3319/J XXII. GP

Eingelangt am 08.07.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

 

der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Aarhus-Konvention 3. Säule - Rechtsdurchsetzung durch NGO und widerrechtliche Baumaßnahmen S 1

 

 

Art 9 Abs 3 der Aarhus-Konvention harrt noch immer einer Umsetzung durch die EU und Österreich: „Mitglieder der Öffentlichkeit“ müssen Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anfechten zu können, soweit sie gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstoßen. Dies bedeutet, dass die Öffentlichkeit nicht nur bei der behördlichen Zulassung von umweltrelevanten Projekten einzubinden ist, sondern dass sie auch gegen konsenslose Bauten (Schwarzbauten) bzw die Behörde, die dem untätig zusieht, rechtlich vorgehen können muss.

 

Die europäische Kommission hat im Oktober 2003 einen ambitionierten Vorschlag für eine entsprechende Richtlinie angenommen (KOM (2003)624). Das europäische Parlament hat diesen Vorschlag grundsätzlich begrüßt und durch Abänderungsanträge verbessert. Der Rat hingegen hat sich bisher mehrheitlich ablehnend geäußert. Die luxemburgische Präsidentschaft hat erneut eine Initiative ergriffen und die Staaten um Stellungnahme ersucht. Nach unseren Informationen haben Sie sich, Herr Bundesminister, ablehnend zum Richtlinienvorschlag geäußert.

 

Im Jahre 2002 beantragte die ÖSAG im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung der S 1, Abschnitt Vösendorf – Schwechat, die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb von Anlagen zur Sammlung der Oberflächenwässer der Straße, zweier Pumpstationen, zweier Absetz- und Versickerungsbecken und zur Umlegung eines Abwasserkanals des Abwasserverbands Schwechat. In diesem Verfahren beteiligte sich entsprechend den Möglichkeiten, die das UVP-G bietet, eine Bürgerinitiative. Die Berufung der Bürgerinitiative gegen die wasserrechtliche Genehmigung wurde von Ihnen, Herr Bundesminister, mit formalen Argumenten zurückgewiesen – zu Unrecht, wie das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 24. Februar 2005 (Zl 2004/07/0170) belegt. Der Verwaltungsgerichtshof hob Ihren Bescheid wegen Gesetzwidrigkeit auf und ist nunmehr seitens ihres Ressorts inhaltlich auf die Einwände der Bürgerinitiative einzugehen. Trotz fehlender wasserrechtlicher Bewilligung werden die Baumaßnahmen zur Verwirklichung der S 1 munter vorangetrieben. Uns ist nicht bekannt, dass die Wasserrechtsbehörde dagegen eingeschritten wäre. Unseres Erachtens liegt also rechtswidriges Handeln seitens eines Privaten und Untätigkeit seitens der Behörde im Sinne der Aarhus-Konvention vor. Mangels Umsetzung der Aarhus-Konvention kann die Öffentlichkeit, bzw die Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen, aber keine Rechtsschritte dagegen unternehmen.  Nach unserer Auffassung müsste der Umweltminister hingegen als oberste Wasserrechtsbehörde dafür Sorge tragen, dass das Wasserrechtsgesetz von allen eingehalten wird und alles dazu tun, dass er durch Ausstattung der Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen mit Umweltverteidigungsrechten wertvolle MitstreiterInnen zum Schutz der Umwelt erhält.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Welche Haltung haben Sie bisher zum Kommissionsvorschlag KOM (2003) 624 in die Organe der Union eingebracht?
  2. Warum sind Sie nicht gewillt, die Aarhus-Konvention, die Ihr Vorgänger Bartenstein unterzeichnet hat und die Österreich zwischenzeitig ratifiziert hat, vollständig umzusetzen?
  3. Warum duldet die Wasserrechtsbehörde trotz fehlender wasserrechtlicher Bewilligung die Fertigstellung der S 1, Abschnitt Vösendorf-Schwechat?
  4. Welche Maßnahmen werden Sie zur Herstellung eines gesetzeskonformen Handelns/Zustands veranlassen?