2382/J XXII. GP

Eingelangt am 09.12.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Gerhard Reheis

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend dem Gerichtsbeschluss zur Rückführung von Yasemin Kobal in die Türkei

Das sechsjährige Mädchen Yasemin Kobal, welches zuvor von seiner Mutter aus der Türkei
nach Österreich gebracht wurde, wurde am Freitag, dem 26.11.2004 mittels eines
Gerichtsbeschlusses zu ihrem Vater in die Türkei zurückgeführt.
Dieses Ereignis schlug vor allem in Tirol große Wellen in der Bevölkerung. Zum einen
weckte der Beschluss und die sofortige Rückführung des Mädchens Unverständnis in der
Bevölkerung über die fehlende Menschlichkeit dieses Urteils, zum anderen stellten sich
verschiedene Fragen zum Ablauf des Verfahrens und der darauffolgenden Abnahme des
Kindes.   Aus diesem Grund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.              Ist Ihnen der geschilderte Fall bekannt?

2.              Wurden    bereits    Kinder    per    Gerichtsbeschluss    auf    Grundlage    des    Haager
Kindesentführungsübereinkommens aus Österreich in andere Staaten rückgeführt?

3.              Falls ja, wie viele und in welche Staaten?

4.              Wurden       bereits       Anträge       auf       Rückführung       nach       dem        Haager
Kindesentführungsübereinkommen in Österreich unter Berücksichtigung des Kindeswohls
oder des Kindeswillen abgelehnt?

5.  Falls ja, wie stellte sich die jeweilige Sachlage dar?

6.            Warum wurde bei zwei sich widersprechenden Gutachten (Gutachten der Jugendwohlfahrt
und Gutachten einer beeideten Sachverständigen) kein Obergutachten eingeholt?

7.  Warum wurde gegen den Willen des Kindes entschieden?

8.            Das Kind hatte sich sehr gut in Österreich eingelebt, beherrscht die türkische Sprache
nicht mehr und war seit seiner Geburt in der Obsorge der Mutter. Warum wurde bei der
Rückführung keine Rücksicht auf das Kindesrecht genommen, welches sehr wohl auch im
Haager Kindesentführungsübereinkommen thematisiert wird?

9.            Warum wurde immer von einer Entführung des Kindes durch die Mutter gesprochen,
obwohl sich die Mutter in Österreich an die Organisation Frauen helfen Frauen gewandt
hatte, um ihre Kinder in Sicherheit zu bringen?

10.     Wie   stehen   Sie  dazu,   dass   die  Tiroler  Kinder-   und   Jugendanwältin  von  einer
„menschlichen Katastrophe für das Kind" spricht?

11.     Warum wurde der rechtliche Vertreter der Mutter von Yasemin Kobal nicht über die
Abholung und Rückführung des Kindes informiert?

12.     Warum wurde die Abnahme durchgeführt, ohne der Mutter eine weitere Rechtsmittel -
Möglichkeit einzuräumen?

13.     Wie stehen Sie zu der Art der Abholung des Kindes (ohne Vorankündigung direkt vom
Schulweg und ohne die Möglichkeit sich von seiner Familie zu verabschieden und
persönliche Dinge oder Wechselwäsche mitzunehmen)?

14.     Wie konnte sich Herr Kobal, der Vater von Yasemin, für die Dauer von zwei Monaten in
Österreich aufhalten? Welche Art von Visum wurde ihm ausgestellt und für wie lange galt
dieses?


15.      Warum wurde bei dem Verfahren außer Acht gelassen, dass der Vater von Yasemin Kobal
seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkam und der österreichische Staat diesen
bevorschusst hat?

16.      Hat die Republik Österreich schon versucht, die Unterhaltsbevorschussung in Istanbul
über den Weg der Pfändung wieder einzubringen?

17.      Warum konnte sich Herr Kobal zwei Monate in Österreich aufhalten, ohne dass ein
Verfahren auf Rückzahlung der Unterhaltsbevorschussung gegen ihn angestrebt wurde?

18.      Wurde die finanzielle Situation des Vaters von Yasemin Kobal geprüft, bevor ihm eine
Verfahrenshilfe bewilligt wurde?

19.      Wird auch die künftige finanzielle Situation von Herrn Kobal überprüft, um eine eventuell
mögliche Rückzahlung der Verfahrenshilfe innerhalb des festgelegten Zeitraumes von drei
Jahren zu gewährleisten?

20.  Inwieweit gedenkt das Justizministerium sich für die    österreichische Staatsbürgerin
Yasemin Kobal künftig einzusetzen?