2794/J XXII. GP

Eingelangt am 29.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Caspar Einem

und Genossen

an Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel

im Zusammenhang mit den Schlussfolgerungen des Vorsitzes beim Europäischen Rat am

22. und 23. März 2005.

Bei der Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr jeden Jahres wird traditionell das Thema
der Beschäftigungspolitik in der Europäischen Union behandelt. Heuer kam überdies die
Notwendigkeit hinzu, auch das weitere Vorgehen der EU im Zusammenhang mit der
Lissabon-Strategie zu besprechen und die notwendigen Grundsatzbeschlüsse zu fassen.

Die Lage auf den Arbeitsmärkten der EU-Mitgliedstaaten ist alles andere als beruhigend. Die
Lissabon-Strategie kann ihr im Jahr 2000 beschlossenes ehrgeiziges Ziel nicht mehr
erreichen. Alle Kommentare zum Scheitern des Lissabon-Zieles weisen darauf
hin, dass die
Mitgliedstaaten kein entsprechendes Engagement bei der Umsetzung der gemeinsam
beschlossenen Maßnahmen gezeigt hätten. Es scheint vielmehr so zu sein, dass die Staats- und
Regierungschefs zwar zu gemeinsamen Beschlüssen kommen, danach jedoch wieder heim
kehren und dort ihre Politik so weiter betreiben wie zuvor und keine Veranlassung sehen, auf
Basis der gemeinsamen Beschlussfassung besondere und zusätzliche Akzente zu setzen, die
die Einlösung der gemeinsam beschlossenen Ziele erst erlaubten.

Zum Frühjahrsgipfel 2005 hat nun die Europäische Kommission eine Mitteilung
„Zusammenarbeit für Wachstum und Beschäftigung - Ein Neubeginn für die Strategie von
Lissabon" vorgelegt, die offenbar auch Grundlage der Beratungen und Beschlussfassungen
des Europäischen Rates gewesen ist. Nun liegen die Schlussfolgerungen des Vorsitzes zur
Tagung des Europäischen Rates vor und stellen in Punkt 4. fest, dass nun dringend gehandelt
werden müsse.

Aus diesem Grunde stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundeskanzler die
folgende


Anfrage

1.  Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Regierung, um „Forschung, Bildung und Innovation in all ihren Formen
voranzutreiben (vgl. Punkt 10. der Schlussfolgerungen)?

2.             In welcher Weise beabsichtigen Sie dafür zu sorgen, dass es in den nächsten Jahren zu
einem „echten Dialog zwischen den öffentlichen und privaten Akteuren der
Wissensgesellschaft" kommt (vgl. Punkt 10. der Schlussfolgerungen)?

3.             Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, damit das Ziel eines Investitionsniveaus
von 3% für den F & E-Bereich in Österreich in absehbarer Zeit erreicht wird (vgl.
Punkt 11. der Schlussfolgerungen)?

4.             Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, um folgende Ziele zu erreichen?
„Schaffung von Mechanismen zur Unterstützung von innovativen KMU,
einschließlich Jungunternehmen im Hochtechnologiebereich, Förderung gemeinsamer
Forschungsarbeiten von Unternehmen und Hochschulen, Verbesserung des Zugangs
zu Risikokapital, Neuausrichtung des öffentlichen Auftragswesens auf innovative
Güter und Dienstleistungen, Aufbau von Partnerschaften für die Innovation und
Schaffung von Innovationszentren auf regionaler und lokaler Ebene." (vgl. Punkt 13.
der Schlussfolgerungen)

5.             Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, um folgendem Ziel gerecht zu werden?
„Eine aktive Industriepolitik ist nach wie vor unverzichtbar und erfordert die Stärkung
der Wettbewerbsvorteile der industriellen Basis, wobei darauf zu achten ist, dass sich
die Maßnahmen auf nationaler, transnationaler und europäischer Ebene gegenseitig
ergänzen. Dieses Ziel wird unter anderem durch Technologie-Initiativen auf der
Grundlage öffentlich-privater Partnerschaften und durch die Organisation von
Technologieplattformen zur Festlegung langfristiger Forschungsagenden verfolgt."
(vgl. Punkt 16. der Schlussfolgerungen)

6.             Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, um zu einem effizienteren Energieeinsatz
als Faktor der Wettbewerbsfähigkeit und der nachhaltigen Entwicklung zu kommen?
(vgl. Punkt 19. der Schlussfolgerungen)


7.             Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, um ökologische Innovationen und
Umwelttechnologien, insbesondere in den Bereichen Energie und Verkehr mit
Nachdruck zu fordern, wobei besonderes Augenmerk auf die KMU und die Förderung
der Umwelttechnologien im öffentlichen Auftragswesen zu richten ist (vgl. Punkt 19.
der Schlussfolgerungen)?

8.             Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, um in Anbetracht der Bedeutung der
biologischen Vielfalt für bestimmte Wirtschaftszweige dem Verlust der biologischen
Vielfalt bis zum Jahr 2010 Einhalt zu gebieten, und zwar insbesondere durch
Einbeziehung dieser Belange in andere Politikbereiche (vgl. Punkt 19. der
Schlussfolgerungen)?

