2859/J XXII. GP
Eingelangt am 07.04.2005
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möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen
an die
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Prioritäten und
Positionen,
die Österreich in der Europäischen Union vertritt.
Der neue Schwerpunkt „Wirtschaft und
Entwicklung" im Bereich der österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit (EZA) beinhaltet möglicherweise den Ausgangspunkt zu
einer
neuen Akzentuierung oder sogar zu einer langfristigen Umgestaltung der Politik
der
ÖEZA. Die Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit (AGEZ) hat in
diesem Zusammenhang
einen umfangreichen Fragenkomplex erarbeitet, der dazu
dienen soll, die politischen Überlegungen transparent und für die
Öffentlichkeit
nachvollziehbar zu machen, die zu dieser
neuen Schwerpunktsetzung geführt haben.
Ebenso soll in Erfahrung gebracht werden, welche konkreten Ausgestaltungen des
Schwerpunktes seitens der Austrian Development Agency (ADA) vorgesehen
sind.
Diese für die Transparenz der ÖEZA wichtigen
Fragen der AGEZ vom Juni 2004 an das
Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten und die ADA sind bislang
unbeantwortet geblieben.
Die unterzeichneten
Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten folgende
Anfrage:
1.
Den so genannten Entwicklungsländern gehen allein durch
Handelshemmnisse
nach
Berechnungen der UNO jährlich 700 Milliarden Dollar verloren. Diese Mittel
stehen
auf Seite der Industrieländer als Einsparungen bei Importen und als
Wertschöpfung durch Veredelung
zur Verfügung. Ist die
österreichische
Bundesregierung
gewillt, diese Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) zur
Verfügung
stellen?
2.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
3.
Wenn nein, warum nicht?
4.
Ist die österreichische Bundesregierung gewillt, sich in
der EU im Interesse
kohärenter Politik dafür
einzusetzen,
dass die Handelshemmnisse für
Entwicklungsländer zügig abgebaut werden und
alle EU-Staaten die ihnen aus
Handelshemmnissen zufließenden Gelder
für EZA zur Verfügung zu stellen?
5.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
6.
Wenn nein, warum nicht?
7.
Es
gibt seit Jahren einen Nettogeidtransfer von den Entwicklungsländern an die
Industriestaaten aus
der Rückzahlung von Schulden
sowie Zins- und
Zinseszinszahlungen,
welche die Gelder für EZA erheblich überschreiten. Ist die
österreichische
Bundesregierung gewillt, allfällige aus dem Titel der
Schuldentilgung
und der Zinszahlungen von Entwicklungsländern zufließende
Gelder
in Zukunft zusätzlich für EZA zur Verfügung zu stellen?
8.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
9.
Wenn nein, warum nicht?
10.
Wie hoch sind dieser Beträge in den kommenden Jahren
anzusetzen?
11.
Ist die österreichische Bundesregierung gewillt, sich in
der EU im Interesse
kohärenter
Politik dafür einzusetzen, dass alle EU-Staaten die ihnen aus dem
Schuldendienst
der EL zufließenden Gelder in Zukunft zusätzlich für EZA zur
Verfügung
zu stellen?
12.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
13.
Wenn nein, warum nicht?
14.
Die Rüstungsausgaben der Industriestaaten betrugen 2003
circa 1.000 Milliarden
Dollar.
Schon 10% dieser Mittel würden den
Finanzbedarf decken, den die
Weltbank
für erforderlich hält, um die
Millenniumsziele zu erreichen. Ist
die
österreichische
Bundesregierung gewillt, sich in der EU im Interesse kohärenter
und nachhaltiger Politik
dafür
einzusetzen, dass alle EU-Staaten
ihre
Verteidigungsausgaben zugunsten
verstärkter EZA zumindest auf das Niveau
Österreichs
(exklusive
seiner
Ausgaben
für
Flugzeuge
zur
„Luftraumüberwachung") reduzieren?
15.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
16.
Wenn nein, warum nicht?
17.
Die Tobin Tax auf spekulative Devisentransaktionen würde
laut Berechnungen der
UNO
selbst bei einem moderaten Satz von 0,1% einen jährlichen Betrag von über
100
Milliarden Dollar erbringen. Damit könnten die erforderlichen Mittel zur
Erreichung
der Millenniumsziele aufgebracht werden. Gleichzeitig würden über
Währungsspekulationen
ausgelöste Zusammenbrüche von Volkswirtschaften (wie
in
den 90er-Jahren in Lateinamerika und Südostasien) verhindert, die Millionen von
Menschen
in Armut gestürzt haben. Ist die österreichische Bundesregierung bereit,
die
Tobin Tax unabhängig vom Gestaltungswillen anderer Staaten einzuführen und
die
dem Staat daraus zufließenden Mittel zusätzlich für EZA einzusetzen?
