Verein der
österreichischen
Verwaltungsrichter
Judenplatz 11
1010 Wien
Wien, am 4.
Oktober 2004
Stellungnahme zum Entwurf für ein
Pensionsharmonisierungsgesetz
Diejenigen
Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichtshofes, welche das
50. Lebensjahr vor dem 1. Jänner 2005 nicht erreicht haben
werden, sind durch das zur Begutachtung versandte Gesetzesvorhaben in geradezu
dramatischer Weise betroffen.
Ehe auf das geplante
Vorhaben im Einzelnen eingegangen wird, soll zunächst versucht werden, anhand
von Rechenbeispielen das Ausmaß der Betroffenheit jüngerer Richterinnen und
Richter des Verwaltungsgerichtshofes von der aus Pensionsreform 2003 und
geplanter Harmonisierung bestehenden Gesamtreform (im Vergleich zur Rechtslage
vor der Pensionsreform 2003) darzustellen. Alle Berechnungsbeispiele gehen von
einem Pensionsantritt mit 65 Jahren bei einer ruhegenussfähigen
Gesamtdienstzeit von über 40 Jahren aus.
Hieraus ergab sich
ohne Durchrechnung folgende Berechnung:
Gehalt R3/8 € 8.241,60
Ruhegenuss 80 % davon € 6.593,28
Auch die Novelle
BGBl. I Nr. 138/1997, welche für die Zeit ab 1. Jänner 2003
eine längere Durchrechnung, welche im Jahr 2020 216 Monate erreichen
sollte, vorsah, hätte die Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes betroffen.
Dennoch kann - unter Annahme einer typischerweise im Alter von 38 erfolgten
Ernennung - davon ausgegangen werden, dass der zu erwartende Ruhegenuss vor der
Pensionsreform 2003 auch unter Berücksichtigung des für die Zeit ab 1.
Jänner 2003 vorgesehenen § 4 des Pensionsgesetzes in der Fassung der
Novelle BGBl. I Nr. 138/1997 (Durchrechnung von 18 Jahren) etwa
€ 6.500,‑‑ betragen hätte. Durch die Pensionsreform 2003,
BGBl. I Nr. 71, erfolgte demgegenüber insbesondere für die von der
nunmehr geplanten Pensionsharmonisierung betroffenen Mitglieder des
Gerichtshofes bereits ein massiverer Eingriff in die zu erwartende
Alterspension. Ein im Jahr 2004 das 49. Lebensjahr vollendender Richter,
dessen Pensionsantritt mit 65 folglich 2020 stattfände, hätte 24½ Jahre
durchzurechnen, also etwa bis zu seinem 40. Lebensjahr. Dadurch werden für
die Durchrechnung die niedrigeren Gehälter in den Gehaltsstufen R3/5, 6
und 7 wirksam. Noch dramatischer stellte sich dies bei eben ernannten, im
Jahr 2004 38‑jährigen Richterinnen oder Richtern (Pensionsantritt mit 65 im
Jahr 2031) dar, welcher schon auf Basis des Pensionsgesetzes 2003 eine 40‑jährige
Durchrechnungszeit aufgewiesen hat.
Das Ergebnis der
Pensionsreform 2003 lässt sich dahin zusammenfassen, dass diese
Richterinnen und Richter auf die Verlustdeckelung des § 90a PG in der
Fassung BGBl. I Nr. 71/2003 angewiesen waren.
Es ergab sich somit
als Ergebnis der Pensionsreform 2003 ein zu erwartender Ruhegenuss von
€ 6.500,‑‑ minus 10 % = € 5.850,‑‑.
Durch die Modifikation
eben dieses Verlustdeckels durch § 90a Abs. 1b in der Fassung der
geplanten Novelle würden sich diese Beträge für einen heute 50‑jährigen auf
€ 6.500,‑‑ minus 9 %, das sind € 5.915,‑‑, wiederum verbessern.
