3148/J XXII. GP
Eingelangt am 09.06.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Grünewald, Zinggl, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur
betreffend Aktivitäten des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseums im „Narrenturm“ und nach wie vor nicht erfolgte bauliche Sanierungsmaßnahmen.
Im Restitutionsbericht 2001, den alle Abgeordneten erhalten haben, ist vermerkt, dass der Endbericht der Provenienzforschung dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zugestellt wird. Es ist weder bekannt, ob dies geschah, noch ist etwas von den Inhalten an die Öffentlichkeit gedrungen.
Aus den bisher erschienenen Kulturberichten geht hervor, dass das Pathologisch-Anatomische Bundesmuseum im „Narrenturm“ nach wie vor sowohl finanziell als auch personell krass unterdotiert ist. Das Museum ist derzeit – und zwar seit Jahren unverändert – mit nur 4 Dienstposten besetzt. Es wurden seit Jahren lediglich freie Dienstposten nachbesetzt, obwohl die Anforderungen permanent gestiegen sind. Es wurden nicht nur die wissenschaftlichen Außenkontakte zu ForscherInnen und Lehrenden vermehrt und intensiviert, sondern auch der Lehrbetrieb im Museum erweitert. Gleichzeitig haben die BesucherInnenzahlen ein anhaltend hohes Niveau, das auf ein verstärktes Interesse an diesem Museum zurückzuführen ist.
Auf Grund des Personalmangels konnten die Öffnungszeiten von ca. 8 Stunden wöchentlich noch immer nicht erweitert werden, obwohl der Druck der interessierten Öffentlichkeit deutlich zunimmt, was durch die große Besucherdichte zu den Öffnungsstunden dokumentiert werden kann. Selbst diese kurzen Öffnungszeiten können mit den vorhandenen Personalressourcen kaum bewältigt werden.
Die derzeitige Schausammlung bedarf dringend einer Aktualisierung, die aus den angeführten Ressourcenmängeln nicht mit der wünschenswerten Intensität erfolgen kann.
Angesichts der anhaltenden misslichen Zustände hat man den Eindruck, dass dieses Bundesmuseum nicht nur keine besondere Wertschätzung erfährt, sondern offenkundig finanziell und personell ausgehungert werden soll. Bedenkt man das große Potential des Museums, ist dies völlig unverständlich.
Bedenkt man weiters, wie Ausstellungen, denen ausreichend Geldmittel und Personal zur Verfügung stehen, mit medizinischen Themen reüssieren, schmerzt es besonders, dass die in dieser international einzigartigen Sammlung vereinten Schätze Österreichs nur mit derartig rigorosen zeitlichen Einschränkungen nutzbar sind.
Das große touristische Potential dieser Sammlung, insbesondere des Fachpublikums, das Wien als Konferenzort gewählt hat, ist nach wie vor weitgehend ungenutzt, was häufig größtes Erstaunen bei ausländischen Gästen hervorruft.
Die seit langem erforderlichen Restaurierungsmaßnahmen für den Narrenturm sind noch immer nicht in Angriff genommen worden. Das bedeutet, dass das Gebäude zusehends weiter Schaden nimmt. Die bisherigen baulichen Maßnahmen sind lediglich Notmaßnahmen für die Erhaltung der unabdingbaren Sicherheitserfordernisse. Dadurch wird aber lediglich einem Zustand vorgebeugt, der unweigerlich zur Sperre des gesamten Gebäudes führen muss.
Vor etwa 5 Jahren wurde seitens des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Sanierungswunsch geäußert und schriftlich festgelegt. Es wurde dafür ein für die Minimalvariante der Sanierung gerade ausreichendes Budget von 4,2 Mio. Euro zugesichert. Außerdem wurde das Einvernehmen mit der Universität Wien gefunden und die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) zur Finanzierung des Projekts und der Übernahme des Projektmanagements beauftragt.
Über weitere Aktivitäten ist jedoch nichts bekannt geworden, obwohl die einmalige Bedeutung des Denkmals „Narrenturm“ ebenso häufig wie dessen trister Zustand in den Medien thematisiert wird.
