2298/J XXII. GP
Eingelangt am 10.11.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Maga. Melitta Trunk und GenossInnen
an den Präsidenten des Rechnungshofes
betreffend Millionen-Desaster der Wörthersee-Bühne in Klagenfurt
Am 23. Oktober 2004
wurde durch einen Bericht der Kärntner Kronen Zeitung das Ausmaß eines
seit Jahren bekannten
Missstandes in seinem Gesamtumfang publik, etwa dass sich der Betrieb der
Wörthersee-Bühne in Klagenfurt zu einem
Millionen-Desaster entwickelt hat. Das Prestigeprojekt
des Kärntner Landeskulturreferenten und Landeshauptmannes hat alleine im
heurigen Jahr rund 2
Mio. EUR mehr gekostet als eingeplant.
Die Causa
„Wörthersee-Bühne" ist für den Bund vor allem wegen seiner im Jahr 2004
getätigten
Sonderzahlung von 1,6
Mio. EUR im Rahmen „des Konjunkturpakets III" relevant:
• Der Finanzausschuss des Nationalrats hat in seiner
Sitzung am 27. November 2003 das
„Konjunkturpaket III" beschlossen, in dem unter anderem auch eine Einmalzahlung
des
Bundes
für die Wörthersee-Bühne in Höhe von 1,6 Mio. EUR enthalten ist. Dieses in der
Langform „Wachstums- und Standortgesetz 2003" bezeichnete Gesetz
(Ausschussbericht
324.
d. B. XXII. GP) enthält im Artikel 4 (Änderung des
Bundesfinanzgesetzes 2004)
folgende
Bestimmung:
„Das Bundesfinanzgesetz 2004, BGBl. I Nr. 42/2003, wird wie folgt geändert
(BFG-Novelle
2004):....
5. Im Artikel VI Abs. 1 wird der Punkt nach der Z 23 durch einen
Strichpunkt ersetzt und
werden als Z 24 bis 37 angefügt:...
36. beim Voranschlagsansatz 1/13016 bis
zu einem Betrag von 1,6 Millionen
Euro für Zahlungen zur Durchführung des Spielbetriebes der
Wörthersee-Bühne..."
• Bereits im Zuge der Ausschussberatungen am 27.
November 2003 hatte sich die SPÖ-
Abgeordnete Melitta Trunk
kritisch zu dieser Einmalzahlung
geäußert und darauf
hingewiesen, dass das Projekt Wörthersee-Bühne Millionen verschlingt und
trotz zahlreicher
Subventionen weiterhin Verluste produziert.
Zudem wies Trunk den Finanzminister darauf
hin, dass auch ihm bekannt sein müsse,
dass sowohl in der Betreiberfrage, in der
Eigentümerfrage und im Bereich der Gesamtfinanzierung absolute
Intransparenz und Chaos
herrsche. Damals
erfolgte auch die Aufforderung an
den Finanzminister, die
ordnungsgemäße Verwendung der
Bundes-Einmalzahlung genau zu überprüfen. Die
Einmalzahlung des Bundes wurde der Öffentlichkeit bei einer gemeinsamen
Pressekonferenz von LH Haider und
Finanzminister Grasser am 16. Jänner 2004 in
Klagenfurt unter dem Motto „Weniger Steuern - mehr Geld für die
Kärntner" präsentiert.
• In der Plenardebatte des Nationalrats
am 3. Dezember 2003 zum Beschluss des
„Konjunkturpakets III"
hatte Abgeordnete
Trunk unter anderem festgestellt:
„Es ist eine Chance
vertan worden ... Ganz kurz: Kein Euro für den Flughafen Klagenfurt,
kein Euro für den Grenzlandförderungsfonds, kein Euro zur Sicherung des
Nahverkehrs,
kein Euro zur Kindergartenmilliarde, die Kärnten fordert, auch die FPÖ,
kein Euro für die
Aufstockung der Exekutive, kein Euro für die Lösung des Transitproblems in
Kärntens. Ich
kann das
abkürzen: Kein Euro für das im Kärntner Landtag am 6. Februar 2002 einstimmig
beschlossenen Forderungspaket des Landes
Kärnten an den Bund. Wir bekommen
allerdings- und deshalb rede ich von
punktuellen, willkürlichen G'schichterln-
1,6 Millionen € für die Seebühne. ...