Die Auswirkungen des
nunmehrigen Gesetzesvorhabens (Harmonisierung) stellen sich bei heute 49‑jährigen
bei typischem Karriereverlauf etwa wie folgt dar:
Anteil der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit vor dem 1. Jänner 2005
(unter Einbeziehung des Studiums ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit gerechnet ab
dem 19. Lebensjahr):
19 - 49 = 30 Jahre
Anteil der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit nach dem
1. Jänner 2005:
16 Jahre
Hieraus errechnet sich
ein nach Altrecht bemessener Ruhegenussanteil von 65 % von € 5.915,‑‑,
das sind etwa € 3.845,--
Zu diesem Betrag
hätten 35 % des nach dem APG zu berechnenden Ruhebezuges zu treten.
Letzteren genau zu ermitteln, sprengt den Rahmen dieser Stellungnahme.
Festzuhalten ist allerdings, dass ‑ ausgehend von der jährlichen
Höchstbeitragsgrundlage von (geplant) € 3.540,‑‑ selbst bei ‑ für
einen Akademiker gar nicht erreichbaren ‑ 45 Beitragsjahren und bei
gedachtem ständigen Erreichen der Höchstbeitragsgrundlage eine Pension von
€ 2.832,‑‑ nicht überschritten werden könnte. Zu bedenken ist aber, dass
bei der Parallelrechnung nach APG der gesamte Gehaltsverlauf des Beamten
wirksam wird, sodass dieser Betrag wohl keinesfalls erreicht wird. Je nach
Karriereverlauf wird sich die zu errechnende APG‑Pension daher unterschiedlich
darstellen. Es ist jedoch wohl nur in Ausnahmsfällen mit einer solchen zu
rechnen, welche € 2.200,‑‑ übersteigen würde.
Den heute 49‑jährigen
stünden daher weiters 35 % von € 2.200,‑‑ als nach APG berechnetem
Pensionsanteil zu. Dies beträgt € 770,‑‑.
Die harmonisierte
Gesamtpension würde damit etwa € 4.615,‑‑ betragen.
Sie liegt daher um
€ 1.300,‑‑ monatlich unter dem Ruhegenuss eines Mitgliedes des
Verwaltungsgerichtshofes, welches gerade noch im Jahr 2004 das
50. Lebensjahr erreicht. Der jährliche Unterschied im Ruhegenuss beträgt
€ 18.200,‑‑. Hochgerechnet auf eine Lebenserwartung von 80 Jahren
beträgt der durch die Stichtagsregelung bewirkte Unterschied in der
Lebensverdienstsumme zwischen diesen beiden Personen € 273.000,‑‑.
Gegenüber der
Rechtslage vor der Pensionsreform 2003 beträgt der monatliche Verlust
sogar € 1.885,‑‑ brutto monatlich, das sind € 26.390,‑‑ jährlich,
hochgerechnet auf eine Lebenserwartung von 80 Jahren eine Einbuße an
Lebensverdienstsumme von € 395.850,‑‑.
Noch dramatischer
stellt sich die Rechnung für heute 38‑jährige dar. Als Auswirkung der
Pensionsreform 2003 hätte sich für ihn ergeben, dass auf Grund des
Verlustdeckels € 5.850,‑‑ statt wie bisher € 6.500,‑‑ monatlich
zustünden.
Die Vergleichsrechnung
ergibt nun, dass solche Richter vom 19. bis zum 38. Lebensjahr, also
19 Jahre im alten System (41 %) und vom 38. bis zum
65. Lebensjahr, also 27 Jahre (59 %) im neuen System zugebracht
hätte.
Daraus ergebe sich für
solche Richter ein Anteil von 41 % an der mit € 5.850,‑‑
verlustgedeckelten Altpension, somit von € 2.398,50 und ein solcher von
59 % APG‑Pension, somit von € 1.298,‑‑, woraus sich eine
Gesamtpension von gerundet € 3.697,‑‑ errechnet.
