2670/J XXII. GP

Eingelangt am 16.02.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „Recht auf ein Girokonto"

Der Bundesminister für Finanzen hat in der AB 2400 XXII.GP vom 10.02.2005 zu dieser
Anfrage die Auffassung vertreten, dass es sich dabei um privatrechtliches Vertragsrecht bzw.
einen allfälligen Eingriff in die Vertragsfreiheit handelt.

„Dafür ist das Bundesministerium fiir Finanzen jedoch grundsätzlich nicht zuständig.
Geeignete Regelungsorte wären allenfalls die im Zuständigkeitsbereich des
Bundesministeriums fiir Justiz gelegenen Zivilrechtsvorschriften, beispielsweise das
Konsumentenschutzgesetz."
Die Anfrage an den BM für Finanzen war wie folgt begründet:

Seit dem 26.02.2003 liegt der Antrag der Abgeordneten Mag. Maier „Recht auf ein
Girokonto" unbehandelt im Nationalrat (55/A(E)). Ein Girokonto ist heutzutage für alle
Menschen eine unabdingbare Vorraussetzung, um am öffentlichen Leben und
Zahlungsverkehr teilzunehmen.

"Wer einen Erlagsschein bar auf ein Konto einzahlt, wird von Banken kräftig zur Kasse
gebeten. Ein AK-Test bei 13 Banken in Wien zeigte folgendes: KonsumentInnen, die kein
Konto haben - immerhin 300.000 ÖsterreicherInnen - oder auf dem Konto einer Fremdbank
einen Erlagschein bar einzahlen, müssen mit bis zu 5 Euro Spesen rechnen.

Wer also kein Konto hat - das sind meist PensionistInnen, Arbeitslose oder Personen, die
Probleme mit der Rückzahlung ihrer Schulden hatten - und seine gesamten Zahlscheine für
Miete, Telefon, Strom oder Gas monatlich an der Bankkassa bar bezahlt, zahlt 115 Euro im
Jahr allein an Spesen beim höchsten Spesensatz von 5 Euro pro Zahlschein. Auch beim
billigsten Spesensatz von 1,50 Euro kosten diese Erlagschein-Bareinzahlungen 34,50 Euro an
Spesen im Jahr (23 Zahlscheine pro Jahr).

Die AK hat im Oktober bei 13 Wiener Kreditinstituten die Spesen für Bareinzahlungen von
Erlag- und Zahlscheinen getestet. Erhoben wurden die Entgelte für Bareinzahlungen auf ein
Konto einer fremden Bank, der eigenen Bank und für karitative Zwecke.

Welche Bank verlangt welche Spesen bei Bareinzahlungen von Erlagscheinen?

Bareinzahlung bei___________ an eine Fremdbank___________ an eigene Bank

Bank Austria        4,00 Euro      2,00 Euro

Bank für Tirol und Vbg  2,00 Euro        1,00 Euro

BAWAG  2,50 Euro        1,50 Euro

Dornbirner Sparkasse 2,91 Euro        0,75 Euro

EB u. Hypo Bgld 3,00 Euro      1,50 Euro

Erste Bank        3,00 Euro      3,00 Euro

Hypo Tirol        2,00 Euro      1,00 Euro

Hypo NÖx) 5,00 Euro        1,25 Euro

Hypo Vbg 1,50 Euro        0,75 Euro

Oberbank 3,00 Euro        1,50 Euro

PSK 2,00 Euro      1,50 Euro

RLB NÖ Wienxx)          4,00 Euro      0,80 Euro

Volksbank Wien       3,00 Euro     1,00 Euro

x) Spesen bei Bareinzahlung zu Gunsten fremder Kreditinstitute je nach Kundenbeziehung

von 2,50 bis 5 Euro möglich

xx) Innerhalb der Raiffeisengruppe werden 1,45 Euro verrechnet

Die Bareinzahlung einer Spende kann bis zu 3 Euro Spesen kosten. Auch das zeigte der AK
Test bei diesen 13 Banken. Zwei Drittel der getesteten Banken verlangen dafür keine Spesen.

 

Ein gesetzlicher Anspruch auf ein Girokonto ist deswegen notwenig, weil sich Banken in
anderen EU-Mitgliedsstaaten nicht an die vereinbarte Selbstverpflichtung der Banken
gehalten haben, - so beispielsweise auch in Deutschland:

"An die Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft aus dem Jahr 1995 zur Gewährleistung von
Guthabenkonten für „Jedermann " haben sich bisher nur einige Banken gehalten. Dass einige
Banken die Selbstverpflichtung bewusst missachten, ist umso ärgerlicher, als vor zwei Jahren


eine gesetzliche Regelung im Vertrauen auf die Selbstverpflichtung ausgeblieben ist.
Stichproben der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG, SBV), an der
auch der vzbv beteiligt war, haben im Sommer 2003 allein 2.000 Kündigungs- und
Verweigerungsfälle erfassen können. Hauptursache der Verweigerungen war ein negativer
SCHUFA-Eintrag. Kontopfändungen waren der Grund für die meisten Kündigungen. Der
vzbv hat die Bundesregierung und den Bundestag auf die Umstände hingewiesen und die
Einführung einer gesetzlichen Garantie zur Pflichtbasisdienstleistung eines Girokontos auf
Guthabenbasis gefordert (vzbv 2003/2004). "

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz
nachstehende

Anfrage:

1.  Wie werden seitens Ihres Ressorts die Ergebnisse dieser AK-Erhebung beurteilt?

2.              Welche Haltung nehmen Sie zur Forderung „Recht auf ein Girokonto" auf
Guthabenbasis ein?

3.              Werden Sie als Justizministerin eine diesbezügliche gesetzliche (zivilrechtliche)
Regelung beispielsweise im Konsumentenschutzgesetz vorschlagen bzw.
unterstützen?

Wenn nein, warum nicht?

4.            Werden Sie - nachdem dieses Problem alle EU-Mitgliedstaaten betrifft - eine
diesbezügliche Initiative auf europäischer Ebene starten?

Wenn nein, warum nicht?

5.              Woran ist bislang eine diesbezügliche gesetzliche Regelung in Europa gescheitert?
Welche Position hat Österreich bislang dazu auf europäischer Ebene eingenommen?

6.              In welchen EU-Mitgliedsstaaten existiert ein gesetzlicher Anspruch auf ein
Girokonto?

7.              In welchen EU-Mitgliedsstaaten gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung der
Kreditwirtschaft - ähnlich wie in Deutschland?