2356/J XXII. GP

Eingelangt am 24.11.2004
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit

 

betreffend Anti-Ökostrom-Aktivitäten der angeblich unabhängigen E-Control

 

 

Die Regulierungsbehörde Elektrizitäts-Control GmbH arbeitet seit 1.2.2001 als Regulator, um im Zuge der Strommarktliberalisierung „den Wettbewerb zu stärken und sicherzustellen, dass dieser unter Berücksichtigung eventueller gemeinwirtschaftlicher Auflagen wie Versorgungssicherheit und Umweltschutz funktioniert“ (Jahresbericht der E-Control, 2001, S. 10). Seit im Jahr 2002 auch der Gasmarkt liberalisiert wurde, ist die E-Control (nunmehr als „Energie-Control Österreichische Gesellschaft für die Regulierung in der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft mit beschränkter Haftung“ bezeichnet) auch als Regulator für den Gasmarkt tätig.

 

Insbesondere im Bereich Ökostrom drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass die E-Control ihre Rolle als unabhängiger Regulator verlassen hat und sich durch tendenziöse Öffentlichkeitsarbeit mit falschen Zahlen und Fakten klar auf die Seite jener stellt, die gegen einen weiteren Ausbau von Ökostrom in Österreich gezielt Stimmung machen.

 

 

Zahlreiche Indizien belegen diesen Verdacht:

 

E-Control-Geschäftsführer Boltz behauptete, dass ein Biomassekraftwerk jährlich 260.000 LKW Fuhren Holz auslöst und somit zu einer Verkehrslawine führt ("Die Presse" vom 23. Jänner 2004). Der Hauptverband der Land- und Forstwirtschaftsbetriebe wies diese Falschaussage aufs Schärfste zurück und forderte eine Richtigstellung. Die Behauptung von Boltz sei um das 37-fache zu hoch angesetzt: Um eine zehn Megawatt elektrische Anlage zu versorgen, würden in etwa 7.000 Lkw-Fahrten pro Jahr ausreichen, betonte der Hauptverbandes der Land- und Forstwirtschaftsbetriebe. Daraufhin war Boltz zu einer Richtigstellung in der "Presse" gezwungen. Es sei ihm "Lapsus passiert".

 

E-Control-Geschäftsführer Boltz behauptet, dass ein Prozent Ökostrom-Anteil über die Förderlaufzeit von 13 Jahren  520 Mio. Euro koste und dass andererseits 240-250 Mio. Euro ausreichen würden, um über den Erwerb der kommenden Emissionszertifikate alle CO2-Probleme Österreichs zu lösen (APA, 28. Jänner 2004). Faktum ist, dass 1% Ökostromanteil nur zwischen 250 und maximal 350 Mio. Euro kostet. Denn die Berechnung der E-Control ist eine Milchmädchenrechnung, die weder den steigenden Marktpreis für Strom noch die Inflation berücksichtigt und zudem unzulässigerweise einmalige Technologiefördermittel der Länder mit hineinrechnet. Da diese E-Control-Behauptung mehrfach und gegen besseres Wissen in der Öffentlichkeit (z.B. auch über Vorträge) verbreitet wurde, kann das wohl nur als gezielte Manipulation der Öffentlichkeit seitens der E-Control gewertet werden.

 

E-Control-Geschäftsführer Boltz hat in Folge mehrfach eine Deckelung der Ökostromförderungen gefordert, wie sie sich auch in der aktuellen Regierungsvorlage (Ökostromgesetzesnovelle) findet. Die E-Control hat damit klar den Bereich eines unabhängigen Regulators verlassen und betreibt gezielte, einseitige Energiepolitik zu Lasten der Ökostrombranche.


Im Juli 2004 schaltete die E-Control Inserate zum Thema Ökostrom, in denen behauptet wird, dass durch de Ökostromsubventionen „den privaten und industriellen Konsumenten hier derzeit eine unbegrenzte Zahlungsverpflichtung zugemutet wird“ (profil, 19.7.2004). Faktum ist, dass sich gesamten Ökostromkosten für einen 4-Personen Durchschnittshaushalt derzeit bei ca. 10-12 Euro pro Jahr bewegen und diese selbst bei einem weiteren forcierten Ausbau bis 2010 auf nicht mehr als 20 Euro pro Jahr steigen würden.