Dies stellt gegenüber
der Rechtslage vor der Pensionsreform 2003 einen Verlust von € 2.803,‑‑
monatlich, das sind € 39.242‑‑ jährlich, bei Hochrechnung auf eine
Lebenserwartung von 80 Jahren einen Verlust an Lebensverdienstsumme von
€ 588.630,‑‑ dar.
Ausgehend von diesen
eben dargelegten massiven Auswirkungen wird dem Gesetzesvorhaben in der
geplanten Form entgegen getreten. Wiewohl es ‑ wie die Gesetzesmaterialien
zum Abschnitt XIV PG bemüht argumentieren ‑ zutreffen könnte, dass
der dem Beamtenpensionsrecht immanente Versorgungscharakter in einigen wenigen
Aspekten erhalten geblieben sein mag (so etwa bei den
Pensionsantrittsvoraussetzungen im Falle der dauernden Dienstunfähigkeit),
garantiert das harmonisierte System die Sicherung des im Aktivstand - auf Grund
einer Laufbahn, die bis zum Mitglied eines Höchstgerichts führt - erlangten
Lebensstandard nicht einmal annähernd (vgl. etwa das Berechnungsbeispiel des
heute 38‑jährigen, bei welchem der Ruhebezug nur noch etwa 45 % des
Aktivbezuges ausmacht).
Überspitzt formuliert
lässt sich sagen, dass mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben zwar dem
populistischen Druck nach einer "Harmonisierung" der Pensionssysteme
nachgegeben wird, in Ansehung der Beamten aber nur insoweit, als diese
Harmonisierung zu ihren Lasten geht.
So bleibt es gänzlich
unerfindlich, worin die sachliche Rechtfertigung einer
"Harmonisierung" des Pensionsrechts für Beamtinnen mit jenem anderer
pensionsversicherter Frauen gelegen sein soll, wenn nicht gleichzeitig ‑ was
bei einer Harmonisierung aus Gleichheitsgründen wohl geboten wäre ‑ auch
das Pensionsantrittsalter entsprechend harmonisiert wird. Dass eine solche
Besserstellung von Beamtinnen gegenüber männlichen Beamten ihrerseits wieder
auf gemeinschaftsrechtliche Hindernisse stoßen mag, spricht gegen die Harmonisierung
grundlegend verschiedener Systeme in der geplanten Form an sich, scheint es
jedoch keinesfalls zu rechtfertigen, Beamtinnen weiterhin in Ansehung ihres
Pensionsantrittsalters gegenüber anderen Frauen zu diskriminieren, die diesen
Beamtinnen bisher systembedingt eingeräumten Vorteile bei der
Ruhegenussbemessung jedoch unter dem Titel einer "Harmonisierung"
bzw. "Gleichbehandlung aller Versicherten" weitestgehend zu
beseitigen.
Vor dem Hintergrund des auch den Gesetzgeber bindenden Sachlichkeitsgebots gibt der Entwurf des weiteren Anlas zu folgenden Überlegungen:
Zunächst ist daran zu erinnern, dass für ASVG‑Versicherte und Beamte bisher unterschiedliche Paradigmen hinsichtlich der Altersversorgung galten.
Für ASVG‑Versicherte musste vom Anfang ihrer Erwerbstätigkeit an klar sein, dass unabhängig von der Höhe ihres Einkommens aus ihrer Erwerbstätigkeit eine höhere Pension als die ASVG‑Höchstpension nicht zu erzielen sein würde, sie daher von Anfang an gehalten waren, aus ihren Nettoeinkommen für spätere Zusatzleistungen zu sorgen, wenn sie ihren in der Aktivzeit erreichten Lebensstandard ‑ über eine ASVG‑Höchstpension hinaus ‑ annähernd erhalten wollten.
