Bundesministerium für

soziale Sicherheit,

Generationen und

Konsumentenschutz

Stubenring 1

1010 Wien

 

 

 

 

 

 

 

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Bearbeiter/in                   

Tel

501 65

Fax

Datum

21.113/26-1/04

SV-GSt

Ivansits/Panhölzl/
Weissensteiner/
Wöss

DW  2695

DW 2273

7.10.2004

 

 

 

 

 

 


Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Pensionsgesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik Finanzierungsgesetz, das Dienstgeberabgabegesetz geändert werden (Pensionsharmonisierungsgesetz)

 

Die Bundesarbeitskammer dankt für die Übermittlung des Gesetzesentwurfs zur „Pensionsharmonisierung“ zur Stellungnahme. Im Folgenden wird im Allgemeinen Teil eine zusammenfassende Einschätzung gegeben, im Besonderen Teil finden sich Anmerkungen zu den einzelnen Gesetzesbestimmungen.

 

Allgemeiner Teil

 

Die Bundesarbeitskammer bekennt sich zu einer Harmonisierung der Alterssicherungssysteme für ArbeiterInnen und Angestellte, Gewerbetreibende, BäuerInnen und BeamtInnen. Hierfür ist aber nicht nur ein einheitliches Pensionsrecht erforderlich, sondern auch eines, das die Pensionen der Jüngeren sichert, ohne die Einkommen der Erwerbstätigen massiv zu belasten, und einen fairen Übergang vom alten in das neue Recht schafft. Mit der „Österreich-Pension“ des ÖGB wurde im August des Vorjahres erstmals ein konkretes und in sich stimmiges Harmonisierungskonzept präsentiert.

 

Der nunmehr vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen vorgelegte Gesetzesentwurf entspricht leider in sehr vielen Punkten nicht unseren Vorstellungen von einer fairen und gerechten Harmonisierung. Im Gegenteil: Bei genauer Durchsicht des Entwurfs wird klar ersichtlich, was spätestens seit dem Scheitern der Verhandlungen der Regierung mit den Sozialpartnern im Juli 2004 zu befürchten war, dass von Fairness und Gerechtigkeit keine Rede sein kann! Die Hauptleidtragenden sind die im ASVG versicherten ArbeitnehmerInnen.

 

Die Hauptkritikpunkte der Bundesarbeitskammer im Überblick:

·         Unzumutbare Pensionskürzungen („Aufdoppelung“ der Verluste im Pensionskorridor)

·         Keine Schutzmaßnahmen wie bei den BundesbeamtInnen (insbesondere kein sozial gestaffelter Schutzdeckel)

 

·         Schlechterstellung der Frauen gleich in mehrfacher Hinsicht (jahrzehntelanger Ausschluss von einem Pensionskorridor und von der neuen Schwerarbeiterregelung, unzureichende Bewertung der Kindererziehungszeiten)

 

·         Unbefriedigende Sonderregelungen für sogenannte „HacklerInnen“ und für SchwerarbeiterInnen (viele, die schwere Arbeiten verrichten, sind von vornherein nicht erfasst, die Definition der „Schwerarbeit“ ist nach wie vor ausständig)

 

·         Massive Ungerechtigkeiten im Übergangsrecht (abrupte Übergänge, fehlende Einschleifregelungen)

 

·         Unnötige Komplizierung der Pensionsberechnung (die in der Pensionsreform 2003 angelegten Pensionskürzungen sind weiterhin durch einen Verlustdeckel gedämpft, der auf die Rechtslage vor der Reform Bezug nimmt - was wiederum über Jahrzehnte allein für die Ermittlung der „Altpension“ äußerst komplizierte Berechnungen erforderlich macht)

 

·         Keine Beitragsgerechtigkeit (17,5 % Beitrag für Gewerbetreibende und 15 % für die Bauern gegenüber 22,8 % für ASVG-Versicherte und das erst nach etlichen Jahren)

 

·         Keine arbeitsmarktpolitischen Begleitmaßnahmen (obwohl zu erwarten ist, dass in den kommenden Jahren die Arbeitslosigkeit bei älteren ArbeitnehmerInnen und der Druck auf die Jugendbeschäftigung erheblich steigen werden)

 

Das neue „Pensionskonto-Recht“ basiert in zentralen Punkten auf Vorschlägen von AK und ÖGB bzw auf dem Konzept der „Österreich-Pension“ (leistungsdefiniertes Pensionskonto, Aufwertung der erworbenen Pensionsanwartschaften mit einem Lohnindex etc).

 

Der Entwurf hebt sich damit in Teilbereichen durchaus positiv von der „Pensionsreform 2003“ ab, in der durch Beibehaltung der schlechten Aufwertungsfaktoren bei gleichzeitiger Ausweitung des Bemessungszeitraumes auf 40 Jahre Kürzungen der Pensionen um 30 bis 40 % vorgesehen waren. Erst auf Druck der Öffentlichkeit wurde am Ende eine Begrenzung („Deckelung“) der Verluste vorgenommen.

 

Umso bedauerlicher ist es, dass der im Grundsatz positive Ansatz des neuen „Pensionskonto-Rechts“ im vorliegenden Gesetzesentwurf in zweierlei Hinsicht massiv entwertet wird.

 

Erstens werden im Pensionskonto selbst bestimmte Gruppen deutlich benachteiligt. Hiervon sind vor allem Frauen mit Kindern betroffen, die sehr häufig nach Ende der Elternkarenz etliche Jahre Teilzeit arbeiten (müssen). In diesen Fällen führt die im „Pensionskonto-Recht“ vorgesehene Lebensdurchrechnung zu erheblichen Pensionsminderungen, die durch die vorgesehene Bewertung der Kindererziehungszeiten bei weitem nicht ausgeglichen werden. Die dringend erforderliche Stärkung der eigenständigen Alterssicherung der Frauen wird damit geradezu ins Gegenteil verkehrt!

 

Unsoziale Härten gibt es auch für andere Versichertengruppen, etwa im Zusammenhang mit der Neubewertung der „Ersatzzeiten“ für Personen, die im Laufe ihres Erwerbslebens längere Zeit arbeitslos waren, wie das z.B. bei Beschäftigten in Saisonbranchen häufig der Fall ist, und für alle Versicherten, die keine Arbeit und keinen Anspruch auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung haben und deshalb gezwungen sind, sich mit einer deutlich niedrigeren Pension vorzeitig aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen.

 

Zweitens setzt der vorliegende Entwurf den Übergang in das neue Pensionskonto auf der Pensionsreform 2003 auf – aus Sicht der Bundesarbeitskammer ein denkbar schlechtes Fundament für einen fairen Übergang, weil dadurch ASVG-Versicherte noch viele Jahre lang von unakzeptablen und unsystematischen Pensionskürzungen und Zugangshindernissen betroffen sind.

 

Es ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass die Pensionsreform 1997 für BundesbeamtInnen Schutzbestimmungen vorsieht, die im Rahmen der Pensionsreform 2003 verlängert wurden und so ausgestaltet sind, dass BundesbeamtInnen mit kleinen und mittleren Einkommen (bis ca € 2.500,-), die in den nächsten 20 Jahren in Pension gehen, kaum Verschlechterungen hinnehmen müssen. Erwerbstätigen, die im ASVG pensionsversichert sind, wurde dieser Schutz versagt. Weiters stellen Sonderregelungen im Beamtenrecht sicher, dass ein wesentlich höherer Prozentsatz als im ASVG von der sogenannten Hacklerregelung Gebrauch machen und daher in den nächsten Jahren weitgehend abschlagsfrei mit 60 in Pension gehen kann. Im Übergang in das neue Pensionskonto müsste daher zumindest sichergestellt werden, dass solche sozialen Abfederungen, wie sie für die BundesbeamtInnen in den Pensionsreformen 1997 und 2003 sowie der vorliegenden Pensionsharmonisierung enthalten sind, auch den ASVG-Versicherten zugute kommen. Richtschnur dabei ist die Wahrung bereits erworbener Anwartschaften über alle Berufsgruppen hinweg.

 

Zu den einzelnen Kritikpunkten:

 

Pensionsverluste werden durch Nichteinrechnung der Abschläge im Pensionskorridor in den Verlustdeckel „aufgedoppelt“. Die Abschläge im „Pensionskorridor“ sollen nach den Vorstellungen der Regierung nicht in den Verlustdeckel der Pensionsreform 2003 eingerechnet werden, was für die Betroffenen Pensionskürzungen bis zu 22 % bedeutet! Für die Bundesarbeitskammer ist das deshalb inakzeptabel, weil – anders als das die Regierung darzustellen versucht – in den meisten Fällen keine Chance auf einen längeren Verbleib im Erwerbsleben besteht. Die Tatsache, dass der „Deckel“ für die Verluste aus der „Pensionsreform 2003“ in einem Übergangszeitraum bis 2024 nun doch enger gefasst werden soll (Anstieg von 5 % auf 10 % in einem Zeitraum von 20 Jahren), ändert nichts daran, dass für viele nicht nur eine „Aufdoppelung“, sondern tatsächlich eine Verdoppelung der Verluste erfolgt.

 

Die über 50jährigen sind von den hohen Verlusten besonders betroffen. Die Behauptung von Regierungsvertretern, für über 50jährige gelte ein besonderer Vertrauensschutz und diese seien von den Pensionsplänen der Regierung nicht betroffen, stimmt nicht. Im Gegenteil: Gerade die über 50jährigen ASVG-Versicherten treffen nicht nur die Verluste innerhalb des „Verlustdeckels“, sondern auch die aufgedoppelten Verluste durch die neuen Korridorabschläge. Sie sind, obwohl der Vertrauensschutz bei diesen Versicherten höher anzusetzen ist, vielfach schlechter gestellt als unter 50jährige, weil für diese das Pensionskonto je nach Einkommensverlauf auch günstiger sein kann als das alte Recht. Die Bundesarbeitskammer fordert, dass auch bei älteren ArbeitnehmerInnen auf den Vertrauensschutz Bedacht genommen wird. Zu diesem Zweck sollte die Parallelrechnung für alle Berufsgruppen und für alle Altersjahrgänge rückwirkend mit dem 1.1.2004 in Kraft treten und auf der „Altrechtslage“ zum 31.12.2003 aufsetzen.

 

Frauen sind auf Jahrzehnte vom Pensionskorridor ausgeschlossen. Der geplante „Pensionskorridor“ soll generell erst ab 62 gelten. Das bedeutet, dass der Korridor auf Jahrzehnte nur für Männer Anwendung finden wird, weil Frauen nach dem Bundesverfassungsgesetz aus dem Jahr 1992 bis zum Jahr 2027 eine „Regelalterspension“ noch vor bzw mit Erreichung des 62. Lebensjahres in Anspruch nehmen können. Anders ausgedrückt: Die in der „Pensionsreform 2003“ beschlossene Abschaffung aller vorzeitigen Alterspensionen (und damit – unter Einrechnung der „Pensionsreform 2000“ – die Anhebung des Pensionsalters um insgesamt 5 Jahre) soll für Frauen trotz schlechter Arbeitsmarktchancen „durchgezogen“ werden. Für die Bundesarbeitskammer ist das eine krasse Ungerechtigkeit und auch arbeitsmarktpolitisch nicht vertretbar.

           

Auch Frauen mit Kindern zählen zu den Verlierern der Reform. Im neuen „Pensionskontorecht“ werden die Versicherungszeiten aus dem gesamten Erwerbsleben berücksichtigt. Ein Umstieg auf die „Lebensdurchrechnung“ erfordert aber nicht nur eine faire Aufwertung vergangener Einkommen, sondern setzt auch voraus, dass für Frauen mit Kindern ein angemessener Ausgleich für die im Regelfall beträchtliche Zahl an betreuungsbedingten Teilzeitjahren geschaffen wird, so wie das in der „Österreich-Pension“ des ÖGB vorgesehen ist. Die Regierung ist dazu offenbar nicht bereit. Im Entwurf ist nunmehr pro Kind für maximal vier Jahre der Kindererziehung eine Beitragsgrundlage in der Höhe von lediglich € 1.157,- vorgesehen, was im Normalfall gerade ausreicht, den Pensionsverlust von drei Teilzeitjahren auszugleichen. Nach Ansicht der Bundesarbeitskammer muss das dringend verbessert werden.

