Bundesministerium für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz Stubenring 1 1010 Wien E-Mail: Claudia.Gabriel@bmsg.gv.at |
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ZAHL |
DATUM |
CHIEMSEEHOF |
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2001-BG-120/27-2004 |
28.9.2004 |
* POSTFACH 527, 5010
SALZBURG |
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landeslegistik@salzburg.gv.at |
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FAX
(0662) 8042 - |
2164 |
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TEL (0662) 8042 - |
2290 |
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Herr Mag. Feichtenschlager |
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BETREFF
Entwurf eines
Bundesgesetzes, mit dem ein Behindertengleichstellungsgesetz erlassen wird
und das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundessozialamtsgesetz
und das Bundesberufungskommissionsgesetz geändert werden; Stellungnahme |
Bezug: Zl BMSG-40101/0008-IV/1/2004
Sehr
geehrte Damen und Herren!
A. Zum Artikel I des im Gegenstand bezeichneten
Gesetzentwurfs gibt das Amt der Salzburger Landesregierung
folgende Stellungnahme bekannt:
I. Allgemeines:
Durch das geplante Vorhaben soll die Richtlinie
2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen
Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf
(im Folgenden als „Richtlinie 2000/78/EG“ bezeichnet) in Bezug auf die
Bekämpfung von Diskriminierungen wegen einer Behinderung umgesetzt und der
damit in Zusammenhang stehenden Entschließung des Nationalrates vom 9. Juli
2003, „den Entwurf für ein Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz möglichst
bis Ende 2003 zu erstellen“, Rechnung getragen. Ein Vergleich des Anwendungsbereiches
der Richtlinie 2000/78/EG mit den Regelungsinhalten des geplanten Vorhabens
zeigt, dass der Rahmen der verpflichtenden Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG
weit überschritten wird: Gemäß Art 1 ist Zweck der Richtlinie 2000/78/EG, einen
allgemeinen Rahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung (unter anderem) wegen
einer Behinderung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung
des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedsstaaten zu schaffen, während
das geplante Vorhaben nicht nur die „Arbeitswelt“ (Artikel 2), sondern das
„Leben in der Gesellschaft“ (Art 1, § 1) bzw „gestaltete Lebensbereiche“ (Art
1, § 6 Abs 3) schlechthin erfasst. Vor dem Hintergrund des erklärten Ziels des
Vorhabens, die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in allen
Lebensvereichen zu fördern, begegnet der umfassende Regelungsbereich des
Vorhabens solange keinen grundsätzlichen Bedenken, als – wie die Erläuterungen
ausführen – „nunmehr das Diskriminierungsverbot nur für jene Bereiche geregelt
(wird), die sich in Bundeskompetenz befinden.“ Bei genauerer Betrachtung des
Geltungsbereichs des Behindertengleichstellungsgesetzes (§ 2) ist das jedoch
gerade nicht der Fall:
Die Erläuterungen berufen sich in kompetenzrechtlicher
Hinsicht auf den Art 10 Abs 1 Z 6, 8, 11, 12 und 16 sowie auf die Art 12 Abs 1
Z 6 und Art 14 B-VG. Gemäß dem geplanten § 2 Abs 1 gelten die Bestimmungen des
Behindertengleichstellungsgesetzes „für die Verwaltung des Bundes
einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten.“ Die Erläuterungen führen dazu aus, dass
vom Verbot der unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung des § 4 „der Bereich der hoheitlichen
Vollziehung und der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes“ und „auch Bereiche,
die von Selbstverwaltungskörpern oder in mittelbarer Bundesverwaltung von den
Ländern vollzogen werden“ umfasst sind. Gemäß § 5 Abs 2 liegt eine mittelbare
Diskriminierung unter anderem vor, wenn Merkmale gestalteter Lebensbereiche
(Barrieren) Menschen mit Behinderungen gegenüber anderen Personen in besonderer
Weise benachteiligen können. Barrierefrei sind gemäß § 6 Abs 3 bauliche und
sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der
Informationsverarbeitung sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für
Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere
Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. §
