3950/J XXII. GP

Eingelangt am 14.02.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen.

Am 8. Februar 2006 wurde im Europäischen Parlament die Studie „Die Europäische
Investitionsbank im Süden - in wessen Interesse?" vorgestellt, die im Auftrag von vier
NGOs - CRBM, CEE Bankwatch, Friends of the Earth International und der Organisation
WEED erstellt wurde. Darin wird kritisiert, dass die Europäische Investitionsbank (EIB)
unzureichend auf die Entwicklungsaufgabe vorbereitet ist. Die Studie untersucht die
Auswirkungen der EIB-Operationen in Afrika, Lateinamerika und Asien aus Umwelt-,
Sozial- und Entwicklungsperspektive. Sie präsentiert acht Fallstudien zu kontroversen
EIB-finanzierten Projekten in Sambia, Tschad, Kamerun, Brasilien, Mexiko, den
Philippinen, Indonesien und Laos in den Sektoren Bergbau, Öl, Zelluloseindustrie,
Wasserprivatisierung und Großstaudämme.

Die Initiative der Europäischen Kommission, gemeinsam mit der EIB einen Sonderfonds
für Afrika aufzulegen, soll bereits im Juni die Arbeit aufnehmen. Nach der Bekanntgabe
werden die EU-Exekutive und die EIB jedoch noch die europäischen Mitgliedstaaten
davon überzeugen müssen, in den Fonds einzuzahlen. Presseberichten war zu
entnehmen, dass es in einigen Mitgliedstaaten Bedenken bezüglich des neuen Fonds
gibt.

Jaroslava Colajacomo, Autorin der Studien, fasst zusammen: "Unsere Studie zeigt auf,
dass die Aktivitäten der EIB im globalen Süden keiner klaren Entwicklungsstrategie
folgen. EIB Projekte zielen eher auf die Unterstützung großer Unternehmen in Sektoren
wie Rohstoffindustrien oder Wasserprivatisierung, statt sich an Armutsbekämpfung oder
Umweltstandards zu orientieren. Wir geben in der Studie Empfehlungen für dringend
notwendige Veränderungen in der Institution und für die künftige Rolle der Kommission
und des Europäischen Parlaments für die Wahrung von Kontrolle und Kohärenz der
Aktivitäten der Bank."

Es gibt aber auch Kritikpunkte darüber hinaus: Jede der in dieser Studie angeführten
detaillierten Fälle, zum Beispiel jener über eine 1,25 Milliarden Dollar Investition in eine
Brasilianische Zellulosefabrik, steht im Widerspruch zu den Millennium
Entwicklungszielen und folgt nicht der europäischen Entwicklungsstrategie. Daraus
ergibt sich für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, dass sie bei der geplanten
Ausweitung des Mandats der Bank hin zu einer europäischen Entwicklungsbank die
Institution auch mit den nötigen Werkzeugen versehen müssen. Defizite bestehen vor
allem hinsichtlich der Ablaufprozesse und des Fachwissens. Die Bank muss erst in die
Lage versetzt werden, überhaupt als eine Entwicklungsbank agieren zu können. Die
österreichische Ratspräsidentschaft darf sich gegenüber unseren Forderungen nicht
verschliessen.

Die EIB ist derzeit eine klientelorientierte Institution, die bereitwillig Projekte finanziert,
wenn der wirtschaftliche Ertrag garantiert ist. Die Kommission möchte aus der Bank eine


Art "Europäische Weltbank" machen, doch muss die Institution sich dafür erst
grundlegend ändern, um auch eine positive Bilanz in Hinsicht auf Armutsbekämpfung
und Umweltschutz zu erzielen.

Die Glaubwürdigkeit der EU steht auf dem Spiel, falls die EIB als immerhin größte
öffentliche Bank der Welt mit ihrem Kreditgeschäft in Afrika die europäischen
Entwicklungsziele und -Strategien unterläuft. Die Kommission und der Rat müssen sich
nun verstärkt bemühen, die Entwicklungskohärenz zwischen den verschiedenen
europäischen Finanzinstrumenten herzustellen, wie es der Entwicklungsausschuss
bereits im letzten Jahr empfohlen hat.

