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Wien, 31. August 2004

An das Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

Sektion Arbeitsrecht und Arbeitsinspektion

Abteilung 7

 

Stubenring 1

1010   W i e n

 

 

 

 

 

 

Betrifft: Novelle zum land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz;

              GZ: BMWA-462.402/5002-III/7/2004                                                   

 

 

 

 

In der Anlage übersendet der Österreichische Landarbeiterkammertag die Stellungnahme der Landarbeiterkammer Steiermark zum Entwurf einer Novelle des Berufsausbildungsgesetzes und schließt sich vollinhaltlich den dargelegten Ausführungen an.

 

In Ergänzung wird ausgeführt:

 

Zu § 11f Abs.1:

Es ist sachlich nicht einsichtig und nachvollziehbar, weshalb nicht die weitergehende Regelung des Berufsausbildungsgesetzes übernommen wurde.

Angeregt wird auch hier ein direktes Tätigwerden der Trägerorganisation im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung und Kostenersparnis.

 

            Der Vorsitzende:                                                                     Der Generalsekretär:

 

 

Präs. Abg.z.NR Ing. Josef Winkler e.h.                                               Mag. Walter Medosch e.h.

 

          

 


 


Österreichischer Landarbeiterkammertag

zH Hrn. Gen.sek. Mag. Walter Medosch

Marco d’Avianogasse 1

1010 Wien

RECHTSANGELEGENHEITEN

Dr. Robert Knappitsch

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Raubergasse 20

Tel. 0316/ 83 25 07-24

Fax 0316/ 83 25 07-20

E-Mail: r.knappitsch@lak-stmk.at

 

 

Graz, 13. August 2004/Kn/mg

 

 

GZ: BMWA-462.402/5002-III/7/2004

Stellungnahme zum Entwurf einer Novelle mit der das land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz geändert wird

 

 

I.                   Die Stellungnahme bezieht sich auf den Abschnitt 3 a „Integrative Berufsausbildung“ (§§ 11 a bis 11 i) sowie auf die Grundsatzbestimmungen der  Novelle über „Selbständige Ausbildungseinrichtungen“ (§ 2 Abs. 4 und § 15 a) und „Teilprüfungen“ (§ 7 a).

 

1.                    Die Novelle ist formal legistisch gelungen. Während das Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969 die Integrative Berufsausbildung in 22 Absätze eines einzigen Paragraphen gepresst hat, wählt der vorliegende Entwurf eine überzeugendere, übersichtlichere und verständlichere Variante von 9 Einzelbestimmungen (§§ 11 a - 11 i) mit jeweils wenigen und kurzen Absätzen. Zudem sind diese Einzelbestimmungen mit zutreffenden Überschriften versehen.

 

2.                    Inhaltlich positiv ist weiters die Neueinführung von Teilprüfungen. Sie kommt vor allem auch den Lehrlingen und Auszubildenden der Integrativen Berufsausbildung entgegen.

 

3.         Im Folgenden wird zunächst zu einzelnen Bestimmungen kritisch Stellung bezogen. Erst dann werden einige notwendige Ergänzungen vorgeschlagen und schließlich eine Gesamtwürdigung des Entwurfs vorgenommen.

 

II.                 Stellungnahme zu einzelnen Bestimmungen des Entwurfs:

 

  1. Zu § 11c Abs. 1 (Personenkreis):

Für eine Integrative Berufsausbildung in den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben kommen nur Personen in Betracht, die vom AMS weder in ein Lehrverhältnis nach § 5 LFBAG noch in ein solches des § 1 BAG vermittelt werden konnten. Dies stellt gegenüber Lehrlingen nach dem BAG eine Verschiedenbehandlung dar: Nach § 8 b Abs. 4 BAG wird nur auf die erfolglose Vermittlung nach § 1 BAG abgestellt. Diese Vorgangsweise widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz. Hier muss im BAG nachgebessert werden.

 

  1. Zu § 11 g Abs. 1 (Abschlussprüfung bei Teilqualifikation):

Die angezogene Bestimmungen sieht - wie schon § 8 b Abs. 10 BAG - eine Abschlussprüfung innerhalb der letzten 12 Wochen der Ausbildung nach § 11 b vor. Während im BAG jedoch ausdrücklich angeordnet ist, dass diese Abschlussprüfung „auch… im Lehrbetrieb oder in einer sonst geeigneten Einrichtung“ durchgeführt werden kann, fehlt im § 11 g ein derartiger Hinweis.

In den Erläuterungen zu § 11 g wird ausdrücklich auf die Vorteile einer Prüfung im Lehrbetrieb oder in einer besonderen selbstständigen Ausbildungseinrichtung „also in der gewohnten Umgebung“ hingewiesen. Daraus ist wohl zu schließen, dass der Ausführungsgesetzgeber die Prüfung im Lehrbetrieb oder in einer selbständigen Ausbildungseinrichtung vorsehen soll. Ohne jeden Anhaltspunkt im Grundsatzgesetz wird das aber nur schwer möglich sein.

