Parlamentarische Materialien

3364/J XXII. GP

Eingelangt am 11.07.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend „Sicherheit bei Sportveranstaltungen - insbesondere bei

Fußballmeisterschaftsspielen - in Österreich"

National wie international nehmen die Ausschreitungen bei Sportveranstaltungen -
insbesondere bei Fußballspielen - zu. Bei einigen Vereinen hat sich eine gewaltbereite Szene
etabliert, die - meist unter Alkoholeinfluss - vor nichts zurückschreckt (zB Mailänder Eklat).
Dabei sind - trotz aller Anstrengungen der FIFA und der UEFA - rassistisch motivierte
Ausschreitungen nicht mehr zu übersehen. Rassismus und Gewalt im Sport darf in keiner
Weise toleriert werden.

Auf internationalen Veranstaltungen diskutieren Vertreter Österreichs zwar mit ausländischen
Experten, welche Sicherheitsmaßnahmen (d.s. Maßnahmen gegen gewaltbereite Fans) bei der
Euro 2008 ergriffen werden müssen, darunter auch die nach Stadionverboten,
fälschungssicheren Tickets, Zugangskontrollen, Videoüberwachung, verstärkten
Grenzkontrollen (Schengen), Flugbeschränkungen etc.

Nur hinsichtlich der österreichischen Fußballmeisterschaften waren zusätzliche
Sicherheitsmaßnahmen bislang kein Thema für Österreichs verantwortliche
Bundesminister. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Anfragebeantwortungen für das
Meisterschaftsjahr 2003/2004.

Anlass für diese Parlamentarischen Anfragen - wie auch im Jahr zuvor - waren die
zunehmenden Ausschreitungen vor, während oder nach Fußballmeisterschaftsspielen in der
Saison 2003/2004 und wie diese Probleme gelöst werden sollen.

Die Antworten der zuständigen Ressortminister auf die konkreten Fragen waren jedoch
sportpolitisch absolut ernüchternd:

So wurden bedauerlicherweise viele Fragen auch vom damaligen Innenminister aus
formalen Gründen, fehlenden Aufzeichnungen etc. nicht oder nur unvollständig
beantwortet.

Die Anfragebeantwortung des Innenministers a.D. Dr. Strasser gibt aber zumindest eine grobe

Übersicht für die letzten Saison über die Anzahl der Festnahmen (StPO und VStG), der

Verwaltungsstrafanzeigen, der verletzten Personen, sowie Informationen über die einzelnen

Problemfangruppen in Österreich, der Fankontaktpolizisten, Erlässe und Richtlinien weiters

eine Übersicht über geplante Maßnahmen. Sozialpädagogische Schwerpunkte bei der

Fanarbeit fehlen jedoch im Programm des BMI.

Zahlen über gerichtliche Strafanzeigen gab es noch nicht (Ermittlungen lt. BMI damals noch

nicht abgeschlossen).

Über die Red Zac Erste Liga gab es bedauerlicherweise überhaupt keine

Aufzeichnungen (gilt auch für weitere unterklassige Ligen)!

Somit gibt es in Österreich keine Übersicht über Übergriffe und Sicherheitsprobleme

auf Fußballplätzen bzw. überhaupt bei Sportveranstaltungen.

Unverständlicherweise wurde von ihm die Frage nach einem österreichweiten Stadionverbot
für Fußballrowdies in Österreich - ebenso wie vom Bundeskanzler - nicht beantwortet. Auch
die Kosten der Exekutive für den Einsatz vor, während und nach Fußballmeisterschaftsspielen
bzw. die Sicherheitskosten der Bundesligavereine wurden nicht bekannt gegeben (auch nicht
vom BK!).

Für den Bundeskanzler — als zuständigen Sportminister - ist scheinbar die Sicherheit
bei Fußballmeisterschaftsspielen in Österreich kein Thema und damit kein
sportpolitisches Anliegen.