9.             Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, damit die im März 2002 in Barcelona
eingegangenen Verpflichtungen - auch in Bezug auf die Umsetzung der Richtlinien -
ingehalten werden (vgl. Punkt 21. der Schlussfolgerungen)?

10.      Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, um sicher zu stellen, dass auch der
zuständige Bundesminister im Sinne der im folgenden zitierten Schlussfolgerungen
aus der Sitzung des Europäischen Rates handelt? „Zur Förderung von Wachstum und
Beschäftigung und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit muss der Binnenmarkt für
Dienstleistungen in vollem Umfang funktionieren, wobei zugleich das europäische
Sozialmodell zu wahren ist. Angesichts der derzeitigen Debatte, die zeigt, dass die
vorliegende Fassung des Richtlinienvorschlags den Anforderungen nicht in vollem
Umfang gerecht wird, fordert der Europäische Rat, dass im Rahmen des
Rechtsetzungsprozesses alle Anstrengungen unternommen werden, damit ein breiter
Konsens herbeigeführt werden kann, der allen Zielen gerecht wird." (vgl. Punkt 22.
der Schlussfolgerungen)

11.      Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, um zusätzlich zu einer aktiven
Wettbewerbspolitik das allgemeine Niveau der staatlichen Beihilfen weiter zu senken,
wobei etwaigen Ausfallen der Märkte jedoch Rechnung zu tragen ist (vgl. Punkt 23.
der Schlussfolgerungen)?


12.     In welcher Weise wollen Sie sicherstellen, dass diese Tendenz mit einer Umlenkung
der Mittel zugunsten bestimmter horizontaler Ziele - wie z.B. Forschung und
Innovation sowie Erschließung von Humankapital - einhergeht (vgl. Punkt 23. der
Schlussfolgerungen)?

13.     Die kleinen und mittleren Unternehmen spielen eine Schlüsselrolle für Wachstum und
Beschäftigung und sind an der Entwicklung des Wirtschaftsgefüges beteiligt. Die
Mitgliedstaaten der EU sind im Sinne der Schlussfolgerungen daher gehalten, ihre
Politik in diesem Bereich fortzusetzen, und zwar durch eine Verringerung des
Verwaltungsaufwands, die Einrichtung zentraler Anlaufstellen sowie den Zugang zu
Krediten, Kleinstkrediten, anderen Finanzierungsarten und Unterstützungsdiensten.
Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von ihnen
geführten Bundesregierung dazu veranlassen (vgl. Punkt 25. der Schlussfolgerungen)?

14.     Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung zu veranlassen, um sicher zu stellen, dass österreichische
KMU den größtmöglichen Nutzen aus den Unterstützungsnetzen für KMU ziehen
können? Zu diesem Zweck muss gemeinsam mit den Sozialpartnern auf nationaler und
regionaler Ebene sowie nach Möglichkeit mit den Handelskammern rasch sondiert
werden, welche Rationalisierungs- und Kooperationsmaßnahmen erforderlich sind.
(vgl. Punkt 25. de Schlussfolgerungen)

15.     Dem gemeinsamen Markt muss in materieller Hinsicht ein Binnenmarkt zugrunde
liegen, der hinsichtlich Interoperabilität und Logistik keinen Einschränkungen
unterliegt. Die Einrichtung leistungsstarker Datenübermittlungsnetze in schlecht
angebundenen Regionen ist eine Vorbedingung für die Entwicklung einer
wissensbasierten Wirtschaft. Generell werden Infrastrukturinvestitionen das
Wachstum fördern und eine größere Konvergenz in wirtschaftlicher, sozialer und
ökologischer Hinsicht bewirken. Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie
im Rahmen der von ihnen geführten Bundesregierung zu veranlassen, um die
vorrangigen Vorhaben im Bereich der Verkehrs- und Energienetze durchzuführen, und
die nötigen Investitionsbemühungen fortzusetzen und Partnerschaften zwischen
öffentlichem und privatem Sektor zu veranlassen (vgl. Punkt 27. der
Schlussfolgerungen)?

16.     Die Ziele Vollbeschäftigung sowie bessere und produktivere Arbeit und der soziale
Zusammenhalt müssen ihren Niederschlag in klaren und messbaren Prioritäten finden:
Beschäftigung als realistische Möglichkeit für alle, Erhöhung der


Arbeitsmarktbeteiligung, Verbesserung der Anpassungsfähigkeit, Investitionen in
Humankapital, Modernisierung des Sozialschutzes, Förderung der Chancengleichheit -
insbesondere zwischen Männern und Frauen - und der sozialen Eingliederung. Welche
zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen geführten
Bundesregierung dazu veranlassen (vgl. Punkt 31. der Schlussfolgerungen)?

17.      Es ist unumgänglich, mehr Personen für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Für die
Verwirklichung dieses Ziels ist eine Reihe von Faktoren wichtig: aktive
Beschäftigungspolitik, finanzielle Attraktivität der Arbeit, Maßnahmen zur
Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben, einschließlich einer Verbesserung der
Kinderbetreuungseinrichtungen. Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie
im Rahmen der von Ihnen geführten Bundesregierung, insbesondere zur Verbesserung
der Kinderbetreuungseinrichtungen zu veranlassen (vgl. Punkt 32. der
Schlussfolgerungen)?

