2304/J XXII. GP
Eingelangt am 11.11.2004
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ANFRAGE
des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
betreffend Auswirkungen der Anwendung von Pestiziden auf Bienen und auf die Lebensmittelsicherheit
Imker in ganz Europa beobachten ein dramatisches
Bienensterben. Als eine Ursache dafür wird die großflächige Anwendung des
Pestizidwirkstoffs Imidacloprid und verwandter Wirkstoffe vermutet. Die
Hersteller dieser Pestizide stellen das in Abrede. Zur Klärung des Sachverhalts
gab das französische Landwirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag. In dem
Bericht “Imidacloprid als Beizmittel für Saatgut und Bienenstörungen” kam das
Comité Scientifique et Technique (CST) zu dem Schluss, dass Imidacloprid für
das weiträumige Bienensterben mitverantwortlich ist. In Frankreich gibt es seit
April 2004 Verbote für Imidacloprid und den verwandten Wirkstoff Fipronil. In Österreich dagegen ist
Imidacloprid zugelassen und darf auch im Rahmen des Umweltprogramms ÖPUL in der
integrierten Produktion (IP) eingesetzt werden. Der Abbau von Imidacloprid im
Boden erfolgt äußerst langsam. Ermittelte Halbwertszeiten – also jener
Zeitraum, nach dem die Hälfte des Pestizidwirkstoffes abgebaut worden ist -
liegen bei über 100 Tagen (Angaben der Herstellerfirma).
Imidacloprid (und verwandte Neonicotinoide)
lassen sich auch in Lebensmitteln nachweisen. Untersuchungen in Deutschland
ergaben, dass die Gruppe der Neonicotinoide mittlerweile zu den am häufigsten
nachweisbaren Pestiziden in Nachtschattengewächsen zählen. Zu den
Neonicotinoiden gehören Acetamiprid, Clothianidin, Fipronil, Imidacloprid,
Thiacloprid und Thiamethoxam. Ausser Fipronil sind alle genannten Wirkstoffe in
Österreich zugelassen (§12. Abs.10-Zulassungen nicht einbezogen).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.
Die
Studienergebnisse des Comte Scientifique et Technique über den Zusammenhang von
Imidacloprid und Bienenstörungen waren bereits im September 2003 bekannt.
Dennoch ist der Wirkstoff Imidacloprid
in Österreich immer noch zugelassen. Wurden seitens Ihres Ministeriums
aufgrund der genannten Studie irgendwelche Maßnahmen gesetzt bzw. Schritte
eingeleitet? Wenn ja, welche?
2.
Bringt die
Anwendung von Imidacloprid nach Einschätzung Ihres Ministeriums eine mögliche
Gefährdung für Bienen mit sich? Wenn nein, bitte um Begründung dieser
Einschätzung!
3.
Können Sie eine
Gefährdung der Bienen durch den Wirkstoff Imidacloprid ausschließen? Wenn ja
aufgrund welcher Fakten?
4.
Liegen Ihrem Ministerium Daten vor über
den Austrag von Imidacloprid (und verwandter Neonicotinoide) in das Grundwasser
und über ihr Abbauverhalten im Grundwasser vor?
5.
Wird beim
Grundwasser-Monitoring durch das Umweltbundesamt auf die in Österreich zur
Anwendung erlaubten Neonicotinoide untersucht? Falls ja, wurden
Überschreitungen des Trinkwassergrenzwertes von 0,1µg/l durch Imidacloprid
festgestellt?
6.
Welche der in
Österreich zugelassenen Neonicotinoide Acetamiprid, Clothianidin, Imidacloprid, Thiacloprid und
Thiamethoxam werden im Rahmen des bundesweiten Lebensmittel-Monitorings von der
Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) erfasst?
7.
Wie viele Proben
(Obst und Gemüse) wurden bisher im heurigen Jahr im Rahmen des nationalen
Lebensmittelmonitorings auf Acetamiprid, Clothianidin, Imidacloprid, Thiacloprid oder
Thiamethoxam untersucht (bitte um getrennte Beantwortung nach den Wirkstoffen)?
8.
Sollten die
genannten Wirkstoffe derzeit nicht Teil des Untersuchungsprogramms sein,
wann wäre dann mit ihrer Aufnahme in das Analysenspektrum zu rechnen?
9.
Ist die
Belastungssituation bei den in
Österreich am Markt befindlichen Paradeisern und Paprika vergleichbar mit der
Situation in Deutschland, wo die Gruppe der Neonicotinoide zu den am häufigsten
nachweisbaren Rückständen mit dem gleichzeitig höchsten Anteil an gesetzlichen
Höchstwertüber-schreitungen gehören? (Quelle: Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt
Stuttgart)
10.
Welche Richtwerte
für die chronische und die akute Toxizität wurden für die Festsetzung der
gesetzlichen Höchstwerte von Imidacloprid herangezogen?
11.
Der
gesetzliche Höchstwert für Imidacloprid auf Kernobst ist 0,5 mg/kg. Welche
Rückstandsmengen sind in Äpfeln zu erwarten, wenn Confidor 70 WG entsprechend den gesetzlichen
Anwendungsbestimmungen 14 Tage vor der Ernte gespritzt wird?
12.
Welche Daten über das Abbauverhalten von Imidacloprid
wurden für die Festsetzung dieses Höchstwertes herangezogen?
13.
