2572/J XXII. GP

Eingelangt am 26.01.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Versagen des BMVIT bei der Regulierung des österreichischen Marktes für Eisenbahn-Verkehrsleistungen sowie Belastung der österreichischen Privatbahnen durch bestimmte Umsetzungsmaßnahmen zur

EU-Richtlinie 2001/12/EG

 

 

Neben anderen unzureichenden Leistungen im Eisenbahnbereich scheint das BMVIT auch bei seinen Regulierungsaufgaben eher die Interessen alter und neuer „Seilschaften“ als die Interessen der Republik wahrzunehmen.

 

Dies führt dazu, dass Einrichtungen im Umfeld des BMVIT wie SCG oder SCHIG so wie auch die nun wieder in der ÖBB-neu aufgegangene HLAG ausschließlich von ehemaligen MitarbeiterInnen oder Vertrauten diverser Minister anstatt von ExpertInnen oder ManagerInnen geführt wurden bzw. werden. Diese Praxis der „Unterbringung“ von MitarbeiterInnen hat jetzt ihren traurigen Höhepunkt erlebt, wobei weiterhin Gehälter über den marktüblichen Größenordnungen schlagend werden, wo bereits marktübliche Gehälter an sich mit Mindestqualifikationen zusammenhängen. Bei der jüngsten Bestellung im angesprochenen Bereich mussten bei den vorausgehenden Ausschreibung die Mindestanforderungen herabgesetzt werden und auch diese dürften bei der Besetzungsentscheidung noch unterboten worden sein.

 

In Anbetracht dessen und des vielfach nicht nachvollziehbaren Regierungswirkens im Eisenbahnbereich ist es nicht verwunderlich, dass Österreich in die Gruppe der Staaten mit verzögerter Marktöffnung eingeordnet ist. Dies ist beispielsweise dem „Liberalisierungsindex Bahn 2004“ ( Vergleich der Marktöffnung der Eisenbahnmärkte der Mitgliedstaaten der EU, der Schweiz und Norwegens; Studie der IBM Business Consulting Services in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Dr. Christian Kirchner, Humboldt-Universität zu Berlin; 2. Aufl. der 2002 erstmals vorgelegten Studie „Liberalisierungsindex Bahn“; Erscheinungsdatum 10. Mai 2004) zu entnehmen. Zitat daraus: „Österreich befindet sich wie 2002 hinsichtlich des Gesamtergebnisses in der Gruppe Verzögerte Marktöffnung (delayed).“

 

Zusätzlich zu diesem peinlichen Versagen in Ihrem Ressort und angeschlossenen schienenverkehrsrelevanten Einrichtungen wird die österreichische Wirtschaft durch die teure, unnötige Aufblähung der Apparate geschädigt: Diese werden zB auf Kosten der ohnehin nicht eben finanzstarken und von budgetären Stagnations- bzw. Kürzungsprozessen betroffenen Privatbahnen mitfinanziert, wie ein VfGH-Erkenntnis vom Oktober 2004 nahelegt auf verfassungsmäßig fragwürdige Weise.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.             Weshalb hat Ihr Ressort die Richtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft nicht zeitgerecht umgesetzt?

 

2.             Artikel 6 Absatz 3 dieser Richtlinie lautet: „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Ungeachtet der Organisationsstrukturen ist der Nachweis zu erbringen, dass dieses Ziel erreicht worden ist. Die Mitgliedstaaten können jedoch Eisenbahnunternehmen oder jeder anderen Stelle die Erhebung von Entgelten und die Verantwortung für die Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur übertragen, wozu Investitionen, Wartung und Finanzierung gehören.“ Dies bedeutet nicht, dass dies wie in Österreich für die Privatbahnen durch eine eigene Gesellschaft (Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH) erfolgen muß, was u.a. mit bedeutenden Kosten für die Privatbahnen verbunden ist.

 

a)     Weshalb hat sich das BMVIT für diese und nicht für eine weniger kostenintensive gemeinschaftsrechtskonforme Lösung entschieden?

b)     Welche Mehrkosten verursacht diese nicht von der Richtlinie erzwungene Lösung für die Privatbahnen?

c)      Welche sachliche Erklärung gibt es für die unterschiedliche Behandlung von ÖBB und Privatbahnen in dieser Frage?

 

3.             Ist Ihnen bekannt, dass die SCHIG bereits weitere Mitarbeiter sucht, daher künftig steigende Kosten zu erwarten sind?

 

4.             Wie hoch sind die Personalkosten, einschließlich der als Sachaufwand geführten Personen, der SCHIG mit Stand 1.1.2005?

 

5.             Wie hoch sind die Kosten für die Trassenvergabe, welche die SCHIG im Jahr 2005 voraussichtlich an die Privatbahnen verrechnen wird?

 

6.             Die Privatbahnen sind zur Akzeptanz kritischer Entscheidungen des BMVIT gezwungen, weil sie durch die nach wie vor willkürliche Förderungsvergabe ohne transparente Kriterien und Spielregeln in einem nahezu mittelalterlich-feudalen Abhängigkeitsverhältnis zum BMVIT stehen. Es ist zu erwarten, dass dies und die Folgen dessen im Zuge der laufenden Rechnungshofprüfung der Privatbahnförderung offengelegt werden.

 

Ist Ihnen bekannt, dass in anderen Staaten, in denen nicht die gleichen unhaltbaren Abhängigkeitsverhältnisse wie in Ihrem Zuständigkeitsbereich bestehen, etwa in Deutschland, Privatbahnen eine Verwaltungspraxis in Form der von Ihnen zu verantwortenden Umsetzung der EU-RL 2001/12 öffentlich ablehnen?

 

7.             Der Verfassungsgerichtshof hat am 7.10.2004 erkannt (G 3/04­20): „Besteht aber an der Erfüllung der Aufgaben und Ziele, die in § 2 KOG umschrieben sind, auch ein Interesse der Allgemeinheit, das sich vom Interesse der Marktteilnehmer an einem geordneten Rundfunkmarkt deutlich unterscheidet (vgl. den auch von der Bundesregierung hervorgehobenen Art. I Abs. 3 BVG Rundfunk, BGBl. 396/1974, wonach Rundfunk eine öffentliche Aufgabe ist), so erscheint es sachlich nicht gerechtfertigt, die Finanzierung dieser Regulierungstätigkeit ausschließlich den Marktteilnehmern aufzuerlegen, weil diese dann auch Aufgaben zu finanzieren hätten, die im Interesse der Allgemeinheit liegen. Insoweit müßte auch die Finanzierung einer solchen Aufgabe durch die Allgemeinheit, somit aus Steuermitteln, erfolgen.“

Eine Übertragung dieses Erkenntnisses auf zB den Schienenbereich erschiene nicht zuletzt im Sinne der Privatbahnen sowie der Transparenz und parlamentarischen Mitgestaltung angebracht.

 

Entspricht das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, dort wo es etwa von einer Finanzierung der SCHIG durch „Dritte“ handelt, obigem Erkenntnis des VfGH, wenn ja warum, wenn nein, bis wann werden Sie das Gesetz durch Änderung verfassungskonform gestalten?