2443/J XXII. GP

Eingelangt am 22.12.2004
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Landesverteidigung

betreffend „Ermordung von über 4000 italienischen Soldaten auf Kefalonia durch

die deutsche Wehrmacht (Edelweis-Division)"

Teile der deutschen Wehrmacht haben sich schlimmster Verbrechen schuldig gemacht.
Eine der blutigsten Spuren hinterließen die Gebirgsjäger, eine „Elitetruppe" der
Wehrmacht. Sie wüteten auf dem Balkan und in der Sowjetunion. Zahlreiche Verbrechen
und unbeschreibliche Massaker verübte die „edle Truppe unter dem Edelweis" aber in
Griechenland (Edelweis-Division).

Eine aktive Beteiligung von Gebirgsjägern am Vernichtungskrieg der faschistischen
Wehrmacht ist seit vielen Jahren von Militärhistorikern nachgewiesen. So
ermordeten Truppen der 1. Gebirgs-Division am 13. September 1943 auf der
griechischen Insel Kefalonia mehr als 4000 wehrlose italienische Kriegsgefangene
(Offiziere und Soldaten) der Division Acqui aus Rache dafür, dass der ehemalige
Verbündete Italien die Seiten gewechselt hatte. Die Italiener hatten die Waffen
niedergelegt, wurden gefangen genommen und danach innerhalb kürzester Zeit
durch die MP-Salven der deutschen Gebirgsjäger grausam niedergemetzelt. Nur 34
Soldaten überlebten in dem sie sich tot stellten. Auch die griechische Bevölkerung
hatte Opfer zu beklagen.

Bis heute blieb dieses unfassbare Verbrechen - wie auch andere in Griechenland -
ungesühnt, es kam nie zu einer juristischen Aufarbeitung. Die Täter blieben weitgehend
ungeschoren. Und nun arbeitet die Zeit gegen die Aufklärung und Ermittlungen. Schon in
den sechziger Jahren wurde in Deutschland zwar ermittelt, diese Ermittlungen jedoch „aus
Mangel an Beweisen" eingestellt (17.09.1968). Allein der befehlsführende General der 1.
Gebirgsdivision wurde vor Gericht zur Rechenschaft gezogen und zu 12 Jahren Haft
verurteilt - allerdings bald wieder entlassen.

Deutsche Justizbehörden arbeiten derzeit nach Presseberichten seit 2001 an der
Aufklärung dieses Nazi-Verbechens, das zweifellos von der 1. Gebirgsdivision begangen
worden ist. Dies teilte 2003 Staatsanwalt Dr. Riedel von der zentralen Stelle der
Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg der WN-BdA mit. Das Geschehen auf
Kefalonia werde von der Zentralstelle in Dortmund untersucht. Es wurde aus Ludwigsburg
zudem gemeldet, dass die bisher nicht bekannten Tatorte und Tatverdächtigen sowie
einzelne Tatgeschehen, die von antifaschistischen Organisationen benannt wurden,
nunmehr Gegenstand von Ermittlungen werden. (Aktenzeichen 508 AR 111/02). Über
konkrete Erhebungen bzw. Ermittlungen in Österreich lagen damals keine Informationen
vor.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und
Antifaschisten, Landesvereinigung NRW, hat der dortigen Landesregierung Anfang 2003
eine umfassende Dokumentation über die Verbrechen der Wehrmacht in Kefalonia samt
Namen der Täter vorgelegt und eine unverzügliche Strafverfolgung der Mörder von
Kefalonia gefordert.

Es könnte also sein, dass sich nach vielen Jahren Stillstand in Deutschland noch ein
neuer großer Prozess gegen NS-Mörder aus der Wehrmacht, die auch
Judendeportationen vornahmen, ergibt. Es wurden Tatverdächtige ausgeforscht, die bei
den Massakern in Griechenland vor 61 Jahren dabei gewesen sind und aktiv an diesem
Massaker mitgewirkt haben. Dies gilt auch für Österreicher.
An dieser grauenhaften Ermordung der italienischen Soldaten waren ca. 4000
Wehrmachtsangehörige, darunter 830 Südtiroler und Österreicher beteiligt. Deutsche
Staatsanwälte bestätigen, dass es eine „Österreicher-Liste" gibt, die ursprünglich 530
Personen betroffen habe. Das österreichische Innenministerium wurde gebeten, im
Rechtshilfeweg diese Leute ausfindig zu machen. „Dort leistete man hervorragende Arbeit.
Es wurde festgestellt, dass noch 145 am Leben sind, die nun als Zeugen vernommen
werden" - so Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß (Dortmund).


Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Landesverteidigung nachstehende

Anfrage:

1.              Sind Ihnen die Umstände des grauenhaften Massakers durch die 1. Gebirgsdivision
auf Kefalonia bekannt?

2.              Welche Informationen liegen darüber von den zuständigen Behörden bzw. privaten
Einrichtungen aus Italien, Griechenland, Deutschland oder anderen Staaten vor?

3.      Welche Tatsachen sind dem Innenministerium darüber bekannt?
Welche konkreten Beweismittel liegen gegen die Täter (Angehörige der 1. Gebirgsdivision) vor?

4.              Wie viele Österreicher waren im Jahr 1943 Mitglieder in der 1 .Gebirgsdivision (Aufschlüsselung auf Soldaten, Chargen, Unteroffiziere und Offiziere)?

5.              Wenn ja, wie viele sind davon noch am Leben?

6.              Wie viele ehemalige Angehörige der 1 .Gebirgsdivision wurden nach dem 2.Weltkrieg Mitglieder der B-Gendarmerie?

7.              Wie viele ehemalige Mitglieder der 1. Gebirgsdivision wurden in den Dienst des österreichischen Bundesheeres aufgenommen (Aufschlüsselung auf Offiziere, Unteroffiziere, Chargen und Soldaten)?

8.              Wie viele Österreicher waren zum Zeitpunkt des Massakers auf Kefalonia in die Führungs- und Befehlsstruktur der 1 .Gebirgsdivision eingebunden (Ersuche um Bekanntgabe der jeweiligen Dienstgrade und Führungsfunktionen)?

9.              Wie viele sind davon noch am Leben?

10.       Wurde jemals nach dem 2.Weltkrieg in Österreich gegen ehemalige
Wehrmachtssoldaten (insbes. ehemalige Mitglieder der 1 .Gebirgsdivision) wegen
dieses grauenhaften Massakers auf Kefalonia durch das Bundesministerium für Landesverteidigung intern ermittelt?

11.       Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was war das Ergebnis?

12.       Gab es jemals diesbezüglich Rechtshilfeersuchen von Italien, Griechenland oder
Deutschland oder anderen Staaten an das Bundesministerium für Landesverteidigung?

13.       Wenn ja, durch welchen Staat, wann und in wie vielen Fällen? Wurde diesen
Rechtshilfeersuchen auch entsprochen? Wenn nein, warum nicht?