6 Abs 3 ist wortgleich mit dem § 4 des Vorentwurf (do Zl 44.001/56-1/03). Die
Zielrichtung des Vorentwurfs war jedoch, getragen von dem Befund, dass „gerade
für behinderte Menschen wesentliche Bereiche in die Kompetenz der Länder fallen
und nicht von einem Bundesgesetz umfasst wären“ eine gänzlich andere, nämlich
„die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung unabhängig von einer
kompetenzrechtlichen Zuordnung für alle Lebensbereiche.“ Die Beibehaltung
dieses weiten Verständnisses von „Barrierefreiheit“ macht – vor dem Hintergrund
der Beschränkung des Bundes auf seinen eigenen Kompetenzbereich – das Vorhaben
in verfassungsrechtlicher Hinsicht bedenklich: Von dem im § 2 Abs 1 verwendeten
Begriff der „Verwaltung des Bundes“ ist auch die mittelbare Bundesverwaltung
mit umfasst. Die Kompetenz zur Ausgestaltung der Landesbehörden, auch wenn
diese Angelegenheiten in mittelbarer Bundesverwaltung besorgen, kommt jedoch
dem Landesgesetzgeber als Organisationsgesetzgeber zu. Soweit sich daher der
Geltungsbereich des Vorhabens auf Systeme der Informationsverarbeitung oder,
wie die Erläuterungen näher ausführen, auf „kommunikationstechnische Barrieren“
im Bereich der Verwaltung bezieht, liegt ein Eingriff in die
Gesetzgebungskompetenz der Länder vor. Gleiches gilt auch für die bauliche
Ausgestaltung von Gebäuden und Einrichtungen, in denen Landesbehörden
untergebracht sind.
II. Zu den einzelnen Bestimmungen:
Zu den §§ 9 bis 11:
1. Im § 9 Abs 1 und 2 wird bezüglich der Rechtsfolgen
bei einer Verletzung des Diskriminierungsverbots zwischen dem „Bereich der
Bundesverwaltung“ und den „sonstigen Bereichen“ unterschieden. Das Kriterium
für die Trennung dieser beiden Bereiche ist wohl darin zu sehen, ob durch ein
hoheitliches oder durch ein nicht-hoheitliches Handeln eines Rechtsträgers das
Diskriminierungsverbot verletzt wird. Nur bei diesem Verständnis kann die
unterschiedliche Regelung der Rechtsdurchsetzung entweder bei Behörden
oder
bei den ordentlichen Gerichten nachvollzogen werden. Diese Trennung ist in
Bezug auf die Privatwirtschaftsverwaltung in den §§ 9 bis 11 nicht konsequent
vollzogen: § 9 Abs 1 verweist auf den § 2 Abs 1, der „die Verwaltung des Bundes
einschließlich dessen Träger als Privatrechten“ in den Geltungsbereich des
Vorhabens einbezieht. Auch die Erläuterungen zum § 2 stellen dem „Bereich der
hoheitlichen Vollziehung und der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes“ den
Bereich des „Privatrechts“ (arg.: „zum anderen“) gegenüber. § 10 Abs 1
bestimmt, dass Ansprüche gemäß § 9 Abs 1 bei der Behörde, in deren
Zuständigkeit die Diskriminierung stattgefunden hat, geltend zu machen sind,
„wenn die Diskriminierung in Vollziehung der Gesetze erfolgt ist.“ Das Wesen
der mit „Privatwirtschaftsverwaltung“ umschriebenen (Staats-)Tätigkeit besteht
jedoch gerade darin, dass eine Gebietskörperschaft nicht als Träger
hoheitlicher Befugnisse (also mit „imperium“) auftritt, sondern sich für ihr
Handeln all jener Rechtsformen bedient, die auch jedem anderen
Rechtsunterworfenen zur Verfügung stehen. Gerade das scheint jedoch – wie aus
der Wortfolge „wenn die Diskriminierung in Vollziehung der Gesetzes erfolgt
ist“ im § 10 Abs 1 geschlossen werden kann – nicht gemeint zu sein. Vielmehr
ist hier der weite Bereich der Förderungsvergabe oder der „Daseinsvorsorge“ als
der klassische Bereich der „Privatwirtschaftsverwaltung“ angesprochen. Dieser
Bereich liegt auf Grund seiner allgemeinen Charakteristika jedoch den
„sonstigen Bereichen“ des § 9 Abs 2 näher als dem „Bereich der
Bundesverwaltung“. Diese Sichtweise scheint auch im § 2 Abs 2, der die
„sonstigen Bereiche“ umschreibt, anzuklingen, indem die „Inanspruchnahme oder
Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses“ ausdrücklich
erwähnt wird. Vor diesem Hintergrund bestehen an der Regelung des § 9 Abs 1,
soweit sich diese auch auf die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes bezieht,
gleichheitsrechtliche Bedenken, da der Bund als Träger von Privatrechten
bezüglich der Rechtsfolgen einer Diskriminierung gegenüber den Akteuren in den
„sonstigen Bereichen“ privilegiert ist: Der diskriminierten Person steht
gegenüber dem Rechtsträger kein Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung zu.
