219/J XXII. GP
Eingelangt am: 19.03.2003
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möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Ulli Sima und GenossInnen
an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Absage von EU-Kommissar Franz Fischler an gentechnikfreie Zonen und
die
Problematik
der
Koexistenz
gentechnisch
veränderter
und
unveränderter
Landwirtschaft in Österreich
EU-Agrarkommissar Franz Fischler erteilte am 5. März 2003
in einer Mitteilung an die
Kommission der Errichtung
gentechnikfreier Zonen eine Absage und sprach sich entschieden
gegen ein allgemeines Anbau-Verbot für gentechnisch
manipulierte Kulturen aus. Der Schutz
wirtschaftlicher Interessen alleine reiche dafür nicht aus.
Grundsätzlich solle künftig jeder
Landwirt entscheiden, welche Art von Kulturpflanzen er auf seinem Boden anbauen
will:
„Keine Form der Landwirtschaft sollte
in der EU ausgeschlossen werden", heißt es von Seiten
der Kommission.
Die Kommission verzichtet damit auf EU-weite Regelungen der
Koexistenz zwischen dem
Anbau gentechnisch veränderter und konventioneller und biologischer Pflanzen.
Damit wird
die Verantwortung auf jeden einzelnen Bauern abgeschoben, er muss sich künftig
etwa um
Schutzmassnahmen kümmern, wenn er gentechnikfrei produzieren will. Dies kommt einem
Todesstoss für jene Bauern gleich, die gentechnikfrei wirtschaften wollen, denn sie müssen
künftig Pufferzonen und sonstige Vorsichtsmassnahmen aus der eigenen Tasche
bezahlen.
Die EU-Kommission nimmt damit jedoch die Falschen in die Pflicht, nämlich jene, die so
wirtschaften, wie es seit Menschengedenken üblich
ist, nämlich ohne dem Einsatz der
Gentechnik. Es ist dies eine Umkehr des Verursacherprinzips. Anstatt das lang
diskutierte
Modell der gentechnikfreien Zonen
umzusetzen, und damit die Produktion der Biobauern vor
Pollenflug, Auskreuzung und Verunreinigungen zu schützen, erteilt die
Kommission mit
diesem Plan der gentechnikfreien Produktion
in ganz Europa eine Absage. Dies ist angesichts
der Tatsache, dass die überwältigende Mehrheit der europäischen
Konsumentinnen und auch
Bäuerinnen und Bauern die Gentechnik
entschieden ablehnt, schlichtweg inakzeptabel.
Brisant ist der Kommissionsplan auch aufgrund der erst im
Mai letzten Jahres publizierten,
von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Studie zum Thema der Koexistenz.
Diese
Studie kommt zum Schluss, dass ein Nebeneinander
von landwirtschaftlicher Produktion mit
Gentechnik und konventioneller (ohne Gentechnik) oder biologischer
Arbeitweise nicht
möglich ist, unkontrollierte Ausbreitung von Gentech-Saatgut und
ständige Vermischungen
wären unausweichlich.
Die unterzeichneten
Abgeordneten richten daher an den für
Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft nachstehende
Anfrage:
1) Wie stehen Sie zur Koexistenz von gentechnisch veränderten
und nicht veränderten
Anbauweisen?
2) Wie beurteilen Sie den Plan der Kommission, künftig
jegliche Verantwortung
(Haftung) auf die Bauern
abzuschieben, die weiterhin gentechnikfrei produzieren
wollen?
3) Teilen Sie die Ansicht Fischlers, wonach jeder Bauer sich
künftig selber darum
kümmern - und
bezahlen - soll, wie er
gentechnikfrei produzieren kann?
4) Planen Sie, gentechnikfreie Zonen in Österreich zu
schaffen, um Österreichs Bauern
die keine
Gentech-Pflanzen anbauen wollen, zu schützen?
5) Falls nein, warum nicht?
6) Falls ja, in welcher Form und wo konkret?