Dieses Paradigma galt nicht für Beamtinnen und Beamte. Ausgehend von der Konzeption des Beamtendienstverhältnisses als lebenslanges Dienstverhältnis sollte vielmehr die Beamtenpension die Aufrechterhaltung des in der Aktivzeit erreichten Lebensstandards gewährleisten. Aus der Sicht von Beamten mit erfolgreichen Laufbahnen, die sie in Funktionen mit hohen, wenn auch im Vergleich zu ausbildungs‑ und verantwortungsmäßig vergleichbaren Positionen in der Privatwirtschaft dennoch niedrigeren, Aktivgehältern führte, bedeutete dies, dass sie die über Jahrzehnte begründete Erwartung haben durften, ihren erreichten Lebensstandard durch eine entsprechend hohe Pension gewährleistet zu sehen, die einen schon während der Aktivdienstzeit begonnenen Aufbau von Zusatzleistungen für Zeit des Ruhestands nicht erforderte.
Aus diesen unterschiedlichen Paradigmen ergab sich bisher bei einer Durchschnittsbetrachtung eine ganz unterschiedliche Lebensplanung von ASVG‑Versicherten und Beamten. Selbst wenn, gerade bei Akademikern, die Aktivdienstgehälter der Beamten hinter denen von ASVG‑Versicherten zurückblieben, erfolgte durch die relativ hohen Pensionsbezüge zumindest zu einem großen Teil ein Ausgleich der Lebensverdienstsumme. Für Beamtinnen und Beamte ergab sich im Rahmen ihrer Lebensplanung, und zwar auch bei steiler Laufbahn, die Möglichkeit, erst auf Grund der Sicherheit eines hohen Pensionsbezugs diejenigen finanziellen Aufwendungen zu machen, die von ASVG‑Versicherten wegen der anders verlaufenden Lebensverdienstkurve typischer Weise schon zu einem früheren Zeitpunkt ihrer Aktivzeit gemacht werden.
Vor diesem Hintergrund ist das nunmehrige Harmonisierungsvorhaben zu beurteilen.
Infolge des oben dargestellten zu erwartenden Verlusts kann zunächst von einer Sicherung des während der Aktivdienstzeit erreichten Lebensstandards durch die künftigen Ruhebezüge nicht mehr ernsthaft gesprochen werden. Für die von der Harmonisierung erfassten Beamtinnen und Beamten ‑ aus der Sicht des VwGH handelt es sich dabei um Personen zwischen 37 und knapp unter 50 Jahren ‑ kommt es demnach zu einem Paradigmenwechsel, mit dem sie weder bei Eintritt in den Bundesdienst noch bei Eintritt in den VwGH rechnen mussten. Anders als ASVG‑Versicherten ist diesem Personenkreis, dessen Aktivdienstgehälter zum Teil notorisch gering waren, auch nicht vorwerfbar, dass ein Aufbau von Zusatzleistungen zu den begründet erwarteten Pensionsbezügen nicht oder nicht annähernd in vergleichbarem Maße erfolgt ist wie bei Personen in vergleichbarer Position in der Privatwirtschaft.
Auch erscheint es illusorisch, dass ein heute 49‑jähriges Mitglied des
Verwaltungsgerichtshofes in der Lage wäre, die schon getroffenen Entscheidungen
in Ansehung der eingeschlagenen Berufskarriere wiederum rückgängig zu machen.
Als Alternative zur Beamtenlaufbahn hätte sich für einen Juristen wohl am
ehesten die Anwaltskarriere angeboten. Im gedachten Fall des Einstieges eines
heute 49‑jährigen Mitgliedes des Verwaltungsgerichtshofes in den Anwaltsberuf
ergäbe sich gegenüber etablierten Anwälten ein massiver Konkurrenznachteil,
welcher darauf basierte, dass die letztgenannten etablierten Anwälte über einen
Vorsprung von 20 bis 25 Jahren mit dem Aufbau eines Kundenstockes
verfügen.