In Indonesien hat die EIB unter anderem in Projekte zur Wasserprivatisierung investiert.
Diese Art von Projekten hat nichts zur Verbesserung der Qualität der Dienstleistung
beigetragen, sondern den indonesischen Haushalten nur höhere Wasserrechnung
gebracht.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen
folgende

Anfrage:

1.                Welchen inhaltlichen Standpunkt vertreten Sie als Finanzminister bezüglich EIB?

2.                Sind Sie der Meinung, dass die EIB auf ihre Aufgabe als Entwicklungsbank
genügend vorbereitet ist?

3.                Wie begründen Sie ihre Meinung?

4.                Wer vertritt die Interessen Österreichs in den Strukturen der EIB bzw. wird das ab
Juni 2006 tun?

5.                Wie wird eine Vertretung der österreichischen Interessen in der EIB sichergestellt
werden?

6.                Teilen Sie die Befürchtung der Studie, dass die EIB nicht die Millenniums
Development Goals (MDGs) verfolgt?

7.                Wie begründen Sie Ihre Meinung?

8.                Welche Bedingungen sollten Ihrer Meinung nach erfüllt sein, bevor die EIB im
Juni ihre Arbeit als Entwicklungsbank aufnimmt?

9.                Wieviel wird Österreich in den Fonds einzahlen?

10.        Teilen Sie die Bedenken einiger Mitgliedsstaaten?

11.        Warum bzw. warum nicht?

12.        Entspricht es österreichischen Interessen, dass die EIB auch künftig vor allem
große     Unternehmen     in     Sektoren     wie     der     Rohstoffindustrie     der
Wasserprivatisierung unterstützt?

13.        Wenn ja, wie soll dann Armutsbekämpfung betrieben werden?

14.   Wenn ja, wie sollen dann Umweltstandards gefördert werden?

15.   Wenn nein, welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, damit die EIB ihren Focus
ändert?

16.   Soll  die   EIB   Ihrer  Meinung   nach  Armutsbekämpfung   betreiben   und  die
Installierung von Umweltstandards forcieren?

17.   Wenn nein, warum nicht?

18.   Gibt es Ihrer Meinung nach genügend Kontrollmöglichkeiten er EIB durch das
Europäische Parlament?

19.   Wie ist auf europäischer Ebene Kohärenz der Politiken in Richtung Entwicklung
zu gewährleisten?

20.   Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nötig, um zu einer stärkeren Kohärenz
in Richtung Entwicklungspolitik in den europäischen Institutionen zu kommen?

21.   Wie kann Ihrer Meinung nach die Tätigkeit der EIB in Einklang mit den MDGs
gebracht werden und welche konkreten Maßnahmen sind dazu notwendig?

22.   Welchen Beitrag kann Österreich dazu leisten?

23.   Wie kann  Ihrer Meinung nach die Tätigkeit der EIB  in  Einklang  mit der
europäischen  Entwicklungsstrategie gebracht werden und welche konkreten
Maßnahmen sind dazu notwendig?

24.   Welchen Beitrag kann Österreich dazu leisten?

25.   Welche zusätzlichen Werkzeuge für die EIB sind Meinung nach notwendig, damit
die EIB zu einer Entwicklungsbank werden kann?

26.   Wie können diese implementiert werden?

27.   Welche weitere Maßnahmen sind zu setzen, damit die EIB zu einer europäischen
Entwicklungsbank werden kann?

28.   Wollen Sie sich während der österreichischen  Ratspräsidentschaft für eine
Umformung der EIB in eine Entwicklungsbank einsetzen?

29.   Wenn ja, wie und bei welchen Gelegenheiten?

30.   Wenn nein, warum nicht?

31.    Soll Ihrer Meinung nach die EIB nur Projekte finanzieren, wenn der wirtschaftliche
Ertrag garantiert ist?

32.    Welches Profil sollte Ihrer Meinung nach eine europäische Entwicklungsbank
haben?

33.    Nach welchen Kriterien sollen Projekte, die die EIB unterstützt, ausgewählt
werden?

34.    Sind Sie der Meinung, dass die EIB mit ihren Kreditgeschäften in Afrika die
europäischen Entwicklungsziele und -Strategien unterläuft?

35.    Wenn nein, warum nicht?

36.    Wenn ja, welche Änderungen sind Ihrer Meinung nach nötig?

37.    Welche Erwartungen haben Sie an ein künftiges europäisches Finanzinstrument?

38.    Sind Sie der Meinung, dass den Empfehlungen des Entwicklungsausschusses
des Europäischen Parlaments in Sachen europäischem Finanzinstrument zu
folgen ist?

39.    Wenn nein, was sind Ihre Vorschläge dazu?

40.    Ab wann kann Ihrer Meinung nach eine europäische Entwicklungsbank, die den
Namen   auch   verdient   (das   heißt,   dementsprechend   kohärent   zu   den
europäischen Entwicklungspolitiken ist, die notwendigen Instrumente besitzt und
klar das Ziel der Armutsbekämpfung verfolgt) seriös zu arbeiten beginnen?