2199/J XXII. GP

Eingelangt am 13.10.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Franz Riepl und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein

betreffend die Schmälerung von Abfertigungen wegen nicht erfolgter Wahl einer

Mitarbeitervorsorgekasse.

Dienstgeber haben für MitarbeiterInnen, für die die neue Abfertigungsregelung gilt, seit
1.1.2003 einen Betrag von 1,53% des Bruttoentgelts, gemeinsam mit anderen Beiträgen
an die Sozialversicherung zu überweisen. Von dort wird der jeweilige Beitrag zur
Abfertigung an eine Mitarbeitervorsorgekasse zur Veranlagung weiter geleitet, wenn der
Dienstgeber eine solche Kasse ausgewählt hat.

Das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz regelt in Abschnitt 3 (§§9 und 10) die Auswahl
der Mitarbeitervorsorgekassen allerdings ohne eine verbindliche Frist festzulegen, innerhalb
welcher sich die Dienstgeber für eine solche Kasse entscheiden müssen. Durch diese
Regelungslücke haben heute - 1 3/4 Jahre nach In-Kraft-Treten des Gesetzes - geschätzte
25% der Betriebe noch immer keine Abfertigungskasse ausgewählt, was bedeutet, dass die
Abfertigungsbeiträge von tausenden MitarbeiterInnen noch immer nicht entsprechend
(langfristig) veranlagt werden können.

Allein in der Gebietskrankenkasse Niederösterreich haben 22,75% der 25.492 Dienstgeber
(Stand September 2004) bisher noch keine Mitarbeitervorsorgekasse gewählt. Darunter
fallen 1.443 Betriebe, die bereits nicht mehr existieren, für welche also die
Gebietskrankenkasse einzeln Kontakte zu den ehemaligen Mitarbeitern dieser Firmen
herstellen muss, um deren Abfertigungsansprüche zu wahren.

Für den Fall, dass noch keine Abfertigungskasse ausgewählt wurde, werden die Beiträge

von den Krankenkassen vorübergehend auf ein Konto gelegt. Da diese Gelder aber

jederzeit verfügbar sein müssen, ist eine längerfristige Veranlagung nicht möglich und der

Zinssatz daher relativ niedrig.

Das heißt, dass zur Zeit die Abfertigungsbeiträge von tausenden ArbeitnehmerInnen nicht

so   veranlagt   werden   können,   wie   das   den   Ertragserwartungen   der   bestehenden

Mitarbeitervorsorgekassen entsprechen würde, die bei einer längerfristigen Veranlagung

einen Ertrag zwischen 5 und 6% brutto in Aussicht stellen.

Auf längere Sicht müssen daher MitarbeiterInnen, für die noch keine Abfertigungskasse

gewählt wurde, mit einer geringeren Abfertigung rechnen.

Die jetzige Situation rund um die Abfertigungsbeiträge stellt zudem eine weitere
administrative und finanzielle Belastung der Sozialversicherungen dar, weil diese - neben
der Aufgabe, die Beiträge, für die keine Abfertigungskasse gewählt wurde,
„zwischenzuparken" - auch einspringen müssen, wenn die Abfertigungsbeiträge und die
restlichen Sozialversicherungsbeiträge von Unternehmen nicht oder verspätet eingezahlt
werden. Die Krankenkassen müssen in diesen Fällen „in Vorlage treten", d.h. die Beiträge
vorfinanzieren, was die Schulden der Unternehmen bei den Gebietskrankenkassen, die
zuletzt schon bei 897 Mio. EURO lagen, noch einmal in die Höhe treiben könnte.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
in diesem Zusammenhang nachstehende

Anfrage:


1.              Wie viele Firmen hatten mit Stichtag 1. Oktober 2004 noch keine Mitarbeitervorsorgekasse
ausgewählt ? (nach Bundesländern, bestehende und bereits aufgelöste Betriebe)

2.              Wie viele MitarbeiterInnen sind von davon betroffen ?

3.              Wie hoch ist die Verzinsung der „zwischengeparkten" Beiträge in den einzelnen
Gebietskrankenkassen ? (netto, nach Bundesländern)

4.              Mit welchem Schaden (Verringerung der Abfertigung) müssen die Betroffenen dadurch
rechnen ?

5.              Denken Sie daran, diesen Schaden, der ja durch eine Lücke in der gesetzlichen Regelung
mitverursacht wurde, in irgendeiner Weise auszugleichen ?

5a Wenn ja, wie ?

5b Wenn nein, warum nicht ?

6.    Denken Sie daran, eine gesetzliche Frist festzulegen, innerhalb welcher eine
Mitarbeitervorsorgekasse gewählt werden muss ?

6a Wenn ja, wann ist diese Gesetzesänderung zu erwarten ?
6b Wenn nein, warum nicht ?

7.              Halten Sie - für den Fall, dass keine Mitarbeitervorsorgekasse fristgerecht gewählt wurde -
eine Zwangszuteilung für zweckmäßig ?

8.              Wie beurteilen Sie die Möglichkeit von weiteren Sanktionen, wenn die Frist für die Auswahl
einer Mitarbeitervorsorgekasse versäumt wird ?

9.              Welche Kosten entstehen den Gebietskrankenkassen durch das „Zwischenparken" der
Abfertigungsbeiträge und dem damit verbundenen Verwaltungs- und Personalaufwand pro
Jahr ? (2003, 2004, voraus. 2005)

10.       Wie hoch waren die Zahlungsrückstände der Unternehmen bei den Beiträgen zur
Mitarbeitervorsorge gegenüber den Sozialversicherungsträgern mit Stichtag 1. Oktober
2004 ? (nach Bundesländern)