4055/J XXII. GP
Eingelangt am 14.03.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Josef Cap
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend die Gefährdung des Hernalser Traditionsbetriebes „Manner" durch höchst
hinterfragenswürdige Pläne des Bundesdenkmalamtes
Die
Firma „Manner" ist der größte Wirtschaftsbetrieb im Bezirk Hernais, einer
der
wichtigsten Traditionsbetriebe in Wien und die Manner-Produkte erfreuen sich
nicht nur in
Österreich, sondern in zahlreichen Ländern dieser Welt hoher Beliebtheit.
Dieser Wiener
Traditionsbetrieb ist an seinem Hernalser
Standort einer der letzten aktiven Industriebetriebe
im Westen Wiens und für die Arbeitsplätze nicht nur in Hernals von hoher
Bedeutung.
Auf
Grund der wirtschaftlichen Dynamik kann die Firma Manner wie nahezu jede andere
dazu gezwungen sein, rechtzeitig der
technologischen Entwicklung Rechnung zu tragen und
Umbauten vorzunehmen.
Auf
Grund des ausgezeichneten Rufes der Firma und ihrer Produkte, auf Grund der
Innovationsfreude der Eigentümer und des Managements und dessen
wirtschaftlichen
Fähigkeiten und nicht zuletzt der hohen Einsatzbereitschaft und des Fleißes der
gesamten
Belegschaft brauchte sich die Firma unter normalen Umständen keine Sorgen um
die
wirtschaftliche Zukunft ihres Betriebsstandortes zu machen. Diese
wünschenswerten
normalen Umstände werden aber ins Wanken
gebracht und konterkariert durch ein höchst
fragwürdiges Vorhaben des Bundesdenkmalamtes: Bereits im Mai 2005 wurde
dem
Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien mitgeteilt, dass das
Bundesdenkmalamt
„gemäß § 1 und §3 des Denkmalschutzgesetzes
beabsichtigt, die Anlage Manner-Fabrik in
Wien 17., Wilhelminenstraße 6, Ger. Bez. Hernals, wegen Ihrer
geschichtlichen,
künstlerischen und kulturellen Bedeutung in
Teilen, wegen öffentlichen Interessen an ihrer
Erhaltung, unter Denkmalschutz zu stellen."
Diese beabsichtigte „Unterschutzstellung" würde nicht nur - was vielleicht noch vertretbar
wäre - die Fassade betreffen, sondern würde einen schwerwiegenden Eingriff in das
Gebäudekonglomerat insgesamt bedeuten und somit wirtschaftlich notwendige Neuerungen,
aber auch Veränderungen im Bereich des Arbeitnehmerinnenschutzes weitgehend
verunmöglichen.
Die Stadt Wien hat - was die Unterzeichner dieser Anfrage sehr begrüßen - eindeutig gegen
das oben genannte Vorhaben des Bundesdenkmalamtes Stellung
bezogen.
Im Folgenden sei die Begründung der MA 19 - Architektur
und Stadtgestaltung im Auszug
dargestellt:
„Dieses
hier skizzierte Gebäudekonglomerat spiegelt die jahrzehntelange Entwicklung der
Firma Josef Manner an diesem Standort wider. Dieser Wiener Traditionsbetrieb
mit dem
Steffel als Markenzeichen ist an diesem Standort im Westen Wiens einer der
letzten aktiven
Industriebetriebe nicht nur in dieser Branche sondern insgesamt. Die Sicherung
der
Arbeitsplätze ist generell und speziell für die unmittelbare Umgebung sehr bedeutsam. Dem
entsprechend
ist die aktuelle und zukünftige betriebsstrukturelle Anpassungsfähigkeit zur
Erhaltung des Betriebsstandortes ein wichtiger Aspekt, der sich ja am Gebäudebestand
für
die Vergangenheit ebenfalls ablesen lässt. Unter diesem Ziel der Erhaltung
eines intakten
Betriebes mitsamt seiner baulichen Betriebsanlage muss jedenfalls die
ausreichende
Anpassungsfähigkeit an die betrieblichen
Erfordernisse oberste Priorität genießen. Die Stadt
Wien ersucht diese Umstände bei den weiteren Schritten zu berücksichtigen.
"
Bei
Verwirklichung des Vorhabens des BDA wurde auch öffentlich die Möglichkeit in
den
Raum gestellt, dass die Firma Manner den Betriebsstandort aus Wien in ein
anderes
Bundesland oder gar in das Ausland verlegen
müsste. Im „Kurier" vom 11. März 2006 sagte
Manner-Vorstandsmitglied, Michael
Baumgärtner, zu diesem Thema ,Eine von uns nicht
gewünschte Absiedlung aus
Wien würde bis zu 70 Millionen Euro verschlingen. Das können
wir uns nicht leisten".
