3705/J XXII. GP

Eingelangt am 12.12.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap

und GenossInnen

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

betreffend den illegalen Handel mit Sichtvermerken

Der Antrag der SPÖ zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich des
illegalen Handels mit Sichtvermerken wurde abermals von den Regierungsfraktionen
abgelehnt, obwohl über die Medien nun seit Wochen laufend neue, unfassbare Details in der
Visa-Affäre bekannt werden.

Der Generalsekretär des Außenamtes meinte in einer Pressekonferenz am 6.12.05, es sei eine
reine Spekulation, dass - wie zuletzt in den Medien berichtet - an die 40.000 Visa
unrechtmäßig ausgestellt worden seien. „Es hat sicherlich in Einzelfällen Schwierigkeiten
gegeben, Einzelfällen meine ich hier an einzelnen österreichischen Vertretungsbehörden, aber
ich stehe nach wie vor dazu, dass ich sage, weit über 99 Prozent der von den österreichischen
Vertretungsbehörden erteilten Visa sind korrekt" (Johannes Kyrie, Zeit im Bild 1, 6.12.2005).
Man sei um die lückenlose Aufklärung in der Visa-Affäre bemüht.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten nachstehende

Anfrage:

Permanent erscheinen in Zeitungen Serbiens Angebote, gegen Entgelt österreichische
Schengen-Visa zu beschaffen

1.                           Wurden die inserierenden Reisebüros eruiert und eine Liste erstellt?

2.                           Wurde intern verfügt, dass von diesen Reisebüros keine Visaanträge mehr
angenommen und über solche Ersuchen keine Visa mehr ausgestellt werden?

3.                           Haben Sie solche Schritte in Kiew, Lagos, Kairo, Budapest, Belgrad, Bukarest,
Moskau und St. Petersburg gesetzt?


4.                            Wurde den Vertrauensanwälten aufgetragen, bei den inserierenden Büros
vorstellig zu werden oder zum Schein Anträge zu stellen?

5.                            Wurde auf andere Weise versucht, zu ermitteln, weshalb diese Inserenten gegen
Entgelt die Beschaffung von Visa anbieten können?

Es gibt Behauptungen dafür, dass viele Visaanträge bei den involvierten Botschaften
dieselben oder ähnliche Unterschriften trugen.

6.                            Haben Sie die physisch noch vorhandenen Anträge der letzten Monate auf solche
Auffälligkeiten durchsehen lassen?

7.                            Hat sie der Generalinspektor darauf durchgesehen oder durchsehen lassen?

8.                            Hat der Missionschef sie durchsehen lassen?

9.                            Wurde er von Ihnen beauftragt, sie durchzusehen?

Es gibt Belege dafür, dass einzelne österreichische Firmen massenhaft Einladungen
ausgesprochen und den organisierenden Reisebüros zur Verfügung gestellt haben.

10.                     Haben Sie die physisch noch vorhandenen Anträge der letzten Monate auf solche
Häufungen durchsehen lassen?

11.                     Hat sie der Generalinspektor darauf durchgesehen oder durchsehen lassen?

12.                     Hat der Missionschef sie durchsehen lassen?

13.                     Wurde er von Ihnen beauftragt, sie durchzusehen?

14.                     Haben Sie Ihr Personal angewiesen, Einladungen von diesen Einladern nicht
mehr zu akzeptieren?

Es gibt Belege dafür, dass einzelne serbische Firmen massenhaft unrichtige
Arbeitsbestätigungen ausgestellt und den organisierenden Reisebüros zur Verfügung
gestellt haben.

15.                     Haben Sie die physisch noch vorhandenen Anträge der letzten Monate auf solche
Häufungen durchsehen lassen?

16.                     Hat sie der Generalinspektor darauf durchgesehen oder durchsehen lassen?

17.                     Hat der Missionschef sie durchsehen lassen?

18.                     Wurde er von Ihnen beauftragt, sie durchzusehen?

19.                     Haben Sie Ihr Personal angewiesen, Bestätigungen von diesen Firmen nicht mehr
zu akzeptieren?

20.         Haben Sie solche Schritte in Kiew, Lagos, Kairo, Budapest, Belgrad, Bukarest,
Moskau und St. Petersburg gesetzt?


