Textfeld: 9021 Klagenfurt, Wulfengasse 13 w DVR 0062413 w Internet: www.ktn.gv.atAmt der Kärntner Landesregierung

 

 

 

Abteilung 2V - Verfassungsdienst

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Datum:

 

23. November 2004

 

 

 

Zahl:

 

-2V-BG-3510/10-2004

 

Betreff:

 

(Bei Eingaben bitte Geschäftszahl anführen!)

 

7. Novelle zum Führerscheingesetz –

Vormerksystem; Stellungnahme

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auskünfte:

 

Dr. Glantschnig

 

 

Telefon:

 

05 0 536 – 30204

 

 

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e-mail:

 

post.abt2V@ktn.gv.at

 

 

 

 

 

 

 

An das

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Stubenring 1

1010  W I E N

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 zur Stellungnahme übermittelten Entwurf einer 7. Novelle zum Führerscheingesetz, nimmt das Amt der Kärntner Landesregierung wie folgt Stellung:

 

 

1.  ALLGEMEINES:  


Zielsetzung des vorliegenden Gesetzesentwurfes ist es, durch die Einführung eines Vormerksystems ein einheitliches und transparentes System zu schaffen, um auf unbelehrbare Wiederholungstäter und und Risikolenker bewusstseinsbildend und sanktionierend einwirken zu können. Das Vormerksystem beinhaltet nach Auffassung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie Delikte, die zu den Hauptunfallursachen zählen und sich derzeit unterhalb der existierenden Schwelle für den Entzug der Lenkberechtigung befinden.         

Damit soll nach Ansicht des Bundes vor dem Hintergrund des österreichischen Verkehrs­sicherheitsprogrammes dem ehrgeizigen Ziel einer weiteren Reduktion der Zahl der Verletzten und Toten im Straßenverkehr näher gerückt werden.               
Dazu müssten aber durch den vorliegenden Gesetzesentwurf zumindest nachstehende wesentliche Grundsätze verstärkt werden:

 

a)      verstärktere Bewusstseinsbildung

b)      eine klare, deutliche und für jedermann verständliche und transparente Rechtslage, die lernpsychologischen Grundsätzen entspricht

c)      beruhend auf den bestehenden Ressourcen eine leichtere und plausiblere Kontrolle und Überwachung des Systems der Vormerktatbestände ermöglicht.

 

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bereits im bestehenden Führerscheinregister Verfahren betreffend den Entzug von Lenkberechtigungen, die Entziehung von Lenkbe­rechtigungen und begleitende Maßnahmen einzutragen sind. Dennoch ist das Führer­scheinregister schon jetzt lückenhaft und unübersichtlich, sodass nicht absehbar ist, wie die voraussichtlich große Anzahl von Vergehen künftig vollständig registrierbar sein wird und eine seriöse Grundlage für den Vollzug des Vormerksystems bilden soll. 

 

2.  KOSTENFOLGEN SIND WEITERREICHEND

 

     Aufgrund der Verschwommenheit der Tatbestände für das Vormerksystem ist für die Vollziehung ein erheblicher Zeitaufwand einzukalkulieren, sodass ohne zusätzliches Personal und Bereitstellung verbesserter technischer Möglichkeiten (IT-Anwendungen, bessere Vernetzung der Behörden, erhöhte User-Freundlichkeit des Führer­schein­registers usw.) eine praktische Durchführung kaum möglich erscheint.           

Weiters ist der Ansatz des Bundes in den Erläuterungen, von den bisherigen Erfahrungs­werten auszugehen, verfehlt. Dies deshalb, da aufgrund der drohenden Folge einer Vormerkung insbesondere schon die Strafverfahren - im Hinblick auf die unklare Ab­grenzung von Tatbeständen und deren schwere Beweisbarkeit - wesentlich auf­wändiger, länger dauernd und komplexer sowie mit einer höheren Anzahl von Gut­achten abzuwickeln sein werden und sich auch voraussichtlich die Zahl der Rechtsmittel deutlich erhöhen wird.   