Liegen Ihrem Ministerium Daten vor, aus denen über das
Abbauverhalten von Imidacloprid-Rückständen auf Kernobst Rückschlüsse gezogen
werden können? Wenn ja, welche Halbwertszeiten für den Abbau der Rückstände
wurden in diesen Experimenten
ermittelt?
14.
Inwiefern besteht ausreichend Sicherheit, dass bei
sachgemäßer Anwendung von „Confidor 70 WG“ die erlaubte Höchstmenge von 0,05
mg/kg auf Äpfeln nicht
überschritten wird?
15.
Wie viele Proben Kernobst wurden in den vergangenen drei
Jahren im Rahmen des bundesweiten Lebensmittel-Monitorings auf Rückstände von
Imidacloprid untersucht?
16.
Für Pflaumen, Zwetschken, Kirschen, Weichsel (Steinobst)
ist in der Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung kein eigener
Höchstwert festgelegt. Daher gilt der unter “sonstige” angeführte Höchstwert
von 0,05 mg/kg. Welche
Rückstandsmengen sind auf Kirschen zu erwarten, wenn „Confidor 70 WG“
entsprechend den gesetzlichen Anwendungsbestimmungen 21 Tage vor der Ernte
gespritzt wird?
17.
Inwiefern kann garantiert werden, dass bei sachgemäßer
Anwendung von „Confidor 70 WG“ die erlaubte Höchstmenge von 0,05 mg/kg auf
Kirschen nicht überschritten wird?
18.
Wie viele Proben Steinobst wurden in den vergangenen drei
Jahren im Rahmen des bundesweiten Lebensmittelmonitorings auf Rückstände von
Imidacloprid untersucht?
19.
Ein Höchstwert für Imidacloprid in Paprika ist in der
Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung nicht eigens angeführt. Somit
gilt auch für Paprika eine erlaubte Höchstmenge von 0,05 mg/kg. Inwiefern kann
garantiert werden, dass, wenn „Confidor 70 WG“ entsprechend den gesetzlichen
Anwendungsbestimmungen 3 Tage vor der Ernte gespritzt wird, die erlaubte
Höchstmenge von 0,05 mg/kg auf den geernteten Paprika nicht überschritten ist?
20.
Wie viele Proben Paprika wurden in den vergangenen drei
Jahren im Rahmen des bundesweiten Lebensmittelmonitorings auf Rückstände von
Imidacloprid untersucht?
21.
Inwiefern ist es im Sinne des PMG 1997 im Hinblick auf die
in § 7 angeführten Zulassungsvoraussetzungen gesetzeskonform,
Pflanzenschutzmittel zuzulassen, wenn nicht gewährleistet ist, dass bei
Anwendung des Mittels (unter Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen) die in
Österreich geltenden gesetzlichen Höchstwerte eingehalten werden?
22.
Für Kernobst sind zahlreiche Indikationen des Wirkstoffs
Acetamiprid zugelassen. In der Höchstwerteverordnung ist Acetamiprid nicht
geregelt. Es gilt daher ein Höchstwert von 0,01 mg/kg für alle Lebensmittel.
Ist gewährleistet, dass bei bestimmmungsgemäßer Anwendung von Acetamiprid, die
erlaubte Höchstmenge von 0,05 mg/kg auf den jeweiligen Endprodukten nicht
überschritten wird?
23.
Hat Ihr Ministerium vor der Zulassung von Mospilan sichergestellt,
dass bei den entsprechenden
Anwendung von Mospilan (nach den gesetzlichen Anwendungsbestimmung) der
Höchstwert von 0,01 mg/kg nicht überschritten wird? Wenn ja, wie wurde das
gewährleistet (bitte um detaillierte Ausführung anhand einer bestimmten
Indikation)?
24.
Der genannte
Bericht des Comite Scientifique et Technique nennt als untere Grenze der
chronischen Giftigkeit 1,2 pg / Biene (DL50 10Tage= 0,012 ng/Biene) und der
akuten Giftigkeit 40 pg/Biene (DL50 14,5 Tage= 4 ng/Biene), Unsicherheitsfaktoren
(x10 bzw. x100) wurden mitkalkuliert. Ist die analytische Nachweisgrenze von
Imidacloprid in den amtlichen Untersuchungsanstalten ausreichend niedrig, um
Mengen, ab denen ein Risiko für Honigbienen ausgeschlossen werden kann, noch
feststellen zu können?
25.
Da Bienen auch
Maispollen annehmen, ist durch Anwendung des Wirkstoffs Clothianidin ebenfalls
ein Eingriff in Bienenpopulationen zu befürchten. Was planen Sie dem
entgegenzusetzen?
26.
Gibt es
Untersuchungen bzw. planen Sie Untersuchungen bezüglich des Einflusses von
Clothianidin auf Bienen? Wenn ja, werden diese Untersuchungen dem Bericht des
Comite Scientifique et Technique hinsichtlich Genauigkeit und Methoden
entsprechen?
27.
In Frankreich
wurde Imidacloprid und Fipronil im April 2004 verboten. Wird es solche Verbote
auch in Österreich geben? Wenn nicht, mit welcher Begründung?
28. Durch welche darüber hinausgehenden konkreten Maßnahmen wird das BMGF im Zusammenhang mit der Gefährdung von Lebensmitteln durch Pestizide seine Aufgaben zum Schutz der KonsumentInnen wahrnehmen?