 

Spätestens nach der Mitteilung des LAbg. E. an BM Ferrero-Waldner gab es konkrete
Verdachtsmomente gegenüber konkreten Vertretungsbehörden.

21.         Wurden die Missionschefs angewiesen, sich Stichproben von Visaakten vorlegen
zu lassen?

22.         Wurden sie angewiesen, die konkreten Arbeitsbereiche des Konsularpersonals
häufig und in unregelmäßigen Abständen zu variieren, um missbräuchliches
Ausnutzen von Routinevorgängen zu verhindern?

23.         Wurden sie angewiesen, unvermutete Einschauen und Überprüfungen
durchzuführen?

An einigen Vertretungsbehörden hat der Generalinspektor Überprüfungen vorgenommen.
Prüfberichte müssen vorliegen. Aus denen musste wohl folgendes hervorgehen:

24.         Wurden systematisch die Anträge und Akten etwa eines Monats oder einer
Woche ausgehoben und einzeln überprüft?

25.         Wurden die Unterschriften, die Einlader und die Angaben über die Arbeitgeber
bei Anträgen desselben Reisebüros verglichen?

26.         Wurde überprüft, ob es Sammelanträge von Reisebüros gibt?

27.         Wurde überprüft, ob es regelmäßige größere Blocks von Visaerteilungen über
Vermittlung einzelner Organisationen gibt?

28.         Hat der GI über die sich aus den Inseraten augenscheinlich ergebenden Fragen
mit Botschaftsmitarbeitern gesprochen?

29.         Mit welchen? Was war deren Erklärung?

In Deutschland ist offenbar eine größere Zahl der in Rede stehenden erschlichenen Visa bei
illegal Beschäftigten aufgetaucht.

30.         Haben Sie sich die Unterlagen von den deutschen Behörden geben lassen?

31.         Haben sie festgestellt, ob es hier statistisch auffällige Häufungen bei einzelnen
Konsulaten oder bei einzelnen Konsularbeamten gibt?

32.         Haben Sie Informationen über ähnliche Phänomene bei den österreichischen
Fremdenbehörden eingeholt?

Möglicherweise war örtliches Personal der Vertretungsbehörden (als Boten etc.) in die
Malversationen involviert.

 


33.                     Sind Sie den diesbezüglichen Informationen des LAbg. E. und diverser
Zeitungsartikel nachgegangen?

34.                     Wurde die Kontrolle des sur place-Personals verstärkt?

35.                     Wurde Personal ausgetauscht bzw. wurden konkrete Arbeitsgebiete und
Einsatzbereiche verändert?

Bei allen Bereichen stehen Vorwürfe finanzielle Vorteilsannahmen von Botschaftspersonal
im Raum.

36.                     Wurden unvermutete Kasseneinschauen am Konsulat durchgeführt?

37.                     Haben die Missionschefs untertags die Barbestände überprüft und mit dem
Visaaufkommen des jeweiligen Tages verglichen?

38.         Haben Sie sich Tagesabrechnungen - allenfalls sofort nach Schalterschluss —
vorlegen lassen?

39.         Haben Sie persönlich stichprobenweise die Erstellung der Tagesabrechnung
überwacht?

40.                     Wurden Kassenverantwortlichkeiten kurzfristig geändert?

41.         Wurde sur place-Personal im Kassenbereich eingesetzt?

Offenbar tauchen in den Medien immer wieder einschlägige Vorwürfe auf. Es ist
anzunehmen, dass die Informanten der Medien auch das Außenamt kontaktiert haben.

42.         Gib es Briefe an die Konsulate, die Botschaften oder das Außenamt, in denen
Missbräuche bei der Visaerteilung behauptet oder geschildert werden?