 

Im Jahr 2004 richtete die E-Control unter www.oekostromforum.at ein „Diskussionsforum zur
Zukunft des Ökostroms in Österreich“ ein. In diesem Forum kann zu verschiedenen Aspekten des Bereichs Ökostrom diskutiert werden. Die den jeweiligen Themen vorangestellten Einleitungstexte sind teilweise eindeutig tendenziös gegen die Ökostromförderung verfasst. Beispiel Stichwort „Fördermittelbegrenzung“:

„Bis Jahresende 2004 werden bereits Förderungs-Verbindlichkeiten für mehr als 5 % Ökostrom (Windkraft/Biomasse/PV) bestehen, obwohl das Ökostromgesetz erst für 2008 ein Ziel von "mindestens 4%" vorsieht. Nach der derzeitigen Förderungsstruktur erfordert 1 % Stromerzeugung aus dem gegenwärtige Mix aus Windkraft/Biomasse/PV vom Stromkonsumenten zu bezahlende Fördermittel im Ausmaß von etwa EUR 500 Mio, gerechnet als Summe über die Garantiezeit der Einspeisetarife von 13 Jahren. Soll es zukünftig eine wirksame Begrenzung der Unterstützungsmittel geben, die von den Stromkonsumenten zur Finanzierung aufzubringen sind? Wie soll eine Fördermittelbegrenzung erfolgen?“,

 

lautet der entsprechende von der E-Control gestaltete Einleitungstext. Die hier neuerlich erwähnten angeblichen Kosten von 500 Mio. Euro für ein Prozent Ökostromanteil sind – wie bereits dargelegt - nachweislich  falsch. Auch die Aussage „Bis Jahresende 2004 werden bereits Förderungs-Verbindlichkeiten für mehr als 5 % Ökostrom (Windkraft/Biomasse/PV) bestehen, obwohl das Ökostromgesetz erst für 2008 ein Ziel von "mindestens 4%" vorsieht.“ ist klar tendenziös. Es wird der Eindruck erzeugt, das 4%-Ziel werde bereits bis Ende 2004 erreicht, was nicht der Fall ist. Laut Energieverwertungsagentur wird der Ökostromanteil Ende 2004 voraussichtlich zwischen 2,7% und 3,1% betragen.

 

Im Oktober 2004 schließlich präsentierte E-Control-Geschäftsführer Boltz eine Studie, die das Institut für Höhere Studien (IHS) Kärnten im Auftrag der E-Control durchgeführt hat .Die Förderung der Stromproduktion aus Kleinwasserkraft, Biomasse, Wind und Sonne koste viel Geld, bringt aber relativ wenig Beschäftigung, so das Ergebnis. "Das Beschäftigungsargument bei Ökostrom zieht nicht", kommentierte Boltz die Studienergebnisse (Der STANDARD, 16.,17.10.2004). Bei genauerer Analyse der Studie wird schnell klar, dass diese mit falschen Annahmen rechnet und  nur daher zu diesem „negativen“ Ergebnis kommt. Die Studie rechnet nämlich mit einem Marktpreis für Strom von 3 cent/kWh für die nächsten 20 Jahre. Bereits derzeit liegt der Marktpreis bei 3,46 Cent/kWh, alle seriösen EnergieexpertInnen gehen von einem weitern Anstieg des Marktpreises  auf Grund steigender Öl- und Gaspreise aus. Würde die Studie also mit realistischen Zahlen gerechnet, käme es natürlich zu klar positiven Beschäftigungseffekten bei Ökostrom. Die E-Control gerät hier erneut in Verdacht, durch bewusste Manipulation gezielte Stimmung gegen den Ökostromausbau in Österreich zu machen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Halten Sie es für die legitime Aufgabe einer Behörde, wie z.B. der ECG, eine Internetplattform wie www.oekostromforum.at zu errichten und dort durch nachgewiesen falsche Zahlen und tendenziöse Aussagen gezielt Stimmung gegen Ökostrom zu machen? Falls ja, warum? Falls nein, was unternehmen Sie dagegen?