 

Der Verlust des Arbeitsplatzes bzw eine längere Arbeitslosigkeit wird zur Pensionsfalle. Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs sollen im „Pensionskonto-Recht“ nur mit 70 % des Arbeitseinkommens bewertet werden, was im Vergleich zur geltenden Rechtslage eine massive Verschlechterung ist. Leidtragende sind unter anderem Langzeitarbeitslose und Beschäftigte in Saisonbranchen. Der Umstand, dass in Zukunft erstmals auch Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Notstandshilfeanspruch (wegen Anrechnung des Partnereinkommens) anerkannt werden sollen, entspricht einer seit langem erhobenen Forderung von Arbeitnehmerseite. Insgesamt kommt es dennoch zu einer deutlichen Entwertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit in der Pensionsversicherung. Nach Auffassung der Bundesarbeitskammer verlangt gerade ein „Pensionskontorecht“ mit einer Lebensdurchrechnung, dass Elemente des sozialen Ausgleichs nicht vernachlässigt, sondern gestärkt werden. Die Aufwertung des Versicherungsprinzips darf nicht zu Lasten des Solidarprinzips in der Pensionsversicherung gehen!

 

Nur wenige, die schwere Arbeit verrichten, erfüllen die Kriterien der „Hacklerregelung“. Anlässlich der „Pensionsreform 2000“ wurde die sogenannte „Hacklerregelung“ eingeführt. Ob jemand als „Hackler“ anerkannt wird oder nicht, hängt allerdings nicht von der Schwere der verrichteten Arbeit ab, sondern allein von der Zahl der erworbenen Beitragsjahre. Lediglich Zeiten des Präsenz-/Zivildienstes, Zeiten des Wochengeldbezugs und Zeiten der Kindererziehung (maximal 5 Jahre) sind den Beitragszeiten gleichgestellt. Wer längere Zeit krank oder arbeitslos war, hat von vornherein keine Chance, die geforderten 45 (Männer) bzw 40 (Frauen) Beitragsjahre mit 60 bzw mit 55 zu erfüllen. Und für Versicherte, die ab Juli 1950 (Männer) bzw ab Juli 1955 (Frauen) geboren sind, soll nach den Vorstellungen der Regierung mit der sogenannten „Hacklerregelung“ überhaupt Schluss sein. Die Bundesarbeitskammer lehnt die „Hackler“-Definition der Regierung und die zeitliche Begrenzung der Regelung ab.

 

Die groß propagierten „Schwerarbeiter-Regelungen“ gehen an vielen SchwerarbeiterInnen vorbei und sind bisher nur Überschriften ohne konkreten Inhalt. In Reaktion auf den Widerstand gegen die Abschaffung der vorzeitigen Alterspensionen im Zuge der Pensionsreform 2003 wurde schließlich noch eine „Schwerarbeits-Regelung“ in den Gesetzestext aufgenommen. Wie schon bei der „Hacklerregelung“ wurde hierbei als Anspruchsvoraussetzung das Vorliegen von 45/40 Beitragsjahren festgelegt. Frühest mögliches Pensionsantrittsalter ist 60 (Männer) bzw 55 (Frauen). Als zusätzliches Kriterium ist normiert, dass von den geforderten Beitragsjahren mehr als die Hälfte anerkannte Jahre der Schwerarbeit sein müssen, wobei Schwerarbeit in einer noch ausständigen Verordnung zu definieren ist. Die Zugangsvoraussetzungen sind also wesentlich enger gefasst als bei der „Hacklerregelung“. Damit sind SchwerarbeiterInnen in aller Regel vom Zugang zu „ihrer“ Schutzregelung ausgeschlossen.

 

Im vorliegenden Gesetzesentwurf ist nun eine weitere Schwerarbeits-Regelung vorgesehen, die in etlichen Punkten von jener der Pensionsreform 2003 abweicht (in Zukunft wird es damit zwei parallele Regelungen geben). Als Anspruchsvoraussetzung ist das Vorliegen von 45 Versicherungsjahren vorgesehen, das frühestmögliche Pensionsantrittsalter soll bei 60 liegen. Beide Kriterien zeigen, dass das neue Recht – so wie es im Gesetzesentwurf angelegt ist – für die kommenden Jahrzehnte lediglich für Männer Bedeutung haben wird. Die Definition der „Schwerarbeit“ ist genau so unklar wie in der Pensionsreform 2003.

 

Wie auch immer die „Schwerarbeit“ letztlich implementiert wird, beide Schwerarbeits-Regelungen gehen jedenfalls völlig an jenen SchwerarbeiterInnen vorbei, die bereits vor Erreichen der Altersgrenzen invalide werden, wie das beim Großteil der Betroffenen der Fall ist. Bleibt es beim Gesetzesentwurf, so werden diese nur eine normale Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension erhalten und damit beträchtlich schlechter gestellt als SchwerarbeiterInnen, welche die Altersgrenzen (gerade noch) erreichen. Ein weiteres massives Problem ist, dass selbst bei einer sehr hohen Zahl an Schwerarbeitsjahren keinerlei Begünstigung wirksam wird, wenn die geforderten 45 Versicherungsjahre nicht erreicht werden. Dazu kommt, dass selbst bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen noch Abschläge (wenngleich in verminderter Höhe) vorgesehen sind.

Die Bundesarbeitskammer fordert dem gegenüber eine faire und systematische Berücksichtigung von Schwerarbeitsjahren im Pensionsrecht.

 

Das Beharren der Bundesregierung auf der grundsätzlichen Beibehaltung der Pensionsreform 2003 führt zu einer extremen Komplizierung der Pensionsberechnung. Bei der Pensionsreform 2003 hat der Gesetzgeber ein Vorgehen gewählt, das nur mehr vor dem Hintergrund der ursprünglich geplanten drastischen Pensionskürzungen nachvollziehbar ist. Da diese Pensionskürzungen (im Endausbau bis zu 40 % und mehr!) bekanntlich nicht durchsetzbar waren, die Regierung gleichzeitig aber zu keinem grundsätzlichen Abgehen vom ursprünglichen Ansatz bereit war, wurden die Verluste letztlich „gedeckelt“. Das hat zur Folge, dass seither zur Ermittlung der letztendlich maßgebenden Pensionshöhe sowohl eine Pension auf Basis des Rechtsstandes nach der Reform 2003 (ohne „Verlustdeckel“) als auch eine Pension auf Basis des Rechtsstandes vor der Reform 2003 gerechnet werden muss. 

 

Der Begutachtungsentwurf sieht nun eine Beibehaltung dieser Vorgangsweise für die Ermittlung der „Altpension“ während eines Jahrzehnte dauernden Übergangszeitraumes vor. Dies hat nicht nur eine völlig unnötige, wesentliche Verkomplizierung zur Folge, sondern bewirkt auch, dass die Maßnahmen der „Pensionsreform 2003“ mit ihren enormen Kürzungen grundsätzlich für Jahrzehnte weiter gültig bleiben, gleichzeitig aber deren (volles) Wirksamwerden durch die Anwendung des Verlustdeckels ausgeschlossen wird. Obwohl die Regierung sich wiederholt öffentlich von den ursprünglichen Kürzungsplänen der Pensionsreform 2003 distanziert hat, ist sie nach wie vor nicht bereit, dem durch entsprechende Rechtsänderungen Rechnung zu tragen, was einer wesentlichen Vereinfachung des Übergangsrechts im Wege steht. Die Bundesarbeitskammer fordert die Bundesregierung auf, sich nicht gegen eine Vereinfachung des Übergangsrechts zu versperren.

 

Im Übergangsrecht sind etliche abrupte Übergänge vorgesehen, die zu grob unsachlichen Differenzierungen führen. Das vorgesehene Pensionsrecht ist nicht nur in vieler Hinsicht unsozial, in vielen Fällen ist es auch sprunghaft und willkürlich. So kann der Umstand, ob jemand einen Tag früher oder später geboren ist, zu dramatischen Unterschieden sowohl beim Pensionsalter als auch bei der Pensionshöhe führen. Die ersatzlose Streichung der „Hacklerregelung“ beispielsweise für ab dem 1.7.1955 geborene Frauen führt zu einer Verschiebung des frühestmöglichen Pensionsantritts um mehr als vier Jahre gegenüber Frauen mit genau dem selben Versicherungsverlauf, die nur einen einzigen Tag früher geboren sind! Ab dem 1.7.1950 geborene Männer, die an sich die Kriterien für die „Hacklerregelung erfüllen würden, erleiden dadurch, dass sie einen Tag „zu spät“ geboren sind, mehr als doppelt so hohe Pensionskürzungen (im Ausmaß um die 20 %!), obwohl sie um zwei Jahre länger auf ihre Pension warten müssen! Nach Auffassung der Bundesarbeitskammer schaut ein gerecht und fair gestalteter Übergang von einem Pensionsrecht in ein neues anders aus.

 

Arbeitsmarktpolitische Begleitmaßnahmen fehlen im Entwurf. Die Pensionsreformen 2000 und 2003 und auch die nunmehrige „Harmonisierung“ haben allesamt gravierende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, ein massiver Anstieg der Altersarbeitslosigkeit – neben der weiteren Verdrängung der Jungen – zeichnet sich ab. Gegensteuernde Maßnahmen und Hilfestellungen für ältere ArbeitnehmerInnen, um einen längeren Verbleib im Erwerbsleben zu ermöglichen, sucht man im Regierungsentwurf aber vergeblich. Die Bundesarbeitskammer fordert daher dringend eine Verbesserung der Arbeitschancen Älterer.

 

Ohne „Beitragsharmonisierung“ kann auch keine Beitragsgerechtigkeit entstehen. Die Bundesregierung konnte sich politisch weder gegenüber den Bauern noch gegenüber den Gewerbetreibenden durchsetzen. Beide Berufsgruppen zahlen weiterhin wesentlich niedrigere Pensionsbeiträge als Versicherte nach dem ASVG. AK und ÖGB können darin keine Harmonisierung der Pensionssysteme sehen. Jeder Bei­tragseuro muss im Pensionskonto gleich viel wert sein.

 

Die Unterschiede zwischen den konkurrierenden Reformvarianten in den finanziellen Auswirkungen sind gering. Regierungsmodell und ÖGB-Modell differieren in der kritischen Zeit zwischen 2020 und 2040 bloß um wenige Zehntelprozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts. Damit erhebt sich aber auch die Frage, weshalb sich die Bundesregierung für ein so kompliziertes und sozialpolitisch fragwürdiges Reformwerk entschieden hat, wo es auch gerechtere und erheblich einfachere Varianten um den gleichen „Preis“ gegeben hätte. Dem ÖGB-Modell einer sofortigen Umstellung auf die Parallelrechnung wird man wohl kaum vorwerfen können, dass es unsystematisch und unverständlich wäre.

 

Die Finanziellen Erläuterungen relativieren auch die angeblich überbordende demografische Belastung der Pensionsversicherung. Sie ist nach den vorliegenden Langfristszenarien weit von den Horrorzahlen entfernt, die beispielsweise von der Weltbank noch vor einigen Jahren im Umlauf gebracht wurden. Die EU hat sie längst revidiert.

 

Nach Durchsicht der Erläuterungen wird man wohl zum Ergebnis kommen müssen, dass sich die Bundesregierung nach der misslungenen Pensionsreform 2003 nunmehr auch bei der Pensionsharmonisierung in erster Linie von budgetpolitischen Überlegungen leiten ließ.

