5/SBI XXII. GP
Eingebracht am
18.04.2005
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möglich.
Stellungnahme zu Bürgerinitiative

An die
Parlamentsdirektion
zH. Fr. Mag. Barbara Blümel
Parlament
1017 Wien
Name/Durchwahl:
RL Gerda Fuchs-Preiszler/5587
Geschäftszahl:
BMWA-10.107/0002-IK/1a/2005
Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an
die E-Mail-Adresse post@IK1.bmwa.gv.at richten.
Betreff: Bürgerinitiative Nr. 23, Mag. Gerald Putz betr. "Steinbruch Pfaffenberg", Beantwortung
Bezugnehmend auf das ho.
Schreiben vom 15. März 2005, Zl. 17020.0025/5-L1.3/2005 erlaubt sich das
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit folgende Stellungnahme abzugeben:
· Welche Gefahren sind vom Betrieb des Steinbruchs ausgegangen, dass die Berghauptmannschaft Wien veranlasst war, Sicherheitsmaßnahmen aufzutragen?
· Welche fremden Personen bzw. fremden Sachen waren durch den Abbaubetrieb gefährdet?
Wie aus der Begründung des in Rede stehenden
Bescheides der Berghauptmannschaft hervorgeht, hat diese auch Art. II der
Berggesetznovelle 1994, BGBl. Nr. 633 herangezogen. Hiezu ist auszuführen, dass
der Tagbau Pfaffenberg durch die am 1. Jänner 1991 in Kraft getretene
Berggesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 355, dem bergrechtlichen Regime unterstellt
wurde.
Vorher fand darauf die Gewerbeordnung Anwendung.
Aufgrund der Übergangsbestimmungen im § 238 des Berggesetzes 1975 in der
Fassung der Berggesetznovelle 1990 galten die Gewinnungsbewilligungen für die
den Tagbau betreffenden Abbaufelder „Hollitzer I bis VII“ ex lege als erteilt.
Ab 1. Jänner 1995 (in Kraft-Treten der
Berggesetznovelle 1994), bedurfte die Aufnahme sowie nach einer länger als 5
Jahre dauernden Unterbrechung die Wiederaufnahme des Gewinnens grundeigener
mineralischer Rohstoffe in einem Abbaufeld eines genehmigten Aufschluss- und
Abbauplanes. Für Fälle, in denen der Abbau zwischen dem 1. Jänner 1991 (in
Kraft -Treten der Berggesetznovelle 1990) und dem 1. Jänner 1995 (in
Kraft-Treten der Berggesetznovelle 1994) aufgenommen worden war, sah die
Übergangsbestimmung im Art. II der Berggesetznovelle 1994 die Anordnung von
Sicherheitsmaßnahmen nach § 203 Abs.2 des Berggesetzes 1975 auf Antrag einer
von dem Gewinnen betroffenen Partei vor.
Abgesehen davon, dass § 203 Abs. 2 des
Berggesetzes 1975 die Behörde nicht erst dann zum Einschreiten verpflichtete,
wenn eine Gefährdung der Schutzgüter oder eine unzumutbare Belästigung bereits
vorlag, sondern schon dann, wenn eine solche Gefährdung oder Belästigung zu
einem späteren Zeitpunkt zu befürchten war, war die Berghauptmannschaft sohin
auf Grund der angeführten Übergangsbestimmung der Berggesetznovelle 1994
verpflichtet, nach § 203 Abs. 2 MinroG zu prüfen, ob und welche Maßnahmen
anzuordnen sind.
Die von der Berghauptmannschaft mit dem Bescheid
vom 22. Juli 1998 angeordneten Sicherheitsmaßnahmen sind der Beilage zu
entnehmen.
·
Wurde von der
Berghauptmannschaft geprüft, ob der Steinbruch mit dem geltenden
Raumordnungsgesetz im Einklang steht?
Das Ende 1998 außer Kraft getretene Berggesetz
1975 sah keine Möglichkeit vor, die Gewinnung mineralischer Rohstoffe wegen
Widerspruchs zu einer Maßnahme der Landes- oder Gemeindeplanung zu untersagen.
Daher wäre es der Berghauptmannschaft auch bei einem allfälligen Widerspruch
zum "geltenden Raumordnungsgesetz" verwehrt gewesen, den
Steinbruchbetrieb zu untersagen. (Vgl. demgegenüber §§ 82 und 112 des am 1.
