1/SBI XXII. GP

Eingebracht am 04.02.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

 

 

 

 

 


Museumstraße 7
1070 Wien

 

BMJ-Pr4528/0001-Pr 1/2005

Briefanschrift

1016 Wien, Postfach 63

An die Parlamentsdirektion

z.H. Mag. Gerhard Kiesenhofer                           e-mail

post@bmj.gv.at

Parlament

1010 Wien                                                                   Telefon                               Telefax

(01) 52 1 52-0"              (01) 52 1 52/2730

Sachbearbeiter              Mag. Stawa

Klappe     2250              (DW)

Betrifft:      Bürgerinitiative Nr. 18

"Für Menschenwürde und gegen Experimente mit dem Leben";
Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz

zur Zahl 17020.0025/9-L1.3/2004

Zur    vom    Ausschuss    für    Petitionen    und    Bürgerinitiativen    im    Wege                  der

Parlamentsdirektion    übermittelten    Bürgerinitiative    Nr.    18    zum    Thema               „Für

Menschenwürde und gegen Experimente mit dem Leben" nimmt das
Bundesministerium für Justiz Stellung wie folgt:

Das Bundesministerium für Justiz vermag die rechtlichen Ausführungen der Petition,
die darauf hinauslaufen, dass ein Klonverbot im österreichischen Recht nicht existiert,
nicht zu teilen. Der allgemeine Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage einer
Fortpflanzungsmedizingesetz-Novelle 2004 (RV 678 BlgNR 22.GP) bringt dies auch mit
folgenden Worten zum Ausdruck: „Im Rahmen der Vorbereitung des vorliegenden
Entwurfs wurde im Hinblick auf mögliche medizinische Entwicklungen auch erörtert, ob
nun auch ein ausdrückliches Klonverbot in das FMedG aufgenommen werden soll. Das
Bundesministerium für Justiz vertritt den Standpunkt, dass ein solches Verbot aus dem
FMedG, insbesondere aus dem § 3 und aus den Bestimmungen über die Verwendung,
Untersuchung und Behandlung von Samen, Eizellen und entwicklungsfähigen Zellen


(§ 9), schon derzeit erschlossen werden kann." Die gegenteilige Auffassung fußt
nämlich auf einer unrichtigen, weil zu engen Auslegung des Begriffes
„entwicklungsfähige Zellen" in § 1 Abs. 3 FMedG. Die genannte Gesetzesstelle wollte
nämlich keinesfalls die Embryonen bloß auf durch Befruchtung entstandene einengen,
sondern - weil eben der Begriff „Embryonen" nicht verwendet wurde - Klarheit darüber
herstellen, dass unter „entwicklungsfähigen Zellen" Embryonen zu verstehen sind. Zur
Zeit der Erlassung des FMedG war die Frage der Eingrenzung der in nächster Zukunft
wahrscheinlich möglichen Genmanipulation am Menschen weitaus wichtiger als die
Frage des in nächster Zeit als unmöglich angesehenen Klonens. Eine historisch-
teleologische Interpretation ergibt durchaus, dass unter § 1 Abs. 3 FMedG alle
Embryonen fallen, wie immer sie auch hergestellt sein mögen. Zur Änderung des
geltenden Klonverbotes finden sich in der RV 678 BlgNR folgende Erläuterungen: „Eine
Neuformulierung des bestehenden Klonverbotes jedoch soll ebenso wie eine
Überarbeitung der Strafbestimmungen, einer zukünftigen Novelle vorbehalten bleiben,
um durch eine weitere - zu diesem Zweck zu führende - Diskussion die Umsetzung der
wesentlichen Anliegen dieser Novelle nicht zu verzögern."

Das Bundesministerium für Justiz vertritt auch den Standpunkt, dass das
1. Zusatzprotokoll zum Übereinkommen von Oviedo über Menschenrechte und
Biomedizin über das Verbot des Klonens menschlicher Lebewesen (ETS no 168) alle
Zwecke des Klonens umfasst, eine Auslegung, die sich auf die Entstehungsgeschichte
des Art. 2 stützt, der eine Ausnahme in seiner abschließenden Fassung nicht vorsieht,
sowie darauf, dass im Zuge der Beratungen die in Art 36 des Übereinkommens von
Oviedo vorgesehene Möglichkeit eines Vorbehaltes entgegen den ursprünglichen
Plänen eröffnet wurde, dafür aber keine Ausnahme vom Anwendungsbereich des
Protokolls gemacht wurde. Die in den Erläuterungen angedeutete Möglichkeit eines
Handlungsspielraums der Mitgliedstaaten bei der Interpretation des Begriffes „human
beeing" ist wegen der ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Interpretation des


Zusatzprotokolls gemäß Art. 3 ZP Klon iVm Art. 29 Übereinkommens von Oviedo
durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte irreführend.

Das geltende FMedG verbietet die Präimplantationsdiagnostik in § 9 Abs. 1. Vor
Vorbereitung einer darüber hinausgehenden Regelung bedarf es - nach den
Wahrnehmungen des Bundesministeriums für Justiz anlässlich der Diskussion über die
letzte Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes - noch einer umfassenden
Diskussion aller Aspekte dieses Problemkreises.

29. Jänner 2005

Für den Bundesminister:

Dr. Wolfgang Fellner

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