 

Besonderer Teil

 

Zum Allgemeinen Pensionsgesetz (APG):

 

Anmerkungen zu den einzelnen Punkten:

 

Zu § 1 Abs 3 APG:

 

Personen über 50 von der Harmonisierung auszunehmen, schafft angesichts der Aufrechterhaltung der Pensionsreform 2003 nur einen scheinbaren Vertrauensschutz. Dieser ist weit besser durch einen sanften Übergang in das Pensionskonto unter Wahrung der bereits erworbenen Anwartschaften (zum Rechtsstand 31.12.2003) zu gewährleisten. Die Pensionsreform 2003 hingegen kürzt Pensionen bis zu mehr als 20 %, von Vertrauensschutz kann daher keine Rede sein.

 

Die Bundesarbeitskammer tritt dafür ein, die Parallelrechnung sofort mit der Pensionsreform einzuführen und sie auf die Rechtslage am 31.12.2003, also vor der Pensionsreform 2003, aufzusetzen. Das hätte den Vorteil, dass pensionsnahe Jahrgänge nur in einem geringen Umfang vom neuen Recht erfasst sind, während jüngere sukzessive in das Pensionskonto „hineinwachsen“ würden. Es ist nach wie vor das sozialpolitische Ziel von ÖGB und AK, ausgehend von der Rechtslage vor der Pensionsreform 2003 auf der Grundlage eines breiten politischen Konsenses ein Zukunftsmodell zu erarbeiten und es durch die Parallelrechnung wirksam werden zu lassen.

 

Nach dem „Übergangspfad“ des Pensionsharmonisierungsentwurfs erfasst die Parallelrechnung bedauerlicherweise nur die unter 50jährigen und setzt auf der Pensionsreform 2003 auf. Diese Entscheidung hat den Nachteil, dass es  zu erheblichen Verwerfungen in der Pensionshöhe, aber auch beim Pensionsantritt kommt. Ähnliche „Pensionssprünge“ ergeben sich auch bei der Hacklerregelung.

 

Zu § 4 Abs 1 APG:

 

Gemäß § 4 Abs 1 APG besteht Anspruch auf eine Alterspension, wenn bis zum Stichtag mindestens 180 Versicherungsmonate nach diesem Bundesgesetz vorliegen, von denen 84 auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben sein müssen.

 

Die erleichterte Möglichkeit für Frauen, eine Eigenpension zu erwerben („7 Jahre Erwerbstätigkeit sind genug“), kommt nach dem Wortlaut der Bestimmung frühestens in 15 Jahren zur Anwendung (arg: 180 Versicherungsmonate „nach diesem Bundesgesetz“).

 

Diese von der Bundesregierung groß angekündigte Verbesserung für Frauen würden jedoch gerade die heute bereits älteren Versicherten benötigen, die vielfach auf Grund der traditionellen Rollenverteilung in der Vergangenheit ihre Erwerbstätigkeit unterbrochen bzw aufgegeben haben.

 

Die Bundesarbeitskammer spricht sich daher für eine Ausdehnung des Geltungsbereichs dieser Regelung dahingehend aus, dass auch Versicherungszeiten einbezogen werden, die vor dem 1.1.2005 erworben wurden.

 

Zu § 4 Abs 2 APG:

 

Die Korridorpension entspricht in ihrer Konzeption der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer. Sie kann gemäß § 4 Abs 2 APG nach Vollendung des 62. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. Die Regelung gilt jedoch nur für Männer, die drei Jahre vor dem Regelpensionsalter in Pension gehen können. Dagegen soll für Frauen weiterhin der § 607 Abs 10 ASVG zur Anwendung kommen. Das bedeutet, dass das Pensionsalter für die vorzeitige Alterspension – wie in der Pensionsreform 2003 vorgesehen – weiter steigt. Im Ergebnis führt das zu einer Erhöhung des Pensionsalters für Männer gegenüber der Rechtslage 2003 um ein halbes Jahr, für Frauen jedoch um 3 ½ Jahre! Bis zum Jahr 2028 besteht dann für Frauen keine Möglichkeit, vorzeitig in Pension zu gehen!

 

Entgegen den Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen hält die Bundesarbeitskammer diese Regelung für verfassungsrechtlich bedenklich. Die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis zur Pensionsreform 2000, G 300-314/02, beziehen sich auf die gleichzeitige und gleichmäßige Anhebung der unterschiedlichen Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Versicherten. Diese hält der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf den „alles andere als eindeutigen“ Wortlaut des BVG-Altersgrenzen für zulässig. Die weitere Erhöhung des Pensionsalters für die vorzeitige Alterspension durch die Pensionsreform 2003 und den nun vorliegenden Harmonisierungsentwurf betrifft de facto nur Frauen und widerspricht dem BVG-Altersgrenzen.

 

Da die Korridorpension die gleichen Anspruchsvoraussetzungen wie die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer vorsieht, bedeutet ein Pensionskorridor für Frauen mit 57 keine „neuerliche“ Differenzierung, weshalb auch in europarechtlicher Hinsicht die Aufrechterhaltung eines unterschiedlichen Zugangsalters zulässig ist.

 

Die in § 4 Abs 3 APG normierte Schwerarbeitspension stellt eine weitere eklatante Benachteiligung von Frauen dar. Durch die Festlegung der frühestmöglichen Inanspruchnahme mit Vollendung des 60. Lebensjahres ist diese Schwerarbeitspension eine reine „Männerpension“. Für Frauen kommt somit in den nächsten Jahren nur die wesentlich strengere Bestimmung des § 607 Abs 14 ASVG („Schwerarbeitspension alt“) zur Anwendung. Um eine weitere Gleichheitswidrigkeit zu verhindern, müssten die Anspruchsvoraussetzungen angepasst werden.

 

Anhand von drei Sachverhalten werden die Konsequenzen der im Entwurf vorgesehenen Pensionsaltersregelungen für Frauen dargestellt:

 

Ungleichbehandlung 1:

 

Gemäß § 607 Abs 12 ASVG können Frauen, die vor dem 1. Juli 1955 geboren sind, sofern 40 Beitragsjahre vorliegen, mit 55 Jahren eine vorzeitige Alterspension beanspruchen.

 

Die Konsequenzen für Frauen, die nicht 40 Beitragsjahre vorweisen können, sondern beispielsweise „nur“ 40 Versicherungsjahre (zB 39 Beitragsjahre und ein Jahr Ersatzzeit wegen Arbeitslosigkeit), sind beträchtlich. Eine im Juni 1955 geborene Frau mit 40 Versicherungsjahren kann gemäß § 607 Abs 10 ASVG frühestens mit 59 Jahren und zwei Monaten in Pension gehen. Eine Kollegin im gleichen Alter, die nicht arbeitslos wurde, kann bei 40 Beitragsjahren mit 55 Jahren in Pension gehen. Das heißt, Frauen mit Phasen eines Arbeitslosengeldbezuges oder Krankengeldbezuges – die 40 Beitragsjahre auch nicht mehr erreichen können, weil etwa die Arbeitslosigkeit am Ende ihres Arbeitslebens eingetreten ist – haben ein um mehr als vier Jahre höheres Pensionsantrittsalter. Die Gleichheitswidrigkeit dieser Regelung liegt auf der Hand. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, wieso Frauen ein und desselben Jahrganges, die über einen Zeitraum von 40 Jahren gleiche oder nahezu gleiche Beiträge ins Pensionssystem einbezahlt haben, um ein mehr als vier (!) Jahre unterschiedliches Pensionsantrittsalter haben sollen.

 

Ungleichbehandlung 2:

 

Frauen, die ab 1. Juli 1955 geboren sind, können eine vorzeitige Alterspension gemäß § 607 Abs 10 ASVG auch dann, wenn 40 Beitragsjahre vorliegen, frühestens mit 59 Jahren und drei Monaten in Anspruch nehmen. Das Pensionsantrittsalter steigt damit auch bei gleichen Voraussetzungen (40 Beitragsjahre) sprunghaft von 55 um mehr als vier Jahre auf 59 Jahre und drei Monate an. Auch die Gleichheitswidrigkeit dieser Regelung liegt auf der Hand. Einen oder wenige Tage oder Monate später geboren zu sein, kann kein sachlicher Grund dafür sein, ein um mehr als vier Jahre höheres Pensionsantrittalter zu haben.

 

Ungleichbehandlung 3:

 

Gemäß § 607 Abs 14 ASVG können Frauen, die vor dem 1. Jänner 1964 geboren sind, eine vorzeitige Alterspension mit 55 Jahren in Anspruch nehmen, sofern 40 Beitragsjahre, mehr als die Hälfte davon mit Schwerarbeit, vorliegen.

 

Das Pensionsantrittsalter einer Frau, die im Dezember 1963 geboren ist und zB 40 Beitragsjahre und davon 19 Jahre Schwerarbeit vorweisen kann, beträgt 60 ½ Jahre. Das Pensionsantrittsalter steigt damit bei nahezu gleichen Voraussetzungen (40 Beitragsjahren „nur“ 19 Jahre Schwerarbeit) sprunghaft von 55 um mehr als 5 ½ Jahre auf 60 Jahre und sechs Monate an. Auch die Gleichheitswidrigkeit dieser Regelung liegt auf der Hand. Einige Monate weniger Schwerarbeit können – bei sonst gleichen Voraussetzungen – keinesfalls ein um 5 ½ Jahre höheres Pensionsantrittsalter rechtfertigen.

 

Zu § 4 Abs 3 APG:

 

Die Bundesarbeitskammer begrüßt grundsätzlich das Vorhaben eines früheren Pensionsantritts für SchwerarbeiterInnen. Was die Definition von Schwerarbeit betrifft, verweist die Bundesarbeitskammer auf ihre Mitwirkung in der von Bundesminister Haupt einberufenen Arbeitsgruppe „Schwerarbeit“.

 

Als frühestmögliches Pensionsantrittsalter bei 20 Jahren Schwerarbeit ist das 60. Lebensjahr vorgesehen. Die Schwerarbeitsregelung wird damit erstmalig – und in geringfügigem Ausmaß – für Frauen wirksam, die ab dem 2.12.1963 geboren sind. Für Frauen, die vom 2.12.1963 bis 1.6.1964 geboren sind, gelten 60 ½ Jahre als Regelpensionsalter gemäß dem BVG-Altersgrenzen.

 

Für im Dezember 1963 geborene Frauen ergeben sich somit folgende Pensionsantrittsmöglichkeiten:

 

Fall 1: 44 Versicherungsjahre, davon 39 Beitragsjahre mit 35 Jahren Schwerarbeit

a.       Schwerarbeiterregelung alt kommt nicht in Frage, weil keine 40 Beitragsjahre vorliegen

b.       Schwerarbeiterregelung neu kommt nicht in Frage, weil keine 45 Versicherungsjahre vorliegen

c.       Frühestmöglicher Pensionsantritt mit 60 ½ Jahren

 

Fall 2: 40 Beitragsjahre, davon etwas mehr als 20 Jahre Schwerarbeit

Pensionsantritt gemäß Schwerarbeiterregelung alt ist mit 55 Jahren möglich

 

Fall 3: 45 Beitragsjahre, davon 19 Jahre Schwerarbeit

Pensionsantritt gemäß Schwerarbeiterregelung neu ist mit 60 Jahren möglich.

 

Damit sollte auch die Gleichheitswidrigkeit der neuen Schwerarbeitsregelung bewiesen sein. Für Frauen, die im selben Monat geboren sind, gelten völlig unterschiedliche Regelungen. Es ist keine sachliche Begründung dafür erkennbar, dass Frauen mit 39 Beitragsjahren (davon 35 Jahre mit Schwerarbeit) nur zum Regelpensionsalter (hier 60 1/2 ) in Pension gehen können sollen, dagegen Frauen mit 40 Beitragsjahren und etwas mehr als 20 Jahren der Schwerarbeit mit 55 Jahren.

 

Insgesamt zeigen die drei Fälle, wie unsystematisch „Altrecht“ und „Neurecht“ zusammenwirken. Der Grund liegt im Vorenthalten eines vorzeitigen Pensionsantrittes (vor dem Regelpensionsalter) wegen langer Versicherungsdauer und wegen Schwerarbeit für Frauen im Neurecht. Darüber hinaus fehlen einschleifende Übergangsregelungen. 