Jänner 1999 in Kraft getretenen MinroG, die für Neuvorhaben Abbauverbotszonen,
die sich an der Raumordnung der Gemeinde bzw. des Landes orientieren,
vorsehen).
·
Wurde durch die
Berghauptmannschaft geprüft, ob die umliegenden Siedlungsgebiete durch den
Steinbruchbetrieb beeinträchtigt werden?
Wie der Begründung des in Rede stehenden
Bescheides der Berghauptmannschaft zu entnehmen ist, hatten die
Bergbauberechtigten eine Abbau- und eine Landschaftsplanung vorgelegt, in denen
dem Anrainerschutz besondere Bedeutung beigemessen wurde.
Dass die von der Bergbauberechtigten zum
Anrainerschutz vorgesehenen Maßnahmen auch gegriffen haben, kann folgenden
Ausführungen, die die nunmehr für die Aufsicht zuständige
Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha im Zuge der Beantwortung der
parlamentarischen Anfrage Nr. 2294/J betreffend diesen Tagbau getroffen hat,
entnommen werden:
„Die seit 12.4.2004 im Bereich der Pfaffenbergsiedlung
durchgeführten Luftgütemessungen haben bis 31.8.2004 kein einziges Mal eine
Überschreitung des Grenzwertes von 50 Mikrogramm als Tagesmittelwert laut
Anhang 1 zum IGL für PM10 ergeben. Die Grenzwerte aller übrigen Parameter
gemäß IG-L, ausgenommen Ozon, wurden eingehalten, wobei die Konzentrationen
weit von Grenzwerten entfernt waren. Bei Ozon wurde der Zielwert von 120
Mikrogramm einige Male überschritten. Die Grenzwerte der Informationsschwelle
wurden am 19.8.2004 einmal kurzfristig überschritten. Aufgrund der
Messergebnisse wurden dem Steinbruchbetreiber keine Maßnahmen vorgeschrieben.
Die von je einem Amtssachverständigen (ASV) für Geologie, Schieß- und
Sprengmittelwesen sowie Bautechnik (Statik) eingeholten Gutachten hinsichtlich
der Durchführung von Sprengungen im Steinbruch der Hollitzer Baustoffwerke
Betriebs-Gesellschaft m.b.H. und der Auswirkungen der
Sprengungen auf Gebäude haben Folgendes ergeben:
Sämtliche im Zeitraum zwischen 13.2.2004 und
7.6.2004 durchgeführten Erschütterungsmessungen lagen unter 2,6 mm/sec und
somit deutlich unter dem Richtwert für Häuser der Gebäudeklasse III von 10
mm/sec. Der ASV für Geologie kommt zu dem Schluss, dass entsprechend der ÖNORM
S 9020 schädigende Auswirkungen der von den Sprengungen im Steinbruch ausgehenden
Erschütterungen auf Gebäude im genannten Zeitraum auszuschließen sind. Bei der
Abteilung IV/6, Bergbau-Rechtsangelegenheiten Einsichtnahme in die
Sprengprotokolle durch den ASV für Geologie und den ASV für Schieß- und
Sprengmittel im Zuge einer unangekündigten Überprüfung vor Ort konnten keine
Verstöße gegen die einschlägigen Bestimmungen festgestellt werden.
Der ASV für Bautechnik (Statik) kam aufgrund von
Literatur zu in Schweden durchgeführten Untersuchungen betreffend die
Rissbildung an Gebäuden, die über 10 Jahre keinen Erschütterungen ausgesetzt
waren, zu dem Schluss, dass das Schadensrisiko durch Erschütterungen bei
Schwinggeschwindigkeiten unter 12,5 mm/sec praktisch gleich Null ist.
Gemäß ÖNORM S 9020 betragen die zulässigen
Schwinggeschwindigkeiten zwischen 5 mm/sec (Gebäudeklasse IV) und 30 mm/sec
(Gebäudeklasse I). Die bei mehreren Ortsaugenscheinen vorgefundenen Risse an
den besichtigten Gebäuden wären ohne die Zusatzbelastung (Sprengungen) zu einem
späteren Zeitpunkt auch aufgetreten. Die Zusatzbelastung alleine würde in einem
spannungsfreien Bauteil keinen Riss verursachen.