18.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
19.
Wenn nein, warum nicht?
20.
Mit welchem Mittelaufkommen ist zu rechnen, wenn in
Österreich die Tobin-Steuer
auf Devisentransaktionen mit einem Satz von 0,1% eingeführt wird?
21.
Ist
die
österreichische
Bundesregierung
gewillt, sich in der
EU und in
internationalen
Gremien im Interesse kohärenter Politik dafür einzusetzen, dass
alle EU-Staaten/die internationale Staatengemeinschaft die Tobin Tax
einführen/einführt
und die daraus zufließenden Mittel zusätzlich für
Entwicklungszusammenarbeit einsetzen?
22.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
23.
Wenn nein, warum nicht?
24.
Die
Bruttonationaleinkommen
(BNE)) der Industriestaaten sind seit
deren
erstmaligem
Versprechen, 0,7% des BNE für EZA auszugeben, massiv gestiegen;
ebenso die Privatvermögen der
BewohnerInnen
der
Industriestaaten. Die
Privatvermögen der österreichischen Bevölkerung betrugen 2003 laut
Nationalbank über 300 Milliarden Euro. Die Vermögens- und
Unternehmenssteuern wurden in den letzten
Jahren abgesenkt bzw. werden weiter
abgesenkt. Allein die Körperschaftssteuer
wird 2005 von einem Satz von 34% auf
25% reduziert, wodurch die Steuerleistung der Unternehmen
voraussichtlich um
eine Milliarde Euro reduziert wird. Warum wird nicht der Anteil der
Bevölkerung,
der überproportional vermögend
ist, sowie die steuerlich
außerordentlich
begünstigten
Privatstiftungen
herangezogen,
über
Steuerleistungen
einen
angemessen Beitrag zur Erreichung
der Millenniums- Entwicklungsziele zu leisten?
25.
Warum werden Unternehmen in einem derartigen Umfang
entlastet, wenn der
Staat gleichzeitig
seiner internationalen Verpflichtung im Rahmen der EZA nicht
nachkommen zu können behauptet?
26.
Warum sieht sich die Österreichische Bundesregierung
angesichts der angeführten
Fakten und des
Umstandes, dass Österreich 2003 zum viert reichsten Land der
EU aufgestiegen ist nicht in der Lage, die
1970 versprochenen 0,7% des BNE für
Entwicklungszusammenarbeit
unverzüglich aufzubringen?
27.
In welchem Jahr beabsichtigt die Bundesregierung die 0,7%
zu erreichen?
28.
Wann wird die Österreichische Bundesregierung einen
Stufenplan zur Erreichung
des
0,7-Zieles verabschieden?
29.
Wie
wird
dieser
Stufenplan
aussehen,
mit dem die Österreichische
Bundesregierung
zumindest Österreichs 1970 eingegangene Verpflichtung zu
EZA-Mitteln
in der Höhe von 0,7 % des BNE, einlösen wird?
30.
Die Finanzierung der EZA durch nichtstaatliche
AkteurInnen erfolgt bislang im
Wesentlichen
durch Spenden sammelnde Nichtregierungsorganisationen (NGOs).
Im
Rahmen des Schwerpunktes „Wirtschaft und Entwicklung" soll der Kreis der
nicht-staatlichen Finanzierenden offensichtlich erweitert werden. Welche
zusätzlichen
Akteure sollen diese primäre Aufgabe des Staates übernehmen?
31.
Ist daran gedacht, bestimmte Bereiche der
Privatwirtschaft zu überantworten?
32.
Wenn ja, an welche Sektoren der Privatwirtschaft ist
gedacht?
33.
In welchem Umfang wird mit einer zusätzlichen
Mittelaufbringung gerechnet?
34.
Wie hoch sind die Akquisitionskosten für diese Gelder?
35.
Ist vorgesehen, dass der Staat in diesem Zusammenhang
Haftungen übernimmt?
36.
Mit
welchen Argumenten soll die Privatwirtschaft veranlasst werden, sich an der
Finanzierung der Österreichischen EZA zu
beteiligen?