 

2.      Wie hoch waren die Kosten für die Errichtung und Betreuung der Homepage www.oekostromforum.at? Wie hoch sind die Kosten für Betrieb, Management und Wartung dieser homepage? Bitte um detaillierte Angaben.

 

3.      Die ECG ließ im Juni 2004 eine Market-Umfrage zum Thema Ökostrom durchführen. Wie lauten sämtliche Fragen im exakten Wortlaut und was sind die Ergebnisse (aller Fragestellungen)? Bitte um detaillierte Übermittlung aller Angaben im Wortlaut.

 

4.      Ist es Ihrer Ansicht nach die Aufgabe einer Behörde, wie der ECG, öffentliche und deutlich tendenziöse Umfragen zum Thema Ökoenergie erstellen zu lassen? Falls ja, wie begründen Sie diese Tätigkeit der ECG? Fall nein, was unternehmen Sie dagegen?

 

5.      Sehen Sie durch die teilweise klar manipulative Fragestellung bei Umfragen und Abstimmungen (z.B. auf www.oekostromforum.at) die Unabhängigkeit der Behörde ECG in Gefahr? Wenn nein, wieso nicht? Falls ja, was unternehmen Sie dagegen?

 

6.      Hat die ECG ihre Kompetenzen durch Errichtung der Website www.oekostromforum.at überschritten? Fall nein, warum nicht? Falls ja, was unternehmen Sie dagegen?

 

7.      Wie viele Umfragen hat die ECG durchführen lassen (wie viele insgesamt, wie viele zum Thema Ökoenergie)? Bitte um detaillierte Auflistung der einzelnen Umfragen inkl. Angabe des Themas.

 

8.      Welche Finanzmittel hat die ECG in den Jahren 2001, 2002, 2003, 2004 für Umfragen zum Thema Ökoenergie ausgegeben? Bitte um detaillierte Auflistung.

 

9.      Welche Finanzmittel hat die ECG in den Jahren 2001, 2002, 2003, 2004 für sonstige Umfragen ausgegeben? Bitte um detaillierte Auflistung.

 

 

10.    Hat die ECG ihre Kompetenzen durch das Beauftragen und Veröffentlichen  von öffentlichen Umfragen zum Thema Ökoenergie überschritten? Fall nein, warum nicht? Fall ja, was unternehmen Sie dagegen?

 

11.    Liegt in einem der genannten Fälle Amtsmissbrauch vor?

 

12.    Ist es zutreffend, dass derartige Aktivitäten aufgrund von Weisungen des BMWA erfolgen? Falls nicht, was ist die gesetzliche Grundlage dafür?

 

13.    Wie viele Inserate zum Thema Ökostrom wurden von der ECG in den Jahren 2001,2002,2003,2004 in österreichischen Print-Publikationen veröffentlicht? Bitte um detaillierte Auflistung nach Jahr, Inserat, Medium.

 

14.    Wie hoch waren die Kosten für diese Inserate in den Jahren 2001, 2002, 2003, 2004? Bitte um detaillierte Angabe sowohl der Kosten für die Agentur als auch der Kosten für die Schaltung der Inserate in den Medien.

 

15.    Wie bzw. von wem wurden diese Inserate finanziert? Bitte um detaillierte Angaben.

 

16.    Verfügt die ECG über ein eigenes Werbebudget? Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht dieses Werbebudget und wie hoch war dieses Budget in den Jahren 2001, 2002, 2003, 2004 bzw. wird es in den Jahren 2005,2006 sein?

 

17.    Ist die Veröffentlichung von tendenziösen Inseraten (z.B. im Magazin Profil vom 19. Juli 2004) durch die ECG gesetzlich gedeckt bzw. auf welche gesetzlichen Grundlagen kann sich die ECG hiebei berufen?

