232/J XXII. GP

Eingelangt am: 26.03.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde


an den Bundesminister für Inneres

betreffend Massengrab in der Flachgasse in Wien

In der Beantwortung 3874/AB, XXI.GP der Anfrage 3906/J, XXI. GP zu den
Skelettfunden in 1140 Wien, Flachgasse 7, wurde dargestellt, dass die
aufgefundenen Knochen in keinem Zusammenhang zu vermuteten
Kriegsverbrechen stünden. In Beantwortung weiterer Anfragen (3907/J, 3908 J) zu
der Thematik, die sich an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
sowie an den Bundesminister für Justiz richteten, wurde dargelegt, dass die
Knochenfunde „Reste eines aufgelassenen und umgelagerten Friedhofes" des
18./19.Jahrhundert" sein sollen und dass an den Skeletten keine Verletzungen, die
todesursächlich gewesen sein könnten, festzustellen gewesen wären.
Die fest gestellten Verletzungen an den Schädeln sollen „keine charakteristischen
Merkmale von Schussdefekten am Knochen" sein und werden mit „nachträglichen
Manipulationen" an den Skelettteilen erklärt.

Darüber hinaus wurde in allen Anfragebeantwortungen von C 14-Untersuchungen
der Knochen berichtet, deren Ergebnisse jedoch erstaunlich differieren: So soll die
Liegezeit der Knochen zwischen „mehr als 100 Jahre" (3874/AB), „mindestens 100
Jahre" (3897/AB) bzw. „zwischen 270 Jahre und etwa 500 Jahre" (3900/AB)
betragen. Abgesehen davon, dass sich die Darstellung, die Knochen seien einer C
14-Analyse unterzogen worden, rasch als Irrtum heraus gestellt hat, sind zu dem
Massengrab zahlreiche widersprüchliche Angaben auffallend.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.     Weshalb wurde der Fundort der Skelette lediglich mittels einer „Sondage"
im Ausmaß von 90 Zentimeter mal 70 Zentimeter untersucht, die zweifellos
keine schlüssigen Aussagen über das Ausmaß und die Herkunft des
Massengrabes ermöglichen konnten?

2.     Wurden nach den Erhebungen am 24.oder 25. 11.1997 am Tatort Beamte
der Tatortgruppe II der Bundespolizeidirektion Wien sowie ein Mitarbeiter
der Wiener Stadtarchäologie (Univ.Prof. Dr. Kletter, Neurochirurg,
Universität Wien) tätig?

3.     Sind zu den Verletzungen an den Schädelskeletten folgende Feststellungen
aktenkundig: „...nicht artifizielle Beschädigung sondern wahrscheinlich ...
Einschuß aus kurzer Entfernung" (Neurochirurg Prof. Kletter) bzw.


„Schußwirkung mit Einschuß über der Nasenwurzel mit Austritt des
Geschoßes okzipital" (Tatortgruppe ll)?

4.     Sind die Beamten einer Tatortgruppe dazu ausgebildet „nachträgliche

Manipulationen" an Schädelskeletten von Spuren eines Kopfdurchschusses
unterscheiden zu können?

5.     Wurden, wie schriftlich festgehalten, an insgesamt vier Kalotten derartige
„gleichartige Beschädigungen" festgestellt?

6.     Liegt eine Tatortmappe der Tatortgruppe zu den Erhebungen vor? Wenn ja,
mit welchen Ergebnissen? Bitte um des Volltextes der Aktenlage.

7.     Liegen Tatortfotos jener Schädelskelette vor, an denen Beamte der

Tatortgruppe Einschüsse festgestellt haben? Bitte um Übermittlung dieser
Fotos in Kopie.

8.     Welche Knochen wurden auf Grund der Annahme, es könnte ein NS-
Verbrechen vorliegen, zur Untersuchung einem Experten aus Israel
übergeben?

9.     Weshalb wurde nicht eine jener Schädelkalotten zur Untersuchung durch
israelische Fachleute übergeben, an denen Beamte der Tatortgruppe II der
Wiener Polizei Spuren von Durchschüssen festgestellt haben?

10.   Wer hat die Knochen ausgewählt und übergeben?

11.   Von welchem aufgelassenen oder umgelagerten Friedhof können die
Knochen stammen

12.   Wo werden sämtliche Skelettteile nun aufbewahrt und was wird mit ihnen
weiter geschehen ?