Sie wissen, das ist Loch Ness. Millionen sind an den
Gestaden des Wörthersees versunken,
weil der Herr Landeshauptmann das zu seinem
Renommierprojekt machen wollte. Der Finanzminister hat gesagt: Ich kann nichts
dafür,
Morak hat es beantragt! Das ist nicht
die Wirtschaftsförderung, das ist nicht die
Nachhaltigkeit und auch nicht die
Arbeitsplatzsicherung, die wir uns für Kärnten und auch
für die Republik Österreich vorstellen." [Rede NR Trunk - Protokoll der
40. NR-Sitzung]
Mittlerweile hat sich das Projekt
nachweislich zum Millionen-Desaster entwickelt. Alleine die
diesjährige
Produktion „Tosca - amore disperato" brachte einen Abgang von 1,3 Mio.
EUR.
Insgesamt
sollen heuer in Summe rund zwei Mio. EUR mehr ausgegeben worden sein als
eingeplant waren.
Kronen Zeitung Kärnten und die APA berichteten:
„Land Kärnten und Stadt Klagenfurt haben für die
Wörthersee-Bühne rund 600.000 Euro
aufgebracht,
dazu kam eine Einmal-Subvention des Finanzministeriums in der Höhe von
1,6 Mio. Euro. Trotzdem muss das Land jetzt noch einmal fast eine halbe Million
nachschießen. Kulturreferent Landeshauptmann Jörg Haider (F) macht laut
"Krone"
Missmanagement beim Verkauf für die
Finanzprobleme verantwortlich: "Mit
Laufpublikum allein kann man nicht mehrere Programme füllen. Der
Kartenverkauf ist
fast um die Hälfte unter den Prognosen gelegen." Haiders Pressesprecher
Stefan Petzner
erklärte am Samstag gegenüber der APA, für den kaufmännischen Bereich der
Seebühne
sei die Betreibergesellschaft verantwortlich. Diese falle als 100-prozentige
Tochtergesellschaft des Landes wiederum in den Verantwortungsbereich von
Finanzreferent LHStv. Karl Pfeifenberger
(F). Laut Haider sind die finanziellen Probleme
im kaufmännischen Bereich entstanden. Er macht in der "Kronen
Zeitung" den
Geschäftsführer der Betreibergesellschaft "Cine Culture Carinthia",
Bernhard
Sapetschnig, verantwortlich. Den von ihm an den See geholten Intendanten der
Wörthersee-Festspiele, Renato Zanella, der
das Musical von Lucio Dalla nach Klagenfurt
geholt hat, nimmt der Kulturreferent hingegen in Schutz: "Zanella
ist nur für den
künstlerischen Bereich zuständig. Der kaufmännische Chef muss sagen, wie viel
Geld zur
Verfügung steht. Sapetschnig hat inzwischen die Geschäftsführung der Cine
Culture
Carinthia zurückgelegt, er war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Haider
will nun
eine "Wörthersee-Festival-Gesellschaft" gründen, diese soll jene 1,3
Mio. Euro, die bei
der "Tosca" in den Sand gesetzt wurden, wieder erwirtschaften. Ein
neuer
Geschäftsführer wird gesucht, ihm soll ein
Vertriebsspezialist zur Seite gestellt werden."
[APA 117 vom 23. Oktober 2004 -12:41
Uhr]
Im Gegensatz zur
obigen Aussage ("Zanella ist nur für den künstlerischen Bereich
zuständig. Der
kaufmännische Chef muss sagen, wie viel Geld zur Verfügung steht") hatte
Landeshauptmann
Haider
am 3. November 2003 anlässlich der Vorstellung von Renato Zanella als neuer
künstlerischer Leiter
der Wörthersee-Bühne festgestellt, dass es einen potenten Hauptsponsor gibt -
die von ihm ins Leben gerufene „Kärntner
Privatstiftung" - und dass daher „ausreichend"
Produktionsbudget vorhanden sei.
Bereits damals wurde über ein Monatsgehalt des per
Konsuletenvertrag bezahlten Renato
Zanella in Höhe von 8.000 EUR spekuliert.
Merkwürdigerweise bezeichnete der
Landeshauptmann damals sinkende Zuschauerzahlen als
„Erfolgsweg" - was bei einem
Rückgang von rd. 10.000 Zuschauern zwischen 2002 und 2003
etwas realitätsfern anmutet und den
Eindruck bestärkt, dass es sich hier um ein persönliches
Prestigeprojekt des Kärntner Landeshauptmanns handelt:
„Die
Klagenfurter Wörthersee-Bühne startete 1999 mit dem Stück "It's
Showtime" in
seine erste Saison. Von damals 8.000 Zuschauern habe sich die Bühne in den
folgenden
Jähren kontinuierlich bei den Besucherzahlen steigern und auf einem hohen
Niveau
einpendeln können, sagte Haider. So seien es bei "Rocky Horror Show"
im Jahr 2000
rund 22.000 Zuschauer, bei "Evita" (2001) 55.000, bei "FMA -
Falco meets Amadeus"
(2002) 62.000 und bei "Grease - The Musical" (2003) circa 50.000
gewesen,
dokumentierte der Landeshauptmann den Erfolgsweg des Publikumsmagneten
Seebühne."