 

Die Bundesarbeitskammer fordert daher eine Schwerarbeitsregelung, die es auch Frauen ermöglicht, 5 Jahre vor dem jeweiligen Regelpensionsalter bei Erfüllung analoger Voraussetzungen in Pension gehen zu können. Solange das Regelpensionsalter für Frauen 60 Jahre ist, sollte ein Pensionsantritt mit 55 Jahren bei 40 Versicherungsjahren und 20 Jahren Schwerarbeit möglich sein. 

 

Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Zugangsvoraussetzung der „harmonisierten“ Schwerarbeitsregelung bei den BundesbeamtInnen 42 Versicherungsjahre beträgt (§ 15b BDG). Die Bundesarbeitskammer fordert daher ähnlich günstige Zugangsvoraussetzungen zu einer Schwerarbeitspension wie sie für BundesbeamtInnen gelten sollen.

 

Zu § 4 Abs 4 APG:

 

Die Definition eines Schwerarbeitsmonats (Vorliegen von 15 Tagen Schwerarbeit pro Kalendermonat) ist an dieser Stelle verwirrend. § 231 Abs 1 Z 1 ASVG regelt die Verdichtung von Versicherungszeiten zu Versicherungsmonaten. „Jeder Kalendermonat, in dem Versicherungszeiten in der Dauer von mindestens 15 Tagen liegen, ist ein Versicherungsmonat.“

 

Gemäß § 1 Abs 2 APG ist § 231 Abs 1 ASVG jedenfalls auch auf das APG und die Schwerarbeitsregelung anzuwenden. Demnach müsste der Katalog der Versicherungszeiten in § 231 Abs 1 ASVG um Versicherungszeiten der Schwerarbeit ergänzt werden.

 

Zu § 5 APG:

 

Abs 2 regelt unter anderem die Abschläge bei Inanspruchnahme der Schwerarbeitspension. Nach Auffassung der Bundesarbeitskammer sollte die damit beabsichtigte Begünstigung der Schwerarbeit in der Pensionsberechnung nicht über Abschläge, sondern über einen höheren Kontoprozentsatz erfolgen. Ein günstiger Abschlag nützt nur einem sehr kleinen Teil der SchwerarbeiterInnen, nämlich jenem, der eine Alterspension in Anspruch nehmen kann.

 

Die meisten SchwerarbeiterInnen gehen jedoch in die Invaliditätspension, bei der ihnen auch jahrzehntelange Schwerarbeit keinerlei Vorteile bringt. Es erscheint daher nicht zuletzt auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht erforderlich, die Entschädigung für die kürzere Lebensdauer und niedrigere Lebensqualität von SchwerarbeiterInnen über höhere Steigerungsprozentsätze zu regeln. Zu diesem Zweck müsste ein Zuschlag zum Steigerungs- bzw Kontoprozentsatz eingeführt werden, um den die Leistung zu erhöhen ist. 

 

Im nachstehenden Beispiel soll auf diese Problematik des Entwurfs näher eingegangen werden:

 

1.  Pensionsantritt mit 60 Jahren gemäß der Schwerarbeiterregelung bei 45 Versicherungsjahren (davon 40 Schwerarbeit); Durchschnittseinkommen der 45 Jahre: € 1.000,-

Pensionshöhe: 45 x 1,78 = 80,1 von € 1.000,- =                € 801

Abschläge bei Schwerarbeiterregelung: 0,85 x 5 =             4,25 %

Pensionshöhe nach Abschlag: 95,75 % von 801,- =           € 767,-

 

Pensionsantritt mit 59 ½ Jahren wegen Invalidität (zB Arbeitsunfall), bei 45 Versicherungsjahren, davon 40 Schwerarbeit, Durchschnittseinkommen der 45 Jahre:  € 1.000,-

Pensionshöhe: 45 x 1,78 = 80,1 von € 1.000,- =                € 801

Abschläge bei Invalidität: 4,2 x 5 = 21max 15                    15 %

Pensionshöhe nach Abschlag: 85 % von 801,- =                € 681,-

 

Bei völlig gleichen Voraussetzungen entstehen somit beträchtliche Ungleichheiten, je nach dem, ob eine Pension nach der Schwerarbeitsregelung oder nach dem Invaliditätsrecht in Anspruch genommen wird. Bei 40 Jahren Schwerarbeit beträgt der Unterschied 12,65 % (Differenz zwischen 4,25 % und 15 % Abschlag).

 

Bei 15 Jahren Schwerarbeit beträgt der Unterschied 5,6 % (Differenz zwischen 10,25 % und 15 % Abschlag).

 

Die Bundesarbeitskammer regt an, dass Invalide, die mindestens 15 Jahre Schwerarbeit geleistet haben und inklusive Zurechnungsmonaten 45 Versicherungsjahre erreichen, zu ihrer Invaliditätspension einen Zuschlag erhalten. Das Ausmaß des Zuschlages könnte sich nach dem Ausmaß der Verminderung des Abschlages richten: bei 15 Jahren Schwerarbeit ein Zuschlag von 5,6 % zu der gemäß § 6 APG bemessenen Invaliditätspension, bei 40 Jahren Schwerarbeit ein Zuschlag von 12,6 %;  zwischen 15 und 40 Jahren Schwerarbeit ist der Zuschlag linear zu interpolieren.

 

Die Mindestversicherungszeit von 45 Versicherungsjahren führt in vielen Fällen zur Ungleichbehandlung: Mit 45 Versicherungsjahren, davon 15 Jahre Schwerarbeit, können die Begünstigungen der Schwerarbeitsregelung in Anspruch genommen werden. Mit 44 Versicherungsjahren, davon 40 Jahre Schwerarbeit, nicht.

 

Abhilfe könnte eine flexible Regelung der Mindestversicherungszeit schaffen. Pro Jahr weniger an Versicherungsjahren erhöht sich die Zahl der geforderten Schwerarbeitsjahre um ein Jahr. Bei 44 Versicherungsjahren müssen dann mindestens 16 Jahre Schwerarbeit vorliegen, bei 40 Versicherungsjahren sind mindestens 20 Jahre Schwerarbeit notwendig.

 

Die Abschlagsregelung in Verbindung mit § 4 Abs 3 APG ist missverständlich formuliert, Gemäß dem Wortlaut beträgt die Verminderung 0,175 % für jeden Monat des früheren Pensionsantritts, wobei sich dieser Wert für je 12 Monate Schwerarbeit, die über 180 Monate hinausgehen, um 0,05 % vermindert.

 

Gemeint dürfte wohl sein, dass sich der zwölffache Wert von 0,175 % (= 2,1 %) pro 12 Monate Schwerarbeit, die über 180 hinausgehen, um 0,05 %-Punkte verringert. Bei 40 Jahren Schwerarbeit (= 25 Jahre mehr als 15 Jahre) bedeutet das: 25 x 0,05 = 1,25 %-Punkte; 2,1 % - 1,25 %-Punkte = 0,85 % pro Jahr des früheren Antritts

 

Zu § 6 Abs 2 APG:

 

Die Beibehaltung der impliziten 60 %-Begrenzung in den neuen Berechnungsvorschriften für Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen perpetuiert ein niedriges Sicherungsniveau für Personen, die relativ jung invalid werden. Es wird vorgeschlagen, diese Begrenzung fallen zu lassen.

 

Weiters wird vorgeschlagen, Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit mit der Aufwertungszahl anzupassen, um den Nachteil, den Invalide insbesondere durch die niedrige Bemessungsgrundlage haben, wenigstens teilweise auszugleichen.

 

Zu § 8 APG:

 

Im Zusammenhang mit dem Generalverweis des § 1 Abs 2 APG („pensionsrechtliche Bestimmungen“) stellt sich die Frage, weshalb die Anpassung auch im APG geregelt ist. Die Anpassung der Pensionen müsste mit dem Verweis „pensionsrechtliche Bestimmungen“ jedenfalls erfasst sein.

 

Zu § 10 Abs 2 APG:

 

Bezüglich des Beginns der Kontoführung wäre eine Klarstellung wünschenswert, dass das Pensionskonto auch für Kalenderjahre vor dem Jahr 2005 zu führen ist. Dies könnte mit der Formulierung erreicht werden: Die Kontoführung beginnt mit jenem Kalenderjahr, in dem erstmals ein „Versicherungsverhältnis in der Pensionsversicherung begründet wird oder vor 2005 begründet wurde (..)“

 

Zu § 11 APG:

 

Gemäß § 11 Z 4 und 5 APG wird auf dem Konto die Teilgutschrift und die Gesamtgutschrift ausgewiesen. Im Zusammenhang mit § 5 APG ergibt sich das Ausmaß der monatlichen Bruttoleistung aus der Gesamtgutschrift geteilt durch 14.

 

Mit anderen Worten weist die Gesamtgutschrift die bis zum jeweiligen Zeitpunkt erworbene Jahrespension aus. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte auf dem Pensionskonto auch die bisher erworbene monatliche Bruttoleistung ausgewiesen werden.

 

Zu § 13 Abs 1 APG:

 

Der Inhalt der Kontomitteilung sollte auf Wunsch des Versicherten eine Liste der Teilgutschriften aller vergangenen Jahre enthalten und vor allem auch, wie diese Teilgutschriften gebildet wurden, dh die nominelle Beitragsgrundlagensumme des jeweiligen Jahres, die Aufwertungszahl bis zum Abfragejahr, die aufgewertete Beitragsgrundlagensumme, der Steigerungsprozentsatz und die Teilgutschrift. Damit ließe sich die bisher erworbene Gesamtgutschrift transparent und vertrauensbildend auf einem Informationsblatt (eine Tabelle mit 5 Spalten) darstellen. Die übersichtliche Darstellung der Wirkung der Aufwertung mit der Beitragsgrundlagenentwicklung für weiter in der Vergangenheit liegende Zeiten wäre dazu geeignet, einen guten Teil des verloren gegangenen Vertrauens in die gesetzliche Pensionsversicherung wiederzugewinnen.

 

Inhalt der Kontomitteilung sollte auch die bisher erworbene monatliche Bruttoleistung sein.

 

Zu § 14 APG:

 

Wie Berechnungen der Arbeiterkammer zeigen, drohen Frauen durch die „Lebensdurchrechnung“ in Verbindung mit langen Teilzeitphasen massive Pensionseinbußen. Diese Verluste können durch die im Entwurf vorgesehene Bewertung der Kindererziehungszeiten nicht ausgeglichen werden. Umso notwendiger ist daher eine bessere Anrechnung von Betreuungszeiten in der Pensionsversicherung.

 

Ein vom anderen Elternteil abgeleiteter Anspruch kann dabei keinesfalls Ersatz für eine ausreichende Bewertung der Kindererziehungszeiten bieten. Die Bundesarbeitskammer hat in den Pensionsverhandlungen rein „intrafamilialen“ Umschichtungen von Erwerbseinkommen anstelle einer gesetzlichen Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten immer eine Absage erteilt. Kinderbetreuung muss pensionsrechtlich ausreichend bewertet sein. Es ist verfehlt, den negativen Auswirkungen der Kinderbetreuung auf Frauenpensionen über ein Pensionssplitting entgegenzuwirken und den Staat von einer adäquaten Abgeltung dieser gesellschaftlich notwendigen Arbeit zu entlasten. Die Gesellschaft muss für einen echten Nachteilsausgleich sorgen, dann erst kann über ein Splitting diskutiert werden. Eine aktuelle WIFO-Studie weist nach, dass Frauen mit Kindern im Vergleich zu kinderlosen Frauen deutliche Einkommenseinbußen erleiden (schon bei einem Kind 42 %!), die bis ins Pensionsalter nicht mehr aufgeholt werden können.

