2303/J XXII. GP

Eingelangt am 11.11.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mandak, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Maßnahmen gegen zunehmende Skinheadaktivitäten in Vorarlberg

Am Samstag, 9. Oktober 2004, versammelten beim Ferienhaus Gießen, Gemeinde Krumbach
mehrere hundert Personen, deren glattrasierte Köpfe, mit Runen bedruckte T-Shirts und
Tätowierungen sie offensichtlich als Angehörige oder SympathisantInnen der rechten Skinhead-
Szene auswiesen. Die meisten von ihnen reisten in Konvois bestehend aus je ca. 10 Autos an, die
jeweils von einem PKW mit Bregenzer oder Dornbirner Kennzeichen angeführt wurden. Der
Großteil der PKWs war in verschiedenen Regionen aus dem gesamten deutschen Bundesgebiet
zugelassen, u. a. in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-
Vorpommern.

Laut Auskunft des diensthabenden Beamten des Gendarmeriepostens Bregenz waren die
beschriebenen Tatsachen der Exekutive bekannt. Sicherheitsbeamte waren vor Ort anwesend und
hatten den Auftrag, die Versammlung, die einem Konzert mit mehreren Skinheadbands galt, zu
observieren. Es fand auf privatem Grund statt, dessen Eigentümer darüber informiert war, welche
Art von Veranstaltung auf seinem Grund und Boden stattfinden sollte.

Der Bürgermeister der Gemeinde Krumbach bestätigte, dass das Konzert nicht angemeldet worden
war, obwohl ein - genehmigungspflichtiges - Zelt aufgestellt worden war. Die diensthabenden
Beamten des Gendarmeriepostens Bregenz und des Polizeinotrufs sagten auf Nachfrage, dass solche
Veranstaltungen des öfteren im Bodenseeraum stattfänden, dass die Sicherheitsbehörden aber
immer nur sehr kurzfristig davon erführen und nicht einschreiten könnten, solange keine
Gesetzesübertretung wie etwa Ruhestörung vorliege. Die Veranstalter seien gut organisiert, die
Einladungen erfolgten über Mundpropaganda, „Skins" aus ganz Deutschland würden von
bestimmten Treffpunkten aus - zB von der Autobahnraststätte Hohenems - an den jeweiligen
Veranstaltungsort gebracht. Die Krumbacher Veranstaltung gehöre mit 500 Personen eher zu den
kleineren. Des weiteren wiesen die Beamten darauf hin, dass die Exekutive aufgrund der
bestehenden Gesetzeslage nichts gegen diese Art von Veranstaltungen unternehmen könne.

Die Stellungnahmen der beteiligten Behörden zeugen von bedenklicher Ahnungslosigkeit, aber
auch von Unentschlossenheit und Nachgiebigkeit gegenüber dem offensichtlichen Tatbestand
rechtsradikaler Umtriebe. Die Skinhead-Bands, die am 9. Oktober in Krumbach aufspielten, sind
keine Unbekannten: Kommando Skin und die Blood & Honour-Band Frontalkraft aus Deutschland
sowie Youngblood und Extreme Hatred aus den USA. Die Gruppe Frontalkraft zum Beispiel hat
mehrere Tonträger produziert, die so programmatische Songtitel wie „Heil!" oder „Zum Kampf
bereit!" enthalten
(http://www.frontalkraft88.de.vu/).

Es ist aufmerksamen BeobachterInnen - auch wenn sie nicht kriminalistisch geschult sind- seit
langem bekannt, dass die rechtsradikale Szene sich regelmäßig zu Konzerten wie dem hier
geschilderten zusammenfindet, um sich an den codierten, aber politisch eindeutigen Botschaften
von Skinhead-Bands („Tollschock" - siehe
http://www.tollschock-vorarlberg.de.vu/,
„Stoneheads") zu ergötzen. So wurde etwa am 28. 8. 2004 in Wangen im Allgäu ein Skinheadfest
polizeilich aufgelöst. In Vorarlberg gibt es mehrere rechtsextreme Gruppen wie etwa die
Skinheadgruppierung „Blood & Honour („Blut und Ehre") oder die „Alemannen Vorarlberg / Club
122"
(www.clubl22.de.vu), die an Aktivitäten an verschiedenen Orten - wie etwa l.-Mai-


Aufmärschen der deutschen NDP oder rechtsextremen Aufmärschen in Dresden und Marburg -

teilnehmen.

