3369/J XXII. GP
Eingelangt am 11.08.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Parnigoni, Gaál
und GenossInnen
an
die Bundesministerin für Inneres
betreffend Aussagen des Leiters des BVT
In
der Tageszeitung Die Presse vom 10.8.2005 war auf Seite 1 unter der
„reißerischen“
Schlagzeile: „Österreich verschärft
Terrorbekämpfung“ unter anderem folgendes zu lesen:
„WIEN.
Der österreichische Nachrichtendienst ("Bundesamt für Verfassungsschutz
und
Terrorismusbekämpfung") verschärft seine
Strategie im Kampf gegen den Terror. Zwar
hatte der jüngst vorgestellte
Verfassungsschutzbericht keine akute Gefahr für Österreich
konstatiert, dennoch will Verfassungsschutz-Chef
Gert-René Polli nun einen härteren
Kurs einschlagen...
Er regt an, in Österreich den Posten eines eigenen Terror-Koordinators zu schaffen,
der
mit der zentralen Leitung der einschlägigen Aufgaben, die auf mehrere Ressorts
verteilt sind, betraut ist. Derartige
Terror-Koordinatoren gibt es bereits in mehreren
Staaten und auch auf EU-Ebene.
........ Polli nimmt dazu eine Anleihe bei Ex-US-Außenminister Henry Kissinger, der gemeint
hatte, er wüsste nicht, wen er anrufen
müsste, wenn er mit Europa sprechen will:
"Wenn der EU-Terror-Koordinator in
Österreich heute anrufen müsste, wüsste
er nicht, wen."
Derzeit beobachtet das Bundesamt für
Verfassungsschutz eine "zunehmende
Radikalisierung" in kleinen Teilen der moslemischen Gemeinde
Österreichs.
Generell gelte: Anschläge könnten aus
Sicht einer Sicherheitsbehörde einfach nie
ausgeschlossen werden....
Pollis
Einschätzung des Terror-Risikopotenzials in Österreich: "Wenn das
Konfliktpotenzial in London bei 10 läge, und 0 bedeutet keines, so sind wir in
Österreich bei 4....................... "
"Die Strukturen der Datenbanken in
der Terrorismusbekämpfung sind je nach Land
und Zielsetzung insbesondere bei
unterschiedlichen Interessenlagen der
Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden
anders. Obwohl die Informationssysteme
nach seinen Angaben zum Teil noch
inkompatibel sind, sei der verstärkte
Datenaustausch insbesondere auf europäischer
Ebene notwendig und zielführend.
Verfassungsschützer Polli: "Ich wage
die Behauptung, dass der volle Austausch
zwischen den Datenbanken im jetzigen Stadium
gar keinen Sinn machen würde,
weil diese Informationen inkompatibel
sind.""
Die unterfertigten Abgeordneten sind über diese Aussagen
besorgt, weil damit vom obersten
Verfassungsschützer
konstatiert wird, dass
1.
es
in Österreich ein hohes Terror-Risiko/Konfliktpotenzial gibt,
2.
die Koordination im Falle eines Terroranschlages oder
einer Terrorbedrohung
mangelhaft ist, und
3.
der europaweite Austausch von Daten im Bereich der
Nachrichtendienste und
Sicherheitsbehörden nicht funktioniert.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die
Bundesministerin für Inneres
nachstehende
Anfrage:
1.
Wer ist in Österreich für die Koordination im Falle
eines Terroranschlages oder einer
Terrorbedrohung
zuständig?
2.
Teilen
Sie die Einschätzung des Leiters des BVT, dass wir in Österreich keinen
Verantwortlichen haben, der vom
EU-Terror-Koodinator angerufen werden könnte?
Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie setzen?
Wenn nein, wie kommt der Leiter des BVT zu der Erkenntnis?
3. In zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen haben
Sie darauf verwiesen, dass es zur
Zeit keine ernsthafte Terrorbedrohung für Österreich gäbe.
Hat sich diese Einschätzung verändert?
Wenn ja, in welcher Weise?
Wenn ja, welche Maßnahmen haben Sie gesetzt und werden Sie setzen, um die
österreichische Bevölkerung vor solchen Bedrohungen zu schützen?
Wenn nein, wie kommt der Leiter des BVT zu der Erkenntnis, dass es in Österreich -
auf einer Skala von 0 bis 10 - ein Konfliktpotenzial im Bereich des Terrors von 4 gibt?
4. Erst
vor kurzem wurde der sogenannte „Prümer Vertrag“ unterzeichnet, der einen
erweiterten Austausch von Daten zum Zwecke
der besseren Prävention und Verfolgung
von Straftaten ermöglicht.
Wie
beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Aussage des Leiters des BVT, dass
der volle Austausch zwischen den Datenbanken in der Terrorismusbekämpfung im
jetzigen Stadium gar keinen Sinn machen
würde, weil diese Informationen inkompatibel
sind?