551/J XXII. GP

Eingelangt am 18.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Bürgerfreundliche Verwaltung contra Zentralisierungs-Tendenzen des Bundes

Bürgermeister Dr. Heinz Schaden (Salzburg) warnte beim österreichischen Städtetag am
6. Juni 2003 in Linz vor Service-Verschlechterungen für BürgerInnen, so zum Beispiel bei
der Vollziehung des Fremden- und Passgesetzes. Damit zerstört der Bund durch seine
Zentralisierungs-Tendenzen beispielsweise Salzburger Erfolge bei der bürgerfreundlichen
Abwicklung von verschiedenen Behördenverfahren.

Viele Beispiele zeigen auf, dass die Kommunen ihre „Hausaufgaben" in Sachen
Verwaltungsreform erfüllt haben. Verfahren werden rascher, bürgerfreundlicher, billiger, mit
weniger Personal durchgeführt. Dies wird aber nun von Seiten des Bundes unterlaufen.

Die vorliegenden unsinnigen Vorgaben des Bundes würden die österreichischen Kommunen
in verwaltungsökonomischer Sicht um ein Jahrzehnt zurückwerfen.

Konkret nannte der Salzburger Bürgermeister Dr. Heinz Schaden dafür zwei Beispiele:

Fremdenbehörde - Vollziehung des Fremdengesetzes

„Die Fremdenbehörde der Stadt Salzburg hat es seit 1996 durch Verbesserungen im
Verwaltungsablauf als österreichweit erste Fremdenbehörde geschafft, Anträge auf
Verlängerung einer Niederlassungsbewilligung innerhalb einer Stunde zu erteilen.
Möglich wurde das durch:
             -     Zugriff auf EKIS

             -              Online-Verbindungen zum Hauptverband der Sozialversicherungsträger und zum

ZMR

            -            Kein Schriftverkehr mehr

            -            Sofortiger Zugriff auf alle benötigten Daten.

Neben einer kundenfreundlichen Abwicklung unter Beachtung aller Sicherheits-Standards
konnte auch eine Rationalisierungs-Effekt lukriert werden: Der Personalstand bei der

Fremdenbehörde konnte von 16 auf elf MitarbeiterInnen reduziert werden. Für diese Erfolge
wurde die Stadt Salzburg bekanntlich im Jahr 2000 im renommierten Qualitätswettbewerb der
Verwaltungshochschule Speyer mit einem der Hauptpreise ausgezeichnet.

Durch eine Novellierung der Fremdengesetzes dürfen die „Vignetten", die bisher als
Nachweis der Niederlassungsbewilligung ausgestellt und in die Reisepässe eingeklebt
wurden, nur mehr zentral durch die (privatisierte) Staatsdruckerei angefertigt werden.

Das hat für Salzburg zur Folge:

                -       Der Großteil der ca. 7.000 Verfahren jährlich in der Stadt Salzburg kann nicht

mehr im one-stop-Verfahren abgewickelt werden. Der Antragsteller muss

mehrmals zur Behörde kommen.

                -       Mit einer Bearbeitungszeit von acht Wochen muss gerechnet werden.

                -                Damit sind alle Bemühungen zunichte gemacht, und es herrschen dieselben

Zustände wie vor 1996.

                -       Die Verfahren sind wesentlich länger, damit auch teurer. Zusätzlicher

Schriftverkehr fällt an. Auch der Personalbedarf wird wahrscheinlich wieder

steigen. Die Stadt hatte von 16 auf elf Mitarbeiter reduziert.

                -       Den Mehraufwand trägt die Fremdenbehörde, also die Stadtgemeinde."

Reisepässe - Vollziehung des Passgesetzes

„Ähnliches ist durch die Einführung des Hochsicherheitspasses etwa ab 2005 oder 2006 zu
befürchten. Bekanntlich stellt das zu Jahresbeginn 2003 bei der Stadt in Betrieb genommene
Passamt neue Reisepässe innerhalb von 15 Minuten aus. Die „Pass-Rohlinge" stammen von
der Staatsdruckerei. Gleichzeitig mit der von der EU bis 2006 terminisierten Einführung des
„Hochsicherheitspasses" will der Bund die Herstellung der Reisedokumente bei der
Staatsdruckerei zentralisieren. Das wird für die Kundinnen und Kunden des Salzburger
Passamts bedeuten:

                -      kein one-stop-Verfahren

                -                lange Wartezeiten

                -                Druckmonopol bei einem zentralen Konsortium privater bzw. privatisierter

Unternehmer

                -       Die Städte und Gemeinden müssen einen Vertrag zwischen Innenministerium und

der Staatsdruckerei erfüllen, den sie nicht kennen und auf den sie keinerlei

Einfluss haben.

                -                Zahlen müssen die Städte und Gemeinden, leiden müssen die BürgerInnen

Der Bund begründet die Einführung des neuen Passes in erster Linie mit Sicherheits- bzw. mit
technischen Argumenten. Tatsächlich wurden aber bei der Privatisierung der Staatsdruckerei
Überkapazitäten geschaffen, die jetzt auf Kosten der Städte und Gemeinden offensichtlich
gefüllt werden müssen. Auch unter Beachtung der erhöhten Sicherheitsstandards müsste auch
künftig eine dezentrale Pass-Herstellung möglich sein."

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres
nachstehende

Anfrage:

1.         Wie beurteilen Sie als ressortzuständiger und für die Vollziehung zuständiger
Bundesminister die dargestellte Abwicklung des Fremdenrechts?

2.      Ist es richtig, dass Vignetten dann nur mehr zentral durch die Staatsdruckerei
angefertigt werden können?

3.      Ist es richtig, dass derartige Verfahren dann nicht mehr im „one-stop-Verfahren"
abgewickelt werden können?

4.      Ist es richtig, dass dann mit einer Bearbeitungszeit von acht Wochen gerechnet
werden muss?

5.         Teilen auch Sie die Auffassung, dass dadurch Mehrkosten anfallen (z.B.
Personalkosten)? Wenn ja, wer hat für diese aufzukommen?

6.      Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen bzw. vorschlagen, dass Anträge auf
Verlängerung einer Niederlassungsbewilligung weiterhin innerhalb einer Stunde
erteilt werden können?

7.      Ist es richtig, dass in Zukunft die Herstellung der Reisedokumente bei der
Staatsdruckerei zentralisiert wird? Wenn ja, aus welchen Gründen?

8.         Ist es richtig, dass Passausstellungen dann nicht mehr im „one-stop-Verfahren"
abgewickelt werden können?

 

9.      Ist es richtig, dass ab diesem Zeitpunkt Bürgerinnen lange Wartezeiten in Kauf
nehmen müssen?

10.    Was wird Inhaltlich des Vertrages zwischen Innenministerium, Staatsdruckerei und
den Städten sowie Gemeinden sein? Inwieweit können Städte und Gemeinden auf
den Inhalt des Vertrages Einfluss nehmen?

11.    Wer hat für die dadurch verursachten Mehrkosten aufzukommen?

12.    Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, bzw. vorschlagen, dass weiterhin eine
dezentrale Pass-Herstellung (Hochsicherheitspass) unter Beachtung der
vorgeschriebenen Sicherheitsstandards möglich ist?