18.      Vorrangige Anliegen sind ferner Chancengleichheit, Strategien für ein aktives Altern,
Förderung der sozialen Eingliederung und Umwandlung nicht angemeldeter
Erwerbstätigkeit in reguläre Beschäftigung. Zudem müssen unter anderem mit Hilfe
der Förderung der lokalen Partnerschaften für Wachstum und Beschäftigung neue
Beschäftigungspotenziale in folgenden Bereichen erschlossen werden: personen- und
unternehmensbezogene Dienstleistungen, Solidarwirtschaft, Raumordnung und
Umweltschutz sowie neue Industrieberufe. Welche zusätzlichen Maßnahmen
beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen geführten Bundesregierung dazu
veranlassen (vgl. Punkt 32. der Schlussfolgerungen)?

19.      Neue Formen der Arbeitsorganisation und eine größere Vielfalt der Arbeitsverträge
mit besserer Kombination von Flexibilität und Sicherheit werden zur
Anpassungsfähigkeit von Arbeitnehmern und Unternehmen beitragen. Welche
zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen geführten
Bundesregierung dazu veranlassen (vgl. Punkt 33. der Schlussfolgerungen)?

20.      Der Schwerpunkt muss auch darauf gelegt werden, wirtschaftlichen Wandel besser
vorherzusehen und zu gestalten. Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie
im Rahmen der von Ihnen geführten Bundesregierung dazu veranlassen (vgl. Punkt
33. der Schlussfolgerungen)?

21.      Das Humankapital ist der wichtigste Aktivposten Europas. Welche zusätzlichen
Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen geführten Bundesregierung
zu veranlassen, um die Bemühungen um eine Anhebung des allgemeinen


Bildungsniveaus und um eine Verringerung der Zahl der Schulabbrecher zu
verstärken, indem insbesondere das Programm "Allgemeine und berufliche Bildung
2010" fortgesetzt wird (vgl. Punkt 34. der Schlussfolgerungen)?

22.  Das lebenslange Lernen stellt eine unerlässliche Bedingung für die Verwirklichung
der Lissabonner Ziele dar, wobei einer hohen Qualität auf allen Ebenen größte
Bedeutung zukommt. Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen
der von Ihnen geführten Bundesregierung zu veranlassen, um das lebenslange Lernen
zu einem Angebot für alle Menschen in Schulen, Unternehmen und Haushalten zu
machen (vgl. Punkt 34. der Schlussfolgerungen)?

23.  Besonders ist - gemäß Schlussfolgerungen zum Europäischen Rat - darauf zu achten,
dass geringer qualifizierte Arbeitnehmer sowie die Beschäftigten der kleinen und
mittleren Unternehmen lebenslang Zugang zum Lernangebot haben. Welche
zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen geführten
Bundesregierung dazu veranlassen (vgl. Punkt 34. der Schlussfolgerungen)?

24.  Zudem sind durch eine entsprechende Arbeitszeitgestaltung, durch Dienstleistungen
zur Unterstützung von Familien, durch Berufsberatung und durch neue Formen der
Kostenteilung bessere Bedingungen für den Zugang zum Lernangebot zu schaffen.
Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen
geführten Bundesregierung dazu veranlassen (vgl. Punkt 34. der Schlussfolgerungen)?

25.  Die Politik der sozialen Eingliederung muss von der Union und den Mitgliedstaaten
unter Beibehaltung des mehrdimensionalen Ansatzes fortgesetzt werden und sich auf
Zielgruppen wie in Armut lebende Kinder konzentrieren. Welche zusätzlichen
Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen der von Ihnen geführten Bundesregierung
dazu veranlassen (vgl. Punkt 36. der Schlussfolgerungen)?

26.      Die Rückkehr zu anhaltendem und nachhaltigem Wachstum ist an eine dynamischere
Bevölkerungsentwicklung, eine bessere soziale und berufliche Integration und eine
stärkere Nutzung des menschlichen Potenzials geknüpft, das die europäische Jugend
darstellt. Zu diesem Zweck hat der Europäische Rat den Europäischen Pakt für die
Jugend (siehe Anlage
I) als eines der Instrumente zur Verwirklichung der Lissabonner
Ziele angenommen. Welche zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigen Sie im Rahmen
der von Ihnen geführten Bundesregierung zu veranlassen, um diesen Pakt auch
umzusetzen (vgl. Punkt 37. der Schlussfolgerungen)?

27.      Wenn Sie in den genannten Bereichen keine zusätzlichen Initiativen in Österreich für
nötig halten sollten:


-    Halten Sie die österreichischen Standards bereits für vorbildlich?

Wovon soll dann eine zusätzliche Dynamik der Entwicklung ausgehen?
28. Halten Sie es für sinnvoll, derart viele Aufgabenstellungen zu beschließen, ohne klare
    
Indikatoren mit zu beschließen, die erlauben, die Zielerreichung zu messen?