2133/J XXII. GP

Eingelangt am 16.09.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Maga Christine Muttonen
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend Austrokoffer

Als eines der Projekte anlässlich des Jubiläumsjahres 2005 dürfte die
Präsentation Österreichs Literatur nach 1945 auf rund 5.000 Seiten in 18
Bänden im sogenannten "Austrokoffer" geplant sein. Diese Österreich-
Anthologie soll Werke von 130 Autoren von Ilse Aichinger bis Joseph
Zoderer enthalten und zum Preis von 50 Euro ab Jänner 2005 verkauft
werden. Auf der einschlägigen Homepage
(www.austrokoffer.at) findet
sich einleitend folgende Passage: „Das kleine Österreich ist eine
kulturelle Großmacht, der Austrokoffer enthält 18 Bände, 5000 Seiten,
130 Autoren".

Ungeschicktes Vorgehen und mangelnde Kommunikation im Vorlauf der
Projektvorbereitung haben zu einer wahren Flut an Absagen namhafter
österreichischer AutorInnen geführt. Auch das deutschsprachige
Feuilleton äußert sich sehr spöttisch über den „fahrlässigen
Dilettantismus, mit dem dieser österreichische Literaturkanon
eingerichtet wird" (NZZ, 8.9.2004): „Das eilig aufgestellte Prestigeprojekt
dürfte also recht löchrig geraten, weil die nunmehrigen Nestflüchter im
Jubiläumsjahr 2005 nicht politisch vereinnahmt werden wollen und auch
keine Koffer, Vollkoffer oder gar Austrokoffer sein möchten" (FAZ
7.9.2004)

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundeskanzler
nachstehende

Anfrage:

1.  Ist es richtig, dass es sich bei dem Projekt „Austrokoffer" um ein
offizielles Projekt anlässlich des Jubiläumsjahres 2005 handelt?

2.  Stehen die auf der Homepage genannten Personen (...nach Ideen

und unter Mitwirkung von:,........ Franz Morak, .... Wolfgang Schüssel

und ... Helmut Wohnout") nach den aktuellen Entwicklungen noch
immer hinter dem Projekt „Austrokoffer"? Was waren die konkreten


Inputs der drei Genannten an diesem Projekt?

3.  Falls es sich um eine offizielle Initiative der Bundesregierung
handelt: wurden die AutorInnen im Vorlauf über das geplante
Projekt seitens der Bundesregierung informiert und zur Teilnahme
eingeladen?

4.  Wenn nein, warum nicht?

5.  Wann haben die Vorbereitungen für das Projekt „Austrokoffer"
begonnen?

6.  Entspricht es den Tatsachen, dass die Großzahl der AutorInnen
erst Ende August 2004 seitens des Herausgebers des
„Austrokoffer" schriftlich über das Projekt in Kenntnis gesetzt
wurden?

7.  Warum wurde eine Liste jener AutorInnen, deren Texte im
„Austrokoffer" publiziert werden soll, online auf der Austrokoffer-
Hompage veröffentlich, ohne die Betreffenden im Vorlauf zu
kontaktieren?

8.  Auf der Austrokoffer-Homepage wird das Projekt nach wie vor
damit beworben, dass 130 Autoren im „Austrokoffer" vertreten sein
würden. Nachdem zahlreiche namhafte AutorInnen bereits
abgesagt haben: wie viele AutorInnen haben ihre Teilnahme am
„Austrokoffer"-Projekt bereits definitiv zugesagt?

9.  Auf der Homepage ist wie erwähnt von 130 Autoren die Rede.
Handelt es sich dabei tatsächlich nur um Männer oder wurde auf
die geschlechtsneutrale Formulierung schlichtweg vergessen?

10. In einem Ö1-Interview am 10.9.2004 hat der Herausgeber des
„Austrokoffer" Günther Nenning die Konsequenzen der zahlreichen
Absagen namhafter AutorInnen auf das Projekt damit
abzuschwächen versucht, dass „die berühmten Leute als
Begleitrakete für moderne und modernste Literatur von jungen und
jüngeren AutorInnen" fungieren sollen. Entspricht dies Ihrer Ansicht
nach noch der ursprünglichen Intention des Projekts „Austrokoffer"
als umfassendes Sammelwerk österreichischer Literatur nach
1945?

11. Das Projekt „Austrokoffer" wird als umfassender anspruchsvoller
österreichischer Literaturkanon präsentiert: „So wächst der


Austrokoffer zur größten je publizierten Sammlung moderner und
modernster Literatur aus Österreich" (Homepage
www.austrokoffer.at. Stand 13.9.2004). Mittlerweile sind zahlreiche
namhafte AutorInnen nicht bereit, am Projekt „Austrokoffer"
teilzunehmen. Im Standard vom 15.9.2004 wird der
Geschäftsführer des Ueberreuter-Verlages damit zitiert wird, dass
Ende der Woche Resümee gezogen werden soll, „ob nach den
zahlreichen Autorenabsagen das Projekt in der vorgesehenen
Weise überhaupt noch durchführbar erscheint". Ist angesichts
dieser aktuellen Entwicklungen das Ziel des Projektes, konkret ein
umfassendes Sammelwerk österreichischer Literatur nach 1945
herauszugeben, überhaupt noch zu erreichen? Wenn ja, warum?
Wenn nein, was sind die Konsequenzen?

12. Wie hoch sind die Gesamtkosten für das Projekt „Austrokoffer"?

13. Wie hoch sind die Bundessubventionen, die für das Projekt
„Austrokoffer" zur Verfügung stehen sollen? Werden neben einer
Subvention seitens des BKA auch Mittel seitens des BMBWK zur
Verfügung gestellt werden?

14. Wer konnte darüber hinaus als Sponsor für den „Austrokoffer"
gewonnen werden? In welcher Höhe und Form beteiligen sich die
diversen Sponsoren an diesem Projekt?

15. Aus wie vielen Personen besteht das Organisationsbüro
„Austrokoffer" (laut Homepage www.austrokoffer.at: Verein
TORBERG , Museumstrasse 5/17, 1070 Wien)?

16. Medienberichten zufolge sollen die Verhandlungen mit den
Verlagen Ende Oktober abgeschlossen sein. Wird der
Erscheinungstermin des „Austrokoffer" mit Jänner 2005 zu halten
sein?