2191/J XXII. GP

Eingelangt am 12.10.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Walter Posch und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend    Erlassung    eines    rechtswidrigen    Bescheides    in    Angelegenheit    eines

tschetschenischen Ehepaares

Am 25.6.2004 reiste, aus der Slowakei kommend, das aus Tschetschenien stammende
Ehepaar Abuschachid Murtasalijev und Milana Daftajeva nach Österreich ein und stellte
sogleich Asylanträge.

Im Rahmen der Einvernahmen wurde auch eine ärztliche Mitteilung gemäß § 24b AsylG vom
8.7.2004 zu den Akten genommen, wonach Traumatisierungsverdacht gegeben sei und die
Diagnose gestellt wurde: „PTSD sehr wahrscheinlich“.

Obwohl gemäß § 24b AsylG das Verfahren zuzulassen ist, falls sich in der Ersteinvernahme
oder einer weiteren Einvernahme im Zulassungsverfahren medizinisch belegbare Tatsachen
ergeben, die die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber Opfer von Folter oder durch die
Geschehnisse in Zusammenhang mit dem die Flucht auslösenden Ereignis traumatisiert sein
könnte, wurden die Asylanträge des o.g. Ehepaares mit 27.7.2004 als unzulässig abgewiesen
und wurde die Ausweisung in die Slowakei ausgesprochen. In der Folge wurde über Hrn
Murtasalijev die Schubhaft und über seine Gattin das „gelindere Mittel“ (Unterkunftnahme in
einer Pension in Salzburg) ausgesprochen.

Das tschetschenische Ehepaar, vertreten durch „Asyl in Not“, legte gegen die abschlägigen
Bescheide Berufung ein. Bereits am 4.8.2004 bzw. 6.8.2004 gab der Unabhängige
Bundesasylsenat den Berufungen Folge und sprach aus, dass die Asylverfahren zuzulassen
und das weitere materielle Asylverfahren vom Bundesasylamt durchzuführen sei.
Der UBAS stellt in seiner Berufungsentscheidung fest, dass sowohl laut einer ärztlichen
Mitteilung vom 2.7.2004 (durchgeführt von der Ärztestation der European Homecare GmbH)
als auch der bereits erwähnten Mitteilung vom 8.7.2004 Traumatisierungsverdacht gegeben
sei und dass es unverständlich sei, weswegen die Erstbehörde sich inhaltlich damit in keiner
Weise auseinandergesetzt habe.

Besonders interessant ist weiters, dass sich laut UBAS auf der ärztlichen Mitteilung vom

2.7.2004 folgender Vermerk findet: „Lt. Dr. Eichenseder Dublinverfahren fortsetzen“.

Dr. Eichenseder, Leiter der Erstaufnahmestelle Ost, nahm zu diesem Vermerk in der

Wochenzeitschrift „die FURCHE“ vom 23.9.2004 wie folgt Stellung:

„Dr. Herwig E., von der FURCHE mit diesem UBAS-Bescheid konfrontiert, kann sich den

Vermerk mit seinem Namen nicht erklären: ,wenn PTSD attestiert wurde, gibt es keine

Abschiebung.’ Im Fall ... ist möglicherweise eine ,nicht vollständige Diagnose’ vorgelegen.

Eher glaubt Dr. E aber, dass Michael Genner während des Berufungsverfahrens den Zusatz

eingefügt hat.“

Ob dieser Geschehnisse brachten sowohl o.g. tschetschenisches Ehepaar als auch Michael
Genner, Geschäftsführer von „Asyl in Not“, Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wiener
Neustadt wegen § 302 Abs. 1 StGB (Missbrauch der Amtsgewalt) ein, Genner auch wegen §
297 Abs. 1 StGB (Verleumdung).

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres
nachfolgende


ANFRAGE

1)             Wie ist der derzeitige Stand des Asylverfahrens hinsichtlich o.g. tschetschenischen
Ehepaares?

2)      Wie erklären Sie sich, dass im Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle
trotz       zweier       ärztlicher       Mitteilungen        das        Vorliegen        eines
Traumatisierungsverdachtes verneint wurde?

3)             Wie deuten Sie den Vermerk auf der ärztlichen Mitteilung vom 2.7.2004 („Lt. Dr.
Eichenseder Dublinverfahren fortsetzen“)? Von wem stammt Ihrer Ansicht nach
dieser Vermerk, teilen Sie diesbezüglich die Meinung von Dr. Eichenseder?

4)      Wenn ja: Planen Sie weitere rechtliche Schritte gegen Michael Genner? Wenn
nein: Hat Dr. Eichenseder dienstrechtliche Konsequenzen zu erwarten?

5)             Wie kann es passieren, dass von einer Ihnen unterstellten Dienststelle ein derart
schwerwiegend rechtswidriger Bescheid erlassen wird?

6)             Ist Ihnen bewußt, dass im gegenständlichen Fall der abschlägige Bescheid ohne
die rechtsfreundliche Vertretung durch „Asyl in Not“ vermutlich in Rechtskraft
erwachsen wäre?

7)             Ist Ihnen weiters bewußt, dass viele Asylwerber nicht rechtsfreundlich vertreten
sind und daher eine Rechtswidrigkeit wie die oben geschilderte gar nicht oder nur
sehr schwer erkennen und aufgreifen können?

8)             Was gedenken Sie zu tun, um die Erlassung von Bescheiden, die die Intention des
§ 24b AsylG konterkarieren, hintanzuhalten?