37.
Wie oben ausgeführt, gehen den Entwicklungsländern nach
Berechnungen der
UNO
allein durch Handelshemmnisse jährlich 700 Milliarden Dollar verloren. Die
Abschaffung dieser
Umverteilung von den Armen zu den Reichen (der
postkolonialen
Ausbeutung der Entwicklungsländer) ist eine sinnvolle (weil
Wertschöpfung
und Arbeitsplätze im Süden generierende) und einfach
umzusetzende
Politik. Hat die ÖEZA und haben damit im Sinne einer kohärenten
Entwicklungspolitik verbunden auch alle betroffenen Ministerien vor, in Zukunft
die
Priorität
ihrer Politik auf die Beseitigung der in den Entwicklungsländern
armutsfördernden
Handelshemmnisse zu legen?
38.
Welche Schritte zum Abbau von Handelshemmnissen sind
vorgesehen?
39.
Wenn keine Schritte vorgesehen sind, warum nicht?
40.
In welchen Sektoren
und Ländergruppen sehen Sie die Notwendigkeit von
Schutzmaßnahmen wie Schutzzöllen in Entwicklungsländern, um die
landwirtschaftliche Grundversorgung zu gewährleisten und aufstrebende
Wirtschaftszweige
vor übermächtiger Konkurrenz aus dem Norden zu schützen?
41.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
42.
Wenn Sie keine politischen Schritte setzen werden, warum
nicht?
43.
Welche
Maßnahmen zur Stärkung des lokalen und des Süd-Süd-Handels, unter
besonderer Berücksichtigung des Empowerment
von Frauen, sowie der Förderung
nachhaltiger regionaler Kreislaufwirtschaften sind vorgesehen?
44.
Wenn keine diesbezüglichen Maßnahmen vorgesehen sind,
warum nicht?
45.
Zur
Bekämpfung
der Armut bekennt sich sowohl die internationale
Staatengemeinschaft
in der Millenniumserklärung aus dem Jahre 2000 als auch
die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit in ihrem Dreijahresprogramm
2004-2006. Kann man davon ausgehen, dass sich die Ziele des neuen
Schwerpunktes „Wirtschaft und
Entwicklung" der ÖEZA primär dieser generellen
Zielsetzung unterordnet?
46.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
47.
Wenn nein, warum nicht?
48.
Frauen sind mit einem Anteil von zwei Drittel
überproportional hoch von Armut und
extremer Armut betroffen. In UN-Dokumenten wird immer wieder die zentrale Rolle
der
Einbeziehung von Frauen nicht nur als „Betroffene", sondern ebenso als
AkteurInnen bei der
Armutsbekämpfung
betont. Wie werden Frauen
im
Schwerpunkt „Wirtschaft und Entwicklung" als AkteurInnen in den
Entwicklungsprozess
einbezogen?
49.
In
den Millenniumsentwicklungszielen ist u.a. die Hebung des Lebensstandards
von mindestens 50% der absolut armen Bevölkerung über das Niveau absoluter
Armut als Zielsetzung der internationalen
Staatengemeinschaft festgelegt. Der EU-
Ministerrat hat den holländischen
Bericht über die Fortschritte bei der Umsetzung
des Ziels 8 (Entwicklung Globaler Partnerschaften) zum Vorbild für
Fortschrittsberichte für andere
EU-Staaten erklärt. Welche konkreten Schritte
werden Sie setzen, um diesem Ziel zum
Durchbruch zu verhelfen?
50.
Wird
Österreich dem holländischen Beispiel folgen und einen Fortschrittsbericht
zum Ziel 8 der Millenniumsentwicklungsziele „Entwicklung Globaler
Partnerschaften" erstellen?
51.
Wenn nein, warum nicht?
52.
Werden dazu genderrelevante Daten erhoben?
53.
Wenn nein, warum nicht?
54.