Aufgrund der obigen Feststellungen wurden vom
ASV für Bautechnik (Statik) folgende Schlussfolgerungen gezogen:
a)
Die Errichtung
eines Bauwerkes führt unvermeidlich zu Spannungen in und zwischen verschiedenen
Bauteilen, als deren Folgen Entspannungsrisse auftreten.
b)
Temperaturänderungen
bilden materialmäßig die bei weitem größte Belastung eines Baustoffes.
c)
Die Belastung
eines Bauteiles durch eine Temperaturdifferenz von 1°C erfordert
Schwinggeschwindigkeitsbeträge von größenordnungsmäßig 10 mm/sec.
d)
Es gibt keine
typischen Sprengschäden, weil die vorhandenen Bauwerksspannungen die
maßgebliche Rolle für die Rissbildung spielen.
Aufgrund der Ausführungen der beigezogenen
Amtssachverständigen kommt die Behörde zu dem Schluss, dass seitens dieser
keine Maßnahmen im Sinne des § 179 MinroG zu ergreifen sind, da die
gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht gegeben sind.
Aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten
und der Tatsache, dass keine Grenzwertüberschreitungen durch Emissionen
vorliegen, kann seitens der BH Bruck an der Leitha keine unzumutbare Situation
für die ansässige Bevölkerung erkannt werden.“
·
Warum wurde die
Erweiterung des Abbaugebietes bewilligt, obwohl für das Projektgebiet keine
Rodungsbewilligung vorlag?
Wie ausgeführt, galten die Gewinnungsbewilligungen für die Abbaufelder Hollitzer bis VII ex lege als erteilt. Auch wurde mit dem Bescheid der Berghauptmannschaft vom 22. Juli 1998 keine Erweiterung des Abbaues bewilligt.
Abgesehen davon liegt eine Rodungsbewilligung
der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha für ein Ausmaß von 24 ha vom 11.
Juli 1958 vor (siehe hiezu auch die im gegenständlichen Bescheid der Berghauptmannschaft
wiedergegebene Stellungnahme des forstfachlichen Amtssachverständigen der
Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha).
· Warum wurde für das Abbauvorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, obwohl die Schwellenwerte des damals geltenden UVPGesetzes überschritten wurden?
Die Beurteilung der Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich war, fiel nicht in die Zuständigkeit der Berghauptmannschaft, sondern in die Zuständigkeit der Landesregierung.
· Wurde von der Berghauptmannschaft die schriftliche Vereinbarung zwischen der Stadtgemeinde Hainburg und dem Steinbruchbetreiber aus dem Jahr 1981, in der die Erhaltung der Bergsilhouette vereinbart wurde, berücksichtigt?
Die Berghauptmannschaft hatte zu prüfen, ob aus Sicht des Personen-, Sach- oder Umweltschutzes Anordnungen nach § 203 Abs. 2 des Berggesetzes 1975 erforderlich sind und -wenn ja -solche Anordnungen bescheidmäßig vorzuschreiben. Eine Anordnung des Inhalts, dass die Unternehmung zur "Erhaltung der Bergsilhouette" verpflichtet ist, wäre daher nur dann zulässig gewesen, wenn dies aus Sicht des Personen-, Sach- oder Umweltschutzes erforderlich gewesen wäre. Im Übrigen ist auszuführen, dass - wie der Begründung des Bescheides der Berghauptmannschaft vom 22. Juli 1998 u. a. zu entnehmen ist -seitens der Unternehmung bei der Abbauplanung der Vermeidung der Einsehbarkeit in den Tagbau von Hainburg aus entscheidende Bedeutung zugemessen wurde.
· Warum wurde die Gewinnungsbewilligung für das Abbaufeld "Hollitzer I" erteilt, obwohl diese Grundstücke sich nicht im Eigentum des Bewilligungswerbers befinden?
Nach § 238 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 galt eine Gewinnungsbewilligung u. a. auch dann als ex lege erteilt, wenn der Bergbauberechtigte zwar nicht Eigentümer der Grundstücke im Abbaufeld war, aber am 1. Jänner 1991 die Abbaurechte im Abbaufeld besaß.
· Warum wurde die Gewinnungsbewilligung für die o. a. Abbaufelder erteilt, obwohl der Abbau bis zu 60m an Siedlungsgebiet heranreicht?
Wie bereits mehrfach ausgeführt, wurden die
Gewinnungsbewilligungen für die Abbaufelder nicht von der Berghauptmannschaft
erteilt, sondern galten ex lege als erteilt.
Beilage
Mit freundlichen Grüßen
Wien, am 14.04.2005
Für den Bundesminister:
Gerda Fuchs-Preiszler
Elektronisch gefertigt.
