1957/J XXII. GP

Eingelangt am 28.06.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Ruth Becher

und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend die Aussiedlung des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien, des Handelsgerichts
und des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien in den City Tower Vienna

Am 14. November des vorigen Jahres wurde von Ihrem Regierungskollegen, Justizminister
Dieter Böhmdorfer, das Justizzentrum Wien Mitte im City Tower Vienna (CTV) eröffnet. In
diesem sich in der Marxergasse la befindlichen 25-stöckigen Hochhaus wurde das vormals in
der Riemergasse 4 und 7 residierende Handelsgericht Wien, Bezirksgericht Innere Stadt Wien
und das Bezirksgericht für Handelssachen Wien trotz des heftigen Widerstands der
Richterschaft und der Opposition angesiedelt. Als Hauptkritikpunkte an dieser Umsiedlung
wurden u.a. die ungerechtfertigte 600.000-Euro-Provisionszahlung an den
Immobilientreuhänder und BIG-Aufsichtsratmitglied, Ernst-Karl Plech, sowie die infolge der
Abwanderung der drei Gerichte aus dem Ämtsgebäude Riemergasse in den City Tower
drohenden negativen Auswirkungen auf die Infrastruktur des Bezirksteils und - vor allem - die
enorme Kostensteigerung hinsichtlich der Miet- und Betriebskosten im City Tower ins
Treffen geführt. Während die Gesamtmiete in der Riemergasse 4 und 7, wie sogar
Justizminister Böhmdorfer in einer Anfragebeantwortung (564/AB
XXII. GP) konzedieren
musste, rund 220.000 Euro monatlich ausmachte, beläuft sich jene für die angemieteten
Räumlichkeiten im City Tower Vienna auf rund 335.867 Euro. Für die Betriebskosten des
Hochhauses in der Marxergasse sind ca. 69.116 Euro im Monat zu entrichten, in der
Riemergasse waren demgegenüber rund 36.000 Euro zu bezahlen. Mit anderen Worten: Bei
einer reinen Büronutzfläche von 10.760 m2 ergaben sich somit für das Amtsgebäude in der
Riemergasse 4 und 7 monatliche Betriebskosten von 3,3 Euro pro m", jene für die 14.700 m
Büronutzfläche umfassenden Räumlichkeiten im City Tower belaufen sich hingegen auf 4,7
Euro pro m2.

Im Zusammenhang mit der im Tätigkeitsbericht für das Verwaltungsjahr 2002 enthaltenen
Prüfung der Immobilienmanagementgesellschaft des Bundes mbH insistiert der
Rechnungshof, die Aussiedlung von Dienstsstellen aus Bundesgebäuden in leer stehende


Objekte privater Eigentümer „nicht nur nach der Höhe der Miete, sondern auch nach den
Betriebskosten zu beurteilen" sowie des weiteren auch die „Leerstehungs-, Renovierungs- und
Verwertungskosten für verlassene Bundesgebäude zu beachten“ (III-66 d. B. zu den
Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP, S. 289 f.). Angesichts der oben
angeführten Übersiedlung der drei Gerichte aus einem bundeseigenen in ein privates Gebäude
und der dabei auftretenden Kostenexplosion bezüglich der Miet- und Betriebskosten lässt sich
konstatieren, dass Sie in diesem Fall weder „den jeweils geltenden Richtlinien zur
Durchführung des Bundesfinanzgesetzes“,
wonach „ein Ressort einen mehrjährigen
Mietvertrag nur im Einvernehmen mit dem BMF abschließen“ darf, noch die Empfehlung des
Rechnungshofes, nicht nur die Miethöhe, sondern auch Betriebs-, Leerstehungs-,
Renovierungs- und Verwertungsausgaben bei der Aussiedlung von Dienststellen in private
Gebäude zu beachten, berücksichtigten.

Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen
nachstehende

Anfrage:

1.  Kann bei der Übersiedlung des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien, des
Handelsgerichts und des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien in den City Tower Vienna
von einem Vorhaben von außerordentlicher finanzieller Bedeutung gemäß § 43 BHG
gesprochen werden, nach dem das Justizministerium hierüber mit Ihnen „rechtzeitig
während der Planung das Einvernehmen“ hätten herstellen müssen?

2.              Wenn ja, wann erteilten Sie der Aussiedlung des Bezirksgerichts für Handelssachen
Wien, des Handelsgerichts und des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien in den City
Tower Vienna gemäß § 43 BHG Ihre Zustimmung, und welche Begründung können
Sie hierfür anführen?

3.              Wie begründen Sie in diesem Zusammenhang Ihre Zustimmung zur Übersiedlung der
drei Gerichte in den City Tower angesichts der Tatsache, dass sowohl die Miet- als
auch die Betriebskosten in eben diesem höher sind als in der Riemergasse 4 und 7 und


somit nachweislich die unter 4. angeführte Empfehlung des Rechnungshofes keine
Berücksichtigung fand?

4.              Wie beurteilen Sie die an Sie gerichtete Empfehlung des Rechnungshofes, im Zuge
der Aussiedlung von bundeseigenen Dienststellen in private Objekte nicht nur die
Höhe der Miete, sondern auch die Betriebs-, Lehrstehungs-, Renovierungs- und
Verwertungskosten für verlassene Bundesgebäude zu beachten? Wurde diese
Empfehlung im Hinblick auf die Übersiedlung des Bezirksgerichts für Handelssachen
Wien, des Handelsgerichts und des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien in den City
Tower Vienna eingehalten?

5.              Wenn nein, warum nicht?

6.              Wurden die geltenden Richtlinien zur Durchführung des Bundesfinanzgesetzes,
wonach ein Ministerium einen mehrjährigen Mietvertrag nur im Einvernehmen mit
Ihrem Ressort abschließen darf, im konkreten Fall der Übersiedlung der drei Gerichte
in den City Tower Vienna eingehalten?

7.              Wenn nein, warum nicht?

8.              War das Vorhaben, die drei Gerichte von der Riemergasse in den City Tower Vienna
in die Marxergasse umzusiedeln, nach Art und Umfang vorbestimmt und erfolgt die
Finanzierung gemäß § 43 BHG durch zweckgebundene Einnahmen?