Die Tatenlosigkeit, die beim Anlassfall der Bewahrung des Narrenturms seitens des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur an den Tag gelegt wird, ist nicht leicht erklärbar. Bedenkt man, dass es mehrere Beispiele dafür gibt, dass historisch wertvolle, denkmalgeschützte Bausubstanz nicht adäquat in Stand gehalten wird, entsteht die Sorge, dass die Erhaltung historisch wertvoller Gebäude dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur grundsätzlich kein Anliegen ist, und dass ganz allgemein die Potentiale der historischen Bausubstanz nicht erkannt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1) Ist das Ergebnis der Provenienzforschung, wie im Restitutionsbericht 2001 angekündigt, dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zugestellt worden?
a) Wenn ja: Was ist das Ergebnis dieser Forschung?
b) Wenn ja: Warum ist diese Provenienzforschung noch nicht publiziert?
c) Warum darf die Direktorin des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseums dazu keine Auskünfte erteilen?
2) Existieren Präparate von Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen, Exekutierten oder anderen Opfern des Nationalsozialismus im Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseum?
a) Wenn ja: Wie werden diese künftig behandelt?
3) Warum halten die dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zumindest seit der vorletzten parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde vom 16.5.1997 bekannten und seit der letzten parlamentarischen Anfrage der gleichen Abgeordneten vom 7.7.2000 neuerlich aufgezeigten und kritisierten baulichen Missstände nach wie vor an?
4) Was wurde unternommen, um die im Jahr 2000 schriftlich in Aussicht gestellten Geldmittel tatsächlich flüssig zu machen?
5) Gab es eine Reaktion seitens der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) auf das schriftliche Ersuchen des Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur einen Finanzierungsvorschlag zu erstellen und das Projektmanagement zu übernehmen?
a) Wenn ja: Wie lautet diese?
b) Wenn nein: Warum hat die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) nicht reagiert?
c) Wenn nein: Was wurde in der Sache einer baulichen Restaurierung seitens des Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur unternommen?
d) Wenn nein: Wurde eine Alternative zur Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gesucht?
6) Wurde geprüft, ob es möglich und sinnvoll ist, die baulichen Sanierungsmaßnahmen in einer im Bundesbereich üblichen Art über eine jährliche budgetäre Dotierung des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseums oder der zuständige Abteilung des Eigentümers, der Universität Wien, zu bewerkstelligen?
a) Wenn ja: Was ergab die Prüfung?
7) Was wurde seit der in Punkt 3) zitierten letzten parlamentarischen Anfrage vom 7.7.2000 seitens des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur außer dem erwähnten Brief an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) überhaupt zur Beseitigung der aufgezeigten baulichen Missstände unternommen?
8) Was beabsichtigt das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in besagter Causa in der näheren Zukunft zu tun?
9) Warum wurde trotz der Darstellungen des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseum über äußerst dringende bauliche Sanierungsmaßnahmen und der konkreten Anträge über Einzelmaßnahmen bisher nichts bewilligt?
a) Wann ist vorgesehen diese Anträge zu bewilligen?
10) Wann ist der vorgesehene Baubeginn für die in einer eingehenden Studie zum Narrenturm dargestellten Sanierungsarbeiten?
11) Besteht die grundsätzliche Absicht, die im Eigentum des Bundes stehende, denkmalgeschützte, wertvolle Bausubstanz, soweit sich diese im Verwaltungsbereich des Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur befindet, weiter zu pflegen und besteht der Wille die dafür benötigten Geldmittel auch zur Verfügung zu stellen?
12) Warum wurde das Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseum keine wissenschaftliche Anstalt?
13) Warum hat das Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseum nach wie vor keine Museumsordnung, obwohl ein Vorschlag des Museums bereits am 30.1.2004 beantragt worden ist?
14) Stimmt es, dass die Direktorin des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseum in der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Verfügungsentzug über vorhandene Budgetmittel behindert wird?
a) Wenn ja: Warum?
15) Halten Sie es für ausreichend, dass dieses Bundesmuseum trotz des deutlich gestiegenen Besucherinteresses nach wie vor nur ca. acht (!) Stunden wöchentlich allgemein zugänglich ist?
a) Wenn nein: Was werden Sie dagegen unternehmen?
16) Gibt es Pläne das Potential des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseums touristisch für allgemeines und für fachlich versiertes Publikum besser zu nutzen?
a) Wenn ja: Welche Informationen gibt es zu diesen Vorhaben?