Der
Ansatz, die Wirtschaft als Instrument
der Entwicklung und der
Armutsbekämpfung einzusetzen, ist seit den 60er-Jahren des
vergangenen
Jahrhunderts Teil der Entwicklungszusammenarbeit. Die Pioniere des Fairen
Handels
(Weltläden und deren Importorganisationen) haben damals begonnen, mit
sozial
schwachen ProduzentInnengruppen und Kleinunternehmen
zusammenzuarbeiten,
deren wirtschaftliches KnowHow zu fördern und ihnen zu
fairen, existenzsichernden Preisen Zugang zu
den Märkten der Industriestaaten zu
verschaffen. Der Faire
Handel hat gleichzeitig soziale und
ökologische
Mindeststandards
etabliert, die den Grundsätzen
nachhaltigen Wirtschaftens
Rechnung tragen. Ist im Schwerpunkt
„Wirtschaft und Entwicklung" daran gedacht,
die Erfahrungen des Fairen Handels
aufzugreifen sowie die vom Fairen Handel
entwickelten Standards zu übernehmen
und in weitere Wirtschaftsbereiche zu
übertragen?
55.
Der
neue Schwerpunkt der ÖEZA
wurde als „Wirtschaft und Entwicklung"
bezeichnet.
Beinhaltet diese Reihung der Begriffe eine Wertung?
56.
Ist zumindest an eine Umbenennung in „Entwicklung und
Wirtschaft" gedacht, um
deutlich
zu machen, dass es sich dabei um ein entwicklungsorientiertes Programm
handeln
soll?
57.
Wenn nein, warum nicht?
58.
Die
ÖEZA hat selbst relativ
wenig Erfahrung mit der
Wirtschaft als
armutsreduzierender Akteurin der Entwicklungszusammenarbeit. Auf welchem
Erfahrungshintergrund
aufbauend kommt es zur neuen Schwerpunktsetzung?
59.
Welche Evaluierungen wurden bei der Entscheidung, den
neuen Schwerpunkt
„Wirtschaft
und Entwicklung" zu etablieren, herangezogen?
60.
Ist
die angebliche weltweite verstärkte Einbindung von Unternehmen als
armutsreduzierende
AkteurInnen in die Entwicklungszusammenarbeit mit Zahlen
dokumentiert?
61.
Wenn ja, bitte nennen Sie diese Zahlen!
62.
Was wird in diese Zahlen eingerechnet?
63.
Gibt es Evaluierungen, die Vor- und Nachteile dieser
Entwicklung beleuchten?
64.
Falls es keine gibt, beabsichtigen Sie eine Evaluierung
in Auftrag zu geben, bevor
die
Programme starten?
65.
Ist die Verteilungswirkung bekannt?
66.
Auf welche Erfahrungen stützen sich diese Zahlen?
67.
Welche Auswirkungen lassen sich im Human Development
Index messen?
68.
Traditionell wird die Wirtschaft in drei Sektoren
untergliedert, den Öffentlichen
Sektor, den Privaten bzw. Haushaltssektor und den For-Profit-Sektor. Neuere
Ansätze inkludieren
den Dritten Sektor und den Informellen Sektor. In all diesen
Sektoren wird nach jeweils adäquaten
Rationalitäten gewirtschaftet. Wer ist nach
Analysen der ADA im EZA-Sektor bisher
wirtschaftlich tätig gewesen und auf
welche zusätzlichen AkteurInnen soll durch den neuen Schwerpunkt
„Wirtschaft
und Entwicklung" ausgeweitet werden?
69.
Welche Wirtschaft
bzw. welche ökonomische Rationalität
ist im Programm
„Wirtschaft
und Entwicklung" mit dem Begriff „Wirtschaft" gemeint?
70.
Welche Rolle ist im Programm „Wirtschaft und
Entwicklung" den NGOs im Norden,
welche Rolle den NGOs im Süden zugedacht?
71.
Wie wird der Privatsektor definiert? Ist mit dem Begriff
Privatsektor der For Profit-
Sektor
gemeint oder der Haushaltssektor?
72.
Welche Gruppen des For Profit Sektors sind als
AkteurInnen vorgesehen: Berater,
KMUs,
Großunternehmen und/oder Multinationale Konzerne? Oder andere?
73.
Soll der Privatsektor in Österreich und/oder jener in den
Entwicklungsländern
einbezogen
werden?
74.
In welchem Ausmaß soll der Privatsektor in den
Entwicklungsländern einbezogen
werden?
75.
Welche
Vorgangsweise
ist vorgesehen, um den Privatsektor in den
Entwicklungsländern
adäquat einzubeziehen?
76.
Sind
im Rahmen des Schwerpunktes „Wirtschaft und
Entwicklung"
unter
Berücksichtigung
des Millenniumsentwicklungsziels Nr. 8 „Entwicklung globaler
Partnerschaften"
die wesentlichen Stakeholder der Länder des Südens (staatlicher
Sektor,
Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, RepräsentantInnen indigener
Gemeinschaften) als PartnerInnen
bzw. als AkteurInnen miteinbezogen?
