2234/J XXII. GP

Eingelangt am 29.10.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend „Korruptionsverdacht gegen Ärzte und Pharmafirmen in Deutschland“

 

 

Nach Darstellung von Mag. Martin Kreutner (BIA) gehen pro Jahr EU-weit durch Korruption und Betrug im Gesundheitswesen zwischen 30 und 100 Mrd. Euro verloren. Durch illegale Auftragsvergabe versickern jährlich ca. 350 Mrd. Euro weltweit. Geschädigt werden dadurch alle SteuerzahlerInnen bzw. direkt alle PatientInnen. Konkrete Zahlen für Österreich wurden von Mag. Kreutner allerdings nicht bekannt gegeben.

In Deutschland gibt es aktuell wieder zahllose Korruptionsvorwürfe gegen Ärzte, Staatsanwälte ermitteln nach Presseberichten gegen hunderte Ärzte in Deutschland. Sie sollen durch Bestechung (Geldzahlungen, Familienreisen, Golfkurse etc.) bestimmte Herstellerfirmen bevorzugt haben.

 

„Wegen Korruptionsverdachts ermitteln Staatsanwälte in Darmstadt und München deutschlandweit gegen mehrere hundert Klinikärzte. Wie die Staatsanwaltschaft Darmstadt am Dienstag berichtete, sollen rund 350 Mediziner Geld und geldwerte Vorteile von einem südhessischen Medizinprodukthersteller erhalten haben. Das Bielefelder „Westfalen-Blatt“ (Dienstag-Ausgabe) berichtete, die Staatsanwaltschaft München ermittle gegen weitere 150 Mediziner…….

 

….Nach dem  Zeitungsbericht geht die Staatsanwaltschaft München mutmaßlichen Vergünstigungen durch das japanische Pharmaunternehmen Fujisawa nach. Der Konzern soll von 1998 bis 2003 in Deutschland 150 Klinikärzte bestochen haben. Dem Bericht zufolge wird in München auch gegen den fünf Fujisawa-Mitarbeiter ermittelt………...

 

…..In einem dritten Korruptionskomplex im Gesundheitswesen leitete die Staatsanwaltschaft München dem Bericht zufolge erste Strafverfahren gegen Klinikärzte ein. Die Auswertung von Unterlagen, die im Mai 2004 bei der Durchsuchung der Zentrale der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb (BMS) in München beschlagnahmt worden seien, haben einen konkreten Anfangsverdacht ergeben. Chefermittler Sailer wurde zitiert, dass bis zu 4.000 Ärzte von Strafverfahren betroffen sein könnten.“(APA Nr. 202 vom 2004-10-05)

 

Die deutschen Ermittlungen zur Korruption im Gesundheitswesen haben deutliche Parallelen zu den Fällen in Italien, die im Mai 2004 bekannt wurden. Exakt 4.440 Ärzte sind dort wegen Bestechung angezeigt worden. Im Mittelpunkt dieser Erhebungen steht der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline. Vorgeworfen wird dem Konzern Übernahme von Reisekosten (auch für Begleitpersonen), Zahlung von Geldbeträgen für Leistungen die nie erbracht wurden. Vorgeworfen wird 73 verdächtigten Managern auch die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation. Gegen GlaxoSmithKline wurde seit 2001 auch in Deutschland ermittelt.

 

Derartige Vorfälle sind in Österreich in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit nicht bekannt geworden, allerdings wird das Bestehen derartiger Praktiken auch in Österreich in Einzelfällen nicht ausgeschlossen. In der AB zu GlaxoSmithKline wurde dem Fragesteller mitgeteilt, dass bis zum Jahr 2002 dem Gesundheitsressort keine diesbezüglichen Anhaltspunkte (die für die Annahme derartiger Verbindungen nach Österreich sprechen) zur Kenntnis gebracht wurden (3843/AB XXI. GP). Dem Justizministerium waren damals nur zwei Gerichtsverfahren in den letzten Jahren bekannt (und zwar 1995 und 1996).

 

Aufgrund der jüngsten Angaben des Vertreters des Innenministeriums Mag. Martin Kreutner (BIA) müssen diese Aussagen aber hinterfragt werden.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen nachstehende

Anfrage:

 

  1. Hat sich seit Vorliegen der Antwort an den Fragesteller in der AB/3843 XXI. GP an Ihrer Einschätzung bzw. an den Fakten betreffend GlaxoSmithKline etwas geändert?
    Gab es Amts- bzw. Rechtshilfeersuchen aus anderen Ländern? Gab es Ermittlungen bzw. Gerichtsverfahren?

 

  1. Wenn ja, was ist Ihnen seit dieser Antwort bekannt geworden?
  2. Haben Sie Kontakt mit den zuständigen Stellen in Deutschland aufgenommen, ob
    es hinsichtlich des südhessischen Medizinproduktherstellers derartige Verbindungen bzw. Spuren nach Österreich gibt bzw. gegeben hat?
    Wenn nein, weshalb nicht?
    Wenn ja, mit welchen Erkenntnissen?

3.1.   Wurden aufgrund der veröffentlichten Korruptionsermittlungen in Deutschland (zB Darmstadt, München) durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?

3.2.   Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret gesetzt?

3.3.   Wenn nein, weshalb nicht?

3.4.   Welche Medizinprodukte dieses südhessischen Medizinproduktherstellers wurden im Zeitraum von 2000 - 2004 in Österreich in Verkehr gebracht und abgegeben (ersuche um Bekanntgabe der Medizinprodukte)?

