2593/J XXII. GP

Eingelangt am 26.01.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Maga. Melitta Trunk, Maga. Christine Muttonen, Mag. Walter Posch
und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend zweckwidrige Verwendung der 1,6 Mio. EUR Sonderzahlung des Bundes für die
Wörtherseebühne in Klagenfurt

Die unterzeichneten Abgeordneten haben bereits am 10. November 2004 eine schriftliche
parlamentarische Anfrage an den Bundeskanzler, den Bundesminister für Finanzen und den
Präsidenten des Rechnungshofes betreffend „Millionen-Desaster der Wörthersee-Bühne in
Klagenfurt“ gestellt. Darin wurden insbesondere Details zur Sonderzahlung des Bundes für die
Wörtherseebühne im Rahmen des „Konjunkturpaketes III“ in Höhe von 1,6 Mio. EUR angefragt.

   Am 3. Jänner 2005 antwortete der Präsident des Rechnungshofes schriftlich:
„...In Bezug auf die Wörthersee Bühne in Klagenfurt ist auch mir bekannt, dass ein
Prüfbericht des Kärntner Landesrechnungshofes betreffend die Seebühne vorliegt und ein
diesbezügliches weiteres Prüfungsverlangen an den Kärntner Landesrechnungshof vom
12. Oktober 2004 gestellt wurde, welches der Landesrechnungshof in seinem
Prüfungsprogramm 2005 berücksichtigen wird. Dessen ungeachtet wird der Rechnungshof
die Angelegenheit weiter beobachten
.“ (Anfragebeantwortung 2256/AB)

   Am 7. Jänner 2005 antwortete der Bundeskanzler schriftlich:

„Die Sonderzahlung von 1,6 Mio. Euro wurde "für das Projekt Wörtherseefestspiele"
für den Zeitraum "2004 - 2008" durch den Geschäftsführer der Cine Culture Carin-
thia GmbH, Dr. Bernhard Sapetschnig, mit Schreiben vom 23. Jänner 2004 und mit
Förderungsantrag vom 26. Jänner 2004 beantragt. ... Der Antrag ist am 28. Jänner 2004 in
Abt. II/2 des Bundeskanzleramtes eingegangen. ... Die Zuerkennung durch Staatssekretär
Franz Morak erfolgte mit 16. März 2004. ... Die Sonderzahlung wurde am 15. April 2004
durch die Buchhaltung des Bundeskanzleramts angewiesen.

Die Sonderzahlung war entsprechend dem Antrag mit folgender Voraussetzung ver-
bunden: "Die Förderung des Bundeskanzleramts in Höhe von Euro 1,6 Mio. soll in
den Jahren 2004 bis 2008 dazu verwendet werden, dem Festival Internationalität
und Qualität zu verleihen und dadurch die Attraktivität insgesamt zu erhöhen." Zu-
sätzlich zu den Allgemeinen Bewilligungs- und Abrechnungsbedingungen wurde mit
dieser einmaligen Hilfe zur künstlerischen Neuorientierung (und "zur teilweisen
Deckung eines bei ordentlicher und zweckmäßiger Durchführung der geförderten
Tätigkeit entstehenden Abgangs
") verfügt, daß die Tätigkeit und der Produktions-
umfang auf die absehbaren Finanzierungsmöglichkeiten abzustimmen sind.

Prüfungsergebnisse zu der jeweiligen Dokumentation des künstlerischen Erfolges in
Verbindung mit vollständigen, detaillierten, von einem Wirtschaftstreuhänder oder
Steuerberater erstellten und entsprechend gefertigten Bilanzen stehen daher noch aus.
Darüber hinaus wurde der Antragsteller (Cine Culture Carinthia GmbH) verpflichtet, das
Bundeskanzleramt von allen Feststellungen von Kontrolleinrichtungen der regionalen
Gebietskörperschaften (wie Landesrechnungshof) zur Geschäftsgebarung und dessen
Rückäußerungen umgehend in Kenntnis zu setzen.“ (Anfragebeantwortung 2268/AB)

 


Am 10. Jänner 2005 antwortete der Bundesminister für Finanzen:

Diese Angelegenheit fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes,
weshalb ich auf die Beantwortung der gleichlautenden Anfrage Nr. 2299/J vom 10.
November 2004 durch den Herrn Bundeskanzler verweise.“ (Anfragebeantwortung 2290/AB)

Mittlerweile sind erstaunliche Fakten rund im die Verwendung dieser Sonderzahlung des Bundes
bekannt geworden:

Am 13. Jänner berichtete die Austria Presse Agentur:

Vernichtender Prüfbericht über Finanzen der Wörtherseebühne - Überschuldung im Sinne
des Insolvenzrechtes - Schwere Mängel bei Abrechnungen - Bilanzverlust 2,123 Millionen

Euro...

Die Prüfer kommen in dem Papier zu dem Schluss, dass bereits per 30. September 2004 eine
"Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes" vorgelegen sei. Heftige Kritik üben die
Prüfer zudem an den Abrechnungsmodalitäten. Der vorläufige Bilanzverlust wird mit 2,123
Millionen Euro beziffert.

Buchprüfer Hermann Huber ... erstellten Bericht: "Zum 30. 9. 2004 wird ein
Jahresfehlbetrag von dzt. EUR 2.053.098,44 ausgewiesen, daraus ergibt sich ein
Bilanzverlust von dzt. EUR 2.122.899,27. (...) Da bis zum Ende des Wirtschaftsjahres nur
noch Aufwendungen anfallen und Erlöse aus Kartenverkäufen oder Subventionen nicht mehr
lukriert werden können, ist davon auszugehen, dass der Verlust sich noch erhöhen wird."

Es bestehe ein "negatives Eigenkapital" in der Höhe von mehr als 1,25 Mio. Euro, das weder
durch Vermögen noch durch stille Reserven gedeckt sei, so die Prüfer. Und weiter: "Es liegt
somit eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes vor. Es besteht dringender
Handlungsbedarf von Seiten des Gesellschafters.
"...

Die Wörtherseefestspiele GmbH hatte im vergangenen Jahr vom Bund eine für Investitionen
in die Infrastruktur bestimmte Subvention in der Höhe von 1,6 Mio. Euro erhalten. Diese
Subvention war für einen Zeitraum von fünf Jahren gedacht. Die Prüfer stellten fest, dass das
gesamte Geld im vergangenen Jahr aufgebraucht wurde: "Der gutgeschriebene Betrag
wurde im Festspieljahr 2004 zur Gänze verbraucht. Investitionen in die Wörtherseebühne
erfolgten aus dieser Förderung keine."
Die Prüfer vermerken dazu, dass in den kommenden
vier Jahren jährlich im Budget ein Fünftel der Gesamtsumme, also 320.000 Euro,
ausgewiesen werden müssen, dem Betrag stünden aber keine liquiden Mittel gegenüber.“
(APA 578 vom 13. 01. 05)


• Dazu stellte Landeshauptmann Jörg Haider am 18. Jänner 2005 fest:

„Haider wies nach einer Sitzung der Landesregierung vor Journalisten darauf hin, dass die
Gesellschaft "Cine Culture Carinthia" nicht nur für die Seebühne, sondern etwa auch für die
Filmförderung zuständig gewesen sei. Man solle daher die Abschlussbilanz abwarten. Zudem
habe ihm Finanzminister Karl-Heinz Grasser telefonisch zugesichert, dass die im
vergangenen Jahr geflossenen 1,6 Millionen Euro Bundesförderung für die Seebühne nicht
auf fünf Jahre aufgeteilt werden müssten, sondern zur Gänze in das Produktionsjahr 2004
fließen könnten
. "Damit wird der Abgang weit geringer sein", sagte Haider." (APA 453 vom
18.01.05)

Damit bestätigen sowohl der Kärntner Landeshauptmann als auch die Wirtschaftsprüfer, dass die
Sonderzahlung des Bundes zur Schuldenabdeckung beim Millionen-Desaster der Wörtherseebühne
in einem Jahr verwendet wurde. Laut schriftlicher Auskunft des Bundeskanzlers sollte sie gemäß
Widmung aber in „den Jahren 2004 bis 2008 dazu verwendet werden, dem Festival
Internationalität und Qualität zu verleihen und dadurch die Attraktivität insgesamt zu erhöhen

sowie “zur teilweisen Deckung eines bei ordentlicher und zweckmäßiger Durchführung der
geförderten Tätigkeit entstehenden Abgangs.“ Beides ist nun nachweislich nicht der Fall!