In
welchem Ausmaß und in welcher Form?
77.
Wenn nein, warum nicht?
78.
Die
ÖEZA hat in ihrem
Dreijahresprogramm
klare
Schwerpunktsetzungen
bezüglich der
Sektoren, in denen die ADA tätig werden soll. Ist geplant, mit dem
neuen Schwerpunkt „Wirtschaft und Entwicklung" das vorliegende
Sektorprogramm zu unterstützen?
79.
Ist geplant, österreichische Unternehmen bei der
Errichtung von Niederlassungen
in
Entwicklungsländern zu unterstützen?
80.
Wenn ja, in welcher Form soll dies geschehen?
81.
Ist geplant, die Neugründung von Unternehmen zu
unterstützen, die in den
Entwicklungsländern
für den lokalen Markt produzieren?
82.
Wenn ja, in welcher Form soll dies geschehen?
83.
Ist geplant, die Neugründung von Unternehmen zu
unterstützen, die für den Export
produzieren?
84.
Wenn ja, in welcher Form soll dies geschehen?
85.
Ist geplant, lokale AkteurInnen in den
Entwicklungsländern bei der Neugründung
von
Unternehmen zu unterstützen?
86.
Wenn ja, in welcher Form soll dies geschehen?
87.
Wenn ja: mit welcher Schwerpunktsetzung? Produktion für
den lokalen Markt oder
für
den Export?
88.
Gibt es Untersuchungen, welche Branchen
im Sinne der Zielsetzung der
Armutsreduktion
besonders gefördert werden sollen?
89.
Wenn nein, auf welche Basis stützen sich dann die
diesbezüglichen Aktivitäten?
90.
Haben Sie als Bundesministerin die ADA bereits angewiesen,
entsprechende
Prioritäten
für den neuen Schwerpunkt festzulegen oder wird sie diese erst
festlegen?
91.
Wann ist diese Schwerpunktsetzung geplant zu
veröffentlichen?
92.
In Österreich ist die Privatwirtschaft in den letzten
Jahren in der Form von
Ausschreibungen in die
Entwicklungszusammenarbeit miteinbezogen worden.
Sollen die Ausschreibungen wie bisher
beibehalten werden?
93.
Ist „Wirtschaft und Entwicklung" eine Ausweitung
dieser Zusammenarbeit?
94.
Gibt es eine Evaluation der Erfahrungen, wie die
Privatwirtschaft Projekte der EZA
umsetzt,
insbesondere unter Berücksichtigung des sozialen und ökologischen
Umfeldes, der Einbeziehung von
AkteurInnen im Süden/Osten und unter
Berücksichtigung der Ziele der Armutsreduktion?
95.
Wenn nein, wollen sie solche Evaluierungen in Auftrag
geben? Oder was sonst soll
als Basis für entsprechende Aktivitäten dienen?
96.
Public-Privat-Partnership-Programme (PPP) wurden in
Deutschland im Rahmen
einer Studie von WEED 2003 evaluiert. Die Erfahrungen in Deutschland zeigen -
vorsichtig ausgedrückt -
keine überzeugenden Ergebnisse. PPP-Programme
mobilisieren nach den
vorliegenden Evaluierungen bei hohem Aufwand geringe
Mittel privater Unternehmen und zeigen
entwicklungspolitisch teilweise äußerst
fragwürdige Ergebnisse. Welche
PPP-Formen gibt es in Österreich bisher?
97.
Welche PPP-Formen sind für Österreich beabsichtigt?
98.
Soll PPP in Österreich nach dem deutschen Vorbild
stattfinden?
99.
Wenn nein, wie sonst sollen die PPPs gestaltet sein?
100.
In welcher Rolle werden Unternehmen an PPP-Programmen
teilnehmen - sind sie
FördernehmerInnen, AuftragnehmerInnen infolge von
Ausschreibungen oder
anders
definierte ProjektpartnerInnen?
101.
