217/J XXII. GP
Eingelangt am:
19.03.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Ulli Sima
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Position der Bundesregierung zur
geplanten Aufstockung des EURATOM-
Kreditrahmens
Am 6. November 2002 hat die
EU-Kommission beschlossen, den EURATOM-Kreditrahmen
von bisher 4 auf 6 Mrd. Euro zu
erhöhen. Als nächstes sind nun die
Finanzminister der
Europäischen Union am Zug, die im Ecofin über die geplante Aufstockung
abstimmen. Für
die Aufstockung der finanziellen Mittel ist
ein einstimmiger Beschluss notwendig.
EURATOM-Kredite werden vor allem
für die Sanierung und den Fertigbau maroder Ost-
AKWs verwendet. Ein Blick
auf die Geldervergabe der letzten Jahre
zeigt dies sehr deutlich:
Im Jahr 2000 wurden Euratom-Kredite in der Höhe von 893
Mio. Euro für Nachrüstungen
von atomaren Anlagen in Osteuropa bewilligt.
Es handelt sich um zwei konkrete Projekte:
a) Der bisher größte EURATOM-Kredit -
680, 5 Mio. Euro - wurde für die Fertigstellung der
beiden ukrainischen Tschernobyl-Ersatzreaktoren K2/R4 (Khmelnitzky 2 und
Rovno 4)
gewährt.
b) Weiters hat die EU-Kommission im Jahr 2000 einen Kredit
in der Höhe von 213,5 Mio.
Euro für die Nachrüstung der Blöcke im
bulgarischen Kozloduj 5 und 6 bewilligt.
In der „Warteschleife" für
EURATOM-Kredite befindet sich das russische AKW Kalinin-3,
für dessen Fertigstellung 335 Mio
der 670 Mio. Euro aus EURATOM-Töpfen fließen sollen.
Daneben soll in Rumänien der kanadische Schwerwasserreaktor Cernavoda-2
ebenfalls mit
EURATOM-Geldern in der Höhe von 250 Mio.
Euro fertiggestellt werden.
Aus einem bislang nicht veröffentlichten Papier der EU-Kommission geht
hervor, dass die EU
mittels EURATOM-Krediten in Zukunft 6 weitere AKWS an 4
Standorten - Kalinin 3 und 4,
Balokovo 5 und 6 Kursk 5 und Rostov 2 - in Russland finanzieren will. Aufgrund von
Finanzierungsengpässen konnte dort bisher
nicht weitergebaut werden, nun sollen
EU-Gelder
- konkret Steuergelder - als Finanzspritze zum Fertigbau fliessen.
Offenbar soll mit Hilfe der
EURATOM-Gelder eine große
Ausbau-Offensive in Osteuropa gestartet werden. Obwohl die
EU-Kommission auch von Schließungsprojekten spricht, gibt es kein
einziges Beispiel aus
den vergangenen Jahren, bei dem mit Hilfe von EURATOM-Geldern AKWs geschlossen
wurden.
Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat (gemeinsam mit dem
damaligen Umweltminister
Wilhelm Molterer) am 19. November 2002 festgestellt: „Eine Zustimmung zur
Aufstockung
des EURATOM-Kreditrahmens kommt für
Österreich nicht in Frage, wenn nicht zweifelsfrei
sichergestellt ist, dass die Mittel nur für die Schliessung von AKW oder
die Behebung von
Sicherheitsmängeln bei fixen
Schliessungsdaten verwendet werden. Mit der Stimme
Österreichs wird es jedenfalls kein
Geld für neue AKW geben". (OTS 198) Sollte diese
Aussage ernst gemeint sein, muss der
Finanzminister im Ecofin gegen eine Aufstockung der
EURATOM-Gelder stimmen, denn in der Voralge der EU-Kommission ist die Absicht dient
Fertigbau von AKWs zu finanzieren eindeutig festgeschrieben.
Die unterfertigen Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen
nachstehende
Anfrage
1) Ist Ihnen das Non-Paper der EU-Kommission bekannt, worin
bestätigt wird, dass 6
weitere AKWs
an 4 Standorten in Russland mittels EURATOM-Krediten finanziert
werden sollen?
2) Wie ist Österreichs Position zur geplanten Aufstockung
des EURATOM-
Kreditrahmens von 4 auf 6 Mrd. Euro?
3) Wie werden Sie im Ecofin abstimmen, wenn der aktuelle
EURATOM-Vorschlag der
EU-Kommission vom 6.November 2002 - der neben der Finanzierung von
Sicherheitsausrüstungen von AKWs auch den Fertigbau von Atomkraftwerken mittels
Krediten
fördern will - zur
Abstimmung gelangt?
4) Die aktuelle Position Österreichs zu den Euratom-Krediten
(Gelder nur Schließung
und
Sicherheitsmaßnahmen) die auch im Regierungsübereinkommen festgehalten ist
klingt zwar sehr
nett, geht jedoch an der Realität vorbei. Was werden Sie tun, wenn
die Fertigstellung von AKWs auch
künftig durch EURATOM-Kredite finanziert
werden soll? Wird
Österreich dann die Kreditaufstockung unterstützen?
5) Wenn ja, wie können Sie das begründen?
6) Wenn nein, heißt das Sie werden im Ecofin gegen den Kommissionsvorschlag vom 6.
November stimmen?
7) Wird Österreich der Aufstockung der EURATOM-Kredite-Gelder
im Ecofin
zustimmen,
wenn mit EURATOM-Geldern neue AKWs gebaut werden?
8) Wird Österreich der Aufstockung der EURATOM-Gelder im Ecofin
zustimmen, wenn
die
Lebenszeit von AKWs mittels EURATOM verlängert wird?
9) Wird Österreich der Aufstockung der EURATOM-Kredit-Gelder im Ecofin
zustimmen, wenn es keine verbindlichen Schließungsdaten für AKWs gibt,
deren
Lebensdauer
mittels EURATOM verlängert wird?
10) Wie will Österreich verhindern,
dass es mittels EURATOM-Kredit-Gelder nicht zu
Lebenszeitverlängerung oder
Neubauten von AKWs kommt?
l1) Können Sie ausschließen, dass mit
EURATOM-Kredit-Gelder Neubauten oder
Lebenszeitverlängerungen von AKWs finanziert werden?
12) Kennen Sie Beispiele für die
Schließung von AKWs die durch EURATOM-Kredite
finanziert
wurden?
13) Wenn ja, welche genau und mit welchen Summen?
14) Wie können Sie garantieren, dass EURATOM-Kredit-Gelder nur in
Sicherheitsinvestitionen fließt, wobei
auch fixierte Schließungsdaten für diese
Anlagen unabdingbar sind?
15) Ihrer Aussage nach wird es „kein
Geld aus Österreich für neue AKW geben". Wie
beurteilen Sie
demnach den Plan der Kommission an 6 neuen Standorten in Russland
4 neue AKWs
mit EURATOM-Krediten zu bauen?