Anordnungen im Bescheid der
Berghauptmannschaft Wien vom 22. Juli 1998, GZ 12.242/2/98:
1.
Bei
Fortsetzung des Gesteinsabbaues mit unverritzter Oberfläche ist der Mutterboden
und der Abraum abzuschieben und im Tagbaugelände für die spätere Rekultivierung
zwischen zu lagern.
2.
Der
Mutterboden und der Abraum ist mindestens 12 m von der obersten Abbaukante
gemessen abzuschieben.
3.
Der
freigelegte Abraumstreifen entlang der obersten Tagbaukante ist unter
Berücksichtigung des Abbaufortschrittes mitzuführen.
4.
Die Etagen
sind in Abständen von max. 26 m mit einer Breite von mind. 40 m anzulegen.
5.
Die Gewinnung
des Kalksteines hat durch Sprengung zu erfolgen.
6.
Die
Sprenganlage ist als Einreihsprengung auszuführen, wobei die Kopfbohrlöcher mit
einer Vorgabe von max. 6 m, einem Seitenabstand von max. 3,5 m, angeordnet
werden. Die Sohlbohrlöcher sind zwischen den Kopfbohrlöchern auf der tiefer
liegenden Etage anzuordnen. Bei Kopfbohrlöchern und Sohlbohrlöchern mit einem
Durchmesser von 90 mm sind die Kopfbohrlöcher mit 17,5 kg Gelatin Donarit bzw.
Rovolit und 100 kg Rovolan bzw. Lambrit zu laden. Die Besatzlänge muss mind. 15
cm betragen.
7.
Für die
Zündung der Sprengstoffladesäulen sind je Bohrloch und je Zustand des
Bohrloches (nass oder trocken) detonierende Zündschnüre mit 12 g/m (trocken)
und 24 g/m (nass) in Verbindung mit Millisekundenzündern zu verwenden.
8.
Für jedes
Bohrloch ist eine eigene Zündstufe der Millisekundenzünder zu verwenden.
9.
Entlang der
Tagbaugrenzen sind, soweit Absturz gefährdete Böschungen vorliegen,
Einzäunungen von mind. 80 cm Höhe, anzubringen.
10.
Entlang der Tagbaugrenze
sind neben der Einfriedung Tafeln mit dem Hinweis „Das Betreten des
Bergbaugebietes ist Unbefugten gemäß § 9 der ABPV verboten“ aufzustellen.
11.
Förderwege
innerhalb des Tagbaues und Werksplätze sind so Instand zu halten, dass bei
gewöhnlicher Vorsicht niemand Gefahr läuft bei ihrer Benützung Schaden zu
leiden.
12.
Alle
Arbeitsstellen im Tagbau müssen gefahrlos erreichbar sein.
13.
Vor Aufnahme
der Bohrarbeit für die Sohlbohrlöcher sind die Etagenböschungen von lockeren
Gesteinsbrocken zu säubern.
14.
Wenn die
Gefahr von Kopfverletzungen besteht, haben alle Arbeitnehmer bei ihrer
Tätigkeit einen Helm zu tragen.
15.
Sollte für
die Rekultivierung Fremdmaterial erforderlich sein, so ist zur Kontrolle dieses
zugeführten und bewuchsfähigen Materials für alle 5000 m³ eine Untersuchung
vorzunehmen. Zu diesem Zweck ist von einem Organ der mit der Untersuchung
betrauten staatlichen anerkannten Anstalt eine repräsentative Mischprobe
herzustellen und auf die der ÖNORM S 2072 angeführten Inhaltsstoffe im Eluat
untersuchen zu lassen und zwar auf pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit, Geruch,
Aussehen, GSB, Kohlenwasserstoffe, PAK, BTX, TOC, Gesamtphenole,
Gesamtstickstoff und Ammoniumstickstoff.
16.
Das Eluat des
Fremdmaterials darf die Eluatklasse I gemäß ÖNORM nicht überschreiten.
17.
Der Tagbau
ist alle zwei Jahre mit einer tachymetrischen Geländeaufnahme zu vermessen und
das Vermessungsergebnis in einer Tagbaukarte (in Form einer Mutterpause)
darzustellen. Die Tagbaukarte ist im Maßstab 1:2500 zum Vergleich mit dem
derzeit aktuellen Bestandsplan herzustellen.
18.
Rekultivierungsvorgänge
haben dem Abbau zu folgen. Bei Beginn der Abbauphase 3 muss die
Renaturierungsphase 1 abgeschlossen sein.