32/J XXII.GP

Eingelangt am: 23.01.2003

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

betreffend " Feuerwerkskörper und Gesundheitsschäden"

Die Gefahren von Feuerwerkskörpern werden generell unterschätzt. Oft sind
irreparable Gehörschäden Folgen eines allzu fahrlässigen Umgangs mit Knall- und
Feuerwerkskörpern. 1000 Österreicher tragen alljährlich schwere Hörschäden von
Silvester-Knallern davon. Ein Teil davon bleibt dauerhaft schwerhörig.

Der Lärmpegel von Feuerwerkskörpern erreicht bis zu 170 Dezibel, das ist die
mehrfache Lautstärke eines Düsenjets. Dauerhafte Ohrgeräusche wie zum Beispiel
Tinnitus können als schmerzhafte Erinnerung zurückbleiben.

Bestimmungen des Pyrotechnikgesetzes werden oft - in mehrfacher Hinsicht - nicht
eingehalten. Die Folgen sind oft fatal.

Behördliche Kontrollen finden in Österreich - wenn überhabt - nur kurz vor Silvester
statt. Allerdings sind diese Kontrollen österreichweit zwischen Gewerbebehörden und
Sicherheitsbehörden auch kaum koordiniert. Überhaupt keine Kontrollen gibt es bei
Importen aus Drittländern (z.B. China, Taiwan). Notwendig wären aber regelmäßige
(durchgehende) und präventiv wirkende Kontrollen (Import, Hersteller sowie Handel/
Lager), sowie eine harmonisierte europäische Regelung.

Unsachgemäßes Hantieren, Abfeuern unter Alkohol, verantwortungslose Weitergabe
von Feuerwerkskörper an Kinder, fehlerhafte Feuerwerksköper, Witterungseinflüsse,
selbstproduzierte Knallkörper, illegale Böller sowie Rowdytum mit Feuerwerkskörper
führen jährlich zu zahlreichen Unfällen mit Personenschäden sowie Sachschäden.
Gerade “Schweizerkracher" können zu schwersten - irreparablen - Verletzungen
führen. Sie sind definitiv nicht harmlos.

Die damit verbundenen rechtlichen Probleme werden zudem nicht beachtet (z.B.
Strafanzeige wegen Sachbeschädigung und/oder Körperverletzung; Zivilverfahren
mit Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüchen).

Die Behandlungen erfolgen in Krankenanstalten sowie bei niedergelassenen Ärzten
(z.B. Ärztlicher Notdienst). Daneben gibt es noch eine relativ hohe Grauzone von
Personen, die sich nach Verletzungen selbst behandeln.

Die Unfälle und Verletzungen mit bzw. durch Feuerwerkskörper werden in Österreich
in Summe sowie hinsichtlich der Schwere seit Jahren unterschätzt.
In den Medien war seit Jahren immer wieder von 100 - 200 Verletzten zu Silvester
die Rede. Eine Zahl die allerdings nicht stimmen kann. Eine Erhebung der AK
Konsumentenberatung in Salzburg ergab ca. 125 Verletzte zu Silvester 2000/2001
und 90-100 Verletzte 2001/2002 dies allein im Bundesland Salzburg. Es handelte
sich dabei um Verletzte, die entweder in Krankenanstalten (ambulant oder stationär)
oder durch den ärztlichen Notdienst behandelt werden mussten.


Zu ähnlichen Ergebnissen kam die Konsumentenschutzsektion des
Justizministeriums nach einer indikativen Erhebung zu Silvester 2001/2002 (AKH
Wien und LKH Graz). Obwohl die Erhebungen natürlich - allein aufgrund der
Beschränkung auf nur zwei Krankenhäuser - nicht repräsentativ sein können, so
zeigte die Auswertung der Fragebögen jedenfalls, dass hier ein massives
Unfallgeschehen vorliegt. Die Unfälle betreffen übrigens meist die Person , die den
Feuerwerkskörper selbst zündet, aber in gut einem Drittel der Fälle wurden auch
Außenstehende verletzt.

Erstmals vor Silvester 2002/2003 gab es durch UnivProf. Dr. med Klaus Albegger
realistischere Zahlen: 1000 Österreicher tragen alljährlich schwere Hörschäden von
Silvester-Knallern davon. Ein Teil davon bleibt dauerhaft schwerhörig. “Die
gesundheitlichen Folgen des lautstarken Jahresausklangs werden unterschätzt.
Hals-Nasen-Ohren-Ambulanzen von Krankenhäusern und HNO-Praxen haben in den
ersten Tagen des neuen Jahres Hochsaison und sind meist voll von Betroffenen der
Silvester-Knallerei", erklärt dazu Klaus Alberger, HNO-Landesklinik Salzburg (SN
30.12.2002).

Zu Silvester 2002/2003 gab es It. Presseberichten weltweit wiederum zahlreiche
Unfälle mit duzenden Toten. So verloren bei ausgelassenen Feiern in Teilen Italiens
zwei Menschen ihr Leben, duzende wurden durch Feuerwerkskörper oder
Gewehrschüsse verletzt. Bei einem schweren Unglück mit Feuerwerkskörpern in der
mexikanischen Hafenstadt Vera Cruz sind mindestens 35 Menschen ums Leben
gekommen, rund 70 verletzt worden.