.. „Für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit auf
Sportplätzen ist, soweit sie nicht in der Autonomie der Verbände liegt, das Bundesministerium
für Inneres zuständig."...
... "Was die Frage der Vorbereitung der Euro 2008 betrifft, wurde seitens des

Bundeskanzleramts eine technische Arbeitsgruppe eingerichtet, der auch der vom
Bundesministerium für Inneres nominierte Sicherheitskoordinator angehört"...

Diese allgemeine Nichtantwort ersetzte die Antworten auf insgesamt 22 sportpolitisch nicht
unwesentliche Fragen.

Das war es, denn auch die Justizministerin verweigerte die Antwort auf Fragen nach
gerichtlichen Erledigungen der Strafanzeigen.

„Eine Statistik über den Zusammenhang von strafbaren Handlungen und
Fußballveranstaltungen wird weder vom Bundesministerium für Justiz noch von den
staatsanwaltschaftlichen Behörden erstellt. Von der Befassung der staatsanwaltschaftlichen
Behörden habe ich wegen des enormen Umfanges des zu sichtenden Materials und des
dadurch entstehenden unvertretbaren Aufwandes Abstand genommen. Ein verlässliches
Datenmaterial wäre auch wegen der Vielfalt der in Frage kommenden Deliquenz nicht zu
erzielen ".

Damit ist auch nichts bekannt über Freisprüche und Einstellungen sowie über die tatsächlich
verhängten staatlichen Sanktionen (z.B. Diversion, Verurteilungen).

Die ersten Ausschreitungen haben in der folgenden Saison 2004/2005 bald nach deren Beginn
stattgefunden (z.B. SV Salzburg - FC Tirol). Aber auch beim UEFA-Cupspiel Austria
Memphis - Legia Warschau, sowie beim Länderspiel Österreich gegen England kam es zu
Ausschreitungen, sodass die vorliegenden Risikoanalysen und Einsatzpläne der Exekutive
hinterfragt werden müssen. Es gab nach Presseberichten beim genannten UEFA-Cupspiel elf,
zum Teil schwer verletzte Exekutivbeamte, die offensichtlich ohne genügend Schutz in einen
Sektor mit tobenden polnischen Fans geschickt wurden. Danach kam es Presseberichten
zufolge zu vier Verhaftungen.

Krawalle und Ausschreitungen gab es während der gesamten Meisterschaft, zuletzt im Mai
durch alkoholisierte Fans anlässlich des Meisterschaftsspieles Wüstenrot Salzburg - Rapid,
wobei auch ein Exekutivbeamter verletzt wurde. Über Medien wurde auch immer wieder
bekannt, dass derartige Gewalttäter und Rowdies wegen Körperverletzung und
Sachbeschädigung zu (bedingten) Haft- und Geldstrafen verurteilt wurden.
Eine Gesamtübersicht über Gewalt im Sport in Österreich liegt leider nicht vor.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres
nachstehende

Anfrage:

1. Welcher Organisationseinheit ist - nach der Polizeireform - nun die nationale
Fußballinformationsstelle in Ihrem Bundesministerium zugeordnet?

2. Wie viele Mitarbeiterinnen sind - nach der Polizeireform - nun dieser nationalen
Fußballinformationsstelle zugeteilt?

3. Wer ist zur Zeit der/die Leiter/in dieser Fußballinformationsstelle?

4. Welche Kosten mussten 2004 dafür aufgewandt werden? In welcher Höhe wurde diese im
Budget für 2005 und 2006 budgetiert (Angabe des Budgetpostens)?

5. Hat jeder Teilnehmer an der Bundesliga (T-mobile Liga und Red-Zac Liga) einen
Sicherheitsverantwortlichen zu nennen?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wenn ja, gibt es für diese eine zentrale Schulung?

7. Wie viele Exekutivbeamte sind 2005 in Österreich als sogenannte „Fanpolizisten" im
Einsatz (Aufschlüsselung auf Bundesländer)? Was ist konkret deren Aufgabe?

8. Wie erfolgt nun nach der Polizeireform die Zusammenarbeit der nationalen
Fußballinformationsstelle mit den vor Ort verantwortlichen Sicherheitsbehörden bzw. der
Exekutive?