In Deutschland hat die GTZ im Rahmen von PPP-Projekten mit
Kraft Foods in
einem
Projekt zur Verbesserung der Kaffeequalität und mit Mars (Masterfood) ein
Projekt
zur Verbesserung des Kakao-Anbaus durchgeführt. Beide Konzerne
weigern sich
beharrlich, Produkte mit Fairtrade-Siegel zu vermarkten und haben
durch
Missachtung sozialer und ökologischer Standards einen wesentlichen
Beitrag zur
Verelendung von Menschen in Entwicklungsländern geleistet. Ist als
Eingangskriterium für Partnerschaften in PPP-Programmen vorgesehen, dass
Unternehmen sich über extern kontrollierte Code of Conducts verpflichten, in
allen
ihren
Aktivitäten in Entwicklungsländern soziale und ökologische Mindeststandards
einzuhalten?
102.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
103.
Wenn nein, warum nicht?
104.
Ist als Eingangskriterium für Partnerschaften in
PPP-Programmen vorgesehen,
dass
Unternehmen Lizenzverträge mit FairTrade-Siegelinitiativen abschließen,
wenn
sie siegelfähige Produkte herstellen oder vermarkten?
105.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
106.
Wenn nein, warum nicht?
107.
Die Konzeption des Programms „Wirtschaft und
Entwicklung" unterstellt eine
Zielkongruenz
zwischen EZA und Privatwirtschaft. Die Privatwirtschaft hat bei
Aktivitäten
in Entwicklungsländern - wie die Praxis zeigt - primär Interesse an
möglichst niedrigen sozialen und ökologischen Standards,
an niedrigen
Steuersätzen bzw. sogar Steuerbefreiung sowie
an freiem Kapital- und
Gewinntransfer.
Keiner dieser Punkte steht in Übereinstimmung mit den Zielen von
Entwicklungszusammenarbeit.
Wie definiert sich im Programm „Wirtschaft und
Entwicklung" die Zielkongruenz zwischen
Entwicklungszusammenarbeit
und
Privatwirtschaft?
108.
Wie werden Sie die ADA anweisen, mit jenen Bereichen
umgehen, in denen es
keine
Zielkongruenz gibt, sondern Zielsetzungen, die sich widersprechen?
109.
Wie
definiert
sich die Zielkongruenz zwischen Privatwirtschaft und
Armutsbekämpfung?
110.
Wo und wie werden
Interessenskonflikte zwischen Privatwirtschaft und EZA
ausgetragen/geregelt?
111.
Welche Konfliktregelungsmechanismen werden Sie dazu
schaffen?
112.
Wenn Sie keine schaffen wollen, warum nicht?
113.
Gibt es einen Katalog von Mindestanforderungen, die von
der Privatwirtschaft
jedenfalls
zu erfüllen sind? Wie lautet dieser?
114.
Gibt es transparente Schlichtungsmechanismen? Welche? Wer
setzt sie um?
115.
Gibt
es einen Katalog von
Sanktionen bei Regelverletzungen durch die
Privatwirtschaft?
Welchen? Wer setzt ihn um?
116.
Unterliegen privatwirtschaftliche Unternehmen in der
Zusammenarbeit mit der EZA
den Regeln der
Gesetzgeber/Fördergeber
oder gelten markwirtschaftliche
Spielregeln
(keine Einschränkungen)?
117.
Laut deutschen Erfahrungen ist der organisatorische und
institutionelle Aufwand
aus öffentlichen Mitteln
zur Aufbringung
privater
Finanzierungsbeteiligung -
Mobilisierungskosten - höher als bei
traditionellen EZA-Vorhaben. Damit geht ein
Teil der gewidmeten Finanzen
verloren. Welche Schlussfolgerungen zieht die
ÖEZA aus den
deutschen Erfahrungen mit PPP? Wie werden
sich diese
Schlussfolgerungen
in eventuellen Programmänderungen niederschlagen?
118.
Welcher Prozentsatz soll im Rahmen
österreichischer PPP-Programme dem
Vorhaben
bzw. den ProjektpartnerInnen selbst zugute kommen?
119.
Mit
welchen
Opportunitätskosten
wird für österreichische PPP-Programme
gerechnet?
120.
Privatwirtschaftliche Unternehmen berufen sich häufig auf
Geschäftsgeheimnisse
bzw.
darauf, dass interne Daten nicht konkurrierenden Unternehmen zugänglich
gemacht werden dürfen. Wer garantiert für die Transparenz dieser
Zusammenarbeit? Wie und mit welchen Methoden wollen Sie diese Transparenz
herstellen?
121.