NR Melitta Trunk hat bereits im Jahr 2003 (!) den Finanzminister im Ausschuss und im Nationalrat
nachweislich auf das Chaos, die Intransparenz, den Gesellschaften-Dschungel und die
Finanzprobleme der Wörtherseebühne hingewiesen (Finanzausschuss am 27. November 2003;
Nationalratsplenum am 3. Dezember 2003). Trotzdem hat der Bund diese Sonderzahlung ohne
große Bedenken in ein Konkursprojekt gesteckt.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.                  Ist Ihnen bekannt, dass der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider am 18. Jänner 2005
gegenüber der APA erklärte: “Zudem habe ihm Finanzminister Karl-Heinz Grasser
telefonisch zugesichert, dass die im vergangenen Jahr geflossenen 1,6 Millionen Euro
Bundesförderung für die Seebühne nicht auf fünf Jahre aufgeteilt werden müssten, sondern
zur Gänze in das Produktionsjahr 2004 fließen könnten.“ ?

2.                  Wann hat dieses Telefonat genau stattgefunden, was waren die konkreten Fragen des
Kärntner Landeshauptmannes und wie lauteten Ihre konkreten Antworten?

3.                  Da Sie in ihrer Anfragebeantwortung 2290/AB ausführten: „Diese Angelegenheit fällt in die
ausschließliche Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes“.

Ist es rechtlich zulässig, dass der Finanzminister gegenüber dem Kärntner Landeshauptmann
rechtsverbindliche Auskünfte gibt, wenn die alleinige Zuständigkeit für diese Sonderzahlung
beim Bundeskanzleramt liegt?


4.        Haben Sie vor Erteilung dieser telefonischen Auskunft an Dr. Jörg Haider mit dem
Bundeskanzleramt Rücksprache gehalten? Falls ja, wann und mit wem?

5.                  In der Anfragebeantwortung 2268/AB des Bundeskanzlers wird ausgeführt, dass die
Sonderzahlung des Bundes für den Zeitraum 2004 - 2008 (also für fünf Jahre) und nur zur
„teilweisen   Deckung   eines   bei   ordentlicher   und  zweckmäßiger  Durchführung   der
geförderten Tätigkeit entstehenden Abgangs“ gewidmet wurde. Ist daher die nun erfolgte
Verwendung der Sonderzahlung zur alleinigen Schuldenabdeckung im Jahr 2004 eine
zweckwidrige Verwendung der Sonderzahlung des Bundes?

Falls ja:  Wird  es  von Bundesseite  eine Rückforderung  der  Sonderzahlung  wegen
zweckwidriger Verwendung geben?
Falls nein: Warum?

6.                  Ist    dem    Bundesministerium    für    Finanzen    diese    nachträgliche    Änderung    der
Mittelverwendung bisher mündlich oder schriftlich durch zuständige Organe des Landes
Kärnten bzw. durch den Antragsteller mitgeteilt worden?

7.                  NR Melitta Trunk hat den Bundesminister für Finanzen im Rahmen der Debatte um das
„Konjunkturpaket   III“   persönlich   sowohl   in   der   Sitzung   des   parlamentarischen
Finanzausschuss am 27. November 2003 sowie beim Nationalratsplenum am 3. Dezember
2003 NACHWEISLICH auf das Chaos, die Intransparenz und die Finanzprobleme der
Wörtherseebühne hingewiesen. Haben Sie diese Bedenken betreffend der Zuerkennung einer
Sonderzahlung durch den Bund an die zuständigen Stellen weitergeleitet und für deren
Berücksichtigung gesorgt?

Falls ja: Wen haben Sie wann in welcher Form informiert?
Falls nein: Warum haben Sie die damaligen Bedenken ignoriert?