Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 82

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kampfes ein falsch interpretierter vergilbter Brief gewesen ist (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol), von dem man dachte, man könne ihn zu einer Schmutzkübelkampagne heranziehen.

Heute hatten wir wieder die Hoffnung auf das, was wichtig ist: auf eine klare gemein­same österreichische Linie, eine Europapolitik der Bundesregierung, die nicht im Allein­gang, sondern gemeinsam mit allen Fraktionen dieses Hauses, den Interessenvertre­tungen in den Ländern erarbeitet wird, nicht im abgedunkelten Koalitionskämmerlein, sondern vor den Augen der Öffentlichkeit.

Dem Abgeordneten Lopatka ist es jetzt fast gelungen, diese Erwartungen wieder rück­gängig zu machen, auf jeden Fall zu dämpfen, aber vielleicht, wenn Sie länger in diesem Haus sind, wird es Ihnen auch einmal gelingen, eine Rede zu halten, in der Sie nicht auf alle losgehen. Weil Sie am Schluss Ihrer Rede die Erfahrungen eines langen Lebens zitiert haben: Eine meiner Erfahrungen ist es, dass man denen nicht trauen soll, die immer alles Schlechte nur bei den anderen und alles Gute nur bei sich selbst sehen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, die Anfrage der Grünen und die heutige Sitzung haben ihre Berechtigung. Es stimmt, wir haben sehr oft schon über Details der Verfassung diskutiert, aber die großen Debatten hier im Hohen Haus haben – wenn überhaupt – nur dann stattgefun­den, wenn die Opposition eine Debatte über diese Themen verlangt hat.

Jetzt will ich gar nicht von den ganz großen Fragen sprechen: Was ist die Zukunft der EU? Soll eines Tages daraus ein eigener Staat werden? All diese Fragen wären wahr­scheinlich zu weit, um sie mit letzter Endgültigkeit zu diskutieren. Vielleicht ist auch eine Plenardebatte nicht der richtige Platz dafür. Aber ich habe den Verdacht, dass diese großen Fragen nicht diskutiert worden sind, weil es darunter Punkte gibt, wo die beiden Regierungsparteien nicht einer Meinung sind. Mein Eindruck war es: All die Fragen, wo eine der beiden Parteien näher bei der Opposition als bei der anderen Partei in der Koalition war, hat man nicht diskutiert. Man hat vermieden, dass sie ange­sprochen werden, weil man nicht will, dass Punkte diskutiert werden, wo die Öffent­lichkeit und das Parlament erkennt, dass es hiezu keine wirklich einheitliche Meinung, sondern sogar nur überdeckte Zwiste innerhalb der Koalition selbst gibt.

Aber auch zu den Fragen, die im Moment sehr dringlich sind, haben nicht viele Debat­ten stattgefunden. Warum sind diese Schilder so notwendig? Sie sind notwendig, weil tatsächlich die Frage der Wirtschaftspolitik – und ich möchte sagen: der falschen Wirt­schaftspolitik in der EU – und die Frage der fehlenden Beschäftigungspolitik im Vorder­grund stehen. Es stimmt nicht, wie Abgeordneter Spindelegger vermeinte, dass wir wollen, das diese Fragen stärker nur in der EU entschieden werden sollen, nur: Dort, wo auf europäischer Ebene schon Entscheidungen getroffen werden können, sollen sie in die richtige Richtung und nicht in die falsche Richtung fallen, wie es derzeit der Fall ist. Deshalb relevieren wir diese Fragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: Warum ist es Ihnen so peinlich, wenn wir über das Wasser und den Schutz des Wassers sprechen? – Weil das ein gutes Beispiel dafür ist, wie falsch es ist, innerhalb der EU schrankenlos zu liberalisieren, und weil das ein Punkt ist, wo Sie unseren Vorhaltungen nicht entgegengekommen und auch nicht gefolgt sind. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: O ja!) Auf diesem Gebiet ist ein Manko der österreichischen Haltung festzustellen, und deshalb wollen Sie nicht, dass diese Fragen angesprochen werden.

Oder: Anti-Atompolitik, das ist auch ein gutes Beispiel. Hier haben wir erst vor ein paar Wochen von der Regierungsbank aus gehört: Wir haben in der EU erreicht, dass jeder seine Haltung haben darf. Österreich wird es zugestanden, keine Atomkraftwerke zu haben. Österreich ist es erlaubt, die anderen nicht potentiell zu gefährden. Den ande-


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