Im
„worst-case" hätte das Bundesdenkmalamt zwar seinen Willen durchgesetzt
und den
Betrieb „unter Schutz gestellt", aber
damit einen blühenden Produktionsstandort ernsthaft
wirtschaftlich gefährdet. Damit verbunden wäre im schlimmsten Fall der mögliche
Verlust
von rund 500 Arbeitsplätzen und die Vernichtung der Existenz eines die
Identität Wiens
mitprägenden Musterbetriebsstandortes.
Sollte die schwere wirtschaftliche Beeinträchtigung des
Betriebsstandortes die zwingende und
rechtlich absolut
erforderliche Konsequenz der gegebenen Gesetzeslage sein und sollte die
Gesetzeslage zwingend jede andere, vernünftige Vorgangsweise ausschließen, so
wäre die
ehestmögliche Änderung eben dieser Gesetzeslage durch den Gesetzgeber von
absoluter
Notwendigkeit. Sollte aber - was wohl plausibler und wahrscheinlicher ist -
diese zwingende
gesetzliche Notwendigkeit nicht bestehen, so sind die verantwortlichen Stellen
dringend
aufgefordert, andere Wege zu suchen und insbesondere eine Einstellung des
Verfahrens ins
Auge zu fassen.
In der „Kronenzeitung" vom 11. März 2006 ist in
diesem Zusammenhang die Titelzeile
,Denkmalschutz gefährdet Jobs " zu lesen und weiters: „Denkmalschutz
oder 500
Arbeitsplätze? Diese Frage stellt sich derzeit bei der
Traditionsfirma Manner in Hernals. Das
Unternehmen kann sich baulich keinen Millimeter mehr rühren in der
altehrwürdigen Fabrik
und droht abzuwandern. Dagegen kämpft Finanzstadtrat Rieder mit allen
rechtlichen Mitteln
an".
Im „Kurier" vom selben Tag liest man, dass der von
der Stadt Wien seit Monaten bekämpfte
Denkmalschutzbescheid
für die Mannerschnitten-Fabrik bereits ins Haus stehe.
Die unterzeichneten Abgeordneten stehen einem
Denkmalschutz im vernünftigen Rahmen
grundsätzliche
positiv gegenüber, wobei allerdings jeweils eine Güterabwägung mit den
wirklichen Lebensinteressen der Menschen nicht ausgespart werden sollte.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Bildung,
Wissenschaft und Kultur nachstehende
Anfrage:
1.
Sind
Sie der Auffassung, dass bei der Vollziehung des Denkmalschutzgesetzes
das öffentliche Interesse im Sinn des § 1
leg.zit. in einem Verfahren wie dem
geschilderten auch dann gegeben ist, wenn die öffentliche Zugänglichkeit
der
potenziell unter Schutz gestellten
Gebäudeteile schon aus hygienischen aber auch
sonstigen Gründen nicht gegeben ist und weiters schwerste
wirtschaftliche
Nachteile für den Betriebsstandort zu befürchten sind?
2.
Ist
es Ihrer Auffassung nach gerechtfertigt, Industriebetriebe soweit unter
Denkmalschutz zu stellen, dass der
Betriebsstandort dann aus wirtschaftlichen
Gründen nicht aufrechterhalten werden kann?
3.
Eine wesentliche Voraussetzung für das Überleben von
Industriebetrieben ist, das
sie mit der modernen technologischen Entwicklung schritthalten. Ist es nach
Ihrer
Auffassung
gerechtfertigt, öffentliche Interessen aus „geschichtlichen,
künstlerischen und kulturellen"
Gründen vorzugeben, wenn gleichzeitig damit die
wirtschaftlich unbedingt erforderliche technologische Weiterentwicklung
eines
Industriebetriebes verhindert oder erheblich beeinträchtigt wird?
4.
Sind Ihrer Ansicht nach Industriebetriebe in erster
Linie dazu da, um eine gewisse
museale
Beschaulichkeit zu garantieren, oder sind sie dazu da, um unter
arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsbedingungen vernünftige Produkte zu
produzieren und Arbeitsplätze zu sichern?
5.
Gibt
es von Ihrem Ressort, bzw. der Bundesregierung insgesamt Überlegungen,
Industriebetriebe und insbesondere
Traditionsbetriebe in größerem Umfang unter
der Vorgabe des „öffentlichen Interesses" unter Denkmalschutz zu stellen,
um die
ohnehin bereits bestehende Rekordarbeitslosigkeit in Österreich noch
weiter zu
verschärfen?
6.
Wäre
es Ihrer Ansicht nach gerechtfertigt, bei der Vollziehung des
Denkmalschutzgesetzes Anpassungen im Sinn
des Abeitnehmerlnnenschutzes
hintanzustellen, um den musealen Beschaulichkeitswünschen von
fundamentalistischen Denkmalschützern Genüge zu tun?