Die rechtsextreme Szene ist in den letzten Jahren deutlich stärker geworden, wofür nicht zuletzt die

zahlreichen Skinhead-Konzerten der letzten Jahre ein Indiz sind. Die US-amerikanische Band

Extreme Hatred hatte bereits vier Auftritte in Vorarlberg. Die regelmäßige Teilnahme Vorarlberger

Aktivist(Inn)en an neonazistischen Aufmärschen in Deutschland bestätigt zudem eine zunehmende

rechtsextreme Politisierung der Szene.

Im Bodenseeraum finden immer wieder Skinhead-Konzerte statt, die von den Sicherheitsbehörden
observiert werden. Allerdings sind die Vorgangsweisen und Strategien unterschiedlich. So werden
in Deutschland die Besucherinnen solcher Veranstaltungen direkt kontrolliert, während dies in
Vorarlberg nicht der Fall zu sein scheint.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.  Können Sie den oben geschilderten Ablauf im Umfeld des Konzerts am Abend des 9.
Oktober 2004 beim Ferienheim Gießen in Krumbach bestätigen?

2.              Können Sie bestätigen, dass das Skinhead-Konzert am 9. Oktober deswegen in Krumbach
stattfand, weil ein ähnliches Konzert am selben Tag in Wangen im Allgäu verboten wurde?

3.              Entsprechen die oben wiedergegebenen Aussagen der diensthabenden Beamten den
Vorgaben der Verantwortlichen?

4.              Warum wurde die Öffentlichkeit seitens der Gendarmerie und der Sicherheitsdirektion nicht
über die Vorgänge in Krumbach am 9. 10. 2004 informiert?

5.              Können Sie bestätigen, dass für das Skinhead-Konzert am 9. Oktober 2004 in Krumbach
kein Ansuchen um Bewilligung nach dem Gesetz über das Veranstaltungswesen
(Veranstaltungsgesetz) gestellt wurde?

6.              Können Sie bestätigen, dass ein solches Ansuchen erfolgen hätte müssen?

7.              Hätte Ihrer Einschätzung nach der Tod der jungen Frau aus München vermieden werden
können, wenn der Veranstalter seine im Veranstaltungsgesetz vorgesehene Verantwortung
für die „körperliche Sicherheit" (§2 Abs. 3a Veranstaltungsgesetz) der BesucherInnen
wahrgenommen hätte?

8.              Wie schätzen Sie die politische Tendenz der Songtexte in Krumbach aufgetretenen Bands
ein?

9.              Wie schätzen Sie das Aggressions- und Gewaltpotential bei Veranstaltungen wie der vom 9.
Oktober ein?

10.       Wie schätzen Sie die Tendenz zu rassistischer Verhetzung in Bewegungen wie Blood &
Honour ein?

11.       Wie schätzen Sie in Bewegungen wie Blood & Honour die Tendenz zu Tatbeständen der
Wiederbetätigung ein?

12.       Warum hat die Exekutive keine Personenkontrollen durchgeführt, wie dies zB beim
Skinhead-Konzert in Rottenburg-Oberndorf (Beden-Württemberg) im August 2001
geschah?

13.       Was gedenken Sie als zuständiger Minister zu unternehmen, dass derartigen rechtsradikalen
Aktivitäten künftig ein Riegel vorgeschoben wird?
  

Wir bedanken uns für die Beantwortung der Fragen.