2350/J XXII. GP
Eingelangt am 18.11.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Maga Gisela Wurm und GenossInnen
an den Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen
betreffend 1. österreichischer Männergesundheitsbericht
Selbstverständlich
bedarf es in einer Politik, die vom Grundsatz des Gender-Ansatzes
getragen ist, geschlechtsspezifischer
Berichte - so auch einen über die Gesundheits- bzw.
Krankheitsmomente von Männern.
Doch
angesichts des Ausbleibens der Veröffentlichung des von Bundesminister Mag.
Haupt
noch 2003 ausgeschriebenen
Frauengesundheitsberichtes entbehrt die Veröffentlichung eines
Männergesundheitsberichtes nicht einer gewissen Merkwürdigkeit und wirft zudem
die Frage
nach den Kosten auf.
Untermauert
wird unser Befremden durch einige im Bericht genannten Behauptungen
inhaltlicher Natur: Im Kapitel „Kurzfassung" auf Seite 1 wird von der
„Tatsache" gesprochen,
„dass Männer von Herz-Kreislauferkrankungen überproportional häufig betroffen
sind".
„Tabelle 2.1: Kennzahlen - Die häufigsten
Todesursachen im Zusammenhang mit Herz-
Kreislauferkrankungen, 1992 bis 2000" zeigt jedoch, dass der Anteil
von Frauen bei allen vier
genannten Todesursachen höher als jener der Männer ist. In absoluten Zahlen
stehen 16255
männliche Todesfälle pro Jahr aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen 22928
weiblichen
gegenüber...
Auch
Bundesministerin Rauch-Kallat stellte im Gesundheitsausschuss vom 05.10.fest,
dass
Frauen drei- bis viermal häufiger als
Männer an den Folgen eines Herzinfarktes sterben, da sie
andere Symptome haben, die von den Frauen selbst und auch von den Ärzten
oft nicht richtig
erkannt werden.
Angesichts
der immer noch weit verbreiteten traditionellen geschlechtsspezifischen
Rollenverteilung in der österreichischen
Familie, d.i. die zum überwiegenden Teil von Frauen
und Müttern unbezahlt geleistete Reproduktionsarbeit und Pflege (oftmals
in Ergänzung zu
ihrer Produktionsarbeit in Ausübung ihrer
Berufe), kommen die an Männer gerichtete Aufrufe
diverser Autoren der Publikation „Psychosoziale und ethische Aspekte der
Männergesundheit" einer Verhöhnung von
Frauen gleich: Ein Mehr an „Muße", wie der
Autor auf S.76 forderte, täte den Männern sicher gut. Vielleicht wären
sie dann auch
entspannter und legten mehr Augenmerk auf ihre zumeist arg vernachlässigten
emotionalen
und interaktiven Aufgaben innerhalb der Familie.
Da
das Gros der Frauen ohnehin bereits die Doppel- bis Dreifachbelastung von
Berufstätigkeit, Hausarbeit und Kindererziehung zu verrichten hat, wogegen Männer
immer
noch zu häufig „nur" als Produktivkraft in der Berufswelt aufscheinen,
erachten wir die
Förderung einer Publikation für unangebracht, in welcher Männer zur „fröhlichen
Verweigerung" (S. 76) aufgerufen werden und männliche Faulheit gelobt wird
(S. 77).
Würden auch Frauen zur Faulheit und
fröhlichen Verweigerung aufrufen, würden Kinder und
Männer nicht mehr geboren und versorgt werden und die Volkswirtschaft
letztlich
darniederliegen.
Deshalb stellen die unterfertigten Abgeordneten
an den zuständigen Bundesminister für
Soziale Sicherheit und Generationen nachstehende
Anfrage
1) In welcher Höhe belaufen sich die Kosten für die
Erstellung des „1. Österreichischen
Männergesundheitsberichtes"?
2)
In
welcher Höhe belaufen sich die Kosten für die Erstellung der Publikation
„Psychosoziale und ethische Aspekte der Männergesundheit" unter
gesonderter Anführung
der Honorare pro Autor?