 

Unter der Voraussetzung, dass dieser Nachteilsausgleich im Rahmen der Pensionsharmonisierung verbessert wird, sollte die „Übertragung von Gutschriften der Kindererziehung“ nicht so sehr ein Mittel zur Anhebung der Beitragsgrundlagen während der ersten vier Jahre der Kinderbetreuung sein, sondern zusätzliche Kompensation für niedrige Beitragsgrundlagen durch Teilzeitbeschäftigung.

 

Es wird daher angeregt, die Kinderbetreuung im Sinne der Österreich-Pension des ÖGB höher zu bewerten und auf dieser Grundlage ein fakultatives Splitting bis zum 10. Geburtstag des Kindes zuzulassen.

 

Zu § 15 Abs 2 Z 3 APG:

 

Für Schul- und Studienzeiten ergibt sich auf Grund des Entwurfs folgende Systematik:

 

  1. Personen, die am 31.12.2004 schon das 50. Lebensjahr vollendet haben:

Bewertung der Schulzeiten wie bisher (jeweiliger Prozentsatz der Bemessungsgrundlage).

 

  1. Personen, die in die Parallelrechnung fallen und bis zum 31.12.2004 Schulzeiten erworben haben:

Bewertung der Schulzeiten im Altrecht wie unter 1.; Bewertung der Schulzeiten im Neurecht – unabhängig vom Ausmaß der damals entrichteten Beiträge gebühren für Studienzeiten 1,78 % der Höchstbeitragsgrundlage (HBGL) und für Schulzeiten 1,78 % der halben HBGL.

 

  1. Personen, die in Parallelrechnung fallen und ab dem 1.1.2005 Schul- und Studienzeiten erwerben: Sie zahlen für Studienzeiten 22,8 % von 2/3 der HBGL und für Schulzeiten 22,8 % von 1/3 der HBGL. Die Gutschrift beträgt 1,78 % der jeweiligen Beitragsgrundlage.

 

  1. Personen, die zur Gänze ins Pensionskonto fallen und Schul- und Studienzeiten ab dem 1.1.2005 erwerben (siehe Gruppe 3)

 

Typischerweise sind von der Neubewertung des Nachkaufs ohne Risikozuschlag Versicherte betroffen, die derzeit weit unter 30 Jahre alt sind und in 35 Jahren und mehr in Pension gehen werden und vom Pensionskonto voll erfasst sein werden. Die Formel 45/65/80 ist für Akademiker schwer zu „erfüllen“, wenn man davon ausgeht, dass durchschnittlich bis zu einem Alter von 25 Jahren studiert wird. Der Schul- und Studienzeitennachkauf wird durch die „Lebensdurchrechnung“ an Bedeutung gewinnen.

 

Schul- und Studienzeiten wurden seit 1993 von leistungswirksamen Ersatzzeiten in Form von Übergangsregelungen zu freiwilligen Beitragszeiten umgewandelt. Im System der besten 15 Jahre war ein Nachkauf der Schul- und Studienzeiten bei Einbeziehung der steuerlichen Absetzbarkeit eine durchaus attraktive Option für Akademiker, fehlende Beitragszeiten nachträglich einzukaufen. Derzeit bringt ein Nachkauf indes selten einen Vorteil, weil die Verluste durch die Pensionsreform 2003 in der Regel weit über dem Verlustdeckel (5 % bis 10 %) liegen, sodass ein Nachkauf nicht leistungswirksam wird.

 

In der Parallelrechnung werden im Pensionskonto unabhängig vom Ausmaß der im Zeitpunkt des Nachkaufs entrichteten Beiträge für Studienzeiten die Höchstbeitragsgrundlage und für Schulzeiten die halbe Höchstbeitragsgrundlage herangezogen. Im Pensionskontodauerrecht hingegen wird für Schulzeiten ein Drittel der Höchstbeitragsgrundlage und für Studienzeiten zwei Drittel der Höchstbeitragsgrundlage als Beitragsgrundlage herangezogen.

 

Die Bundesarbeitskammer hält es aus bildungspolitischen Gründen für überlegenswert,  wie in der Pensionskontopension der Parallelrechnung zur Bildung der Pensionsgutschrift bei Studienzeiten die Höchstbeitragsgrundlage (obwohl die Beitragsleistung nur auf Basis von zwei Drittel davon erfolgt) und bei Schulzeiten die halbe Höchstbeitragsgrundlage (obwohl die Beitragsleistung nur auf Basis eines Drittels der Höchstbeitragsgrundlage erfolgt) als Bezugsgröße zu verwenden.

 

Die Abschaffung des Risikozuschlages, der im Pensionskonto ohnehin als systemfremd anzusehen wäre, wird von der Bundesarbeitskammer begrüßt.

 

 

 

Zu § 15 Abs 4 und 16 Abs 4 APG:

 

Diese beiden Bestimmungen regeln die Korridorabschläge für die Altpension im Rahmen der Parallelrechung und die Korridorabschläge für diejenigen Personen, die am 31.12.2004 ihr 50. Lebensjahr bereits vollendet haben und daher grundsätzlich nicht vom APG erfasst sind.

 

Gemäß § 15 Abs 4 Ziffer 1 ist für jeden Monat, der zwischen dem Regelpensionsalter und dem frühestmöglichen Alter gemäß § 607 Abs 10 ASVG liegt, die Leistung um 0,35 % pro Monat (§ 261 Abs 4 ASVG) in Verbindung mit dem Verlustdeckel gem § 607 Abs 23 ASVG zu reduzieren.

 

Beispiel: Mann, geboren am 8.10.1949, 40 Versicherungsjahre und Pensionsantritt mit 62 Jahren am 1.11.2011, Bemessungsgrundlage der besten 16,5 Jahre: € 2.000,-

 

Pensionshöhe Rechtslage 31.12.2003

Pensionsantritt mit 62 Jahren

Bemessungsgrundlage (besten 16,5 Jahre):                               € 2.000,-

Prozentsatz vor Abschlag: 40 x 2 =                                           80 %

Abschlag: 3 x 3 =                                                                    9 %-Punkte

Prozentsatz nach Abschlag:                                                     71 %

Pensionshöhe: 71 % von 2.000,-                                               € 1.420,-

 

Pensionshöhe gemäß Pensionsreform 2003 modifiziert:

Bemessungsgrundlage (besten 23 Jahre):                                  € 1.860,-

Prozentsatz: 1,78 x 40 =                                                          71,2 %

Leistung vor Abschlag: 71,2 % von 1.860,- =                              1.324,32

 

Antrittsalter § 607 (10)                                                              64 Jahre

Abschlag innerhalb des Deckels: für 1 Jahr         =                      4,2 %

Leistung nach Abschlag: 95,8 % von 1.324,32 =                         € 1.268,70

 

Vergleichspension nach Rechtslage 31.12.2003

Deckel im Jahr 2011:                                                                6,75 %

Vergleichspension: 93,25 % von 1.420,-                                     € 1.324,15

 

Das Ergebnis der Berechnung gem § 15 Abs 4 Z 1 APG lautet € 1.324,15 weil die Vergleichspension höher ist als die ohne Deckelung berechnete Leistung.

 

Gemäß § 15 Abs 4 Z 2 APG ist diese Leistung weiter zu reduzieren; und zwar für jeden Monat, der zwischen dem Pensionsantrittsalter und dem frühestmöglichen Antrittsalter gem § 607 Abs 10 ASVG liegt, um 0,35 %.


 

Zahl der Monate zwischen 62 und 64:                                        24

Abschlag: 24 x 0,35 =                                                              8,4 %

Pensionshöhe nach Abschlag: 91,6 % von 1.324,15 =                 € 1.212,92

 

Der Verlust gegenüber der Rechtslage zum 31.12.2003 beträgt 14,58 %. Für den Zeitraum von 62 bis 64 Jahre werden die versicherungsmathematischen Abschläge zweimal (!) berechnet, und zwar einmal zur Ermittlung der Vergleichspension, das zweite Mal, indem von der um den Verlustdeckel reduzierten Vergleichspension noch einmal ein versicherungsmathematischer Abschlag in derselben Höhe abgezogen wird.

 

Das Regelwerk zur Berechnung der doppelten Abschläge ist eine Denksportaufgabe der besonderen Art. Die Übersetzung des Gesetzestextes (§ 15 Abs 4 Z 1 und 2 APG) in die Vielzahl der Berechnungsschritte (siehe Beispiel oben) ist selbst von Pensionsexperten kaum mehr zu lösen, den diesem Recht unterworfenen BürgerInnen kann es nicht einmal mehr erklärt werden.

 

Dem nicht genug, enthält der Text mehrdeutige Formulierungen. Lange Zeit war unklar, ob bei Inanspruchnahme „doppelte“ oder „zusätzliche“ Abschläge zu berechnen sind. Bei „doppelten“ Abschläge werden auch von der Vergleichspension, auf die sich der Verlustdeckel bezieht, Abschläge in vollem Ausmaß abgezogen. Bei „zusätzlichen“ Abschlägen werden von der Vergleichspension keine Abschläge berechnet.

 

Bei Versicherten ab 44 ½ Versicherungsjahren besteht kein Unterschied in den Auswirkungen, denn die Leistung ist ohnehin mit 80 % begrenzt (44,5 x 2 = 89 % minus 3 x 3 Prozentpunkte Abschlag = 9; 89 – 9  = 80 %; es gebühren ohnehin maximal 80 %). Ob man den Abschlag abzieht oder nicht, es gebühren immer 80 % der Bemessungsgrundlage.

 

Da es für Frauen bis 2028 keinen Korridor gibt und viele Männer mit 62 Jahren schon 45 Versicherungsjahre aufweisen, spielt es für die Mehrheit der von den Korridorabschlägen Betroffenen keine Rolle, ob „doppelte“ oder „zusätzliche“ Abschläge berechnet werden; sie verlieren in jedem Fall rund 20 % (bzw die in der folgenden Tabelle angegebenen Werte).

 

Bei Versicherten mit weniger als 44 ½  Versicherungsjahren wird der Unterschied zwischen „doppelten“ und „zusätzlichen“ Abschlägen jedoch schlagend. Hat jemand zB 40 Versicherungsjahre mit 62, beträgt die Höhe der Vergleichspension bei „doppelten“ Abschlägen 40 x 2 = 80 – 9 = 71 %, bei „zusätzlichen“ Abschlägen 40 x 2 = 80 % der Bemessungsgrundlage.

 

Auf Anfrage hat das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz klargestellt, dass das Gesetz jedenfalls im Sinne „doppelter“ Abschläge zu interpretieren ist. Damit verlieren alle Versicherten, die mit 62 Jahren eine Korridorpension in Anspruch nehmen, unabhängig von der Zahl der Versicherungsjahre bis zu über 20 %.

 

In der folgenden Tabelle sind – auszugsweise – für die Geburtsquartale Oktober bis Dezember der Jahrgänge 1943 bis 1957 die zu erwartenden Gesamtverluste dargestellt. Der jeweilige Gesamtverlust setzt sich aus zwei Teilverlusten zusammen: 1. Verlust bis zum Deckel, 2. Zusatzabschläge für einen Pensionsantritt im Korridor.

 

Verluste der über 50jährigen Männer bei Pensionsantritt mit 62 Jahren im Pensionskorridor

Geboren

Pensionsantritt mit 62 im Jahr

frühest mögliches Antrittsalter nach der Pensionsreform 2003 Jahre + Monate

Maximaler Verlust

(Deckel 5 % -

10 %)

Zusatzabschläge im Korridor

Gesamt-verlust

Oktober bis Dezember

1943

2005

62

5,25

0,00

5,25

Oktober bis Dezember

1944

2006

62 + 4

5,50

1,40

6,82

Oktober bis Dezember

1945

2007

62 + 8

5,75

2,80

8,39

Oktober bis Dezember

1946

2008

63

6,00

4,20

9,95

Oktober bis Dezember

1947

2009

 63 + 4

6,25

5,60

11,50

Oktober bis Dezember

1948

2010

63 + 8

6,50

7,00

13,05

Oktober bis Dezember

1949

2011

64

6,75

8,40

14,58

Oktober bis Dezember

1950

2012

64 + 4

7,00

9,80

16,11

Oktober bis Dezember

1951

2013

64 + 8

7,25

11,20

17,64

Oktober bis Dezember

1952

2014

65

7,50

12,60

19,16

Jänner bis Dezember

1953

2015

65

7,75

12,60

19,37

Jänner bis Dezember

1954

2016

65

8,00

12,60

19,59

 

Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, steigen die Verluste bis 2016 auf 20 % an. Die Verluste der Pensionsreform 2003 werden damit verdoppelt. Dazu kommt noch der aus der unterbliebenen Pensionsanpassung im ersten Jahr nach Pensionsantritt resultierende zusätzliche Verlust aus der Pensionsreform 2003.