7) Wie beurteilen Sie die Ansicht der Kommission, wonach
der Schutz wirtschaftlicher
Interessen
nicht ausreiche, um den Anbau von GVO zu verbieten?
8) Halten Sie es für realistisch, dass sich der
einzelne Landwirt die Rahmenbedingungen
schaffen kann, künftig gentechnikfrei
zu produzieren?
9) Wie schätzen Sie die Auswirkungen des Kommissionsplans auf die heimische
Landwirtschaft ein?
10) In welcher Weise wollen Sie die
heimischen Biobauern, aber auch alle anderen
Landwirte, die ohne Gentechnik
produzieren wollen, vor Pollenflug,
Saatgutverunreinigungen, Fremdbestäubung etc. durch GVOs schützen?
11) In einem Interview mit den
Salzburger Nachrichten vom 14. März betonen Sie, die
Anwendung der
Gentechnik aktiv nicht anzustreben. Wie wollen Sie diese angesichts
der
Kommissionspläne konkret verhindern?
12) Was halten Sie von der von der
EU-Kommission geplanten freiwilligen Vereinbarung
zwischen örtlichen Landwirten und der
Industrie zur Errichtung GVO-freier Gebiete?
13) Sind diese Ihrer Ansicht
nach ausreichend, um eine gentechnikfreie Produktion in
Europa zu garantieren?
14) Wie beurteilen Sie die
Perspektive, wonach die konventionell wirtschaftenden Bauern
und die Biobauern bei einer
zufälligen GVO-Beimischung ihre
Produkte billiger
verkaufen müssen?
15) Wie könnte Ihrer Ansicht nach
zufällige Vermischung GVO-veränderter und
herkömmlicher Kulturen wegen Saatgutverunreinigungen, Kontamination durch
selbstaussäende Pflanzen, Fremdbestäubung etc. verhindert werden?
16) Wie beurteilen Sie die Haftungsfrage nach Vorlage
der Kommissionspläne in Sachen
Koexistenz?
17) Halten Sie es grundsätzlich für
vertretbar, dass die EU zwar die Zulassung von GVO-
Pflanzen erteilt, sich jedoch in weiterer Folge nicht um die
Konsequenzen und
Arbeitsbedingungen für Biobauern oder
jene Landwirte kümmert, die ohne GVOs
wirtschaften?
18) Sie haben im Rahmen der
Diskussion um den Fischler-Vorschlag betont, dass in
Sachen Koexistenz noch zu viele Fragen offen wären, um an eine Freigabe
gentechnisch modifizierter Organismen
zu denken (vgl dazu „Die Presse, 5. März
2003). Welche Fragen sind Ihrer
Ansicht nach noch ungeklärt?
19) Nach der Fertigstellung der
sogenannten „Feed and Food-Richtlinie" auf EU-Ebene ist
eine Aufhebung
des Moratoriums sehr wahrscheinlich. Danach wird es eine Flut an
Neuzulassungen von gentechnisch
veränderten Pflanzen in Europa geben. Wie werden
Sie als zuständiger
Landwirtschaftsminister gegensteuern, um auch weiterhin eine
gentechnikfreie Landwirtschaft in
Österreich zu ermöglichen?
20) Was halten Sie grundsätzlich von
nationalstaatlichen Regelungen im Bereich der
Gentechnik in
der Landwirtschaft?
21) Sind die von der EU-Kommission ins Treffen geführten unterschiedlichen
geographischen Bedingungen ausreichend, um die Regelungen den
Mitgliedstaaten zu
überlassen?
22) Darüber hinaus haben die
Mitgliedsstaaten einen sehr schmalen rechtlichen Spielraum,
welche konkreten Ansätze für Österreich
sehen Sie im Gentechnik-Bereich und
welche rechtlichen Maßnahmen (Gesetze, Verordnungen etc.) werden Sie setzen?
23) Teilen Sie die Ansicht der
Fischler-Kritikerinnen, dass dieser Plan der EU-
Kommission der Todesstoss für die Biobauern und jene Bauern ist, die ohne
Gentechnik
produzieren wollen?