3727/J XXII. GP

Eingelangt am 21.12.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Rest-Hinterseer, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

 

betreffend Internationale Maßnahmen zur Zusammenarbeit, Vorbeugung, Schutz und Wiedereingliederung der Opfer im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken (Kindersextourismus)

 

 

Die Globalisierung des Phänomens „Kind als Ware“ hat viele verschiedene Gesichter. Beim im Jahr 1996 abgehaltenen „Weltkongress gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken“ in Stockholm wurde beschlossen, die internationale Zusammenarbeit zu verbessern, vorbeugende und schützende Maßnahmen für bedrohte Kinder und Jugendliche zu ergreifen und jene, die bereits Opfer wurden, durch unterstützende Maßnahmen zu behandeln bzw. wieder einzugliedern. Sowohl in der Stockholm Agenda of Action als auch im Yokohama Commitment (2. Weltkongress, 2001) wurde insbesondere auf die Notwendigkeit hingewiesen, mit der Wirtschaft und hier insbesondere mit der Tourismuswirtschaft im Hinblick auf Bewusstseinbildung und Informationsverbreitung zu kooperieren.

 

Die im Jahr 1991  begonnene Kampagne „End Children Prostitution in Asian Tourism (ECPAT)“ hat die Öffentlichkeit alarmiert. Inzwischen wurde ECPAT zu einer internationalen Kinderrechtsorganisation („End Child Prostitution, Child Pornography and Trafficking of Children“), die in 72 Ländern, darunter auch Österreich, vertreten ist. Der von UNICEF und ECPAT 1996 in Stockholm einberufene Kongress hat Maßnahmen beschlossen. Im Schulz-Bericht von 1997 an das Europaparlament sind Hintergründe und Ursachen nachzulesen. Die Europäische Kommission hat zwischen 1999 und 2003 die Entwicklung des von ECPAT – mit Unterstützung der WTO/OMT - entwickelten ‚Verhaltenskodex zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus’, an der auch Österreich durch das Institut respect – Institut für Integrativen Tourismus und Entwicklung (heute auch Koordinationsstelle des ECPAT Österreich Netzwerks) beteiligt war, gefördert. 2001 haben die beiden heimischen Dachverbände ÖRV und ÖVT den Verhaltenskodex unterzeichnet und damit die Verpflichtung übernommen, dafür Sorge zu tragen, dass alle Mitglieder die 6 Kriterien des Kodex in ihren Betrieben umsetzen.

 

Obwohl auf internationaler Ebene inzwischen mehr als 240 renommierte Tourismusunternehmen sowie deren Dachverbände den Verhaltenskodex unterzeichnet und umgesetzt haben, zeigt sich in Österreich ein eher bescheidenes Interesse. Der Verhaltenskodex ist innerhalb der Branche kaum - und noch weniger bei ReisebüromitarbeiterInnen – bekannt. Mit Ausnahme weniger Unternehmen (z.B. Jumbo Touristik, TUI) hat kaum ein Mitglied des ÖRV bzw. des ÖVT die Kriterien des Kodex nachvollzogen und in die Unternehmenspolitik integriert.

 

Selbst das Bemühen der Sektion Tourismus, die 2001 einen ‚Code of Conduct Round Table’ initiiert hatte, der 2004 in einen erweiterten „Ethik Roundtable“ integriert wurde, hat bislang kaum Widerhall bei österreichischen Reisebüros und Reiseveranstaltern gefunden. Das Bemühen, auch den Fachverband der Reisebüros der Wirtschaftskammer zur Unterstützung der Umsetzung des Verhaltenskodex zu gewinnen, ist bislang ebenfalls fehl geschlagen.

 

Österreich wird im 1. Halbjahr 2006 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Minister Bartenstein hat darüber berichtet, dass im Bereich des Tourismus ein Tourismusminister-Treffen in Österreich (März 2006) geplant ist. Im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft wird es – angesichts von über 3 Millionen sexuell ausgebeuteten Kindern im weltweiten Tourismus - auch darum gehen, die im Oktober beim Ministertreffen in Malta von Frankreich initiierte EU-Offensive voranzubringen. Zurecht hielt Frankreichs Tourismusminister Leon Bertrand in Malta ja die ethische Verantwortung Europas fest und argumentierte, dass man den Kampf gegen sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen im Tourismus nicht nur den NGOs überlassen könne, sondern dass die EU auch auf Regierungsebene und weltweit vorbeugend aktiv werden müsse.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

  1. Welche der oben angeführten, in Stockholm beschlossenen Maßnahmen wurden in Österreich bereits in Angriff genommen, fort- bzw. umgesetzt (abgesehen von der Abänderung des § 64 des STRÄG)?

 

  1. Ist von Ihrer Seite daran gedacht, 10 Jahre nach Abhaltung des Weltkongresses gegen Kindersextourismus gemeinsam mit den zuständigen Ministerien der Mitgliedsstaaten und der Tourismusbranche weitere Anstrengungen in der Fortführung der Kampagne aus 1991 zu unternehmen?

 

  1. Wenn ja, in welcher Form soll dies geschehen?

 

  1. Welche Einrichtungen bzw. Abteilungen in Ihrem Ressort beschäftigen sich mit dem Thema des Kindersextourismus und können hier ExpertInnen für Veranstaltungen angefragt werden?

 

  1. Wird Ihr Ministerium Anstrengungen unternehmen, während der EU-Präsidentschaft neuerliche Anstrengungen zu unternehmen, die säumige österreichische Reisebüro- und Reiseveranstalterwirtschaft zur Umsetzung des international anerkannten Verhaltenskodex zu ermahnen und zu ermutigen?

 

  1. Wird Österreich die EU-Präsidentschaft dazu nützen, den Vorstoß des französischen Tourismusministers Leon Bertrand, der am 20. Oktober zu verstärkte Maßnahmen im Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Minderjährigen im Tourismus aufgerufen hat, zu unterstützen?

 

  1. Im Hinblick auf den Vorschlag des französischen Tourismusministers nach Etablierung einer informalen Arbeitsgruppe zum Austausch von ‚best practices’ der 25 EU Mitgliedsstaaten im Hinblick auf Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus: Wird Ihr Ministerium den Vorschlag des französischen Tourismusministers aufgreifen, ein ExpertInnen-Treffen in Österreich dazu zu organisieren - in Kooperation z.B. mit respect bzw. ECPAT Österreich -, um die bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzung des Verhaltenskodex und anderer Maßnahmen durch die Tourismuswirtschaft  zum Schutz von Kindern in Tourismusdestinationen vor sexueller Ausbeutung zu diskutieren und zu weiteren problemmindernden Schritten zu gelangen?

 

  1. Welche konkreten Maßnahmen zu den sechs von Frankreich für eine „European Charter“ zu diesem Themenkreis vorgeschlagenen Themenkreisen sind a) in Österreich bereits in Umsetzung, b) im Zusammenhang mit der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft zur Umsetzung vorgesehen?