 

Die Bundesarbeitskammer fordert die Bundesregierung auf, die doppelte Abschlags-berechnung zurückzunehmen. Es ist auf das Versprechen des Bundeskanzlers zu verweisen, keine weiteren Pensionskürzungen über den 10 %-Deckel hinaus zuzulassen. Durch die „doppelten“ und „zusätzlichen“ Abschläge werden Versicherte im Übergangsrecht bei einem Pensionsantritt mit 62 Jahren besonders hart getroffen. Sinn und Zweck des Übergangsrechtes wäre es aber, einen sanften Übergang zum neuen Dauerrecht zu finden.  

 

 

 

Zu § 16 APG:

 

Absatz 3 sieht für Versicherte, die am 31.12.2004 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mindestens einen Versicherungsmonat erworben haben, eine Günstigkeitsregel vor. Für die Ermittlung der Voraussetzungen für Ansprüche aus dem Versicherungsfall des Alters nach dem APG (Alterspension, Korridorpension, Schwerarbeitspension) sind auch die Bestimmungen des ASVG anzuwenden, sofern sie günstiger sind. Das würde ua bedeuten, dass für die Korridorpension während der Übergangsphase der Parallelrechnung auch 420 Beitragsmonate der Pflichtversicherung als Mindestversicherungszeit ausreichen. Das wird von der Bundesarbeitskammer als sinnvoll begrüßt.

 

Zu den Anlagen:

 

Da der gesamte Komplex der Anpassung und Aufwertung sowie insbesondere auch die Maßnahmen zur nachhaltigen Finanzierung der Pensionsversicherung (§ 79a ASVG) im ASVG geregelt sind, tritt die Bundesarbeitskammer aus systematischen Gründen dafür ein, die Anlagen in das ASVG aufzunehmen.

 

Zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz:

 

Zu § 8 Abs 1 Z 2 ASVG:

 

§ 8 sieht eine Teilpflichtversicherung in der Pensionsversicherung für bisherige Ersatzzeiten vor; diese Bestimmung tritt ab 1.1.2005 in Kraft.

 

Gemäß § 617 Abs 4 ASVG ist die Bestimmung auf Personen, die am 31.12.2004 das 50. Lebensjahr vollendet haben, nicht anzuwenden; für diese gelten weiterhin die §§ 227 und 227a ASVG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung.

 

Die Einbeziehung von Personen, die die Notstandshilfe ausschließlich wegen der Anrechnung von Partnereinkommen nicht bekommen, in den Kreis der Pflichtversicherten gilt daher erst ab 1.1.2005. Damit stellt sich eine weitere als Verbesserung für Frauen angekündigte Maßnahme als Teillösung dar. Die Bundesarbeitskammer fordert zumindest in den Fällen, in denen eine Meldung beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend nachweisbar ist, diese Zeiten auch für die Vergangenheit zu berücksichtigen.

 

Weiters wird zur Beseitigung einer derzeit bestehenden Ungleichbehandlung gefordert, den Bezug von Weiterbildungsgeld auch vor Vollendung des 45. Lebensjahres als Versicherungszeit zu berücksichtigen. Berücksichtigt man die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die ständig notwendige Weiterbildungsbereitschaft der ArbeitnehmerInnen ist nicht einzusehen, warum vor Vollendung des 45. Lebensjahres der Zugang zur Bildungskarenz weniger attraktiv gestaltet werden soll, indem Lücken im Versicherungsverlauf in Kauf genommen werden müssen.

 

 

 

Zu § 44 Abs 1 ASVG:

 

Wie bereits mehrfach betont ist eine Beitragsgrundlage von monatlich € 1.350,- für Zeiten der Kindererziehung nicht ausreichend, um die Nachteile für Frauen durch die Lebensdurchrechnung auszugleichen. Durch die Berücksichtigung von 12 Beitragsgrundlagen pro Kalenderjahr liegt der tatsächliche Wert noch dazu nur bei € 1.157,-. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass politisch eigentlich der volle Betrag von € 1.350,- zugesagt wurde (siehe Punktation der Bundesregierung).

 

Die Bundesarbeitskammer fordert daher die Umsetzung des von ÖGB und Arbeiterkammer vorgeschlagenen Modells einer gestaffelten Anrechnung der Kinderbetreuung mit dem Medianeinkommen von Männern und Frauen (€ 1.750.-) bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres des Kindes, mit 2/3 dieses Medianeinkommens bis zur Vollendung des 4. Lebensjahres und mit 1/3 dieses Medianeinkommens bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres.

 

Die viel zu niedrige Bewertung von Kindererziehungszeiten führt bei Teilzeitbeschäftigung zu beträchtlichen Kürzungen im Pensionskonto! Fast zwei Drittel der Frauen mit Kindern unter 15 Jahren arbeiten Teilzeit.

 

Die nachfolgende Tabelle stellt den Pensionsverlust pro Jahr im Pensionskonto dar, wenn das Einkommen beispielsweise von € 1.500,- bei Vollzeit auf € 750,- bei Teilzeit reduziert wird.

 

Pensionsverlust im Pensionskonto durch Einkommensreduktion (zB Teilzeit)

Einkommen

 

Prozentsatz

Kontogutschrift pro Jahr

Verlust pro Jahr

Teilzeit

Vollzeit

€ 1.500,-

1,78 %

26,7

 

Teilzeit

€ 750,-

1,78 %

13,35

13,35

 

Die nächste Tabelle weist aus, wie viele Jahre Teilzeit durch die Bewertung der Kindererziehungszeit mit € 1.157,- kompensiert werden können.


 

Beispiel:
Die Bewertung der Kindererziehungszeiten mit € 1.157,- pro Jahr reicht bei zwei Kindern gerade aus, um ca 3 Jahre Teilzeit auszugleichen

 Wird das zweite Kind 2 Jahre nach dem ersten geboren, beträgt die Anrechnungszeit insgesamt 6 Jahre.

 

Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten

Prozent-satz

Anrech-nung pro Jahr

Anrech-nungs-jahre

Anrechnung insgesamt für 6 Jahre

Erhöhung gegenüber Rechtslage 2003

Ausgleich in Jahren bei Einkommensreduktion von € 1.500,- auf
€ 750,-

Rechtslage 31.12.2003

AZ-Richtsatz

€ 666,91

2,00 %

€ 13,34

6

€ 80,04

 

 

Regierungs-Entwurf 

1.350,-/14 mal 12

€ 1.157,14

1,78 %

€ 20,60

6

€ 123,60

€ 43,56

3,26

 

Drastisch verschlechtert wird im Entwurf auch die Bewertung von Zeiten des Bezuges von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Zwar wird erstmals eine wegen eines hohen Partnereinkommens weggefallene Notstandshilfe als Versicherungszeit anerkannt, der Bezug von Arbeitslosengeld wird jedoch nur mit 70 % des monatlichen Bruttoeinkommens nach § 21 Abs 1 AlVG, die Notstandshilfe mit 92 % davon bewertet.

 

Bei Langzeitarbeitslosen führt diese Regelung zu erheblichen Leistungskürzungen. Generell gilt für Versicherungszeiten der Arbeitslosigkeit, dass verglichen mit dem aktuellen Rechtsstand, der die Zeiten der Arbeitslosigkeit mit dem Durchschnitt aus den besten 15 Beitragsjahren bewertet, jede Anknüpfung an der Beitragsgrundlage für das Arbeitslosengeld in aller Regel die Pension verringert. Daraus lässt sich ermessen, dass die im Entwurf vorgesehene Verminderung der Bewertung beträchtliche negative Folgen für die Alterssicherung der betroffenen Versicherten haben wird. Gleiches gilt sinngemäß auch für Zeiten des Weiterbildungsgeldes und des Übergangsgeldes während der Rehabilitation.

 

In diesem Zusammenhang sei auf § 22 AlVG hingewiesen, der den Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe ausschließt, sobald ein Pensionsanspruch besteht. Nach Auffassung der Bundesarbeitskammer ist die Einführung eines Pensionskorridors mit versicherungsmathematischen Abschlägen überhaupt nur dann sozialpolitisch vertretbar, wenn ein echtes „Wahlrecht“ zwischen einer auf Lebenszeit niedrigen, weil vor dem Regelpensionsalter angetretenen Pension, und einer Verschiebung des Pensionsantritts bis zum Regelpensionsalter mit einer entsprechend höheren Pension besteht. Männer, die beispielsweise mit 62 gekündigt werden, müssen daher die Option erhalten, ihre Arbeitskraft am Arbeitsmarkt weiterhin anbieten zu können und allenfalls auch Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu beziehen.

 

Altersteilzeitvereinbarungen, deren Laufzeit erst ab dem 1.1.2005 beginnt, sollen nur bis 62 möglich sein. Nach Auffassung der Bundesarbeitskammer sollte es zulässig sein, den Pensionskorridor nicht in Anspruch zu nehmen und die Altersteilzeit bis zum Erreichen des Regelpensionsalters zu vereinbaren.

 

Zu § 51 ASVG:

 

Der § 51 Abs 3 Z 2 ASVG regelt den Beitragssatz und die Beitragsanteile in der Pensionsversicherung. Der Beitragssatz im ASVG beträgt 22,8 %. Im Bereich des GSVG beträgt der Beitragssatz hingegen ab 2015 (!) 17,5 %, und im Bereich des BSVG ab 2007 15 %. Der Rest auf 22,8 % wird vom Bund (siehe § 27 Abs 2 Z 2 GSVG: „aus dem Steueraufkommen der Pflichtversicherten“) getragen.

 

„Innere“ Pensionsgerechtigkeit bedeutet jedoch nicht nur ein am Maßstab der Beitragsleistung ausgerichtetes Leistungssystem, sondern setzt auch einheitliche Beitragssätze voraus. Niedrigere Beitragssätze einer Berufsgruppe müssen in dieser Logik zu entsprechend niedrigeren Leistungen führen. Da dies für Gewerbetreibende und Bauern nicht der Fall ist, fordert die Bundesarbeitskammer eine Vereinheitlichung des Beitragssatzes. Jede Abweichung von diesem Grundsatz, die nicht nur für eine Übergangsperiode, sondern auf Dauer vorgesehen ist, bedarf einer schlüssigen Begründung. Stichhaltige Begründungen dafür, dass der Bund zu den Beiträgen der Bauern und Gewerbetreibenden „Ausgleichsleistungen“ zuschießt, diese Berufsgruppen also letztlich mit geringeren Beitragszahlungen zu den gleichen Pensionsleistungen wie die ASVG-Versicherten kommen, bleiben die Erläuternden Bemerkungen (Seite 16) aber schuldig.

 

Insbesondere kann die Bundesarbeitskammer der Argumentation von der fehlenden „Partnerleistung“ im Bereich der Selbständigen nicht folgen. Die Dienstgeberbeiträge im ASVG haben ökonomisch die gleiche Funktion wie die übrigen Bestandteile des an die ArbeitnehmerInnen geleisteten Entgelts: Sie stellen aus Sicht des beschäftigenden Unternehmens Arbeitskosten dar, mit denen das Unternehmen die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft abgilt. Ob die entsprechenden Zahlungen direkt an den Arbeitnehmer fließen oder zu dessen Gunsten an den Sozialversicherungsträger abgeführt werden, ist völlig unerheblich – wirtschaftlich gesehen stellen sowohl Dienstnehmer- als auch Dienstgeberbeitrag einen Teil der jedenfalls dem Dienstnehmer zustehenden und ihm ja auch im Wege der Sozialversicherungsleistungen zufließenden Quote an der betrieblichen Wertschöpfung dar.