3.5.   Welche Kosten wurden durch die Sozialversicherungsträger bzw. Krankenanstaltenträger dafür in diesen Jahren aufgewandt (ersuche um Aufschlüsselung der Aufwendungen auf die einzelnen Jahre)?

3.6.   Gab es entsprechende Erhebungen oder Ermittlungen (z.B. Verdacht auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung, oder in diesem Zusammenhang Steuerhinterziehung) durch das BM für Justiz bzw. das BMI?

3.7.   Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

3.8.   Gab es in der Frage des angesprochenen Korruptionsskandals aus Deutschland ein Amtshilfeersuchen an Ihr Ministerium?

3.9.   Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Amtshilfeersuchens?

  1. Haben Sie Kontakt mit den zuständigen Stellen in Deutschland aufgenommen, ob
    es derartige Verbindungen bzw. Spuren des japanischen Pharmaunternehmens Fujisawa nach Österreich gibt bzw. gegeben hat?
    Wenn nein, weshalb nicht?
    Wenn ja, mit welchen Erkenntnissen?

4.1.   Wurden aufgrund dieses Ärzte-Bestechungsskandals durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?

4.2.   Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret gesetzt?

4.3.   Wenn nein, weshalb nicht?

4.4.   Welche Arzneimittelspezialitäten von Fujisawa waren im Zeitraum von 2000 - 2004 in Österreich zugelassen und wurden nach dem AMG abgegeben (ersuche um Bekanntgabe aller Arzneimittelspezialitäten)?

4.5.   Welche Kosten wurden durch die Sozialversicherungsträger dafür in diesen Jahren aufgewandt (ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre)?

4.6.   Welche Arzneimittelspezialitäten von Fujisawa wurden in diesem Zeitraum 2000 – 2004 in Österreich am häufigsten abgegeben bzw. verschrieben (ersuche um Bekanntgabe der zehn häufigsten Produkte und aufgeschlüsselt auf die einzelnen Jahre)?

4.7.   Gab es jemals entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. Verdacht auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung oder in diesem Zusammenhang auf Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von Fujisawa oder gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?

4.8.   Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

4.9.         Gab es in der Frage dieses angesprochenen Bestechungsskandals aus Deutschland oder anderen Ländern an Ihr Bundesministerium ein Amtshilfeersuchen?

4.10.      Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete jeweils der Inhalt dieses Amtshilfeersuchens?

5.            Haben Sie Kontakt mit den zuständigen Stellen in Deutschland aufgenommen, ob
es derartige Verbindungen bzw. Spuren der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb(BMS) nach Österreich gibt bzw. gegeben hat?
Wenn nein, weshalb nicht?
Wenn ja, mit welchen Erkenntnissen?

5.1.         Wurden aufgrund dieses Ärzte-Bestechungsskandal in Deutschland (München) durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?

5.2.         Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret gesetzt?

5.3.         Wenn nein, weshalb nicht?

5.4.         Welche Arzneimittelspezialitäten der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb waren im Zeitraum von 2000 - 2004 in Österreich zugelassen und wurden nach dem AMG abgegeben (ersuche um Bekanntgabe aller Arzneimittelspezialitäten)?

5.5.         Welche Kosten wurden durch die Sozialversicherungsträger dafür in diesen Jahren aufgewandt (ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre)?

5.6.         Wie viele und welche Arzneimittelspezialitäten der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb wurden seit 2000 in Österreich neu zugelassen?

5.7.         Welche Arzneimittelspezialitäten von der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb wurden in diesem Zeitraum (2000 – 2004) in Österreich am häufigsten abgegeben bzw. verschrieben (ersuche um Bekanntgabe der zehn häufigsten Produkte und aufgeschlüsselt auf die einzelnen Jahre)?

5.8.         Gab es jemals entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. Verdacht auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung und in diesem Zusammenhang auf Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von Bristol-Myers Smith oder in diesem Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?

5.9.         Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

5.10.      Gab es in der Frage dieses angesprochenen Bestechungsskandals aus Deutschland oder anderen Ländern ein Amtshilfeersuchen?

5.11.      Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Amtshilfeersuchens?

  1. Gab es im Zeitraum 2000 – 2004 unabhängig von den in dieser Anfrage genannten Unternehmen durch Exekutive oder Justiz Erhebungen oder Ermittlungen wegen Verdachts auf Bestechung, Geschenkannahme, Steuerhinterziehung etc., gegen Verantwortliche von Pharma- oder Medizinprodukteunternehmen bzw. gegen Verantwortliche im Gesundheitswesen oder Krankenanstalten in Österreich?
  2. Wenn ja, in wie vielen Fällen? Zu welchen Ergebnissen führten jeweils diese Ermittlungen (Ersuche um Aufschlüsselung auf Jahre)?
  3. Wie viele Verfahren nach § 10 UWG sind Ihnen im Zeitraum 2000 – 2004 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?
  4. Wie viele Anzeigen nach § 55 AMG (verbotene Geschenkannahme) wurden im Zeitraum 2000 – 2004 erstattet (Ersuche um Aufschlüsselung auf Jahre)? Was ist Ihnen über Erledigung der Anzeigen bzw. den Ausgang der Verfahren bekannt?
  5. Wie viele Millionen Euro gehen in Österreich jährlich durch Korruption und Betrug im Gesundheitswesen verloren? Woran liegt dies? Nach welchen Kriterien kann dies berechnet werden?
  6. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie als zuständige Ressortministerin zur Bekämpfung von Korruption und Betrug im Gesundheitswesen ergreifen?