273/J XXII. GP
Eingelangt am: 26.03.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Jarolim
und GenossInnen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend die nunmehr durch eine wissenschaftliche Untersuchung festgestellte
Verschlechterung der Situation jugendlicher Häftlinge durch die Übersiedlung von der
Justizanstalt Erdberg in die Justizanstalt Josefstadt
In der seit rund einem Jahr geführten Debatte über die
von der Bundesregierung betriebene
Auflösung des Wiener Jugendgerichtshofes (JGH) wurde vom Justizministerium als
ein
Hauptargument beharrlich vorgebracht, dass die Auflösung im besonderen auch mit
der
baulich unzureichenden Hafträumen in der Justizanstalt Erdberg zusammenhänge.
Deshalb
wäre es notwendig gewesen, dass die jugendlichen Häftlinge von der
Justizanstalt Erdberg in
die Justizanstalt Josefstadt verlegt werden.
Der zuständige Sektionschef Dr. Michael Neider stellte in
diesem Zusammenhang in den
Salzburger Nachrichten vom 30. April 2002 fest: „Die Justizanstalt
Josefstadt, die künftig
auch für die jugendlichen Häftlinge zur Verfügung stehen soll, bedeutet das
Ende der elenden
Unterbringung der Jugendlichen."
Justizminister Dr. Dieter Böhmdorfer nahm auch nach
erfolgter Übersiedlung zu dieser Frage
Stellung und sah sich laut SN vom 20. März 2003 (siehe Beilage) durch
eine „anonyme
Umfrage unter den Jugendlichen" bestätigt, wobei er sich dabei
offenbar auf eine Befragung
durch ein Sicherheitsmagazin mit einem sehr kleinen Befragtenkreis
(sieben) bezog.
Im genannten Artikel vom 20. März 2003 wird nun darüber
berichtet, dass die Wiener
Strafrechtler Univ.Prof. Christian Grafl und Univ.Ass. Judith Stummer eine
Befragung der
ehemals in Erdberg und nun in der Josefstadt untergebrachten Häftlinge
durchgeführt hätten.
Das Ergebnis dieser nunmehr von hochqualifizierten Wissenschaftern
durchgeführten und mit
einer wesentlich höheren Zahl von Häftlingen (19) untermauerten Untersuchung
ist laut SN
folgendes:
,Die Häftlinge sehen eine durch die
Übersiedlung hervorgerufene Verschlechterung ihrer
Situation, besonders was Einschlusszeiten, Arbeits- und
Ausbildungsmöglichkeiten betrifft.
Der Befragung ist nicht zu entnehmen, dass die Übersiedlung
positiv beurteilt wird.......
Die Forderung der Autoren der nunmehrigen
Studie: Die Eigenständigkeit des
Jugendstrafvollzuges muss erhalten bleiben."
Nach Ansicht der unterzeichneten Abgeordneten hat die
Studie damit das Hauptargument für
die Zerschlagung des Jugendgerichtshofes eindrucksvoll widerlegt,
nämlich dass sich die
Situation für die jugendlichen Häftlinge durch die Übersiedlung
verbessern würde. Genau das
Gegenteil ist bei der von hochqualifizierten Wissenschaftern vorgenommenen
Untersuchung
herausgekommen.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den
Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Wie beurteilen Sie generell die Ergebnisse der genannten Studie?
2. Wie beurteilen
Sie die in der Einleitung zitierte Feststellung, dass die Verlegung der
Jugendlichen in die Josefstadt „das Ende der elenden Unterbringung der
Jugendlichen
bedeute", nachdem die Jugendlichen eben in dieser Verlegung offenbar eine
schwerwiegende Verschlechterung ihrer Situation sehen?
3. Wiegen für Sie
die Ergebnisse einer umfassenden Studie von hochqualifizierten
Strafrechtlern mit einer hohen Befragtenzahl (19) nicht schwerer als die von
einem
Sicherheitsmagazin mit einem sehr kleinen Befragungskreis (sieben)
vorgenommene
Befragung?
4. Hat Sie das
Ergebnis der Studie in Ihrer Einschätzung der Übersiedlung zu einem
Umdenken bewegen?
5. Wenn nein: Warum nicht?
6. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse der Untersuchung im Bezug auf
die„Gesamtzufriedenheit", welche für die
Jugendlichen in der Justizanstalt Erdberg in
wesentlich höherem Maß gegeben war, als in der Justizanstalt Josefstadt?
7. Wie beurteilen
Sie die Folgerung der Autoren der genannten Studie, (siehe SN Artikel)
wonach „die Eigenständigkeit des Jugendstrafvollzuges...erhalten bleiben
muss."
8. Sind Sie
bereit, nach dem sehr eindeutigen Ergebnis dieser Studie und der Widerlegung
Ihrer bisherigen Argumentation in einen neuen Dialog über den
Jugendstrafvollzug in
Österreich einzutreten?
9. Wenn nein: Warum nicht?
|
|