Inwieweit sind privatwirtschaftliche Unternehmen
verpflichtet, relevante Daten aus
ihrer Zusammenarbeit
offen zu legen, die eine Bewertung der Projekte erlauben
und den Einsatz finanzieller Mittel
überprüfbar machen?
122.
Wird für ein Monitoring zur Einhaltung von
entwicklungspolitischen Zielen (soziale
und
ökologische Ziele, die Überprüfung von Gender-Aspekten etc.) gesorgt?
123.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dies zu realisieren?
124.
Wenn nein, warum nicht?
125.
Das MDG Nr. 8 sieht die Entwicklung globaler
Partnerschaften vor. Von welchem
Verständnis des MDG
8 „Entwicklung globaler Partnerschaften" geht das
Programm
„Wirtschaft und Entwicklung aus"?
126.
Welche
organisatorischen
Strukturen
gewährleisten
die Partizipation armer
NutzerInnen
bei der Erhebung von infrastrukturellen Bedürfnissen sowie in Bezug
auf Mitsprache und Kontrolle
der durch privatwirtschaftliche Investitionen
geschaffenen
Infrastruktur?
127.
Wie wird beim Schwerpunkt "Wirtschaft und
Entwicklung" sichergestellt, dass
"Ownership"
der Programme bei PartnerInnen im Süden liegt?
128.
Gehen
Sie als politisch Verantwortliche für die
ADA davon aus, dass
österreichische
Unternehmen damit einverstanden sein werden?
129.
Welche Maßnahmen wollen Sie gegebenenfalls setzen, um
dieses Einverständnis
zu
erzielen?
130.
Der Schwerpunkt der PPP-Aktivitäten soll in
Schwellenländern liegen. Gleichzeitig
ist
das vorrangige Ziel der MDGs die Hebung des Lebensstandards von
mindestens
50% der absolut armen Bevölkerung über das Niveau absoluter Armut.
Laut
BmaA (Website) ist die Hauptzielregion des Schwerpunkts „Wirtschaft und
Entwicklung"
Südosteuropa. Als weitere Ziele werden die Schwerpunktländer der
ÖEZA
sowie Länder des Maghreb, im Nahen Osten, in Südostasien und in
Lateinamerika genannt. Orientiert sich diese
Zusammenarbeit
am neuen
Dreijahresprogramm?
131.
Wenn nein, woran dann?
132.
Ist durch den neuen Schwerpunkt „Wirtschaft und
Entwicklung" eine Erweiterung
der
Schwerpunkt- und Kooperationsländer geplant?
133.
Ist eine Reduzierung der Schwerpunkt- und
Kooperationsländer geplant?
134.
Bedeutet der neue Schwerpunkt „Wirtschaft und Entwicklung"
eine geplante
Unterordnung
der Entwicklungspolitik unter die Investitionsanforderungen der
österreichischen
Privatwirtschaft?
135.
Können
PPP den gewünschten Beitrag zum
generellen Ziel der ÖEZA
„Armutsreduzierung" leisten, wenn der
Schwerpunkt auf der Tätigkeit
in
Schwellenländern
liegt?
136.
Laut
deutscher
Erfahrung
mit PPPs ist ein „Mehrwert" für die
entwicklungspolitischen
Ziele nicht nachweisbar. Welchen zusätzlichen Nutzen
haben
PPP-Projekte gegenüber herkömmlichen Projekten?
137.
Wer
profitiert von PPP-Projekten in welchem Ausmaß? Worauf stützen sich ihre
Erkenntnisse?
138.
Wie wird der entwicklungspolitische Nutzen definiert
(Effizienz, Nachhaltigkeit,
mehr
finanzielle Mittel)?
139.
Wie wird der privatwirtschaftliche Nutzen definiert
(Imagegewinn, Zugang zu neuen
Märkten)?
140.
Erwartet man für ein österreichisches PPP-Programm
positive Ergebnisse, die in
den
deutschen Programmen nicht nachweisbar waren?
141.
Aufgrund welcher Eigenheiten und Abweichungen von den deutschen PPP-
Programmen
erwarten Sie dies?
142.
Wenn an private Unternehmen nicht Aufträge vergeben
werden, sondern ihnen
Förderungen zufließen, führt dies
zu
Wettbewerbsverzerrungen
auf den
heimischen
Märkten ebenso wie im jeweiligen Entwicklungsland. Wie geht die
ÖEZA
mit dieser Tatsache um?
143.