 

Auch der Verweis auf steuerliche Ersatzmaßnahmen für  Gewerbetreibende nach dem Entfall der Gewerbesteuer geht ins Leere. Im aktuell geltenden Steuerrecht sind keine Steueranteile mehr nachweisbar, die von der seinerzeitigen Funktion von Teilen der Bundesgewerbesteuer als Beitrag zur Finanzierung der gewerblichen Sozialversicherung ableitbar sind.

 

Nur eine marginale Beitragsdifferenz lässt sich mit Ersatzzeiten für Phasen von Arbeitslosigkeit bzw Krankengeldbezug rechtfertigen, von denen ASVG-Versicherte im Rahmen der Pensionsbemessung im Gegensatz zu selbständig Erwerbstätigen profitieren können. Denn auch diese Ersatzzeiten sind ihrerseits wieder überwiegend beitragsfinanziert, so dass erst der bei der Ersatzzeitenfinanzierung relevante Bundesanteil ermittelt werden müsste, bevor zulässigerweise daraus ein Äquivalent für Bauern und Selbständige abgeleitet werden könnte.

 

Zu § 79a ASVG:

 

Obwohl sich im Entwurfstext kein Hinweis dafür findet, dass die im Pensionskonto ausgewiesenen Leistungen verschlechtert werden dürfen, sollte im Gesetz explizit zum Ausdruck gebracht werden, dass Veränderungen im Kontoprozentsatz nur pro futuro wirksam werden können.

 

Zu 108a Abs 3 ASVG:

 

Es ist sicher zu stellen, dass die schrittweise Absenkung der Mindestbeitragsgrundlagen nach GSVG und BSVG nicht auf die Entwicklung der Aufwertungszahl durchschlägt, um Systembrüche zu vermeiden.

 

Zu § 108e Abs 9 und 11 ASVG:

 

Die in Abs 9 Z 4 beschriebene Feststellung der Abweichung der Restlebenserwartung ist eine „Einbahnstraße“. Gegenentwicklungen, die nach erfolgten Korrekturen eintreten könnten, würden folgenlos bleiben: Dafür sind entsprechende gesetzliche Vorkehrungen zu schaffen.

 

Es ist unklar, auf welche Prognosen außer auf jene der Statistik Austria oder der Wirtschaftsforschungsinstitute zurückgegriffen werden könnte. Das Wort „vorrangig“ in Abs 11 ist zu streichen, um nicht Gefälligkeitsgutachten zu provozieren.

 

Zu § 227 Abs 1 ASVG:

 

Die Geltung der Ersatzzeiten ist äußerst unübersichtlich geregelt. Gemäß § 617 Abs 4 ASVG sind auf Personen, die am 31.12.2004 das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, die Ersatzzeiten in der am 31.12.2004 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

 

Gemäß § 15 Abs 3 APG sind bei der Berechnung der Altpension Versicherungszeiten nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG wie die entsprechenden Ersatzzeiten nach § 227 ASVG „zu behandeln“. Es ist unklar, wie diese Bestimmung zu verstehen ist.

 

Zu § 607 Abs 12 ASVG:

 

Ein Pensionsantritt für Langzeitversicherte vor dem Pensionskorridor ist nach Ansicht der Bundesarbeitskammer mit dem Pensionskonto bzw dem Leistungsziel durchaus vereinbar. Es wäre jedoch sozialpolitisch verfehlt, diese Möglichkeit nur Personen einzuräumen, die derzeit unter die sogenannte Hacklerregelung fallen. Von dieser profitieren in erster Linie Personen mit einem kontinuierlichen Erwerbsverlauf (zu 80 % Angestellte), Erwerbstätige, die schwere Arbeiten verrichten, können die geforderten 40/45 Beitragsjahre zumeist nicht erwerben, weil sie öfters arbeitslos oder krank waren. Die derzeitige Hacklerregelung muss daher überdacht werden. Sie sollte aber nicht etwa auslaufen, sondern allen offen stehen, die in Zukunft 45 Versicherungsjahre erworben haben. Im Beamtendienstrechtsgesetz sind lediglich 40 Jahre beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit als Zugangsvoraussetzung für die „Hacklerregelung“ gefordert (§ 236b BDG). Beim Übergang in das neue Pensionskonto müsste sichergestellt sein, dass den ASVG-Versicherten ein ähnlich günstige Regelung zugute kommt. Da es sich bei diesen vorzeitigen Pensionen für Langzeitversicherte in Wirklichkeit um eine Invaliditätspension sui generis handelt, ist auch der im Entwurf vorgesehene Abschlag von maximal 15 % heranzuziehen.

 

Durch den abrupten Wegfall der Hacklerregelung für Frauen, die ab dem 1. Juli 1955 geboren sind, und für Männer, die ab dem 1. Juli 1950 geboren sind, entstehen extreme Ungleichheiten. Die folgende Tabelle stellt für einige Geburtsquartale grobe Ungleichbehandlungen im Zusammenhang mit der Hacklerregelung für Männer dar.

 

Ungleichbehandlung bei Männern durch Wegfall der "Hacklerregelung"

Geboren

Frühestmögliches Antrittsalter der Pensionsreform 2003  Jahre + Monate

Pensionsantritt mit 60 im Jahr

Abschläge

Maximaler Verlust (Deckel 5 % - 10 %)

Gesamtverlust/ Gesamtgewinn*

Pensionsantritt mit 60 und kaum Verluste bis 2007

Oktober bis 1. Dezember

1945

62 + 8

2005

0

5,25

- 2

Oktober bis 1. Dezember

1946

63

2006

0

5,50

- 3

Oktober bis 1. Dezember

1947

63 + 4

2007

0

5,75

- 4

Zwar noch Pensionsantritt mit 60 aber Verluste bereits bis zum Deckel

Oktober bis 1. Dezember

1948

63 + 8

2008

15

6,00

- 8

Oktober bis 1. Dezember

1949

64

2009

15

6,25

- 8,25

April bis 30. Juni

1950

64 + 2

2010

15

6,50

- 8,50

ab einem Tag später geboren, keine Hacklerregelung mehr, sondern 2 Jahre später in Pension und 20 % Pensionsverlust

Geboren

Frühestmögliches Antrittsalter der Pensionsreform 2003 Jahre + Monate

Pensionsantritt mit 62 im Jahr

Maximaler Verlust
(Deckel 5 % -10 %)

Zusatzabschläge im Korridor

Gesamtverlust*

1. Juli

1950

64 + 3

2012

7,00

9,45

-17,79

Jänner bis Dezember

1954

65

2016

8,00

12,60

-21,59

 

 

*inklusive 2 % Verlust wegen Wegfalls der ersten Pensionsanpassung

 

Wie der Tabelle zu entnehmen ist, gilt für bis zum 1. Dezember 1947 geborene Männer eine relativ günstige Regelung, weil diese von den Abschlägen ausgenommen sind und daher „nur“ die Durchrechnungsverluste und der Wegfall der ersten Pensionsanpassung wirksam werden.

 

Für ab 2. Dezember 1947 geborene Männer steigen die Verluste sprunghaft bis zum Verlustdeckel an, weil die Abschläge ohne Übergangsrecht wirksam werden. Darüber hinaus handelt es sich bei der Abschlagsbefreiung um eine zeitlich bis 31.12.2007 begrenzte Regelung. Auch wer im Jahr 2007 in Pension gehen könnte, aber weiter arbeiten will, muss ab 1.1.2008 die Abschläge in Kauf nehmen.

 

Die zweifellos größte Ungleichbehandlung passiert bei Männern, die ab 1. Juli 1950 geboren sind. Die Hacklerregelung fällt ohne Übergangsregelung mit der Konsequenz weg, dass einerseits der Pensionsantritt trotz Vorliegens von 45 Beitragsjahren erst zwei Jahre später möglich ist. Andererseits werden die Korridorabschläge wirksam, durch die es in der Folge trotz Vorliegens von 47 (!) Beitragsjahren zu Verlusten von rund 20 % kommt.

 

Die nachstehende Tabelle stellt ebenfalls nur auszugsweise für einige Geburtsquartale Inkonsistenzen im Zusammenhang mit der Hacklerregelung für Frauen dar. Bis zum Ablauf des Jahres 2007 werden hier keine Abschläge berechnet; ab 2008 bezieht sich die Abschlagsberechnung auf das frühestmögliche Antrittsalter der Pensionsreform 2003. Nach Wegfall der Hacklerregelung gilt nur noch das frühestmögliche Antrittsalter der Pensionsreform 2003.


 

Ungleichbehandlung bei Frauen innerhalb der "Hacklerregelung" und durch deren abrupten Wegfall

Pensionsantritt mit 55 und Gewinne bis 2007

Geboren

frühestmögliches Pensionsantrittsalter gem. Pensionsreform 2003 

Pensionsantritt mit 55 im Jahr

Abschläge

Maximaler Verlust (Deckel 5 % - 10 %)

Gesamtverlust/ Gesamtgewinn*

Oktober bis 1. Dezember

1950

57 + 8

2005

0

5,25

+14

Oktober bis 1. Dezember

1951

58

2006

0

5,50

+14

Oktober bis 1. Dezember

1952

58 + 4

2007

0

5,75

+14

Kurze Zeit später geboren, zwar noch Pensionsantritt mit 55 aber 20 % weniger Pension

Oktober bis 1. Dezember

1953

58 + 8

2008

15

6,00

- 4

Oktober bis 1. Dezember

1954

59

2009

15

6,25

- 8,25

April bis 30. Juni

1955

59 + 2

2010

15

6,50

- 8,50

ab einem Tag später geboren, keine "Hacklerregelung" mehr sondern 4 Jahre später in Pension

1. Juli

1955

59 + 3

1.10.2014

15

7,50

- 9,25

 

 

*inklusive 2% Verlust wegen Wegfalls der ersten Pensionsanpassung

 

Die Tabelle zeigt, dass Frauen, die unter die Hacklerregelung fallen, bis zum 31.12.2007 durchaus begünstigt sind und sogar eine höhere Pension erhalten als nach der Rechtslage 2003. Ab 1.1.2008 endet dieser Schutz plötzlich, und innerhalb kürzester Zeit entstehen bei sonst gleichen Voraussetzungen Unterschiede in der Pensionshöhe von 20 %. Derartige „Brüche“ sind unzumutbar und vermutlich verfassungswidrig. 

 

Zu § 607 Abs 14 ASVG:

 

Der Zeitpunkt für einen Pensionsantritt für Frauen mit 55 soll nicht erst nach Lösung einer „Denksportaufgabe“, sondern ohne größeren geistigen Aufwand auch von „NormalbürgerInnen“ erschlossen werden können. Die derzeitige Textierung ist viel zu kompliziert und ganz offensichtlich von JuristInnen gemacht, die auf Laien keine Rücksicht nehmen mussten. Gerade sozialrechtliche Normen sollten so gefasst sein, dass die Normunterworfenen sie verstehen. Bei allem Respekt vor den Ergebnissen der ministeriellen Redaktionsgruppe wird im Entwurf doch das Manko einer unter großem Zeitdruck entstandenen Novellierung sichtbar.

 

Zu § 607 Abs 23 ASVG:

 

Die Reduktion des Verlustdeckels wird durch Einführung der Korridorabschläge konterkariert. Nach der Pensionsreform 2003 betrug der maximale Verlust 10 %. Durch den Harmonisierungsentwurf beträgt der maximale Verlust über 20 %. Es hilft wenig, wenn der „Gesamtverlustdeckel“ auf 5 % bis 10 % reduziert wird, wenn zum „Gesamtverlustdeckel“ noch zusätzliche Abschläge dazukommen.