2.
Nicht geregelt ist im § 9 Abs 1 und für den Fall, dass die Tätigkeit des Bundes
als Träger von Privatrechten vom Abs
2 erfasst ist, wer für die Folgen einer Verletzung des
Diskriminierungsverbotes einzustehen hat. Im Normalfall wird das der Bund sein,
nicht so einfach liegt der Fall jedoch dann, wenn die „Bundesverwaltung“ durch
ein beliehenes Unternehmen besorgt wird. Hier wäre als Haftungsobjekt auch das
beliehene Unternehmen selbst denkbar.
3.
Unklar ist, wer als „betroffene
Person“ im § 9 Abs 1 anzusehen ist. Aus dem § 10 Abs 3 ergibt sich, dass
darunter nur eine Partei des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens sein kann,
da nur Parteien die Befugnis zur Erhebung eines Rechtsmittels zukommt. Hat
daher eine diskriminierte Person im vorangegangenen Verfahren keine
Parteistellung (erworben), kann diese auch keine Ansprüche gemäß § 9 geltend
machen.
4.
Die Erläuterungen zum § 9 führen aus, dass „Schadenersatz nach österreichischem
Recht grundsätzlich Rechtswidrigkeit und verschulden“ voraus setzt. Dem ist als
weiterer Grundsatz hinzuzufügen, dass die Höhe des Schadens auch die Höhe des
Ersatzes bestimmt. Davon abweichend setzt Abs 3 einen Mindestschadenersatz von
720 € fest; Abs 4 bestimmt gar, dass bei der Bemessung der Höhe des
Schadenersatzes auf „allfällige Mehrfachdiskriminierungen“ Bedacht zu nehmen
ist. Diese Kriterien entstammen jedoch dem Strafrecht (Mindeststrafe und Erschwerungsgründe gemäß § 33 Z
1 und 2 StGB) und sind dem Schadenersatzrecht fremd.
5.
Unklar ist, wer unter der „Behörde, in deren Zuständigkeit die Diskriminierung
stattgefunden hat“, zu verstehen ist. Sollte es sich dabei um jene Behörde
handeln, die eine diskriminierende Entscheidung erlassen hat (etwa eine
Bezirksverwaltungsbehörde, die ein Waffenverbot erlassen hat), hätte diese im
Rahmen einer Entscheidung über geltend gemachte Ersatzansprüche über ihr
eigenes (diskriminierendes) Verhalten zu befinden – eine unbefangene Entscheidung
erscheint unter diesen Bedingungen nur schwer möglich! Besonders augenfällig
wird diese Interessenkollision dann, wenn das Bundessozialamt eine
diskriminierende Entscheidung getroffen hat: Dieses hat dann das
Schlichtungsverfahren „in eigener Sache“ durchzuführen.
B. Zu den Artikeln 2 bis 5 des im Gegenstand
bezeichneten Gesetzentwurfs teilt das Amt der Salzburger
Landesregierung mit, dass dagegen von seinem Standpunkt aus keine
grundsätzlichen Bedenken bestehen.
Gleichschriften dieser Stellungnahme ergehen
ue an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die übrigen Ämter der
Landesregierungen, 25 Ausfertigungen an das Präsidium des Nationalrates
und fünf Ausfertigungen an das Präsidium des Bundesrates.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Landesregierung:
Dr. Heinrich Christian Marckhgott
Landesamtsdirektor
Ergeht nachrichtlich an:
1. – 8. E-Mail
an: Alle Ämter der Landesregierungen
9. E-Mail
an: Verbindungsstelle der Bundesländer post@vst.gv.at
10. Präsidium
des Nationalrates
11. E-Mail
an: Präsidium des Bundesrates peter.michels@parlament.gv.at
12. E-Mail
an: Bundeskanzleramt vpost@bka.gv.at
13. E-Mail
an: Institut für Föderalismus institut@foederalismus.at
14. E-Mail
an: Parlament begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at
zur gefl Kenntnis.