2165/J XXII. GP

Eingelangt am 22.09.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend „Biotechnologischer Gewebe- und Organersatz - Regeneration von

menschlichem Gewebe durch Tissue-Engineering" (Humangewebezüchtung)

Tissue-Engineering ist ein noch im Entstehen begriffener Sektor der Biowissenschaft, der
Weg dieser jungen Disziplin ist jedoch klar vorgezeichnet: Sie verspricht eine grundlegende
Veränderung medizinischer Verfahren, bei denen erkrankte Organe und beschädigte Gewebe
nicht nur ausgebessert, sondern wiederhergestellt werden können (Humangewebezüchtung).

Die Entwicklung soll zu neuen Therapiemöglichkeiten und einer höheren Lebensqualität für
die Patienten führen und schlussendlich zur Möglichkeit, den Mangel an Spenderorganen
durch die In-vitro-Herstellung menschlicher Organe auszugleichen.

Der IPTS-Bericht zu Handel und Forschung im Bereich des biotechnologischen Gewebe- und
Organersatzes (Regeneration von menschlichem Gewebe durch Tissue-Engineering) wurde
2004 veröffentlicht.

Mit der Richtlinie 2004/23/EG vom 31. März 2004 wurden gemeinschaftsweite Festlegungen
zu Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung,
Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichem Gewebe und Zellen getroffen.
Diese Regelung bezieht sich - zumindest in Teilen - auf Produkte der Humangewebe-
züchtung. Spezielle Rechtsvorschriften zur Vermarktung und Verbrauchersicherheit von
Tissue-Engineering-Produkten sollen geschaffen werden (Verordnung).

Die Bestimmungen der Richtlinie 2004/23/EG bezieht sich besonders auf:

- Voraussetzungen für die Zulassung sowie Inspektionen und Kontrollen von
Gewebeeinrichtungen (darunter sind Gewebebanken, Abteilungen eines Krankenhauses
oder andere Einrichtungen zu verstehen, in denen Tätigkeiten im Zusammenhang mit
der Verarbeitung, Konservierung, Lagerung oder Verteilung menschlicher Gewebe und
Zellen ausgeführt werden, sie können auch für die Beschaffung und Testung zuständig
sein);


-    Vorschriften über die Rückverfolgbarkeit von gespendeten Gewebe und Zellen sowie
für deren Ein- und Ausfuhr;

-    Grundsätze, Mindeststandards und obligatorische Verfahren für die gesamte Kette-
Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung;

-    Mindestqualitäts- und Sicherheitsstandards, auch für berufliche Qualifikation und
Ausbildungserfordernisse.

Der Regelungsbedarf für Tissue-Engineering wird damit jedoch nur zum Teil gedeckt.

Die 0.9 Richtlinie muss bis längstens 7. April 2006 in nationales Recht umgesetzt werden. Es
ist seitens der Kommission geplant, bis dahin auch die in Aussicht genommene Verordnung
über Tissue-Engineering-Produkte (TEP) zu erlassen. Diese soll - wie geplant - die
Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung reglementieren .

Unabhängig von der noch umzusetzenden zitierten Richtlinie ergeben sich beim „Tissue-
Engineering" eine Reihe von offenen Fragen für Österreich.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen nachstehende

Anfrage:

1.                            Wie schätzen Sie das Marktpotential derartiger Produkte für Österreich und Europa
ein?

2.                            Welche Produkte, die durch Tissue-Engineering erzeugt werden sind bereits am
österreichischen Markt und werden in Verkehr gebracht?

3.                            Welche gesetzlichen Bestimmungen finden daher zurzeit in Österreich diesbezüglich
Anwendung?

4.                            Welche gesetzlichen Bestimmungen finden daher zurzeit in Europa diesbezüglich
Anwendung?


5.                            Wie viele und welche Biotechnologieunternehmen in Österreich sind am Sektor des
Tissue-Engineering tätig?

6.                            In welcher Form werden Sie dem diesbezüglichen wissenschaftlichen und
technologischen Entwicklungsbedarf Rechnung tragen?

7.                            Was ist konkret seitens Ihres Ressorts dazu geplant?

8.                            Welche Mitgliedsstaaten der EU haben zu Tissue-Engineering bereits nationale
Regelungen erlassen?

9.                            Halten Sie einen europäischen Rechtsrahmen für Tissue-Engineering als notwendig?

 

a)                            Wenn ja, welche Haltung nehmen Sie zur geplanten Verordnung ein?

b)             Wenn ja, was soll aus Ihrer Sicht geregelt werden?

 

10.                     Welche konkrete Position vertritt Österreich zum veröffentlichten Vorschlag für eine
„Harmonisierte Rahmenregelung" zu humanen Tissue-Engineering-Produkten?

11.                     Wird durch Ihr Bundesministerium die Forschung für Tissue-Engineering
unterstützt?

Wenn ja, in welcher Form und in welchem Umfang?

12.                     Welche Position nimmt Ihr Bundesministerium zur RL 2004/23/EG ein?

13.                     Wann und wie soll die Umsetzung in Österreich erfolgen?

14.                     Werden Sie bei der Umsetzung der RL die Verwendung spezifischer Arten
menschlicher Zellen sowie Aufbreitungsverfahren von Geweben und Zellen
einschränken?

Wenn ja, welche?

15.                     Werden Sie die Einfuhr bestimmter menschlicher Gewebe und Zellen verbieten oder
beschränken?

16.                     In welcher Form werden Sie sicherstellen, dass die europäische Datenschutzrichtlinie
eingehalten wird und genetische Informationen anonymisiert werden, sodass Spender
und Empfänger für Dritte nicht mehr identifizierbar sind?


17.                   In welcher Form werden Sie die Rückverfolgbarkeit von beschafften, verarbeiteten,
gelagerten oder verteilten Gewebe und Zellen vom Spender zum Empfänger und
umgekehrt sicherstellen?

18.                   Wie und in welcher Form werden Sie sicherstellen, dass die Spende von Geweben
und Zellen nicht auf kommerzieller Basis erfolgen?