4389/J XXII. GP

Eingelangt am 20.06.2006
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Datenspionage im Vorfeld des Bush-Besuches

 

 

So titelte die Tageszeitung „Die Presse“ in ihrem Chronikteil am 20. Juni 2006. Im Artikel selbst wird angeführt, dass die Behörden den Staatsbesuch dazu nutzten, zu Datensätzen aus Patienten- und Kundenkarteien zu kommen. Die Wiener Ärztekammer sieht dadurch die ärztliche Schweigepflicht unterwandert. Beispielsweise hätten bei einem Arzt, dessen Ordination auf der Anfahrtsroute des Präsidenten liegt, Beamte aus dem Innenministerium angerufen und ihn gebeten, die Daten jener Patienten zu nennen, die am 20. und 21. Juni 2006 einen Termin hätten. Laut Angaben des Arztes verlangten die Beamten Name, Geburtsdatum und Adresse.

 

Der Sprecher der Ärztekammer Hans Peter Petutschnig führte zu dem Sachverhalt aus, dass Ärzte, die Patientendaten weitergegeben hätten, sich sogar strafbar gemacht haben.

 

Diese Abfragen des Innenministeriums erfolgten nicht nur bei Ärzten, sondern auch bei gewöhnlichen Geschäften, wo Kundendateien verlangt wurden.

 

Das Innenministerium selbst gab diese Vorfälle zu. „Die Presse“ wörtlich: „Der versuchte Zugriff auf die Patientenlisten von Ärzten wurde bestätigt.“ „Bestimmte Ärzte wurden eingeladen, Patientennamen an uns weiterzugeben“, so ein Sprecher. Darüber hinaus wurde vom Innenministerium angekündigt, dass die Daten unmittelbar nach dem Staatsbesuch vernichtet werden.

 

Diese Vorgangsweise des Innenministeriums gefährdet den Bestand der Grundrechte in Österreich. Ist es diesmal der Besuch von Präsident Bush, der als Begründung für die Grundrechtseingriffe dient, so kann es das nächste Mal eine Sitzung des Europäischen Rates sein, die als Anlass für schwerwiegende Eingriffe in die Grundrechte der BürgerInnen herangezogen wird.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres nachstehende

 

 

Anfrage:

 

 

1.             Wer hat die Weisung bzw. den Befehl erteilt, dass Exekutivbeamte nach Patienten- oder Kundendateien bei Ärzten oder Geschäftsleuten, deren Ordination bzw. Geschäftslokal im Umfeld des Bereiches des Bush-Besuches liegt, ermitteln?

2.             Waren Sie persönlich davon informiert?
Wenn ja, haben Sie dies genehmigt?
Wenn nein, warum wurden Sie nicht informiert?

3.             Wie lautete die genaue Weisung bzw. der genaue Befehl?

4.             Welche Rechtsgrundlage wurde dafür herangezogen?

5.             Wie beurteilen Sie das Spannungsverhältnis zwischen dem Grundrecht auf Datenschutz und der ärztlichen Schweigepflicht zu dieser Vorgangsweise?

6.             Welche Arztpraxen bzw. welche Geschäftslokale waren von diesen Datenermittlungen betroffen?

7.             Wie viele und welche Daten wurden von der Exekutive ermittelt?

8.             In wie vielen Fällen kam es zu einer Verweigerung der Datenübermittlung durch die betroffenen Ärzte bzw. Geschäftsleute?

9.             Wie wurden die Daten und an wen wurden die Daten im Innenministerium übermittelt?
Wer hat die zentrale Datenverwaltung vorgenommen?

10.         Sind die Daten auch an das Einsatz- und Kriseninformationszentrum im BMI übermittelt worden?

11.         Ist es richtig, dass in diesem Einsatz- und Kriseninformationszentrum im BMI auch Vertreter des BMaA und des BMLV vertreten sind?

12.         Haben diese Zugang zu den ermittelten Daten gehabt?
Wenn ja, auf Grund welcher Rechtsgrundlage wofür?

13.         An welche Externen wurde auf Grund welcher Rechtsgrundlage eine Weitergabe dieser Daten vorgenommen?

14.         Können Sie ausschließen, dass an ausländische Behörden oder an ausländische Personen solche Daten weitergegeben wurden?

15.         Nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums würden diese Daten unmittelbar nach dem Staatsbesuch vernichtet werden.
Wer überwacht diese Vernichtung der Daten?

16.         Ist der Rechtsschutzbeauftragte des Innenministeriums beigezogen worden?
Hat der Rechtsschutzbeauftragte diese Datenermittlung genehmigt?

17.         Werden alle Betroffenen von dieser Datenermittlung verständigt werden?
Wenn nein, warum nicht?

18.         Werden die Betroffenen auch von der Vernichtung der Daten verständigt?

19.         Werden Sie diese Datenermittlungen auch bei anderen Anlässen vornehmen?
Wenn ja, bei welchen?
Wenn nein, warum wurde dies beim Besuch von Präsident Bush angeordnet?