[Aussendung des Landespressedienstes - OTS
213 vom 3. November 2003 -16:26 Uhr]
Mittlerweile haben
laut Medienberichten (u.a. der Zeitschrift NEWS) vor kurzem alle Mitarbeiter
der
Wörthersee-Bühne per Jahresende den „blauen Brief bekommen und das Projekt ist
in
Insolvenznähe
gerückt. Auch Mietobjekte der Betreibergesellschaft cine-culture-carinthia
wurden
aufgekündigt. NEWS berichtet weiter:
„Ehe zum Jahresanfang
mit einer neuen Firma durchgestartet werden kann, müssen
irgendwie 1,3 Millionen Euro aufgebracht werden. Kein Mensch weiß wie.
Geschäftsführung, Controlling und Technik stehen dem Geschehen hilflos
gegenüber.
Renato Zanella, der Teilzeitintendant der Wörtherseebühne, konnte die
abgelaufene Saison
nicht rasend erfolgreich beenden. Das aufwendige Musical ,Tosca' hat
jedenfalls große
Löcher ins Seebudget gerissen. Für 2005 wird momentan das Musical , Napoleon' gecastet,
das freilich in England ein Flop war. Weder das Land Kärnten noch die Stadt
Klagenfurt
haben hiefür bisher fixe Budgetzusagen gemacht — , Napoleon' wackelt
also schon, noch ehe
er überhaupt in die Seeschlacht gezogen ist. Tatsache ist, dass für den
Wörtherseesommer
2004 zugesagte Budgetmittel von Land und Stadt bis heute nicht
ausbezahlt wurden."
[NEWS vom 4.
November 2004]
Die SPÖ hatte im
Kärntner Landtag bereits im September 2002 einen Antrag betreffend
„Überprüfung
der Seebühne" durch den Landesrechnungshof eingebracht (Antrag der
Landtagsabgeordneten
Unterrieder, Cernic, Kaiser und Schober vom 26. September 2002 - Ldtgs.
Zl. 492-5/28). Der entsprechende Prüfbericht wird derzeit vom Kontrollausschuss
des Kärntner
Landtags
verhandelt.
Auf Grund der jüngsten Entwicklung hat
die SPÖ im Oktober 2004 einen weiteren umfassenden
Prüfauftrag
an den Landesrechnungshof betreffend Seebühne eingebracht (Antrag der
Landtagsabgeordneten
Sieglinde Trannacher vom 12. Oktober 2004 - Ldtgs. Zl. 50-4/29).
Die Detailberichte
dieser Überprüfungen werden jedenfalls Aufschlüsse über die Gebarung von
Landeshauptmann
Haider und seines Landesfinanzreferenten Pfeifenberger hervorbringen.
Im Hinblick auf die
Einmalzahlung des Bundes an das Land Kärnten für die Wörthersee-Bühne in
Höhe von 1,6 Mio. EUR und deren ordnungsgemäße Verwendung scheint eine
Überprüfung der
Finanzgebarung der Wörthersee-Bühne in Klagenfurt sowie der
Betreibergesellschaft(en), der
Produktionskosten-Abrechnungen,
und des Kartenverkaufes durch den (Bundes-) Rechnungshof
mehr
als notwendig!
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1.
Ist
Ihnen das seit Jahren
herrschende Chaos rund um die Entwicklung und die
Finanzgebarung
der Wörthersee-Bühne Klagenfurt - insbesondere das heurige Millionen-
Desaster mit insgesamt rund 2. Mio. EUR Mehrausgaben als budgetiert - bekannt?
(Diese
Informationen
waren seit Jahren durch ausführliche Medienberichte öffentlich) Welche
Maßnahmen haben Sie
nach der Kenntnisnahme gesetzt?
2.
Ist
der Rechnungshof in dieser Angelegenheit bereits aktiv geworden?
Falls
ja: Welche Stelle überprüft die Wörtherseebühne und gibt es schon Ergebnisse?
Falls nein: Welche Maßnahmen werden Sie nun in weiterer Folge setzen, um den
möglichen
Missbrauch von Steuergeldern bei der
Wörtherseebühne zu kontrollieren und nötigenfalls
abzustellen?