4605/J XXII. GP

Eingelangt am 13.07.2006
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Dringliche Anfrage

gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

der Abgeordneten Matznetter

und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend enorm gestiegene Steuerbelastung der österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen

 

Seit dem Jahr 2000 gab es eine deutliche Umverteilung von „unten nach oben“ beziehungsweise von ArbeitnehmerInnen und Klein- und Mittelbetrieben zu internationalen Konzernen und dem internationalen Finanzkapital.

 

Trotz stagnierender Nettolöhne und einer von 58,1 % (1999) auf 54,7 % (2005) gesunkenen Lohnquote ist der Anteil der Lohnsteuer am Gesamtsteueraufkommen um 5,7 % gestiegen.

Die ArbeitnehmerInnen sind doppelt belastet, da die indirekten Steuern (Umsatz-, Verbrauchsteuern etc.) überproportional zur Lohnentwicklung gestiegen sind. Im selben Zeitraum ist der Anteil der Körperschaftssteuer am Steueraufkommen um 15 % gesunken.

 

Die Bilanz in den Jahren 2000-2006 ist für die kleinen und mittleren Unternehmen katastrophal:

Die Einkommensteuer ist trotz rückläufiger Gewinne bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften kaum gesunken. Die Abschaffung der steuerlichen Investitionsbegünstigungen verschlechterte das Investitionsklima. Der Faktor Arbeit wurde so gut wie nicht entlastet, 1,5 Mio. LohnsteuerzahlerInnen gingen bei der Steuerreform 2005 überhaupt leer aus.

Die Bilanz für die internationalen Konzerne und die sie beherrschenden internationalen Finanzkapitalgruppen ergibt hingegen ein anderes Bild.

Das Privileg der Gruppenbesteuerung wurde eingeführt und damit hunderte Millionen Euro an Steuergeschenken den internationalen Konzernen geschenkt.

Die BezieherInnen kleiner Einkommen gingen nahezu leer aus und wurden belastet:

Die Armut ist eklatant gestiegen, die Arbeitslosigkeit auf Rekordständen und die Sozialversicherungsleistungen (insbes. Pensionen) stark gekürzt.

Die Reaktion des verantwortlichen Finanzministers Grasser ist an Zynismus kaum zu überbieten:

"Ich ersuche Sie ganz dringend, sich entlastet zu fühlen"

Karl-Heinz Grasser, Finanzminister, bei der Präsentation des Wirtschaftsberichts der Regierung (Profil, 10.7.2006)

 

 

 

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

Anfrage:

 

 

1.      Warum sollen die österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sich entlastet fühlen, wenn das Lohnsteueraufkommen seit 2000 um 22 % gestiegen ist?

2.      Warum sollen die österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sich entlastet fühlen, wenn das Umsatzsteueraufkommen seit 2000 um 14 % gestiegen ist?

3.      Warum sollen die österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sich entlastet fühlen, wenn seit 2000 das Aufkommen an Mineralölsteuer 33,9 % und das Aufkommen an Energieabgabe um 35,2 % gestiegen ist und Sie sich seit Jahren weigern wenigstens einen Heizkostenzuschuss für die Ärmsten in Österreich zu gewähren?

4.      Warum sollen die österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sich entlastet fühlen, wenn seit 2000 das Aufkommen an  motorbezogener Versicherungssteuer um
35,4 % und das Aufkommen an NOVA um 17,8 % gestiegen ist und Sie die Pendlerpauschale um lächerliche 15 % angehoben haben?

5.      Wie erklären Sie sich den Umstand, dass das reale Nettoeinkommen pro Kopf nur um
1,3 % gestiegen ist, während das reale Bruttoinlandsprodukt in diesem Zeitraum um 7,6 % gestiegen ist?

6.      Wie erklären Sie sich, dass in den Medien Österreich als „Steuer-Oase“ für Ausländer bezeichnet wird? Der Kurier schreibt in seiner Ausgabe vom 11. Juli 2006, dass Ausländer nur 13 Mio. € EU-Zinssteuer zahlen müssen. Stimmt das?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 74a IVm § 93 Abs. 2 GOG verlangt.