„Entwicklung" durch Anwerbung ausländischer
Investoren, die mit mehr Kapital
und
Technologien eine höhere Produktivität erbringen, hat häufig die Verdrängung
lokaler
KleinunternehmerInnen (bzw. je nach Branche von Subsistenzbäuerlnnen,
FischerInnen, KleinhändlerInnen und ProduzentInnen im formellen und informellen
Sektor)
zur Folge. Wird diese Problematik im
Schwerpunkt „Wirtschaft und
Entwicklung"
berücksichtigt und zielt der Schwerpunkt dementsprechend auf die
Förderung lokaler Klein- und Mittelbetriebe
durch Technologie-Transfer und
Capacity-Building zur Erhöhung ihrer Produktivität als Mittel zu Wachstum und
Entwicklung?
144.
Wenn ja, welche politische Schritte werden Sie setzen, um
dieser Problematik
Rechnung
zu tragen?
145.
Wenn sie diesem Problem nicht Rechnung tragen wollen,
warum nicht?
146.
Private Unternehmen können traditionell von der
öffentlichen Hand bereitgestellte
Infrastruktur
nur dann errichten bzw. betreuen und Dienstleistungen nur dann
anbieten,
wenn sie sich daraus Gewinne erwarten lassen können. Wie hoch ist die
Gefahr, dass diese Entwicklung zu einer
Vergemeinschaftung der Kosten bei
gleichzeitiger
Privatisierung der Gewinne führt?
147.
Wie wird vorgesorgt, dass eine derartige Umverteilung von
öffentlichen Geldern für
Entwicklung zu den privaten Gewinnen der Unternehmen vermieden wird?
148.
Wenn Sie keine politischen Maßnahmen ergreifen wollen, um
dies zu verhindern,
warum
nicht?
149.
Wie wird vermieden, dass lokale private und/oder
kommunale Unternehmen in den
Entwicklungsländern
von Transnationalen Unternehmen der Industrieländer aus
dem Markt gedrängt werden?
150.
Welche politische Schritte werden Sie setzen, um dies zu
vermeiden?
151.
Wenn Sie dies nicht politisch vermeiden wollen, warum
nicht?
152.
Private Unternehmen können die normalerweise von der
öffentlichen Hand
bereitgestellte
Infrastruktur bzw. Dienstleistungen nur dann profitabel anbieten,
wenn sie diese
auf die zahlungskräftige Oberschicht beschränken oder
entsprechend subventioniert werden. Wo
liegt der Zusatznutzen aus
der
Kooperation mit privaten österreichischen Unternehmen für arme
Bevölkerungsschichten
unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten?
153.
Wie
kann
sichergestellt werden, dass von
privaten,
gewinnorientierten
Unternehmen
errichtete Infrastruktur bzw. angebotene Dienstleistungen für jene 2
Milliarden
Menschen leistbar sind, die von weniger als 2 Euro pro Tag leben
müssen?
154.
Welche politische Schritte werden Sie setzen, um dies zu
realisieren?
155.
Wenn Sie keine diesbezüglichen Schritte setzen wollen,
warum nicht?
156.
Entspricht
die Bereitstellung der für das Gemeinwohl erforderlichen Infrastruktur
und Dienstleistungen durch Multinationale
Unternehmen der im
Millenniumsentwicklungsziel 8
postulierten globalen Partnerschaft?
157.
Angepasste Technologien sind von großer
Bedeutung für die Hebung des
Lebensstandards
der Menschen, die in absoluter Armut leben müssen. Es bedarf
in schwierigen
wirtschaftlichen und sozialen Situationen besonderer Sensibilität
bezüglich angepasster Technologien. In
vielen Fällen ist weder Hochtechnologie
noch der
Versuch einer Einbindung in
den Weltmarkt förderlich. Welche
Technologien
(Infrastruktur, Landwirtschaft,
Gesundheits- und
Nahrungsversorgung) sollen ganz
besonders gefördert werden?
158.
Gibt
es österreichische Unternehmen, die gerade in diesen Nischen (alternative
Landwirtschaft, Solarenergie, Krankenhaussanierung, Komplementärmedizin...)
tätig sind?
159.
In wessen Interesse sollen welche Technologien eingesetzt
werden?
160.
Wie werden externe Effekte (Verschiebung privat
verursachter Kosten an die
Allgemeinheit),
Informationsmangel und Ausschluss armer Bevölkerungsschichten
vermieden?