92/J XXII.GP

Eingelangt am: 07.02.2003

ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Caspar Einem

und Genossen     

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend Vorbereitung auf die Vorlage erster Angebote im Bereich der

Dienstleistungsliberalisierung im Rahmen der GATS-Verhandlungen längstens zum 31. März

2003

Anlässlich der Ministerkonferenz der WTO kamen die für den Handel zuständigen Minister
überein, den im Jahr 2000 begonnenen Verhandlungen über die Dienstleistungen neue
Impulse zu verleihen, indem genaue Fristen für die Einreichung des Erstantrags auf
Marktzugang (30. Juni 2002) und für die Vorlage der ersten Angebote an andere
Mitgliedstaaten (31. März 2003) festgelegt wurden. In Übereinstimmung mit dieser
Entscheidung übergab die EG am 30.6.2002 ihre Erstanträge auf verbesserten Marktzugang
im Dienstleistungssektor an 109 WTO-Mitglieder. Die EG selbst hat seit Juli 2002 zahlreiche
Erstanträge von Drittländern erhalten, die für ihre Dienstleistungsanbieter besseren Zugang
zum Dienstleistungsmarkt der EG anstreben. Weitere Länder bereiten gegenwärtig ihre
Erstanträge vor.

Die EU-Kommission hat am 5.Februar d.J. ihren Vorschlag für das Angebot der EU
präsentiert und darin eine weitere Öffnung von wettbewerbsfähigen Dienstleistungsbranchen,
insbesondere in Sektoren wie Telekommunikation, Finanzdienstleistungen oder Tourismus
vorgeschlagen. Für sensible Bereiche wie Bildung, Gesundheit und audiovisuelle Medien soll
es keine Änderung der gegenwärtigen Situation geben. Über die Vorschläge der Kommission
muss nun bis Ende März EU-intern die Beschlussfassung erfolgen (APA 375, 5.2.2003).
Österreich ist daher auch aufgerufen, zum nunmehr vorliegenden ersten Angebotsentwurf der
Europäischen Kommission Stellung zu nehmen und seine Interessen im
Dienstleistungsbereich zu wahren. Aus diesem Anlass stellen die unterzeichneten
Abgeordneten die nachfolgende

Anfrage

1.   Welche Forderungen auf Marktzugang hat Österreich im Rahmen seines Erstantrages
gestellt?

2.   Welches waren die Gründe für diese Wünsche an die anderen WTO- Staaten?

3.   Inwieweit haben diese österreichischen Forderungen in den Erstanträgen der EG vom
Juli 2002 Niederschlag gefunden?


4.   Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um die österreichische Bevölkerung über die
bevorstehenden Liberalisierungsmaßnahmen zu informieren?

5.   Haben Sie einen strukturierten Dialog mit den Vertretern der Zivilgesellschaft zu den
nun zu entscheidenden Fragen geführt?

6.   Welche Sorgen und Anliegen sind Ihnen dabei vermittelt worden?

7.   In welcher Weise beabsichtigen Sie, diesen Sorgen und Anliegen Rechnung zu tragen?

8.   Haben Sie die Liberalisierungsangebote Österreichs bereits abgestimmt? Wenn ja,
welche Interessensgruppen bzw. Interessensvertretungen waren dabei eingebunden?

9.   Welche Stellungnahme hat dazu die Bundesarbeitskammer abgegeben?

10. Inwieweit sind Sie ihr gefolgt?

11. Inwieweit nicht?

12. Warum?

13. Welche Dienstleistungen beabsichtigen Sie als Angebot Österreichs an die anderen
Mitgliedstaaten der WTO zur Liberalisierung im

-    Bildungsbereich

-    Umweltbereich

-    Bereich Gesundheit und Soziales

-    in den Bereichen Freizeit, Kultur und Sport bzw. audiovisuelle
Dienstleistungen

-    Bereich Verkehrsdienstleistungen, insbesondere in den Bereichen
Binnenschiffsverkehr, Eisenbahnverkehr und Straßenverkehr


-          in den übrigen Bereichen (z.B. Energie-, Postdienstleistungen, Mode 4-Präsenz
natürlicher Personen)

anzubieten?

14. Bei welchen dieser angebotenen Dienstleistungen haben vorab Studien die zu
erwartenden Wirkungen für das österreichische Dienstleistungsangebot untersucht?

15. Welches waren ihre Ergebnisse?

16. Wenn keine derartigen Studien in Auftrag gegeben oder durchgeführt wurden: Worauf
stützen sich Ihre Ansichten von den Vorteilen bzw. Nachteilen, die Österreich
entstehen könnten?

17. Können Sie gewährleisten, dass die vorwiegend von Gemeinden und

Gemeindeverbänden bereit gestellten Dienstleistungen von allgemeinem Interesse
(insbesondere Wasserver- und -entsorgung, Müllbeseitigung) auch nach diesem
Liberalisierungsprozess für alle leistbar und diskriminierungsfrei zugänglich bleiben?

18. Welche konkreten Erfahrungen hat Österreich in jenen Bereichen gemacht, in denen
es schon bisher Verpflichtungen eingegangen ist, d.h. die bereits liberalisiert worden
sind?

-    im Bereich Bildung

-    im Bereich Umwelt

-    Bibliotheken, Archive, Museen und sonstige kulturelle Dienstleistungen

-       Gesundheits- und soziale Dienstleistungen

-       Telekommunikationsdienstleistungen

-        Finanzdienstleistungen

19. Welche konkreten Erfahrungen hat Österreich in jenen Bereichen gemacht, in denen
es bisher - vielfach entgegen der Praxis anderer Länder - keine diesbezüglichen
Verpflichtungen eingegangen ist?

-    im Bereich Bildung

-    im Bereich Postdienste

-    im Bereich Energiedienste

-    im Bereich Sozialversicherung
im Bereich Wasserversorgung

-    im Bereich Verkehr (Schienenverkehr, öffentlicher Personennahverkehr)


20. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um zu gewährleisten, dass öffentliche und
gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen effektiv von den Bestimmungen des GATS-
Abkommens ausgenommen werden?

21. Welche Bereiche der öffentlichen Dienstleistungen zählen Sie zum Begriff der „Public
Utilities" laut einschlägigem horizontalen Vorbehalt der EU-12
Länderverpflichtungsliste?

22. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um zu verhindern, dass es im Zuge der
weiteren Verhandlungen zu einer inhaltlichen Einschränkung des EU-12 Vorbehalts
zu „Public Utilities" kommt?

23. Wie beurteilen Sie den Vorschlag, den die EU-Kommission am 5. Februar d.J.
präsentiert hat? In welchen Punkten deckt sich die Haltung der Kommission mit den
österreichischen Angeboten, in welchen Punkten und aus welchen Gründen vertritt
Österreich eine andere Position?

24. Welchen Abstimmungsmechanismus gibt es mit dem BMaA um sicherzustellen, dass
in der Politik, die Österreich in bezug auf die GATS-Verhandlungen verfolgt, auch die
Zielsetzungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit berücksichtigt
werden?