Selbst wenn sich ein
Mitglied des Verwaltungsgerichtshofes aber dessen ungeachtet im Hinblick auf
die geplanten Harmonierungsmaßnahmen zu einem Umstieg entschlösse, blieben eben
gerade die Ansprüche aus dem Beamtenpensionssystem nicht einmal aliquot
gewahrt. Vielmehr setzt die aliquote Wahrung bisheriger Ansprüche das
Verbleiben des Beamten im öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund
trotz massiv geänderter Erwartungen in der Lebensverdienstsumme voraus.
Dazu kommt noch, dass
§ 83 RDG - aus guten Gründen - die Grenzen für die Zulässigkeit der Aufnahme
von Nebenbeschäftigungen für Berufsrichter besonders eng zieht. Im Hinblick auf
die umfassende Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes im Bereich der
justizförmigen Kontrolle der Verwaltung wirkt sich insbesondere das Verbot von
Nebenbeschäftigungen, welche die Vermutung der Befangenheit begründen könnten,
als besondere Restriktion der diesbezüglichen Möglichkeiten aus.
Die als Begründung für die Stichtagsregelung herangezogene Auffassung, dem genannten Personenkreis verbleibe ja noch genügend Zeit zum Aufbau von Zusatzleistungen, kann unter Berücksichtigung des Vorgesagten nur als zynische Aufforderung zur Einschränkung in der Lebensführung verstanden werden, nicht aber als Argument für die Sachgerechtheit der Stichtagsregelung. Einigermaßen konkrete Berechnungen dazu, wie es dem betroffenen Personenkreis gelingen sollte, durch drastische Einschränkung in der Lebensführung Mittel für eine private Vorsorge auf dem privaten Markt bereitzustellen, die noch geeignet wäre, die dargestellten Verluste auch nur annähernd auszugleichen, wurden bisher nicht vorgelegt. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass in der Privatwirtschaft verbreitet gerade für Personen mit vergleichbarer Ausbildung und Verantwortung durchaus attraktive freiwillige Pensionsleistungen auf betrieblicher Ebene bestehen, während solches für Beamte anscheinend nicht beabsichtigt ist.
Neben dieser grundsätzlichen
Kritik an einer Harmonisierung in der geplanten Form und damit verbunden an
einer weit gehenden Aufgabe des Prinzips der Lebensstandardsicherung und des
Versorgungscharakters, wie für das öffentlich‑rechtliche Dienstverhältnis
kennzeichnend, ergeben sich noch folgende systemimmanente Kritikpunkte:
Nicht nur die Stichtagsregelung selbst scheint einer ausreichenden sachlichen Rechtfertigung zu entbehren, auch die Behandlung des durch die Harmonisierung erfassten Personenkreises erfolgt in einer Weise, die Gleichheitsbedenken hervorruft. Es ist nicht zu erkennen, weshalb Personen, die nur wenige Jahre jünger sind als die jüngsten Nichtharmonisierten gegenüber diesen geradezu drastisch geringere Lebensverdienstsummen hinzunehmen haben sollten. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Ruhegenuss von Beamten nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht Versorgungs‑, sondern Entgeltcharakter hat, sowie daran, dass das Sachlichkeitsgebot immerhin erfordert, auch das System des Dienst‑, Besoldungs- und Pensionsrechtes der öffentlich Bediensteten derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den den Beamten obliegenden Dienstpflichten steht (vgl. hiezu etwa VfSlg. 11.193/1986). Vor diesem Hintergrund erscheint es aber nicht unbedenklich, wenn bei identen Dienstpflichten (sowohl während des Aktiv- bzw. während des Ruhestandsverhältnisses) bloß auf Grund geringfügiger Unterschiede im Lebensalter massiv unterschiedliche Ruhebezüge zur Auszahlung gelangen Insbesondere mutet es befremdlich an, dass einerseits versucht wird, mit dem "kompliziertesten Pensionssystem der Welt", welches eine Unzahl von Rechnungen und Feinabstimmungen, etwa der Verlustdeckelung der Pensionsreform 2003, enthält, zu sachgerechten Lösungen zu gelangen, andererseits jedoch dieses Ziel in grundlegenden Fragen zu Gunsten einer äußerst rigiden und in ihren Auswirkungen massive Ungleichheiten zeitigenden Stichtagsregelung gleichsam konterkariert wird. Ein einigermaßen fairer Ausgleich könnte bei diesen Personen allerdings durch abgestuft höhere Aktivbezüge erreicht werden, weil nur dann von einer realen Möglichkeit des Aufbaus einer privaten Zusatzvorsorge während der verbleibenden Aktivdienstzeit gesprochen werden könnte.
