2359/J XXII. GP

Eingelangt am 29.11.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Maga Muttonen
und GenossInnen

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend monarchistische Tendenzen im KHM, II.

Der Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, Dr. Wilfried Seipel, hat am
22.September 2004 Otto von Habsburg im Rahmen einer Buchpräsentation im KHM
als „Kaiserliche Hoheit" begrüßt. Die vor kurzem erfolgte Beantwortung der
parlamentarischen Anfrage 2174/J-NR/2004 zu diesen Vorkommnissen wirft eine
Reihe zusätzlicher offener Fragen auf.

So spricht die Bildungsministerin quasi rechtfertigend von einer im „historischen
Kontext stehenden Begrüßungsformel", die „gesellschaftlichen Gepflogenheiten"
entspreche. Das ist insofern befremdlich, als es sich mittlerweile nicht mehr um das
K.K. Kunsthistorische Hofmuseum sondern um das Kunsthistorische Museum der
Republik Österreich handelt. Die Frage, ob die von Direktor Seipel gewählte Anrede
mit der österreichischen Rechtsordnung konform gehe, wurde übrigens nicht
beantwortet.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Bildung,
Wissenschaft und Kultur nachstehende

Anfrage

1.                         Rechtfertigt die Tatsache, dass das Kunsthistorische Museum die ehemaligen
kunst- und kulturhistorischen Sammlungen der Habsburger beherbergt, die
Anrede von Otto Habsburg durch den Direktor des Museums als „seine
kaiserliche Hoheit"?

2.                         Wenn ja, warum?

3.                         Wenn nein, durch welchen historischen Kontext wird die Anrede von Otto
Habsburg als „seine kaiserliche Hoheit" legitim?

4.            Schiene Ihnen, im Falle der Anwesenheit von Otto Habsburg bei einer
Buchpräsentation im Museum Moderner Kunst, die Anrede als „seine
kaiserliche Hoheit" durch den Museumsdirektor ebenfalls gerechtfertigt?

5.                         Sie haben die Auffassung vertreten, die von Generaldirektor Seipel verwendete
Begrüßungsformel entspreche „einer gesellschaftlichen Gepflogenheit". Eine
Gepflogenheit entspricht im allgemeinen Sprachgebrauch einer weit
verbreiteten Gewohnheit. Haben Sie tatsächlich den Eindruck, dass in weiten
Teilen der österreichischen Bevölkerung die Anrede von Mitgliedern des
Hauses Habsburg-Lothringen als „kaiserliche Hoheit" üblich ist ?

 


6.                         Falls ja, so wären nicht zuletzt im Hinblick auf das Jubiläumsjahr 2005 gerade
seitens des Bildungsministeriums Maßnahmen zur Stärkung des
republikanischen Bewusstseins dringend gefordert. Werden Sie im Rahmen
Ihres Zuständigkeitsbereiches diesbezüglich für eine erhöhte Sensibilität
sorgen?

7.                         Im Duden ist zum Begriff der Gepflogenheit nachzulesen, dass es sich dabei um
eine „oft bewusst gepflegte und kultivierte Handlung" handelt. Welche Absicht
verfolgte Direktor Seipel als er diese Anrede wählte?

8.                         In welcher Form wurde Generaldirektor Seipel auf die einschlägigen
Bestimmungen des Habsburgergesetzes sowie des Adels-Aufhebungsgesetzes
hingewiesen?

9.            Auffällig war bei Ihrer Anfragebeantwortung die Tatsache, dass diese erst im
Lauf des 19.11.2004 elektronisch auf der Homepage des Parlaments verfügbar
war, Sie aber bereits am 18.11.2004 in einer APA-Aussendung (APA 440) die
wesentlichen Gründzüge Ihrer Argumentation erörtert haben. Würde es Ihrer
Ansicht nach nicht die Höflichkeit erfordern, dass zuerst den anfragestellenden
Abgeordneten Auskunft erteilt werden würde?

10.                 Auffällig ist ferner, dass Sie in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage
der Abgeordneten Schasching und Heinzl (1861/J und 1772/AB, XXII. GP), die
sich auf einen Festakt in einer Schule bezog, bei dem laut Einladung „SKH Dr.
Otto von Habsburg-Lothringen" einen Vortrag hielt, deutlichere Worte fanden. In
Ihrer damaligen Antwort wurde keineswegs auf „gesellschaftliche
Gepflogenheiten" verwiesen, die diese Anrede rechtfertigen würden. Gelten im
Falle von Direktor Seipel andere Maßstäbe oder wiegt Ihrer Auffassung nach
die mündliche Anrede als „seine Kaiserliche Hoheit" weniger schwer als die
schriftliche?