2695/J XXII. GP

Eingelangt am 01.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Zinggl, Lunacek, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

betreffend

Mangelnder Schutz österreichischer SchriftstellerInnen und DiplomatInnen im

Ausland

Uns liegt ein Protokoll von Frau Veronika Seyr vor. Am 12. Dezember wurde sie
diesem zufolge auf einer Bahnfahrt von Moskau nach St. Petersburg im Zug „Roter
Pfeil" schwer in Bedrängnis gebracht. Sie begleitete als amtierende Leiterin des
Kulturforums in Moskau den österreichischen Schriftsteller Robert Schindel zu einer
Lesung.

Den beiden wurden bei der Abfahrt von einer jungen Schaffnerin die Tickets
abgenommen, die sie nach Überprüfung während der Fahrt zurückerhalten hätten
sollen.

Später kam ein anderer Schaffner ins Abteil und verlangte nach den Fahrkarten.
Dass sie von der jungen Kollegin bereits einbehalten worden waren, ließ der Mann
nicht gelten und, die Tickets sogar in Händen haltend, beschuldigte er die beiden
Reisenden des Betrugs.

Herr Schindel wollte erst sein Geld hergeben, um die unangenehme Situation rasch
zum Ende zu bringen. Doch Frau Seyr hinderte ihn. Sie durchschaute das
offensichtlich kriminelle Geschehen und ließ sich auch nicht einschüchtern, als der
Schaffner drei bewaffnete Milizionäre holte. Sie verlangte vergeblich die Namen und
Dienstnummern aller Involvierten, umgekehrt wollte ein Milizionär ihren Pass sehen.
Frau Seyr zeigte ihn genauso wie den Diplomatenausweis und beide Dokumente
wurden ihr einfach abgenommen. Erst als die zwei österreichischen Reisenden
darauf verwiesen, dass sie zu allen Dokumenten auch Kopien hätten und die dann
kurz so präsentierten, dass sie nicht auch noch entwendet werden konnten, gaben
die offensichtlich in krimineller Absicht Agierenden auf, und alle Dokumente zurück.

Den Vorfall hat Frau Seyr in der Botschaft gemeldet und um eine entsprechende
diplomatische Vorgangsweise gebeten. Der österreichische Botschafter in Moskau
Herr Dr. Martin Vukovich sah aber keine Veranlassung zu handeln und die üblichen
Schritte einzuleiten. Ja, er meldete den Vorgang offenbar nicht einmal nach Wien ins
Außenamt. Damit hat er weiteren österreichischen Reisenden keinen guten Dienst
erwiesen. Wenn sich nicht einmal die diplomatische Vertretung oder im Dienste
Österreichs agierende Kulturschaffende auf einen bestmöglichen Schutz durch die
Behörden verlassen können, dann gilt das erst recht für österreichische TouristInnen
oder Geschäftsreisende.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.             Welcher diplomatische Schutz steht österreichischen StaatsbürgerInnen im
Ausland zu?

2.             Ist Ihnen der von Frau Seyr geschilderte Vorfall bekannt?

3.             Wann und an welche Stelle hat der Botschafter in Moskau diesen Vorfall
aktenkundig gemeldet?

4.      Wurden bei dem geschilderten Vorfall im „Roten Pfeil" die Wiener Verträge
und die Immunität des diplomatischen Personals verletzt?

5.             Hat Botschafter Vukovich eine entsprechende diplomatische Protestnote an
die russischen Behörden gerichtet?

6.             Gibt es eine völkerrechtliche Verpflichtung für die Vertretungen im Ausland in
solchen Fällen auf diplomatischer Ebene aktiv zu werden?