Zur Abfederung der Ungleichheiten zwischen vor und nach dem 1. Jänner 2005 das 50. Lebensjahr erreichenden Personen sollte der Gesamtverlust aus der Pensionsreform 2003 und der Harmonisierung gegenüber der Altrechtslage mit insgesamt 15 %, im Interesse der Sicherung des Lebensstandards aber auch betraglich mit € 700,‑‑ gedeckelt werden. Von dieser Deckelung sollten jedenfalls die heute 35 bis 50‑jährigen Beamtinnen und Beamten profitieren. In Ansehung dieser Deckelung könnten dann Einschleifregelungen des Verlustdeckels von 15 % für die heute 35‑jährigen bis zu den 9 % der Pensionsreform 2003 für die heute 49‑jährigen getroffen werden. Entsprechend könnte man die betragliche Verlustdeckelung von € 700,‑‑ für die heute 35‑jährigen auf € 500,‑‑ für die heute 49‑jährigen absenken. Entsprechende Verlustdeckelungen sollten etwa auch im Verhältnis zwischen ASVG- und APG‑Pension eingeführt werden.
Dem Prinzip der zumindest anteiligen Sicherung bereits erworbener Pensionsanrechte wird die vorgesehene Gewichtung der PG - und der APG‑Pensionsanteile nach Maßgabe des Verhältnisses der vor bzw. nach dem 1. Jänner 2005 zurückgelegten ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit nicht gerecht. Die bis zum 31. Dezember 2004 im Altsystem bereits erworbenen Anrechte finden ihre Abbildung nämlich in dem bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Prozentausmaß im Verständnis des § 7 Abs. 1 PG, welches für Gruppen von Beamten durch § 90 PG modifiziert ist. Die Gewichtung des PG‑Anteiles an der Gesamtpension im Zuge der Parallelrechnung sollte daher mit jenem Ausmaß erfolgen, das dem bis 31. Dezember 2004 nach § 90, im Falle seiner Unanwendbarkeit nach § 7 des Pensionsgesetzes, erworbenen Prozentausmaß entspricht.
Insbesondere die letztgenannte Maßnahme dürfte auch von der Kostenbelastung her nicht wesentlich ins Gewicht fallen.
Auf Basis des Gesetzesvorhabens, also für den Fall, dass die hier vorgeschlagenen zusätzlichen Verlustdeckelungen nicht Platz greifen, erscheint es nicht einsichtig, weshalb die APG‑Höchstbeitragsgrundlage für Beamte, für die die Parallelrechnung gilt, auch in Zukunft nicht zum Tragen kommen, sondern der Beitragssatz für Bezugsteile über der Höchstbeitragsgrundlage bloß entsprechend dem zu erwartenden Anteil der Beamtenpension an der parallel gerechneten Gesamtpension reduziert werden sollte. Bei dieser Vorgangsweise bleibt nämlich unberücksichtigt, dass auch in der Vergangenheit Pensionsbeiträge für Bezugsteile über der Höchstbeitragsgrundlage voll ‑ und nicht bloß entsprechend dem nunmehr zu erwartenden Anteil der Beamtenpension ‑ zur Einzahlung gebracht wurden, deren Rückgewährung an den Beamten im Ausmaß des zu erwartenden Anteiles der APG‑Pension jedoch nicht vorgesehen ist.
