2815/J XXII. GP

Eingelangt am 31.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Renate Csörgits, Lackner, Erika Scharer,

Beate Schasching und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend „gefährliche Schönheitschirurgie“

In der „Tiroler Tageszeitung“ vom 14.3. 2005 konnte man vom Fall des französischen Hals-,
Nasen- und Ohrenarztes Alain T. lesen, der in der Tagesklinik des Kurzentrums Bad Häring
eine Reihe von schönheitschirurgischen Operationen durchführte, ohne dazu eine entspre-
chende fachärztliche Ausbildung zu haben. Sein Wirken hatte laut TT-Redakteur Reinhard
Fellner dramatische Konsequenzen für einige seiner PatientInnen: „Seine Ex-Patienten kämp-
fen heute nicht nur mit bleibenden Verunstaltungen, sondern auch mit der Durchsetzung ihrer
Schadenersatzforderungen.“ Ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen
den französischen Staatsbürger musste eingestellt werden, weil der HNO-Arzt Österreich ver-
lassen hat.

Bedenklich erscheint auch die Vorgangsweise der Leitung des Kurzentrums. "Der eingetrage-
ne HNO-Arzt T. hatte uns Kursbesuchsbestätigungen vorgelegt und wurde uns als Fachmann
für Schönheitschirurgie empfohlen. Wir dachten, es handle sich um einen erfahrenen Arzt", so
Kur-Direktor Hans-Peter Mayr. Nach Bekanntwerden des ersten Beschwerdefalls wurde das
Vertragsverhältnis mit T. gekündigt.

Anscheinend genügen also ein paar Kursbesuchsbestätigungen, um im boomenden Sektor der
Schönheitschirurgie mitverdienen zu dürfen. In Österreich gibt es keine Ausbildung zum
Facharzt für Schönheitschirurgie. Ausübungsberechtigt sind laut Tiroler Ärztekammer nur
Mediziner mit einer Zusatzausbildung an den vom Ärztegesetz vorgeschriebenen Ausbil-
dungsstätten, wie Allgemeinmediziner oder plastische Chirurgen. Hals-, Nasen- Ohrenärzte
seien nicht zu Fettabsaugungen berechtigt.

Auf einer einschlägigen Internetseite finden sich demnach auch in erster Linie Fachärz-
te/innen für Plastische Chirurgie, für Chirurgie, für Plastische und Wiederherstellungschirur-
gie, für Augenheilkunde (und Optometrie), für Haut- und Geschlechtskrankheiten und für
Zahnmedizin.

Das Angebot umfasst u.a.: Gesicht-Hals-Lift, Stirnlift, Augenbrauenlift, Oberlidstraffung,
Unterlidstraffung, Nasenkorrektur, Profilkorrektur, Kinnkorrektur, Lippenkorrektur, Ohren-
korrektur, Brustverkleinerung, Brustvergrösserung, Narbenkorrektur, Fettabsaugung, Bauch-


straffung, Oberarmstraffung, Oberschenkelstraffung, Faltenbehandlung, Unterspritzung, La-
sertherapie, Chemical Peel, Dermabrasio, Eigenhaartransplantation, Gefässchirurgie, Zahner-
satz, Zahnbehandlungen, Venenchirurgie, Krampfadern, Besernreiser, Potenzstörung, Ge-
schlechtsumwandlung usw.

Heribert Hussl, stellvertretender Leiter der Abteilung für Plastische und Wiederherstellungs-
chirurgie an der Klinik Innsbruck, kritisiert in einem zweiten TT-Artikel, dass praktische Ärz-
te alles machen dürfen. "Der Unterschied zu uns plastischen Chirurgen ist, dass wir eine
sechsjährige Fachausbildung absolviert haben", sagt Hussl und rät den Patienten, sich von der
Qualifikation des Arztes, in dessen Hände sie sich begeben, zu überzeugen.

Aus diesem aktuellen Anlass und aus grundsätzlichen Erwägungen zur Patientensicherheit
stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

Anfrage

1.                         Ist Ihnen der Fall des vermeintlichen Schönheitschirurgen Alain T. bekannt und wenn
ja, wurden Sie auch von den Sanitätsbehörden des Landes Tirol informiert?

2.                         Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, damit Patienten/innen vor derartig
unfachgemäß arbeitenden Ärzten geschützt sind?

3.                         Welche (Fach)ärzte, Krankenanstalten und Gesundheitsberufe sind zur Zeit in Öster-
reich berechtigt, sogenannte schönheitschirurgische Operationen anzubieten?

4.                         Welche spezielle Ausbildung(en) nach dem Ärztegesetz und den geltenden Ausbil-
dungsverordnungen sind für schönheitschirurgische Eingriffe erforderlich?

5.                         Verfügen Sie über Erkenntnisse, ob und wie viele Ärzte derzeit in Österreich die Be-
zeichnung „Schönheitschirurg“ führen und wie viele Ärzte kosmetische Operationen
anbieten?

6.                         Wie viele praktizierende Fachärzte für plastische Chirurgie gibt es in Österreich und
welche Eingriffe dürfen sie im Bereich der „Schönheitschirurgie“ in welchem Umfang
durchführen?

7.                         Sind Ihnen Daten darüber bekannt, wie viele Verfahren bei den Schiedsstellen der Ärz-
tekammern und wie viele arzthaftungsrechtliche Klagen in den letzen 5 Jahren wegen
Behandlungsfehlern bei Schönheitsoperationen eingebracht wurden?


8.            Sind Ihnen Daten darüber bekannt, wie viele Verfahren bei Patientenanwälten oder
-anwaltschaften in den letzen 5 Jahren wegen Behandlungsfehlern bei Schönheitsopera-
tionen eingebracht wurden?

9.                          Welche medizinischen Eingriffe werden unter den Begriff „schönheitschirurgische Ope-
rationen“ im Detail subsummiert?

10.                   Wie viele und welche schönheitschirurgische Eingriffe wurden in Österreich pro Jahr
durchgeführt, aufgeschlüsselt nach Jahren und Arten für die Jahre 2000, 2001, 2002,
2003 und 2004 ?

11.                   Ist eine gesetzliche Regelung geplant, wonach Schönheitsoperationen künftig nur noch
Plastischen Chirurgen/innen mit vorangehender sechsjähriger Facharztausbildung
durchführen dürfen?

12.                   Wurde die Frage der Zuständigkeiten für die Zulassung und Überwachung des ordentli-
chen Betriebes von öffentlichen und privaten Krankenanstalten sowie von Schönheitsin-
stituten von Ihrem Ressort in den Verhandlungen des Österreich-Konvents angespro-
chen und wurden Vorschläge zu einer wirksameren Überwachung eingebracht?

13.                   Ist Ihnen bekannt, dass Ärzte zunehmend Schwierigkeiten haben, eine private Haft-
pflichtversicherung für den Versicherungsschutz für ihre ärztliche Tätigkeit zu finden?

14.                   Wie stehen Sie zu einer generellen verschuldensunabhängigen Haftpflichtversicherung
für ärztliche Tätigkeiten?

15.                   In welchen Bundesländern bestehen Entschädigungsfonds für Behandlungsfehler, wel-
che Arten von Entschädigungen werden davon erfasst und umfasst die Entschädigung
aus solchen Fonds auch die Tätigkeit von Belagsärzten?

16.                   Welche Initiativen der EU-Kommission oder Österreichs in Bezug auf einen verbesser-
ten Schutz bei Schönheitsoperationen werden derzeit verhandelt und wie ist die Position
der österreichischen Bundesregierung dazu?