 

  1. Zu § 11 g Abs.5 (Teilprüfungen):

Neu und begrüßenswert ist die Möglichkeit von Teilprüfungen (§ 7 a). Deren Anrechnung wird in der Praxis freilich nicht unproblematisch sein. Lehrlinge und Auszubildende mit Behinderung sind häufig einseitiger begabt bzw. geeignet: Körperliche Einschränkungen führen nicht selten zu besonderen berufsschulischen Leistungen, wie umgekehrt eine geistige Behinderung praktische, soziale und emotionale Vorzüge vor den intellektuellen offen legt. Hier passt dann eine streng durchgeführte Dualität von Lehrbetrieb und Berufsschule, wie sie in § 7 Abs. 2 vorgesehen ist, nicht. Verlangt daher §11 g Abs. 5 die „sinngemäße“ Anwendung dieser Dualität, so wäre im Interesse der Integrativen Ausbildung ein ausdrücklicher Hinweis auf den Verzicht auf die strenge Dualität aufzunehmen in der Form, dass sowohl rein praktische als auch rein berufsschulische Teilprüfungen möglich sind. Zumindest aber sollten eindeutige Schwerpunkte in der einen oder anderen Richtung die Anrechnung auf die Abschlussprüfung nicht verhindern.

 

  1. Zu § 11 a Abs. 4 (Wechsel der Ausbildung):

Ein ganz ähnliches Problem entsteht beim Wechsel der Ausbildung. Ein solcher ist in mehrfacher Hinsicht vorgesehen: zwischen einem Lehrverhältnis nach § 5 und einem Lehrverhältnis nach § 11 a, aber auch einem Ausbildungsverhältnis nach § 11 b. Problematisch ist § 11 b Abs. 4: Demnach kann ein Ausbildungsverhältnis nach §11 b bei einem Wechsel in einen Lehrberuf nach § 11 a oder nach § 5 nur dann als ein erstes Lehrjahr angerechnet werden, wenn sowohl die Abschlussprüfung abgelegt wurde, als auch „das berufsfachliche Bildungsziel der ersten Schulstufe der Berufsschule erreicht“ wurde.

Das wird sich praktisch als äußerst schwierig erweisen, so wird z.B. in einer Ausbildung nach § 11 b häufig auf den Englischunterricht verzichtet werden. Fehlt dieser, so wird das „berufsfachliche Bildungsziel“ nicht erreicht. Wie soll dann eine Anrechnung stattfinden? Also müsste wiederum auf die strenge Dualität verzichtet werden und z.B. eine im Augenblick eingeschränkte Gleichwertigkeit in der Berufsschule gemeinsam mit einer positiven Zukunftsprognose auch reichen. Anderenfalls könnte dieser begrüßenswerte Wechsel wohl kaum stattfinden.

 

  1. Zu § 15 a (Besondere selbstständige Ausbildungseinrichtungen):

Wie schon das BAG, verlangt auch das LFBAG zu Recht, dass eine Integrative Berufsausbildung in erster Linie in Lehrbetrieben stattfinden soll. Wo solche Lehrbetriebe nicht gefunden werden, sollen besondere selbstständige Ausbildungseinrichtungen Abhilfe schaffen.

§ 8 b Abs. 15 BAG sieht ganz bestimmte Voraussetzungen vor, unter denen der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit derartige Ausbildungseinrichtungen genehmigen kann. Hingegen überlässt es § 15 a des vorliegenden Entwurfs zur Gänze dem Ausführungsgesetzgeber, „die Voraussetzung, die Dauer und das Erlöschen der Bewilligung“ festzulegen. Vorgegeben ist durch die Grundsatzgesetzgebung nur, dass die land- und forstwirtschaftliche Lehrlings- und Fachausbildungsstelle für die Bewilligung zuständig ist.

Auch wenn im Vorblatt der Novelle unter Punkt 3 ausdrücklich nicht „mit dem Entstehen neuer selbständiger Ausbildungseinrichtungen“ gerechnet wird und wenn das LFBAG als Materie des Art 12 B-VG nur ein Grundsatzgesetz ist, so fehlen ihm doch die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Genehmigung solcher Ausbildungseinrichtungen. Es empfiehlt sich daher dringend, die in § 8 b Abs. 5 lit. a bis d genannten Voraussetzungen zumindest als Grundsätze in das LFBAG auszunehmen. Andernfalls wäre eine ungenügende Determinierung der Ausführungsgesetzgebung und somit ein Verstoß gegen Art. 18 B-VG gegeben.


 

III.              Aufzunehmen wären im LFBAG Regelungen über:

1.       die Lehrlingsentschädigung für die verlängerte Ausbildungszeit nach § 11 a bzw. eine der Lehrlingsentschädigung entsprechende Entschädigung von Auszubildenden in der Integrativen Berufsausbildung nach § 11 b.