 

18.    Ist es Aufgabe einer Behörde, wie z.B. der ECG, Werbung für oder gegen eine bestimmte Sache zu betreiben?

 

19.    Was ist die gesetzliche Grundlage für die Teilnahme der ECG an der aktuellen öffentlichen politischen Diskussion zum Thema Ökostrom?

 

20.    Sehen Sie durch eine derartige Werbung die Unabhängigkeit der Behörde in Gefahr? Fall nein, warum nicht? Falls ja, was werden Sie dagegen unternehmen.

 

21.    Hat die ECG ihre gesetzlichen Kompetenzen durch Einschaltung von Inseraten betreffend Ökostrom überschritten?

 

22.    Liegt Amtsmissbrauch vor?

 

23.    Welche genauen Kompetenzen hat die ECG nach dem Ökostromgesetz? Bitte um detaillierte Auflistung der Kompetenzen.

 

24.    Wie funktioniert die Finanzierung der Regulierungsbehörden ECG und ECK konkret? Bitte um detaillierte Angaben.

 

25.    Wodurch wird sicher gestellt, dass die Regulierungsbehörden unabhängig von den Übertragungsnetzbetreibern agieren können?

 

26.    Wie hoch waren die Kosten für die Regulierungsbehörden, aufgeteilt nach ECG und ECK in den Jahren 2001,2002,2003? Wie hoch sind die veranschlagten Kosten für ECG und ECK in den Jahren 2004 und 2005?

 

27.    Wie hoch sind waren Personalkosten bei ECG und ECK in den Jahren 2001,2002,2003,2004? Bitte um detaillierte Angaben.

 

28.    Wie viele MitarbeiterInnen waren in den Jahren 2001,2002,2003 in ECG und ECK beschäftigt?

 

29.    Wie viele MitarbeiterInnen sind derzeit bei ECG und ECK beschäftigt?

 

30.    Wie viel kostet ein Bediensteter der ECG im Durchschnitt und wie viel kostet ein Bediensteter Ihres Ministeriums im Durchschnitt?

 

31.    Was hat der Geschäftsführer der ECG in den Jahren 2001,2002,2003 verdient? Wie hoch ist sein aktuelles Gehalt?

 

32.    Wie hoch waren die Diäten des Geschäftsführers der ECG in den Jahren 2001,2002,2003,2004?

 

33.    Wie hoch ist der Beitrag, den ein Endverbraucher pro kWh zu Finanzierung der Regulierungsbehörden zu bezahlen hat?

 

34.    Was passiert, wenn ein Endverbraucher, der mit der Tätigkeit der ECG, insbesondere wegen der einseitigen Medienberichte über die Ökoenergie, sich weigert, die Finanzierung der Regulierungsbehörden mitzutragen (Endverbraucher zieht den Kostenbestandteil, den er pro kWh zur Finanzierung der Regulierungsbehörden beizutragen hat, ab)?

 

35.    Ist es verfassungsrechtlich zulässig, dass die politische Verantwortung durch Schaffung weisungsungebundener Behörden unterlaufen wird (z.B. legt ECK mit Verordnung Netztarife fest)?

 

36.    Wie viel Geld hat die ECG in den Jahren 2001, 2002, 2003 für Gutachten im Bereich Ökostrom/Kraft-Wärme-Kopplung ausgegeben? Bitte listen Sie detailliert die einzelnen Gutachten und die jeweiligen Ausgaben auf.

 

37.    Wie viel Geld wird die ECG vorraussichtlich in den Jahren 2004 und 2005 für Gutachten im Bereich Ökostrom/Kraft-Wärme-Kopplung ausgeben? Bitte listen Sie detailliert die einzelnen Gutachten und die jeweilig veranschlagten Ausgaben auf.

 

38.    Wie soll Ihrer Meinung nach das per EU-Richtlinie für Österreich festgeschrieben Ziel, bis 2010 im Strombereich einen Anteil von 78,1 Erneuerbare Energien am Bruttonlandsstromverbrauch zu erzielen, erreicht werden? Bitte um detaillierte Angebe Ihrer diesbezüglichen Berechnungen.