Ferner ist vorgesehen, dass die Kraftfahrbehörden bei Vorliegen von Delikten nach den §§ 30a Abs. 2 Z. 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 12 zusätzlich eigene Verfahren durchführen müssen, ob die erweiterten Tatbestandsmerkmale des von der betroffenen Person ver­wirklichten Sachverhaltes auch tatsächlich vorliegen, da die in diesen Tatbeständen um­schriebenen Delikte nicht nur die Übertretung einer bestimmten Gesetzesstelle, sondern auch zusätzliche „Bedingungen“ enthalten, wonach neben den Tatbestandselementen die jeweiligen Verwaltungsübertretungen zusätzlich erfüllt sein müssen (zB „ ... wenn dadurch die Lenker anderer Fahrzeuge zum unvermittelten Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge genötigt werden, ...“; „... wenn damit eine Behinderung von Einsatzfahrzeugen ... verbunden ist ...“; „Wenn ein Fahrzeug gelenkt wird, dessen technischer Zusatz oder dessen nicht entsprechend gesicherte Beladung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt, sofern die technischen Mängel oder die vorschriftswidrige Beladung dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätte müssen.“).

     Es ist daher eine Kostenberechnung, wie sie seitens des Bundes durchgeführt wurde, in keiner Weise realistisch.

3.  Optimierungserfordernisse:

 

     Um eine notwendige Optimierung zu erreichen, müsste ein Vormerksystem nach­stehenden Grundsätzen entsprechen:        

a)      Eine klare Umschreibung der Tatbestände, ausschließlich auf bestehenden Rechts­grundlagen, ohne zusätzliche Definition von „Bedingungen“.

b)      Aufnahme auch der Geschwindigkeitsübertretungen, welche bislang zur Entziehung der Lenkberechtigung führen („Kurzentzüge“) und dafür Entfall der Kurzentzüge.

c)      Aufnahme in das Vormerksystem ausschließlich nach Rechtskraft einer Ent­scheidung, um im Falle von divergierenden Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren oder höchstgerichtliche Entscheidungen die Zahl allfälliger Amts­haftungs­an­spruchsverfahren nicht zu erhöhen und um den Grundsätzen eines fairen Verfahrens zu entsprechen, da die Eintragung in das Vormerksystem unmittelbare Auswirkungen auf nachfolgende Verwaltungsstrafverfahren oder allfällig zu treffende Maßnahmen hat.

d)      Verbesserte Handhabung der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt in jenen Fälle, in welchen der Führerschein nicht an Ort und Stelle abgenommen wird, sondern im Wege des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes einzuziehen ist. Hier sollte an Stelle der Zwangsstrafe die unmittelbare Abnahme des Führerscheines aufgrund des Vollstreckungstitels möglich sein.


Positiv zu vermerken ist, dass bei den 15-jährigen Mopedlenkern die Bestätigung der Schulen und Arbeitgeber über die unzumutbaren Verkehrsverbindungen wegfällt und an deren Stelle der Nachweis der praktischen Schulung im Ausmaß von 8 Unterrichtseinheiten tritt. Zu diesem Nachweis darf jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Anzahl der zu absolvierenden praktischen Unterrichtseinheiten als zu hoch angesehen wird, da keine diese hohe Stundenanzahl begründende Quantität an fachlichen Inhalten zu vermitteln sein wird. Der Kostenfaktor ist für die meist von einem Mopedausweis abhängigen und in der Regel finanziell schwach gestellten Jugendlichen, Schüler und Lehrlinge entscheidend. Der Großteil von ihnen ist zweifellos schon jahrelang mit dem Fahrrad im Straßenverkehr unterwegs und daher mit diesem durchaus vertraut. Sinnvoll erscheint hingegen, die Zahl der gleichzeitig zu schulenden Personen auf vier pro Ausbildner zu beschränken und Inhalte einer Ausfahrt sowie Zahl der Ausbildner bei dieser Ausfahrt zu reglementieren.

 

 

4.  ZU DEN BESTIMMUNGEN IM EINZELNEN:  

§ 25 Abs. 3:

Nicht erforderlich und nur einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand nach sich ziehend be­wirkt die einmonatige Fristverlängerung für Personen, welche bereits im Vor­merks­ystem aufscheinen, da die Entzugsdauer von drei Monaten ohnedies nach oben hin offen ist („Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten“) und die Behörde auch jetzt schon bei entsprechend zu wertenden Vergehen nicht mit der Verhängung der Mindest­ent­zugs­dauer, sondern mit einem entsprechenden längerdauernden Entzug vorgeht.

 

§ 30a:

In Abs. 6 wird auch die Übermittlung von diversionellen Erledigungen vorgesehen. Durch diese Anführung erscheint der Eindruck, dass jetzt auch entgegen der herrschenden Rechtsmeinung die Anwendung einer Diversion einer Strafe gleichzusetzen ist. Dies wäre aber noch rechtlich abzuklären.