43.         Wurde diesen Behauptungen nachgegangen?

44.         Wurde mit den Briefschreibern persönlich Kontakt aufgenommen und sie
angehört?

45.         Haben Bedienstete anderer Ressorts, insbesondere des Innenressorts, solche
Behauptungen und Verdachtsmomente gegenüber Bediensteten BMaA geäußert?

46.         Wurde diesen Behauptungen nachgegangen?

Zur Untersuchung der Vorwürfe haben Sie einen ihrer Amtvorgänger und einen im
Ruhestand befindlichen Botschafter eingesetzt.

47.         Welchen Auftrag haben Sie konkret erteilt?

48.         Ist dieser dokumentiert?

49.         Welche Befugnisse haben Sie konkret gegeben?

50.         Sind diese dokumentiert?


51.                    Welche personellen und finanziellen Ressourcen stehen den beiden zur
Verfügung?

52.                    Wem gegenüber sind sie berichtspflichtig?

53.                    Haben Sie Weisung erteilen, diesen beiden Personen jeglichen Aktenzugang zu
geben?

54.                    Haben sie Zugriff auf den ELAK im BMaA und die elektronischen Hilfssysteme
bei den Botschaften?

55.                    Waren die beiden Prüfer bereits an einer der Botschaften, bei denen die Vorwürfe
im Raum stehen?

56.                    Haben Sie den beiden Prüfern alle Akten oder Aktenkopien übergeben lassen?

57.                    Haben Sie den beiden Prüfern Gespräche mit den ermittelnden
Sicherheitsorganen und Gerichtsstellen ermöglicht?

58.                    Haben Sie die BM für Inneres und Justiz ersucht, ihren beiden Prüfern die nötigen
Unterlagen und Vorinformationen zu geben?

Im BMaA ist seit Jahren ein elektronisches Aktensystem eingesetzt. In diesem sind diverse
Aufzeichnungen auch in Visaangelegenheiten über Jahre hinweg gespeichert.

59.                    Haben Sie die einschlägigen Datenbestände systematisch überprüfen lassen?

60.         Haben Sie Abfragen nach besonders häufig auftretenden Einladern (Reisebüros,
Antragstellern, etc.) durchführen lassen?

61.                    Haben Sie den ermittelnden Behörden den Zugriff auf die Datenbestände
angeboten bzw. eröffnet?

In gleicher Weise sind die in Rede stehenden Visafälle im Schengener Informationssystem
dokumentiert.

62.         Haben Sie die in Brüssel und Straßburg für das SIS verantwortlichen Stellen um
Überprüfungen oder Informationen ersucht?

63.         Haben Sie diesen Ihre Informationen zur Durchführung von Prüfungen zur
Verfügung gestellt?

64.         Haben Sie solche Initiativen gegenüber dem Innenministerium oder gemeinsam
mit diesem gesetzt?

Zu jeder Frage:

-   Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

-      Wenn nein: warum nicht?


 

 

 

 

 

Zur Zeit macht das Krisenmanagement des BMaA einen etwas unübersichtlichen Eindruck.

 

 

65.                     Wen haben Sie mit der Durchfuhrung der notwenigen Überprüfungen beauftragt:
BM aD Jankowitsch, Botschafter Knitel, den Generalinspektor oder den
Generalsekretär?

66.                     Wurde bei den beiden letztgenannten für diesen Zweck Personal abgezogen oder
zugeführt?

67.                     Warum führt der zuständige Sektionsleiter nicht diese Untersuchung?

68.                     Warum führt der zuständige Abteilungsleiter nicht diese Untersuchung?

69.                     Welche Funktionen üben derzeit die ehemaligen (Zeitraum 2002 - 2004)
Missionschefs von Belgrad, Budapest, Kiew, Lagos und Kairo aus?

70.                     Wer gibt Ihrer Pressesprecherin die Aufträge und Informationen für Statements in
dieser Causa?

71.                     Werden Sie der Öffentlichkeit Einblick in einschlägige Unterlagen geben?

72.                     Werden Sie als Ministerin den Medien für ein ausführliches Gespräch über
Hintergründe und Details der Affäre persönlich zur Verfügung stehen?