2621/J XXII. GP

Eingelangt am 04.02.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Aussagen eines Gutachters in einem Strafverfahren mit Gehörlosen

 

Am 21.1.2005 war im Standard unter dem Titel „Gewalt mit Gehörlosen“ ein Bericht von Daniel Glattauer über einen Gerichtsprozess zu lesen.

Im Artikel werden Auszüge aus dem Gutachten des Psychologen Wolfgang Friedl zitiert: Die Angeklagten „seien emotional auf der Entwicklungsstufe von Kleinkindern und daher an der Grenze der Strafmündigkeit“. Im Gutachten  zitierte Friedl auch aus einem Bericht aus dem Jahr 1914:

„Die Taubstummen gehören zu den geschwätzigsten und verleumderischsten Menschen (....), und häufig sind die Taubstummenvereine Brutstätten dieser Bakterien“

Für seine Aussage im Prozess:  „Angesichts ihrer Behinderung ist die Delinquenz der Gehörlosen erstaunlich gering“, erntete er wütenden Protest.

„Das ist schwer diskriminierend! Sie sagt nichts anderes als: Alle Gehörlosen sind deppert und schwer gestört“, so der Anwalt der Opfers.

Die oben zitierten Aussagen des Gutachters zeigen sehr deutlich, dass noch immer nicht gelernt wurde, behinderten Menschen gegenüber korrekt aufzutreten. Mit diesen Aussagen fühlen sich Menschen mit Behinderungen in Zeiten zurückversetzt, die eigentlich der Vergangenheit angehören sollten. 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Welchen Wert haben diese Art von Feststellungen für ein Strafverfahren?

 

  1. Glauben Sie, dass solche Feststellungen ein Strafverfahren beeinflussen können?

 

  1. Sind Sie bereit, mit dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien diesen Vorfall zu besprechen?

 

  1. Besteht die Möglichkeit, den Gutachter Friedl von der Gutachterliste zu streichen?

Wenn ja: Welche Vorgangsweise werden Sie wählen?

             Wenn nein: Warum nicht?