9. Wie ist der Stand der Umsetzung des „Fan-Steward"-Programms bei den einzelnen
Teilnehmern an der Bundesliga?

10. Verfügen alle Bundesligavereine der 1. und 2.Liga über sogenannte Fan-Betreuer, die sich
aktiv bei den Fangruppen engagieren, um Gewalttätigkeiten etc. zu verhindern? Wenn
nein, warum nicht?

11. Wie erfolgt die Zusammenarbeit des BMI mit den offiziellen Fan-Betreuern der Vereine
bzw. mit der Bundesliga? Welche Fan-Projekte gibt es? Wie viele Fanbetreuer sind in
dieser Funktion vollbeschäftigt?

12. Werden Sie gegenüber der Bundesliga dafür eintreten, dass die Vereine in die Fanarbeit -
und damit in die Sicherheit - zielgerichtet investiert werden muss?

13. Liegt bereits eine Risikoanalyse (nach Art. 2 Abs. 5) hinsichtlich des in der kommenden
Saison international spielenden Vereins Austria Wien vor?

Wenn ja, wie lautet diese?
Wenn nein, weshalb nicht?

14. Liegt bereits eine Risikoanalyse (nach Art. 2 Abs. 5 Abl. 2002/L121/1) hinsichtlich des in
der kommenden Saison international spielenden Vereins Grazer AK vor?

Wenn ja, wie lautet diese?
Wenn nein, weshalb nicht?

15. Liegt bereits eine Risikoanalyse (nach Art 2 Abs. 5) hinsichtlich des in der kommenden
Saison international spielen Vereins Rapid-Wien vor?

Wenn ja, wie lautet diese?
Wenn nein, weshalb nicht?

16. Liegt bereits eine Risikoanalyse (nach Art 2 Abs. 5) hinsichtlich des in der kommenden
Saison international spielen Vereins Sturm Graz vor?

Wenn ja, wie lautet diese?
Wenn nein, weshalb nicht?

17. Liegt bereits eine Risikoanalyse (nach Art. 2 Abs. 5) hinsichtlich der Österreichischen
Nationalmannschaft vor?

Wenn ja, wie lautet diese?
Wenn nein, weshalb nicht?

18. In welcher Form wurde bislang im Rahmen der nationalen Fußballmeisterschaften
zwischen den einzelnen zuständigen Sicherheitsbehörden und zuständigen Wachkörpern
in den Bundesländern zusammengearbeitet? In welcher Form erfolgt nun 2005 nach der
Polizeireform die Zusammenarbeit?

19. In welcher Form erfolgt im Rahmen von internationalen Begegnungen (z.B. UEFA-Cup)
- gleichgültig in welcher Sportart - die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden
anderer Staaten?

20. Welche aktuellen Erlässe oder Richtlinien seitens Ihres Ressorts gibt es für den Einsatz
von Exekutivbeamten vor, während oder nach einem Fußballmeisterschaftsspiels bzw.
überhaupt vor, während oder nach Sportveranstaltungen?

21. Wie wird die Exekutive in Österreich für derartige Einsätze vor, während und nach
Sportveranstaltungen (insbesondere für Fußballmeisterschaftsspiele) geschult?

22. Funktionierte in der letzten Saison jeweils die Zusammenarbeit zwischen der
Einsatzleitung der Exekutive und der jeweils zuständigen Sicherheitsbehörde?
Wenn nein, welche Problem gab es?

23. Wie viele Tätlichkeiten (z.B. Körperverletzung) und wie viele Schadensmeldungen (z. B.
Sachbeschädigungen) sind den Sicherheitsbehörden in der Saison 2004/2005 der T-mobile
Bundesliga bekannt, gemeldet oder angezeigt worden?

24. Wie viele in der Red Zac-Liga (Ersuche jeweils um Auflistung auf Bundesländer)?

25. Zu wie vielen Anhaltungen und Festnahmen kam es in der Saison 2004/2005 vor,
während oder nach Spielen in der T-mobile Bundesliga?