3995/J XXII. GP
Eingelangt am
23.02.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Jarolim und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend eines möglichen Justizskandals im Zusammenhang mit der einstigen ÖVP-
Ministersekretärin und ehemaligen Präsidentin und Geschäftsführerin von World Vision
Österreich Frau M. Krones-Taurer.
Nach Angaben der Zeitschrift NEWS
(Nr. 08 vom 23.02.2006) befindet sich Frau M.
Krones-Taurer
nach eigener Auskunft seit 2. Jänner 2006 in gelockertem Vollzug, was
ihr
ein Verlassen der Justizanstalt Schwarzau zwischen 7 Uhr morgens und 18 Uhr
abends
ermöglicht.
Laut Medienberichten
ergibt sich im gegebenen Zusammenhang folgender Sachverhalt:
Krones-Taurer
wurde am 29. September 2004 vom Straflandesgericht Wien wegen
Veruntreuung von
Spendengeldern in der Höhe von 650.000 EUR rechtskräftig von
einem Schöffensenat zu drei Jahren
unbedingter Haftstrafe verurteilt. Dem daraufhin
verfügten Haftantritt binnen einem Monats kam sie nicht nach, im Februar 2005
kam es
zur Ablehnung ihres gestellten Antrags auf Strafaufschub. Im Juni 2005 wurde
sie von
einem Journalisten in einem Wiener
Ringstraßencafé gesichtet, woraufhin ein
neuerlicher Strafantrittsbescheid
ausgestellt wurde, dem sie ebenfalls nicht nachkam.
Mit 08. August 2005 wurde sie per
Haftbefehl - ausgedehnt auf den gesamten
europäischen Raum - gesucht, da sie
ihre Haftstrafe, obschon seit bereits fast
einjähriger Rechtskräftigkeit des
Urteils, wiederum nicht angetreten war und ins Ausland
abtauchte. Weiters konnte sie
unbehelligt als Finanzberaterin tätig bleiben. Gericht und
Justizministerium schoben sich
daraufhin für die gelungene Flucht Frau Krones-Taurers
gegenseitig die Schuld in die Schuhe.
Am 30. August 2005 konnte sie schließlich
inhaftiert werden. Vor dem
Amtsgericht Passau ist weiters ein Verfahren wegen
Scheckbetruges seit Dezember 2005
immer noch gegen sie anhängig. Im Zuge der
damaligen Medienberichterstattung
wurde mehrfach auf Frau Krones-Taurers
bestehende exzellente politische
Kontakte hingewiesen. Im gegebenen Zusammenhang
ergibt sich folgende Rechtslage:
Die Voraussetzungen für die Anhaltung
im gelockerten Vollzug ergeben sich aus § 126
Abs. 1 StVG, wenn zu erwarten ist, dass der/die Insass/in die mit dieser Art
des Vollzu-
ges
verbundenen Vollzugslockerungen nicht missbrauchen werde.
Der Anstaltsleiter
bzw. der von ihm damit beauftragte Bedienstete hat nach § 134 StVG
zu
entscheiden, ob ein/e Strafgefangener/Strafgefangene im gelockerten Vollzug an-
gehalten wird und ob und welche Vollzugslockerung ihm/ihr gewährt werden. Gemäß
dem Sicherungszweck der Haft schließt die Erwartung eines Missbrauchs einer
Voll-
zugslockerung nicht nur die Gewährung der Vollzugslockerung selbst, sondern
über-
haupt die Anhaltung im gelockerten Vollzug aus.
Zweck des
Strafvollzuges nach § 20 (1) StVG ist es unter anderem auch, die
Verurteilten
davon abzuhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen und den Unwert
des
der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens aufzuzeigen. Somit ist im
Einzelfall
die
nach diesen Gesichtspunkten adäquateste Form des Vollzuges für den/die
Inhaftierten/Inhaftierte
zu wählen.
In Anbetracht oben geschilderter
Umstände und der vor Haftantritt bereits
vorhersehbaren
erheblichen Fluchtgefahr Frau Krones-Taurers, die sich im weiteren
bestätigte,
ist es nach Berücksichtigung des Sicherungszweckes des Strafvollzuges und
der
Spezialprävention mehr als fragwürdig, weshalb Fau Krones-Taurer nun in den
seltenen Genuss eines gelockerten Vollzuges gekommen ist. Daher stellen nach
die
unten
gefertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
ANFRAGE:
1.
Wurde vom Justizministerium eine Weisung an den
Anstaltsleiter erteilt, dass Frau M.
Krones-Taurer gelockerter Vollzug zukommen soll?
2.
Wurde auf eine sonstige Art und Weise von Seiten des
Justizministeriums Einfluss
darauf
genommen, dass Frau Krones-Taurer der gelockerte Vollzug zukommen soll?
3.
Wenn
Sie Fragen 1 und 2 mit Nein beantworten: Wie erklären Sie sich die Passage
im oben
genannten
Bericht der Zeitschrift News, wonach
von Seiten des
Landesgerichtes für Strafsachen Wien
festgestellt worden sei, dass die gegenständliche
Entscheidung vom Ministerium gekommen sei?
4.
Wie erklären Sie den Widerspruch zwischen der Auskunft
aus dem Landesgericht für
Strafsachen Wien und
der in NEWS ebenfalls
zitierten
Feststellung aus dem
Justizministerium,
dass diese Veranlassung nicht vom Justizministerium gekommen
sei?
5.
Welche Ergebnisse hat die laut NEWS-Bericht angekündigte
Überprüfung des
Vorganges
erbracht und welche weiteren Maßnahmen wurden eingeleitet?
6.
Kam
es in der Vergangenheit auch bei ähnlich gelagerten Verurteilungen ebenfalls
zur Erteilung des gelockerten Vollzuges?
7.
Gab es in Ihrer Amtszeit Fälle, dass bei einer
dreijährigen unbedingten Haftstrafe
nach
wenigen Monaten
Strafverbüßung bereits der
gelockerte Vollzug angeordnet
wurde?
8.
Sofern der in der Begründung der Anfrage dargelegte
Sachverhalt, welcher sich auf
Medienberichte
stützt, den Tatsachen entspricht, stellt sich die Frage: Wie wurde von
der entscheidenden Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 126 (1) StVG
begründet?
9.
Hat es im vorliegenden Fall für die Anordnung des
gelockerten Vollzuges zugunsten
von Krones-Taurer Interventionen bei der Justiz gegeben?
10. Wenn ja, von wem?