Es gab auch in Österreich nach Presseberichten wiederum zahlreiche Verletzungen
und Sachschäden durch Feuerwerkskörper. So wurden durch Feuerwerkskörper zum
Teil schwer verletzt drei Personen in Bad Häring, in Zellberg und in Neustift im
Stubaital. Sie erlitten Verbrennungen im Gesicht bzw. an den Händen.
In Saalbach-Hinterglemm wurde ein 30jähriger Tourist aus Australien durch eine
fehlgeleitete Rakete verletzt. Das Hauptproblem waren “verirrte" Raketen. So geriet
in Höchst in Vorarlberg ein Mehrparteienhaus in Flammen, 12 Familien wurden
obdachlos. In Oberösterreich schlugen zwei Raketen in ein Seniorenheim ein, in
Graz schoss ein Betrunkener sein eigenes Haus in Vollbrand. In Wien gerieten
mehrere Wohnungen eines großen Gemeindebaus, ein Parkdeck und der Rohbau
eines Hochhauses ebenfalls vermutlich durch Raketen in Brand. Darüberhinaus gab
es noch duzende kleinerer Brände an Hecken, Häusern und Fahrzeugen. In
Niederösterreich (Stranzendorf) wurde eine Scheune eingeäschert.
In Wien musste zu Silvester in der Nacht die Feuerwehr weit über 100 Mal
ausrücken. Kontrollen der Sicherheitsbehörden fanden statt, die Bilanz: rund 8.000
pyrotechnische Gegenstände wurden sichergestellt, rund 156 Anzeigen nach dem
Pyrotechnikgesetz erstattet. Im Bereich der Innenstadt mussten vier Anzeigen wegen
Körperverletzung, drei wegen Sachbeschädigung und 20 weitere Anzeigen erstattet
werden.

Konsumentenschützer und Ärzte - insbesondere aus dem Hals- Nasen- und
Ohrenbereich - fordern nun seit Jahren eine Änderung des
Pyrotechnikgesetzes sowie effektive Kontrollen.


Durch Knallkörper und Raketen erleiden jährlich zahlreiche Menschen vielfach
bleibende Gehörschäden (oft verbunden mit belästigenden Ohrgeräuschen, so
genannten Tinnitus). Dafür verantwortlich sind in erster Linie die sogenannten
“Schweizerkracher" bzw. ähnliche Knallkörper, die nach dem Pyrotechnikgesetz in
die Klasse
II eingestuft sind. Obwohl der Verkauf dieser Schweizerkracher an
Jugendliche unter 18 Jahren verboten ist, wird dieses Verbot meist umgangen.
Darüberhinaus geben Eltern bzw. Erziehungsberechtigte in unverantwortlicherweise
derartige Knallkörper an Jugendliche unter 18 weiter. Die Folge sind oft schwere
Verletzungen, bleibende Gesundheitsschäden sowie auch Sachschäden.

Im Gegensatz zu Österreich gibt es in Deutschland seit Jahren eine öffentliche -
medizinische - Diskussion über die gesundheitlichen Risiken von
Feuerwerkskörpern. So erlitten mindestens 3000 Menschen in der Silvesternacht
zum Jahrtausendwechsel einen Gehörschaden. Das ist das Ergebnis einer
repräsentativen Erhebung, in der bundesweit Ärzte und Kliniken beteiligt waren. In
der Umfragen wurden alle Patienten registriert, die seit der Silvesternacht unter einer
Hörminderung leiden. Bei 90 % der bisher registrierten, so Professor Zenner, sind die
Sinneszellen im Innenohr verletzt. Dies geschieht meist auf beiden Seiten und ist
unheilbar. In einigen anderen Fällen ist das Trommelfell zerrissen und die
Gehörknöchelchenkette geschädigt. Innenohrschwerhörigkeit ist zwar nicht heilbar,
kann aber mit modernen Hörsystemen ausgeglichen werden (DSH 4/ 2000).

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für soziale
Sicherheit und Generationen nachstehende

Anfrage:

1. Wie schätzen grundsätzlich das gesundheitliche Risiko von Feuerwerkskörpern
ein?

2. Teilen Sie die Auffassung (s.o.) in dieser Frage von Primär Dr. Albegger?

3. Welche konkreten Verletzungen durch Feuerwerkskörper sind Ihnen in den
Jahren 2000, 2001 und 2002 bekannt geworden?

4. Wie viele Unfälle mit Personenschäden durch Feuerwerkskörper (z.B. Böller,
Raketen etc.) und darauf folgender medizinischer Behandlung sind Ihnen 2000,
2001 und 2002 bekannt geworden?

5. Wie hoch schätzen Sie die Gesamtzahl der Verletzten (sofern keine konkreten
Zahlen vorliegen)?

6. Sind Ihnen Verletzungszahlen aus anderen EU-Mitgliedstaaten bekannt? Wenn
ja, welche?

7. Ab welchem Lärmpegel kann ein abgefeuerter Feuerwerkskörper gefährlich sein?


8. Treten Sie im Sinne des Vorsorgeprinzips auch in Österreich für eine

Einschränkung oder Verbot des Verkauf von Feuerwerkskörpern der Klasse II an
private Konsumenten ein (wie dies z.B. in der Schweiz und - im eingeschränkten
Maß - auch in Deutschland der Fall ist)?
Wenn nein, weshalb nicht?

9. Werden Sie eine systematische Unfallursachenforschung bei Unfällen mit
Feuerwerkskörpern, Böller etc. veranlassen?
Wenn ja, wann und in welcher Weise?
Wenn nein, weshalb nicht?

10. Werden Sie die Bevölkerung über Risken von Feuerwerkskörpern aufklären?
Wenn ja, in welcher Form?