 

Die unter Abs. 2 Z 4, 6 und 7 angeführten Delikte sind so schwerwiegend, dass sie in der Regel ohnedies zu einer Entziehung der Lenkberechtigung führen (bestimmte Tatsachen nach § 7 Abs. 3 Z 3 FSG), weshalb nicht ersichtlich ist, warum diese zusätzlich ins Vor­merk­system aufgenommen werden sollen. Abgesehen davon ist Tatbestandsmerkmal einer Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 2 und § 38 Abs. 4 nicht, dass Fußgänger ge­fährdet werden, weshalb diesbezüglich die Führerscheinbehörde ein eigenes auf­wendiges Verfahren durchführen müsste. Das oben Gesagte gilt im Übrigen auch für eine Übertretung nach § 38 Abs. 5 StVO, da die Umschreibung, wenn dadurch Lenker von Fahrzeugen, für die gemäß § 38 Abs. 4 StVO aufgrund grünen Lichts „freie Fahrt“ gilt, zu unvermittelten Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge genötigt wurden, nicht Tatbestandselement einer Übertretung nach § 38 Abs. 5 FSG darstellt. Weiters ist auch kein Tatbestandselement einer Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs. 7 iVm Abs. 4 StVO, dass das Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit c Z 24 StVO missachtet wurde. Zusätzlich zum Strafverfahren müssten im Übrigen auch bei Vorliegen von Delikten nach § 30 Abs. 2 Z 5, 8, 9, 10, 12 die Kraftfahrbehörden eigene Verfahren durchführen, ob die betreffende Person dieses auch tatsächlich begangen hat. Keinesfalls nachvollziehbar ist, warum das „0,5 Promille-Delikt“ nunmehr ein gewöhnliches Vormerkdelikt sein soll.

Unverständlich ist, warum etwa bei einer Verfolgungsfahrt und Begehung von mehreren Delikten des Vormerksystems lediglich ein Eintrag vorzunehmen ist. Dies bedeutet die Bevorzugung von Verkehrsrowdys.

 

§ 30b:

Es wäre festzulegen, welche Maßnahmen die Behörden für welche Delikte vorzu­schreiben haben, da ansonsten für gleiche Verhaltensweisen verschiedene Behörden voneinander abweichende Maßnahmen vorschreiben könnten. Dies hätte nicht nur für den Betroffenen unter Umständen gravierende finanzielle Nachteile, weil die Vorschreibung einer Perfektionsfahrt ungleich günstiger ist als jene einer Nachschulung. In diesem Zusammenhang sei auch bemerkt, dass nicht nachvollziehbar ist, inwiefern die Anordnung einer Perfektionsfahrt oder eines Fahrsicherheitstrainings zweckdienlich sein soll, da bei begründeten Bedenken an der fachlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ohnedies die neuerliche Durchführung einer praktischen Fahrprüfung festzusetzen ist.

 

§ 30b Abs. 2:

In dem wird festgelegt, dass eine Maßnahmen ua dann nicht mehr anzuordnen ist, wenn bereits bei einem Probeführerscheinbesitzer eine Nachschulung angeordnet wurde. Hier schreibt man fest, dass keinerlei Maßnahme mehr angeordnet werden darf, obwohl die Behörde die Auffassung vertreten kann, dass diese Maßnahme, die bereits angeordnet wurde, nicht jene ist, welche im gegenständlichen Fall für sinnvoll erachtet wird.



5.  ZUSAMMENFASSUNG: 

Die Zielsetzungen des vorliegenden Entwurfes (7. Führerscheingesetz-Novelle) werden zwar begrüßt, jedoch werden dieselben durch unklare Tatbestände nicht erreicht werden können.  

Zusammenfassend muss der vorliegende Gesetzesentwurf aber als noch nicht den An­forderungen entsprechend in seiner Gesamtheit abgelehnt werden. Es muss darüber hinaus mit Bedauern registriert werden, dass bereits sowohl vom Bund als auch den Bundes­­ländern erkannte Schwächen des derzeit geltenden Führerscheingesetzes nicht gleichzeitig behoben werden. Es wird auch nicht auf neu auftauchende Schwachstellen reagiert, wie z.B. auf die Möglichkeit, trotz aufrechter Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich im EU-Raum eine neue Lenkberechtigung erwerben zu können.   

25 Ausfertigungen dieser Stellungnahme werden unter einem dem Präsidium des Nationalrates übermittelt.

 

 

 

Für die Kärntner Landesregierung:

Dr. Glantschnig

 

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