Insbesondere ist unklar, wer bei Verlängerungen um ein bis zwei Jahre nach § 11 a die „verlängerte“ Lehrlingsentschädigung bezahlen soll. Aber auch Auszubildende in der Integrativen Ausbildung nach § 11 b in einem Lehrbetrieb oder in einer Ausbildungseinrichtung müssen angesichts des Gleichheitsgebotes eine der Lehrlingsentschädigung vergleichbare Entschädigung erhalten. Da eine derartige Bezahlung auch Ausdruck der Wertschätzung der Tätigkeit im Lehrbetrieb ist, sollte sie nicht nur aus öffentlichen Mitteln kommen, sondern zu einem gewissen Anteil auch von den Lehrherren selbst.

 

2.       die Bezeichnung der Absolventen einer Ausbildung nach § 11 b.

Vorgeschlagen wird die Bezeichnung der Absolventen einer integrativen Ausbildung nach § 11 b als „teilqualifizierte Fachkraft“.

 

3.       das Verhältnis der neuen Integrativen Berufsausbildung zu den einschlägigen Bestimmungen der Schulgesetze, welche als Aufnahmevoraussetzungen ausdrücklich „körperliche und geistige Eignung“ verlangen (so zum Beispiel §§ 55 und 68 SchOG ; § 3 SchUG; § 12 LFBSchG; § 4 LF-Fachschulgesetz und andere mehr).

Das BAG und das LFBAG setzen zwar ältere gesetzliche Bestimmungen derselben Höhe (einfaches Bundes- oder Landesgesetz) und desselben Regelungszieles inhaltlich außer Kraft, soweit die neue Regelung inhaltlich reicht, jedoch wäre zum Zwecke der besseren Rechtssicherheit ein ausdrücklicher Hinweis in den Schulgesetzen auf die neue integrative Schul- und Berufsausbildung notwendig.

 

4.       eine Fremdevaluierung neben der vorgesehenen Eigenevaluierung für die gesamtintegrative Berufsausbildung durch die land- und forstwirtschaftliche Lehrlings- und Fachausbildungsstelle bis 31.12.2008 nach § 22 Abs. 3 Z. 2 der vorliegenden Novelle.

Zweifellos ist jede Eigenevaluierung sinnvoll. Geht es um so bedeutsame und einschneidende Maßnahmen wie die Behindertenintegration, empfiehlt es sich, wie in vielen anderen Fällen auch, die Eigenevaluierung durch eine von außen kommende, unabhängige Fremdevaluierung zu ergänzen. Die Ergebnisse sind in diesem Fall zumindest weniger anfechtbar.

 

IV.              Gesamtwürdigung

 

  1. Die geplante integrative Berufsausbildung in LFBAG ist ein wichtiger und im Prinzip durchaus beifallswerter erster Schritt in die richtige Richtung.
  2. Wie auch schon im BAG besteht auch bei der vorlegenden Novelle die Gefahr der unangebrachten Verbürokratisierung. Denn um überhaupt in eine Integrative Berufsausbildung aufgenommen zu werden, bedarf es einer ganzen Reihe von bürokratischen Einzelentscheidungen:
    1. der verbindlichen Feststellung, einem Personenkreis nach §11 c Abs. 1 anzugehören;
    2. des Nachweises der Nichtvermittelbarkeit auf herkömmlichen Wege durch das AMS;
    3. der Zuteilung zu einer Ausbildung entweder nach § 11 a oder § 11 b LFBAG;
    4. des Abschlusses eines Lehr- bzw. Ausbildungsvertrages;
    5. der Genehmigung dieses Vertrages durch die land- und forstwirtschaftliche Lehrlings- und Fachausbildungsstelle, die nur erteilt werden darf:

-          wenn eine verbindliche Zusicherung des AMS oder einer anderen gesetzlichen Einrichtung über die Verfügbarkeit einer Berufsausbildungsassistenz vorliegt,

-          wenn sich die Vertragsparteien auf die Ausbildungsziele, Ausbildungsinhalte und die Ausbildungsdauer geeinigt haben und

-          die Berufsausbildungsassistenz, die land- und forstwirtschaftliche Lehrlings- und Fachausbildungsstelle, die Schulbehörde erster Instanz und der Schulerhalter dieser Einigung zugestimmt haben.

 

Es steht außer Zweifel: Weniger ist hier entschieden mehr. Es entsteht der Eindruck, die gute Absicht des Gesetzgebers mit einem bürokratischen Hindernislauf in ihr Gegenteil zu verkehren. Bekanntlich haben die schönsten Absichten recht häufig ihr bürokratisches Begräbnis erster Klasse erlebt. Im Falle der Integrativen Berufsausbildung wäre dies mehr als schade.

Schließlich fehlen immer noch die flankierenden Rahmenbedingungen für die Berufsschule. Das fällt zwar nicht in Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, ist aber für den Erfolg der geplanten, dualen, integrativen Berufsausbildung ganz entscheidend.

 

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

 

Ing. Christian Mandl eh.                                                                            Dr. Ingo-Jörg Kühnfels

Präsident                                                                                                  Kammeramtsdirektor