie das Tragen eines
Dienstgrades, wird in der Öffentlichen Wahrnehmung als „Degradierung" gewertet bzw. wird
sofort als „Strafsanktion" auf Grund eines dienstlichen Vergehens angesehen.

Ruhestandsversetzung

Für den Exekutiven Wachebeamten gelten begünstigte Abschlagsregelungen bei einer

vorzeitiger Ruhestandsversetzung.

Derzeit wird an eine Exekutivdienstgesetz gearbeitet, bzw. darüber verhandelt. Wachebeamte

im Schicht-, Nacht- oder Wechseldienst sollen demnach nach einer entsprechenden Anzahl

solcher „exekutiver Aussendienstjahre" ohne Abschläge früher in Pension gehen können.

Garantieerklärung des Finanzministers

Am 10. März 2003 erklärt Finanzminister Grasser gegenüber dem Zentralausschuss
Zollwache wörtlich - „nur unter der Voraussetzung, dass keiner einen Euro oder Cent verliert,
wird es zu dieser Maßnahme 1030 BMI und 1029 Verbleib im BMF kommen" und „oberstes
Gebot ist die Freiwilligkeit bei der Ressortwahl"!

Bezugnehmend auf diese „Garantieerklärung" des Bundesministers stellen die unterfertigten
Abgeordneten an den zuständigen Bundesminister für Finanzen nachstehende

Anfrage

1)        Weshalb wurde im Rahmen der Zusammenführung der Wachkörper gemäß dem
Regierungsübereinkommen nicht von Seiten des BMF versucht, auch eine Überstellung von
Zollwachebeamten in die Justizwache durch Verhandlungen mit dem BMJ zu ermöglichen?

2)   Wie viele der 1029 im BMF verbliebenen ehemaligen Zollwachbeamten wurden an welche
Dienststellen und Standorte dienstzugeteilt bzw. versetzt (Bitte um Auflistung nach
Zollämtern, Finanzämtern und sonstigen Ämtern der zivilen Verwaltung!)?

3)        Wie vielen dieser 1029 im BMF verbliebenen ehemaligen Zollwachebeamten wurde
aufgrund der Reform keine Dienstzuteilung bzw. Versetzung an ihrem bisherigen Dienstort
mehr ermöglicht?

 

4)   Erachten Sie die in der Einleitung unter „Finanzielle Nachteile" angeführten
Einkommensverluste in Anbetracht Ihrer „Garantieerklärung", dass kein nunmehr in ziviler
Verwaltung im BMF eingesetzter ehemaliger Zollwache-Bedienstete „einen Cent verlieren
wird", als gebrochenes Versprechen?

5)   Werden die im Exekutivdienst erworbenen Jahre den jetzt zivilen Zollbeamten zu hundert
Prozent gutgeschrieben?

6)        Ist es richtig, dass allen 181 Vorarlberger Zollwache-Bediensteten der Wechsel ins BMI
just einige Tage vor den Vorarlberger Landtagswahlen ermöglicht wurde?

 


7)   Ist es richtig, dass 80 Zollwache Bedienstete aus Vorarlberg zusätzlich ins BMI wechseln
durften?

8)       Ist es richtig, dass den 11 Tiroler und 57 Schwechater Optanten der Wechsel ins BMI nur
deshalb nicht ermöglicht wurde, weil im Gegenzug alle Vorarlberger Optanten ins BMI
übernommen wurden und an der Gesamtzahl der 2003 abstrakt festgelegten 1030
Überführungen ins BMI nicht gerüttelt werden sollte?

a) Wenn "ja", weshalb bestand die unverrückbare Notwendigkeit, die Festlegung der
abstrakten Zahl 1030 einer menschlichen Lösung für die bundesweit ca. 70 verbleibenden
Bediensteten vorzuziehen?

9) Weshalb bot das BMF den verbleibenden BMI-Optanten aus dem Tiroler Oberland und
Schwechat nicht wie allen anderen, insbesondere den Vorarlberger Optanten, die Möglichkeit
des Wechsels ins BMI, um folglich die Zollagenden gem. § 15 ZRDG
(Zollrechtsdurchführungsgesetz) ebenso wie die Gendarmerie in Vorarlberg durchzuführen?

10)        Weshalb wurde die Zusage, wonach Versetzungen unter der Wahrung weitestgehender
Freiwilligkeit erfolgen sollen, fast ausschließlich im Tiroler Oberland und in Schwechat nicht
eingehalten?

11)        Wie rechtfertigen Sie die hohe Gesamtzahl an zivilen Bediensteten des BMF in Tirol mit
ca. 180 Beamten?

12)        In welchen Bereichen und an welchen Standorten werden bzw. wurden diese
dienstzugeteilt bzw. versetzt?

13)        An der EU-Aussengrenze zur Schweiz steht in Vorarlberg nur die Gendarmerie, die gem.
§ 15 Zoll -RDG auch die Zollaufgaben mit vollzieht, wenige Kilometer entfernt stehen in
Tirol an der EU-Aussengrenze zur Schweiz aber jeweils ein Zöllner und ein Gendarm! Wie
begründen Sie dies und erachten Sie diesen mit 01.05.04 vollzogenen verwaltungspolitischen
Rückfall der Doppelgleisigkeit in Zeiten vor das Inkrafttreten des Übertragungsgesetzes im
Jahr 1967 als sinnvoll, indem - damals wie heute - Gendarmen und Zöllner den Dienst an der
Grenze zu Schweiz gemeinsam verrichten?

14)        Ist es richtig, dass diese Doppelstruktur des Dienstes den Wechsel von Zollwachebeamten
aus dem Tiroler Oberland in das BMI verhinderte?