Beispiel: Ein heute 47‑jähriger, der infolge der Harmonisierung mit einem Anteil von 37 % von der APG‑Pension betroffen ist, hat seit dem Jahr 1994 Bezugsbestandteile über der Höchstbeitragsgrundlage aufgewiesen und den vollen Beitragssatz des Pensionsbeitrages auch für diese Bezugsbestandteile geleistet. Beitragswirksam werden sie nach dem geplanten Entwurf jedoch nur mehr zu 63 %. Selbst wenn daher in Zukunft der Beitragssatz für die über der Höchstbeitragsgrundlage liegenden Bezugsteile im Ausmaß der Betroffenheit von der APG‑Pension (im Fallbeispiel um 37 %) abgesenkt würde, so wäre diese Lösung zwar für die Zukunft vertretbar, setzte aber eine Rückgewährung von 37% der zwischen 1994 und 2004 vom Gesetzgeber unter Zugrundelegung einer "reinen Beamtenpension" festgesetzten Pensionsbeiträge, soweit sie Bezugsteile über der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage betreffen, voraus.
Ein Ausgleich der durch die Pensionsharmonisierung eintretenden massiven Verluste in der Lebensverdienstsumme könnte selbstverständlich auch durch andere Maßnahmen (Abfertigung, Pensionskassen sowie Anpassung der Aktivbezüge unter besonderer Berücksichtigung der durch Einbeziehung in die Harmonisierung im Vertrauen auf den Fortbestand des Beamtenpensionssystems Enttäuschten) eintreten. In diesem Zusammenhang sei der Ausschussbericht zur RDG‑Novelle, BGBl. I Nr. 5/1999 (AB 1506 BlgNR XX.GP 1f.), erwähnt, welcher ausdrücklich auf eine durch die genannte Novelle zwar verringerte, aber nach wie vor bestehende Bezugsdiskrepanz der Richter der Gehaltsgruppe R3 zu den ständigen Referenten des Verfassungsgerichtshofes hinweist.
Eine diesbezügliche weitere Annäherung erscheint im Zusammenhang mit den Einbußen an Lebensverdienstsumme anlässlich der Harmonisierung unerlässlich. Dies gilt auch insbesondere deshalb, weil aus dem Grunde des Art. 134 Abs. 3 B‑VG der vierte Teil der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes aus Berufsstellungen in den Ländern, womöglich aus dem Verwaltungsdienst der Länder entnommen werden soll. Schon jetzt entspricht die Zusammensetzung des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund seiner ‑ jedenfalls im Vergleich zum Verwaltungsdienst mancher Bundesländer wenig attraktiven ‑ Besoldungsstruktur dieser Sollensanordnung nicht. Dem Vernehmen nach werden nicht alle Landesgesetzgeber die Harmonisierung nachvollziehen. In Ansehung jener Bundesländer, die angekündigt haben, gleichfalls zu "harmonisieren", bleibt die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen abzuwarten.
Generell wird erfahrungsgemäß damit zu rechnen sein, dass sich das Pensionsrecht der Landesbediensteten ‑ wie dies auch schon bisher der Fall ist ‑ im Großen und Ganzen aus der Sicht des Beamten wesentlich günstiger darstellen wird, als das nunmehr harmonisierte Pensionssystem des Bundes. Dies lässt erwarten, dass sich noch weniger geeignete Bewerber aus dem Landesdienst für eine Tätigkeit beim Verwaltungsgerichtshof finden werden als bisher. Entsprechendes gilt auch für eine nach der "Harmonisierung" wohl nur noch illusorische allfällige Rekrutierung von Mitgliedern des Gerichtshofes aus dem Kreise etablierter Angehöriger der freien juristischen Berufe.
Für den
Vereinsvorstand
(D r. B e c k)
Ergeht an:
1. das Bundeskanzleramt, Sektion III,
2. die Parlamentsdirektion.