 

In Wahrheit wird durch den Harmonisierungsentwurf ein neuer „Gesamtverlustdeckel“ für alle diejenigen geschaffen, die mit 62 Jahren – mit zum Teil 47 Beitragsjahren – mehr als wohlverdient eine Korridorpension in Anspruch nehmen. Die Höhe dieses Verlustdeckels beträgt bis zu mehr als 20 %.

 

Dass derartige Verluste mit dem Titel „Vertrauensschutz“ für Ältere begründet werden, ist als völlig unangebracht zurückzuweisen. Menschen, die zum Teil 47 Jahre gearbeitet haben, können auf einen „Vertrauensschutz“, der ihnen ihre Pension um 20 % kürzt, dankend verzichten.

 

Bezogen auf den letzten Satz leg cit ist unklar, ob die Rückzahlung der Verluste durch die Pensionsreform 2003 für das Jahr 2004 von Amts wegen erfolgt oder nicht.

Die Bundesarbeitskammer tritt dafür ein, dass die Rückzahlungen von Amts wegen erfolgen sollen und regt eine diesbezügliche Klarstellung an.

 

Zu § 617 Abs 9 ASVG:

 

Es ist nicht erkennbar, warum für die Jahre 2006 bis 2008 andere Kriterien für die Anpassung der Pensionen gelten sollen als für die Zeit danach. Die Finanziellen Erläuterungen zu dieser Gesetzesstelle können nicht überzeugen – die dort angesprochene Generationensolidarität wird schon dadurch erreicht, dass die langfristigen Reallohnsteigerungen höher liegen als der VPI. Die Bestandspensionen leisten dadurch, dass die Anpassung nicht mit der Reallohnsteigerung erfolgt, einen beachtlichen Beitrag zur Finanzierung der Pensionsversicherung; dieser Beitrag wird im Zeitraum 2035 bis 2050 immerhin drei Viertel der Gesamtersparnis ausmachen.

 

Zu § 617 Abs 11 ASVG:

 

Der Verweis in dieser Bestimmung auf das B-VG-Altersgrenzen ist unklar, weil der Eindruck entsteht, ein einfaches Gesetz verschaffe einem Bundesverfassungsgesetz Geltung.

 

Zum Arbeitslosenversicherungsgesetz:

 

Wie bei der Pensionsreform 2003 wurde auf eine notwendige Übergangsbestimmung vergessen, nämlich eine Anpassung an den geänderten § 607 Abs 12 und 14 ASVG und die Parallelbestimmungen im GSVG und BSVG: § 82 Abs 3 muss dahingehend angepasst werden, dass auch Altersteilzeitvereinbarungen, die vor dem 1.1.2005 wirksam geworden sind, einbezogen werden.

 

§ 82 Abs 5 ist zu restriktiv, weil er nur Altersteilzeitvereinbarungen betrifft, die vor dem 1.1.2005 zu laufen begonnen haben. Es muss deshalb klar gestellt werden, dass Altersteilzeitgeld jedenfalls bis zum Erreichen des vorzeitigen Pensionsantrittsalters gemäß § 607 Abs 10 ASVG bzw bei Ende der Übergangsbestimmung bis zum Regelpensionsalters gebührt. Andernfalls würde die Erfüllung der Voraussetzung für die Korridorpension als Ablehnungsgrund für das Altersteilzeitgeld gelten und die Versicherten müssten die „aufgedoppelten“ Abschläge in Kauf nehmen.

 

Zur rechtstechnischen Umsetzung:

 

Beim Entwurf zum Allgemeinen Pensionsgesetz handelt es sich um ein bemerkenswert schlankes Gesetz. Verantwortlich für den geringen Regelungsumfang des APG sind die Geltungs- und Verweisungsbestimmungen in § 1 APG. Einerseits gilt das APG für alle in der Pensionsversicherung nach dem ASVG, GSVG, FSVG und BSVG (ASVG ua) versicherten Personen, andererseits gelten die pensionsrechtlichen Bestimmungen, soweit das APG nichts anderes bestimmt.

 

Der bei weitem überwiegende Teil des Pensionsrechtes bleibt im ASVG geregelt. Durch das Pensionsharmonisierungsgesetz sind allein im ASVG 92 (!) Anpassungen vorzunehmen, demgegenüber stehen 16 neue Bestimmungen im APG. Dazu kommt, dass ein Teil der Bestimmungen im APG dafür verwendet werden muss, um das Zusammenwirken zwischen APG und dem ASVG zu regeln, ein weiterer Teil des APG sieht gleiche und aufgrund des Generalverweises (§ 1 APG) redundante Parallelregelungen zum ASVG vor. Darüber hinaus sind im APG sehr ähnliche Parallelbestimmungen zum ASVG vorgesehen. Bei näherer Betrachtung enthält das APG somit lediglich eine Handvoll eigenständige Bestimmungen rund um das Pensionskonto. Rechtssystematisch stellt sich daher die Frage, warum diese wenigen Bestimmungen nicht in das ASVG integriert werden.

 

Bei den BundesbeamtInnenn wurden die Zugangsvoraussetzungen zur Schwerarbeiterregelung und zur Korridorpension im Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG) geregelt, die Abschläge für die Korridorpension in § 5 Abs 2 Pensionsgesetz 1965 (PG) und die reduzierten Abschläge für die Schwerarbeiterregelung in § 5 Abs. 2a PG 1965. Die Parallelrechnung wurde bei den BundesbeamtInnenn im Abschnitt „Übergangsbestimmungen“ des PG 1965 geregelt. Zur Anwendung des APG regelt § 100 PG 1965, dass für BundesbeamtInnen ein Pensionskonto nach Abschnitt 3 APG einzurichten und zu führen ist. § 14 PG 1965 statuiert, dass für BundesbeamtInnen, die nach dem 31.12.2004 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Bund aufgenommen werden, ausschließlich die pensionsrechtlichen Bestimmungen des ASVG und APG gelten.

 

Im Beamtenrecht ist es somit mit wenig Aufwand gelungen, das Pensionsharmonisierungsgesetz ins BDG, PG 1965 und ins Gehaltsgesetz zu integrieren. Von daher stellt sich die Frage, wieso dieser Weg nicht auch im ASVG beschritten wird.

 

Eine sachliche Notwendigkeit für ein Allgemeines Pensionsgesetz, das in seinem Kern aus fünf Paragraphen besteht, ist nicht erkennbar. Auch der angebliche Vorteil einer sachlich und optisch klaren Trennung zwischen „Altrecht“ und Pensionskonto erweist sich bei näherer Betrachtung als fragwürdig. Mehr als 99 % des Pensionsrechts – das Rahmenrecht für das Pensionskonto – bleiben im ASVG, auf der anderen Seite schafft die Aufteilung des persönlichen und sachlichen Geltungsbereiches zwischen APG und ASVG komplexe Abgrenzungsfragen im Detail. Das ohnehin schon als „kaum lesbar“ geltende ASVG kann dadurch kaum an Verständlichkeit gewinnen, das Gegenteil ist der Fall. Naheliegender erscheint es daher, die wenigen Bestimmungen des APG in das ASVG zu übernehmen.

 

Entschließt man sich aber dennoch für ein APG, sollte es ein einheitliches „Grundgesetz“ für die Pensionsversicherung  aller Berufsgruppen geben. In diesem Kontext wären Sonderregelungen für BeamtInnen systemfremd.

 

Der persönliche Geltungsbereich ist äußerst unbefriedigend geregelt, weil er aus dem APG selbst nicht hervorgeht, sondern sich nur sehr mühsam in Verbindung mit dem ASVG erschließen lässt. Auch aus diesem Grund empfiehlt sich gesetzestechnisch die Aufnahme des Pensionskontos ins ASVG.

 

Nach dem neuen § 2a Abs 1 ASVG gilt für Personen, die erstmals nach dem 31.12.2004 pflichtversichert sind, der Vierte Teil des ASVG nur soweit, als das APG nichts anderes bestimmt. Nach § 2a Abs 2 ASVG gilt für Personen, die am 31.12.2004 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und bis zu diesem Zeitpunkt mindestens einen Versicherungsmonat erworben haben, der Vierte und Zehnte Teil des ASVG nur soweit, als das APG nichts anderes bestimmt.

 

Zieht man aus diesen beiden Bestimmungen einen Umkehrschluss, ist auf Personen, die am 31.12.2004 das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben und zu diesen Zeitpunkt mindestens einen Versicherungsmonat erworben haben, das ASVG zur Gänze anzuwenden, auch wenn das APG etwas Abweichendes bestimmt. Dem widerspricht jedoch § 1 Abs 3 APG, der bestimmt, dass auf Personen, die am 31.12.2004 das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, das APG nur grundsätzlich nicht anzuwenden ist; § 4 Abs 2 und 3 und § 9 APG sind jedoch auch auf über 50jährige anzuwenden.

 

Gemäß § 1 Abs 2 APG gelten alle pensionsrechtlichen Bestimmungen des ASVG für alle ASVG-Versicherten, es sei denn, das APG bestimmt anderes. Offenbar liegen in diesem Fall einander widersprechende Geltungsbestimmungen im APG und ASVG vor. Sieht man das APG als lex specialis zum ASVG, dann müssten die Geltungsbestimmungen des APG Vorrang haben. Dann stellt sich jedoch die Frage nach dem Sinn des § 2a ASVG in der vorliegenden Form. Es würde wohl ein Hinweis im ASVG genügen, dass die pensionsrechtlichen Bestimmungen des ASVG nur soweit gelten, als das APG nichts anderes regelt. Man könnte das APG jedoch aufgrund der einschränkenden Geltungsbestimmungen in § 2a ASVG auch als eine lex specialis zum Vierten (Pensionsversicherung) und Zehnten (Übergangsbestimmungen) Teil des ASVG verstehen. In diesem Fall würden die Geltungsbestimmungen des APG zumindest nicht jenen des ASVG vorgehen, weil die Geltungsbestimmungen im Ersten Teil des ASVG geregelt sind und – bezogen auf den Ersten Teil –  das APG dem ASVG nicht vorgeht.

 

Der § 1 Abs 2 APG verweist auf die „pensionsrechtlichen Bestimmungen“ des ASVG (Generalverweis). Im Zusammenhang mit § 2 APG stellt sich die Frage, welche Bestimmungen des ASVG „pensionsrechtliche“ im Sinne des § 1 Abs 2 APG sind. Gemäß § 544 ASVG ist eine Verweisung auf ein anderes Bundesgesetz immer als dynamisch anzusehen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird. In § 2 APG fehlt das „ausdrücklich“, eine Verweisung ist nur dann dynamisch, wenn nichts anderes bestimmt wird.

 

Unklar ist, ob es sich hierbei um eine planmäßige Differenzierung handelt oder ob § 2 APG eigentlich das Gleiche regeln soll wie § 544 ASVG. Im zweiten Fall erscheint – um Missverständnisse zu vermeiden – eine gleich lautende Regelung sinnvoller zu sein.

 

Wird jedoch eine völlig gleiche Regelung vorgenommen, ist die Frage der Abgrenzung des Geltungsbereiches zwischen ASVG und APG auch unter diesem Aspekt zu betrachten. Demnach wäre der Generalverweis in § 1 Abs 2 APG, der auf die „pensionsrechtlichen Bestimmungen“ des ASVG abstellt, eher eng auszulegen. In diesem Fall ist es notwendig, genau zu definieren, welche „pensionsrechtlichen“ Bestimmungen des ASVG im APG gelten. Damit keine Lücken entstehen, sollte § 1 Abs 2 APG extensiv gehalten werden, indem ohne Einschränkung auf die „pensionsrechtlichen Bestimmungen“ ganz allgemein auf „die Bestimmungen des ASVG“ verwiesen wird.

 

 

 

 

Herbert Tumpel                                                               Christoph Klein

Präsident                                                                       iV des Direktors