3)
Die
vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Jahr 2000 in
Auftrag gegebene Studie von Prof. Margarethe Hochleitner (Frauen und
Herz-Kreislauf-
Erkrankungen 2000) stellte auf Seite 5 fest, dass in Tirol „zahlen- und
prozentmäßig mehr
Frauen als Männer (...) einen Herztod
(sterben)". Ebenso stellte die Statistik Austria 2002 fest,
dass sowohl in jedem einzelnen Bundesland wie auch in Österreich gesamt
mehr Frauen als
Männer laut Totenschein an einem Herztod
verstarben, nämlich 16.746 Frauen gegenüber
13.679 Männern:
Tabelle 1 :Herztodesfälle 2002, Quelle: Statistik Austria
|
Bundesland |
Frauen |
Männer |
|
|
Burgenland |
721 |
587 |
|
|
Wien |
4464 |
3180 |
|
|
Kärnten |
967 |
951 |
|
|
Steiermark |
2274 |
2067 |
|
|
Niederösterreich |
3539 |
2779 |
|
|
Oberösterreich |
2596 |
2152 |
|
|
Salzburg |
738 |
660 |
|
|
Tirol |
994 |
911 |
|
|
Vorarlberg |
453 |
392 |
|
|
Summe |
16746 |
13679 |
Gleiches
gilt laut Statistik Austria bei Herz-Kreislauf-Toten (Herz- und Schlaganfall).
Hier
sind ebenfalls in jedem einzelnen
Bundesland sowie österreichweit mehr Frauen als Männer
an einem Herz-Kreislauf-Tod gestorben, nämlich 22.123 Frauen gegenüber 14.783
Männer:
Tabelle 2: Herz-Kreislauf-Todesfälle 2002
|
Bundesland |
Frauen |
Männer |
|
Burgenland |
863 |
631 |
|
Wien |
5401 |
3204 |
|
Kärnten |
1403 |
1088 |
|
Steiermark |
3179 |
2253 |
|
Niederösterreich |
4698 |
3067 |
|
Oberösterreich |
3425 |
2328 |
|
Salzburg |
1167 |
819 |
|
Tirol |
1334 |
941 |
|
Vorarlberg |
653 |
452 |
|
|
22123 |
14783 |
Wie
ist die Aussage in der Kurzfassung des Berichts, derer gemäß Männer öfters
Herz-
Kreislauf-Erkrankungen erleiden als Frauen,
im Vergleich zu diesen Daten zu interpretieren?
4) Wie ist die in Frage 3 angeführte Aussage in der Kurzfassung des
Männergesundheitsberichtes angesichts Tab. 2.1
(Männergesundheitsbericht, S. 25), in der im
Zeitraum 1992-2000
bei allen Herz-Kreislauf-Todesursachen einer höherer Prozentsatz an
Frauen als an Männern aufgewiesen ist, zu verstehen (Ischämische
Herzkrankheiten: 52%
Frauen, 48% Männer; Sonstige Formen von Herzkrankheiten: 63% Frauen, 37%
Männer;
Krankheiten des zerebrovaskulären Systems: 64% Frauen, 36% Männer; Krankheiten
der
Arterien, Arteriolen und Kapillaren: 62% Frauen und 38% Männer)?
a)
Sind diese Diskrepanzen dadurch zu erklären, dass z.B. nur Altersgruppen bis 65
oder
70 Jahre betrachtet werden, und in diesen
Altersgruppen mehr Männer sterben und wenn ja,
weshalb wird der Betrachtungszeitraum nicht bis zum jeweiligen Tod
ausgeweitet?
(Anmerkung: Bei einem reinen Altersvergleich müsste jedoch auch berücksichtigt
werden,
dass Frauen eine höhere Lebenserwartung haben!)
5)
Warum wurde von Seiten des Bundesministeriums für
Soziale Sicherheit und Generationen
die Aussage im
Kapitel „Kurzfassung" nicht den selbst im Bericht und hier in Frage 3 und
4
aufgezeigten Tatsachen entsprechend wiedergegeben?
6)
Ist
es aus Sicht des Bundesministeriums zu begrüßen, dass Todesursachen von Frauen
offenbar oftmals weniger genau definiert werden (Vgl. Tab. 2.1.
Männergesundheitsbericht:
Die Todesursache aufgrund „sonstiger Formen von Herzkrankheiten" beträgt
bei Frauen
63%)? Ist Ihnen die Problematik bekannt, dass viele dieser Frauen vorher gar
nicht im
Krankenhaus waren, der Totenschein einfach vom Praktiker ohne genauere
Recherchen
ausgefüllt wurde, oder sie im Krankenhaus verstarben, ohne dass eine
ausführlichere
Diagnostik und eine Obduktion erfolgte (denn dies ist offensichtlich die Begründung
dafür,
dass bei höheren Herztodeszahlen niedrigere Herzinfarktzahlen für Frauen
herauskommen!)?
Von Fachleuten unbestritten treten schon Jahre vor dem Tod Beschwerden und
Symptome der
Krankheiten auf, die die Lebensqualität der Frauen wesentlich beeinträchtigen.
Eine
rechtzeitige Diagnose würde auch eine Therapie ermöglichen!
Wenn Ihnen all dies bekannt ist, werden sie Maßnahmen
dagegen setzen und wenn ja, welche
sind zielführend?